Aufgrund der geringen Marketingbudgets der meisten Hersteller wurden die Werbung und der Vertrieb des Systems beinahe zur Gänze den Elektrounternehmen überlassen. Mit dem Erfolg, dass die Verbreitung der Systeme bei Neubauten heute noch im einstelligen Prozentbereich liegt. Wir prognostizierten damals schon, dass es die Branchenriesen wie Microsoft sein werden, die das Ruder an sich reißen würden. Nun sind es nicht unbedingt die klugen Köpfe von Bill Gates, die für entscheidende Innovationen auf diesem Gebiet sorgen. Dafür sind es Google und Apple, die ihre ersten Schritte in Sachen Smart Home öffentlichkeitswirksam getan haben. So dient die neue Version des Betriebssystems Android als Basis für den Eintritt von Google in die Gebäudeautomatisierung. Auch österreichische Startups wie Flatout und Noki machen sich die Bedingungen zunutze und setzten ihre Produkte darauf auf. Noki sammelte bis zum Redaktionsschluss auf kickstarter.com rund 370.000 Euro und möchte sein System bis Ende 2015 ausliefern können. Das Jungunternehmen bietet ein Türschloss auf Bluetooth-Basis (kommt mir irgendwie bekannt vor) an. Flatout baut auf die ständig steigende Verbreitung von IoT (Internet der Dinge). Die sogenannte Flatcloud verbindet die Sensoren und Aktoren eines Zuhauses miteinander und ermöglicht es, sie über das Internet zu steuern. Apple wiederum steigt mit HomeKit in die Welt der Smart Homes ein – dabei handelt es sich um eine Schnittstelle, die Apple mit iOS 8 eingeführt hat. Vor ein paar Tagen ergänzte Apple schließlich seine offizielle HomeKit-Anleitung im Netz. In dem Supportdokument sind nun auch diverse Sprachkommandos gelistet, die sich mithilfe der Sprachassistentin Siri an Geräte senden lassen, die die Smarthome-Plattform unterstützen. Und spätestens mit iOS 9 soll es für Nutzer möglich werden, per iCloud auch ohne Appe-TV als Hub auf ihr Smart Home zuzugreifen. Abgesehen davon, dass Google und Apple die Gebäudeautomation nun als zentrales Geschäftsfeld betrachten, mischen nun auch Vertriebsorganisationen wie der Electronic-Händler Conrad kräftig mit, sorgen aber dabei auch gleichzeitig dafür, dass der Begriff »Smart Home« in den Köpfen der Konsumenten eben in jener Breite verankert wird, die man sich seit vielen Jahren gewünscht hat. Conrads Radiowerbung suggeriert den Wunsch, das Gebäude jederzeit von überall steuern und überwachen zu können. Die Frage ist nur, wer ein solches System installiert. Denn selbst wenn der Händler seine Produkte direkt an die Konsumenten verkauft, wird wohl nur ein kleiner Teil auch imstande sein, das System selbst zu installieren und in Gang zu bringen. Zusammengefasst schließe ich aus all diesen Fakten, dass es zwar Veränderungen auf diesem Bereich geben wird und zusätzliche Player ins Spiel kommen, die angestammten Systeme wie KNX & Co aber durchaus von dieser Entwicklung profitieren können. Denn endlich gibt es Anbieter, die das Feuer entfachen und den Bedarf auch in der Breite wecken. Und selbst wenn sich der Konsument für die Anschaffung eines Do-it-yourself-Systems entscheiden sollte, ist die Chance gegeben, dass er bald erkennt, wie wichtig Qualität und komplexe Funktionalität in diesem Bereich ist, und schlussendlich auf ein Automatisierungssystem einer höheren Qualitätsklasse umsteigt. Apropos Riesen – jetzt sind es nicht nur die IT- sondern auch die Handelsriesen, die für Kopfzerbrechen unter den Verantwortlichen der Elektrobranche sorgen. Sie ausgrenzen zu wollen, wird allerdings nicht gelingen. Wahrscheinlich wird man sich mit Amazon und den anderen Anbietern arrangieren und über kurz oder lang mit kleineren Margen leben müssen – auch wenn das aus heutiger Sicht für viele noch unvorstellbar ist. Das Geheimnis, wer dann den Part der Information übernimmt, lüften wir in Kürze …
Thomas Buchbauer Chefredakteur i-Magazin