Alles Kombi oder was?

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Früher war scheinbar vieles einfacher: Bei Gebäuden mit einem Blitzschutzsystem wurde die Niederspannungsversorgungsleitung am Speisepunkt der Anlage mit einem »Grobschutz« – also einem Typ 1 SPD (surge protective device, Überspannungsschutzgerät) beschaltet. Heute gibt es eine Vielzahl sogenannter Kombiableiter, für die der Hersteller neben der Prüfklasse I auch die Prüfklasse II ausweist.

Dabei handelt es sich allerdings um eine redundante Information und nicht um eine zusätzliche Produkteigenschaft. Die Ableiter-Kombination Flashtrab SEC T1+T2 bietet mit einem separaten, direkt koordinierten Typ 2-Varistorableiter hingegen viele Vorteile im Vergleich zum Gros der Kombiableiter.

Je nach erforderlicher Prüfklasse und baulichen Begebenheiten ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an das Blitzschutzkonzept.Das Blitzschutzzonenkonzept nach ÖVE/ÖNORM EN 62305-4: Im Blitzschutzzonenkonzept ist festgelegt, dass an jedem Zonenübergang die eingeführten (Versorgungs-)Leitungen mittels SPDs an die lokale Potentialausgleichsschiene anzuschließen sind. Im Anhang C liefert die ÖVE/ÖNORM EN 62305-4 Hinweise zur Auswahl der SPDs hinsichtlich der erforderlichen Prüfklasse. Im Folgenden wird der Zonenübergang am Eintritt der Leitung in die bauliche Anlage genauer betrachtet.

Wird dort ausschließlich mit transienten Überspannungen aufgrund von Schalthandlungen, Induktionseinwirkung oder fernen Blitzeinschlägen gerechnet, da sich die Leitung außerhalb der baulichen Anlage vollständig in der Blitzschutzzone 0B befindet, ist ein SPD gemäß Prüfklasse II – also ein Typ 2 SPD – ausreichend. In der Blitzschutzzone 0B besteht Schutz gegen direkte Blitzeinschläge. Ist jedoch zusätzlich mit galvanisch eingeprägten Blitzströmen zu rechnen, weil die bauliche Anlage über ein äußeres Blitzschutzsystem verfügt oder sich die Leitung außerhalb des Gebäudes in Zone 0A befindet – also ungeschützt ist gegen direkte Blitzeinschläge – ist ein SPD der Prüfklasse I, also ein Typ 1 SPD, erforderlich.

Aus diesen Anforderungen ergeben sich zwei Aspekte. Erstens: Weil an jeder Zonengrenze ein SPD erforderlich ist, hat die Prüfklasse des SPD am Eintritt der Leitung in die bauliche Anlage keinen unmittelbaren Einfluss auf das SPD an der nachgelagerten Zonengrenze. Jede Zonengrenze ist hinsichtlich der zu erwartenden Störungen individuell zu betrachten. Auch wenn beim Typ 1 SPD am Gebäudeeintritt zusätzlich die Prüfklasse II oder III ausgewiesen ist, wird an der nachfolgenden Zonengrenze in der Regel immer noch ein weiteres SPD der Prüfklasse II oder III benötigt. Und zweitens: Ein Typ 1 SPD muss nicht nur galvanisch eingeprägte Stoßströme aus direkten Blitzeinschlägen beherrschen können, sondern auch Stoßströme, die durch Schalthandlungen oder induktive Kopplung verursacht werden. Dieser Aspekt spiegelt sich in den Prüfungen der Produktnorm für SPDs wider.

Der Energieeintrag durch Blitzströme in das SPD ist bei Varistorableitern deutlich größer als bei Funkenstrecken – und kann im ungünstigen Fall zur Überlastung führen.Prüfklassen von SPDs nach DIN EN 61643-11
Ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens zur Bestimmung der Prüfklasse ist die sogenannte Arbeitsprüfung. Hierbei geht es primär um die Bestimmung der Begrenzungsspannung bzw. des Schutzpegels und der Stoßstrombelastbarkeit. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Arbeitsprüfung für SPDs Typ 1 und Typ 2.

Die Bestimmung des Schutzpegels UP erfolgt bei Prüfklasse I und II mit einem Stoßstrom der Impulsform (8/20 µs) und zusätzlich mit einer Stoßspannung der Impulsform (1,2/50 µs) bei SPDs, die insgesamt oder nur in einem Bauteil eine spannungsschaltende Charakteristik aufweisen. Das ist bei Funkenstrecken oder edelgasgefüllten Überspannungsableitern der Fall. SPDs mit rein spannungsbegrenzender Charakteristik – wie Varistoren oder Suppressor-Dioden – müssen nicht mit dieser Stoßspannung geprüft werden. Die Ermittlung des Nennableitstoßstroms In erfolgt bei Prüfklasse I und II mit Stoßströmen der Impulsform (8/20 µs). Mit einem solchen Stoßstrom werden typischerweise Einkopplungen aus Schaltüberspannungen, induzierten Störungen sowie fernen Blitzeinschlägen simuliert. Wird ein SPD für die Prüfklassen I und II ausgewiesen, muss diese Prüfung nur einmal mit dem entsprechenden Scheitelwert des Stoßstroms durchgeführt werden.

Bis hierher gibt es keinen Unterschied zwischen den Arbeitsprüfungen für SPDs nach Prüfklasse I und II. Für ein Typ 2 SPD ist die Arbeitsprüfung hiernach beendet. Die Differenzierung für Typ 1 SPD erfolgt im nächsten Schritt: Für die Prüfklasse I wird das SPD zusätzlich mit Stoßströmen Iimp der Impulsform (10/350 µs) geprüft. Diese Impulsform hat eine deutlich höhere Ladung als der Stoßstrom (8/20 µs) und somit auch eine deutlich höhere spezifische Energie. Sie dient zur Simulation der Belastung bei einem direkten Blitzeinschlag in die bauliche Anlage.

Jedes Typ 1 SPD ist also auch ein Typ 2 SPD, weil es die gleiche Arbeitsprüfung durchlaufen muss. Darüber hinausgehend erfolgt für Typ 1 SPDs die Prüfung mit (10/350 µs)-Impulsen zur Qualifizierung der Blitzstromtragfähigkeit. Das zusätzliche Ausweisen der Prüfklasse II stellt für einen Typ 1-Ableiter also eine redundante Information dar und keine zusätzliche Produkteigenschaft. Zieht man die Anforderungen aus dem Blitzschutzzonenkonzept heran, ist das auch durchaus sinnvoll. Jedes SPD am Gebäudeeintritt muss Stoßströme der Impulsform (8/20 µs) beherrschen – aber nur wenige müssen zusätzlich auch direkte Blitzströme der Impulsform (10/350 µs) ableiten können.

Der SPD-Typ muss auf dem Gehäuse aufgebracht oder dauerhaft am SPD angebracht werden. Die Kennzeichnung erfolgt durch den Text »Typ 1« oder »Typ 2«, alternativ durch das Symbol T1 oder T2 – jeweils in Kombination mit dem Scheitelwert in Kiloampere für Iimp (Typ 1) oder In (Typ 2). Darüber hinaus gibt es keine normative Festlegung zur Bezeichnung. So kann dieses SPD vom Hersteller in der Dokumentation als »Typ 1+2«, »Typ 1/2« oder »Typ 1&2« bezeichnet werden. Das kann allerdings leicht zu Fehlinterpretationen bezüglich der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des SPDs führen.

Phoenix Contact hat diverse Ableiter im Portfolio. Das Konzept der Ableiter-Kombination, das seit über zehn Jahren am Markt ist, bietet zusammen mit der neuen »Safe Energy Control Technology« (SEC) viele Vorteile für den optimalen Schutz am Gebäudeeintritt von (Versorgungs-)Leitungen – besonders für empfindliches Equipment.Vorteile der Ableiter-Kombination
Die Ableiter-Kombination Flashtrab SEC T1+T2 besteht aus zwei separaten und autarken SPDs pro Pol, einer Typ 1-Funkenstrecke sowie einem Typ 2-Varistorableiter. Diese Kombination bietet viele Vorteile gegenüber der Fülle an Kombiableitern, die nur aus einem SPD pro Pol bestehen. Bei Kombiableitern auf Basis von Funkenstrecken oder der Reihenschaltung aus Gasableitern und Varistoren kann in der Praxis im Falle kleiner Stoßstrom-Amplituden oder Transienten geringer Dynamik ein Zündverzug der Funkenstrecke oder des Gasableiters eintreten. Der Verzug bewirkt eine Spannungsspitze, die Störungen hervorrufen kann – den sogenannten Blind Spot. Beim Flashtrab SEC T1+T2 verhindert die spannungsbegrenzende Charakteristik des separaten, parallel geschalteten Typ 2-Varistorableiters solche Überhöhungen.

Dort wo die Strom-Spannungs-Charakteristik des Varistors einen Vorteil für das Ansprechverhalten und die EMV-Eigenschaften des Flashtrab SEC T1+T2 darstellt, ist sie für Kombiableiter, die rein auf Varistoren basieren, ein großer Nachteil. Die vergleichsweise hohe Restspannung eines Varistors während des Ableitvorgangs bedeutet einen hohen Energieeintrag innerhalb des SPDs und damit einen hohen Grad an Alterung und Derating des Varistors. Da das notwendige Blitzstromableitvermögen für Typ 1 SPD meist nur durch Parallelschaltung mehrerer Varistoren erfolgen kann, führt das Derating zwangsläufig zum Auseinanderdriften der mA-Punkte der parallelen Varistoren. Im ungünstigen Fall ist die gleichmäßige Aufteilung eines Blitzstroms dann nicht mehr möglich, sodass einer der Varistoren überlastet wird. Beim Flashtrab SEC T1+T2 werden die energiereichen Blitzströme durch die Funkenstrecke mit niedriger Restspannung abgeleitet. Der Energieeintrag ist minimal, ein Derating tritt weder für die Funkenstrecke noch für den Varistor auf.
Außerdem muss bei Kombiableitern die Koordination zu weiteren Typ 2 und Typ 3 SPDs bedacht und eventuelle Bedingungen dafür eingehalten werden – auch wenn der Name anderes suggerieren mag. »Koordination« bezieht sich auf das Zusammenspiel von Typ 1 und Typ 2 SPD im Falle eines Blitzstroms. Typ 2 SPDs sind nicht dafür ausgelegt, Blitzströme zu tragen, und ein nachgelagertes Typ 2 SPD im System darf nicht durch den restlichen Impuls, der durch die Stromaufteilung zwischen Typ 1 und Typ 2 SPD entsteht, überlastet werden.

Bei einem Blitzstrom fungiert der Kombiableiter als Typ 1 SPD – ganz gleich ob auch die Prüfklasse II für ihn ausgewiesen ist oder nicht. Die beim Ableitvorgang über den Kombiableiter abfallende Restspannung in Verbindung mit der Stromaufteilung zum nachgelagerten Typ 2 SPD kann dieses potenziell überlasten. Der Hersteller muss daher Angaben zu dieser Koordination und zu den Bedingungen machen – wie etwa zu den minimalen Leitungslängen zwischen SPD Typ 1 und Typ 2. Der separate, direkt koordinierte Typ 2 Varistorableiter des Flashtrab SEC T1+T2 stellt diese Eigenschaft bereits bei der Produktprüfung unter Beweis, sodass die Koordination zu folgenden Schutzstufen automatisch gegeben ist.

Fazit
Der Begriff Kombiableiter ist ein Kunstwort – und stellt keine besondere Qualifikation des SPD dar. Phoenix Contact hat diverse Ableiter im Portfolio, die ebenfalls die Prüfklasse I und II tragen – und damit Pendants zu den Kombiableitern des Wettbewerbs darstellen. Das einzigartige Phoenix Contact-Konzept der Ableiter-Kombination, das seit über zehn Jahren am Markt ist, bietet zusammen mit der neuen »Safe Energy Control Technology« (SEC) viele Vorteile für den optimalen Schutz am Gebäudeeintritt von (Versorgungs-)Leitungen – besonders für empfindliches Equipment.

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