Die Reduzierung der CO2– Emmissionen kommt weiter voran und die Mitgliedstaaten der EU treffen bezüglich des Energiemixes ihre eigenen Entscheidungen – zum Beispiel in der Frage des Atomausstiegs. Auf dem Weg dahin müssen die Stromnetze zunehmend unbeständige Auslastungen bewältigen, die sich aus der Integration von Energien aus erneuerbaren Quellen sowie steigender Nachfrage und veränderlichen Nachfragemustern ergeben.
Erhebliche Investitionen sind notwendig, da die derzeitig vorhandene Infrastruktur veraltet und den sich verändernden Anforderungen hinsichtlich Stromerzeugung, -transport, -verteilung und -verbrauch, nicht gewachsen ist. Wie Günther Oettinger, EU-Kommissar für Energie, festgestellt hat, ist das Energiesystem das Rückgrat der modernen Gesellschaft und Europa muss mittel- bis langfristig einen nachhaltigen, zuverlässigen, sicheren und konkurrenzfähigen Zugang zur Energie sicherstellen.
Die Energiespeicherung ist bestens dazu geeignet, bei der Erfüllung dieser Anforderungen unterstützend mitzuwirken. Denn durch Energiespeicherung kann eine kontinuierliche Energieversorgungssicherheit erreicht werden. Sie kann außerdem eine Reihe strategischer Dienste sowohl für den regulierten als auch für den deregulierten Teil der Energiewirtschaft bieten. Dabei stellen sich unter anderem drei Hauptherausforderungen: der Ausgleich von Nachfrage und Versorgung, das Management von Übertragungs- und Verteilernetzen sowie die Steigerung der Energieeffizienz. Doch zurzeit befinden sich einige Energiespeichertechnologien noch in der Anfangsphase ihrer Entwicklung. Was vielen branchenfremden Personen nicht bekannt ist: Es gibt verschiedene Arten von Technologien, die für unterschiedliche Anwendungen entwickelt werden und über deren wirtschaftliche Rentabilität noch keine Klarheit herrscht.
Die Energielandschaft der Zukunft
Die Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes kommt weiter voran, indem die EU-Mitgliedstaaten daran arbeiten, die »20-20-20«-Ziele zu erreichen, die im Klima- und Energiepaket festgelegt wurden. Das Gesetzespaket, das vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union vereinbart und Mitte 2009 in Kraft getreten ist, enthält zwei verbindliche Ziele bis 2020: Den Anteil der Erneuerbaren Energien bei der Energieproduktion in der EU auf 20 % zu erhöhen und eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes auf mindestens 20 % unter den Werten von 1990 zu erreichen. Es enthält ebenfalls eine nicht bindende Vereinbarung, den Energieverbrauch durch Steigerung der Energieeffizienz um 20 % im Vergleich zum Verbrauch des Jahres 1990 zu senken.
Zusätzlich versuchen einige Mitgliedstaaten allmählich den Ausstieg aus der Kernenergie. So hat sich zum Beispiel Deutschland mit der Energiewende das Ziel gesetzt, einen Wechsel von atomaren und fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energiequellen zu vollziehen. In Italien verhängte man nach der Fukushima-Katastrophe ein Moratorium auf die Weiterentwicklung der Atomenergie. Dennoch wird die Atomenergie weiterhin eine wichtige Rolle in den Mitgliedstaaten, in denen sie akzeptiert wird, spielen und eine wichtige Quelle kohlenstoffarmer Energie in Europa bleiben.
Obwohl es schwer vorauszusagen ist, wie der zukünftige Energiemix Europas aussehen wird, führt beim Aufbau eines nachhaltigen Energiesystems kein Weg an der Energiespeicherung vorbei. Diese Ansicht findet eine breite Unterstützung. So betont der »Energiefahrplan 2050« der EU ausdrücklich die Rolle der Energiespeicherung bei der Bewältigung der Einspeisung größerer Mengen Energie aus erneuerbaren Quellen. Laut diesem »Energiefahrplan« könnte der Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Gesamtverbrauch im Jahre 2030 rund 30 % erreichen. Es ist zu erwarten, dass etwa die Hälfte davon aus Energiequellen stammen wird, die nicht kontinuierlich verfügbar sind (bspw. Wind und Photovoltaik).
Ein neuer Ansatz
Energie, die aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird, ist überwiegend nicht kontinuierlich verfügbar, nicht regelbar (d.h. nicht auf Abruf verfügbar) und kann je nach Jahreszeit in großem Maße variieren. Dies wird unvermeidlich zu Situationen führen, in denen die Produktion die Nachfrage übersteigt, was die Übertragungs- und Verteilernetze besonders stark beanspruchen wird. Alle Arten von flexiblen Lösungen sind daher von besonderer Bedeutung. Hierzu zählen regelbare Kraftwerke, Demand-Side-Management über intelligente Netze, die Energiespeicherung sowie die Vernetzung mit angrenzenden Märkten.
Während jede flexible Lösung ein bestimmtes Problem anspricht, haben Speichersysteme den Vorteil, dass sie gleich eine Lösung für eine Kombination von Problemen bieten. Sie bieten unter anderem folgende Vorteile:
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Flexible Erzeugungssysteme
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Steigerung der Netzflexibilität (Übertragung/Verteilung)
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Demand-Side-Management
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Verbesserung der Vernetzung
Die Hauptfunktionen der Energiespeicherung liegen in der Fähigkeit elektrische Energie zeitlich zu versetzen, Strom in das Netz einzuspeisen (technisch gesehen als Erzeuger zu handeln) und Strom aus dem Netz zu beziehen (technisch gesehen als Verbraucher zu handeln). Dabei ist die Energiespeichertechnologie kein neues Konzept, sondern wird seit vielen Jahrzehnten erfolgreich angewandt, um Schwankungen bei der Nachfrage der Erzeugung anzupassen und zusätzliche Dienstleistungen anzubieten.
Heute werden fast 99 % der weltweiten Speicherkapazität von elektrischer Energie durch Pumpspeicherwerke (PSW) abgedeckt. Auch wenn PSWs in Europa attraktiv und notwendig sind, können sie nicht die alleinige Lösung der Energiespeicherung darstellen. Schon der Ausweitung der PSWs stehen geografische und finanzielle Grenzen gegenüber. In der sich wandelnden Energielandschaft werden eine große Zahl an Speicheranwendungen hervorgebracht, die kurzfristige (Minuten bis Stunden) oder langfristige (Tage bis Wochen) Speicherkapazitäten sowie zentralisierte oder dezentralisierte Implementierungsmuster usw. benötigen. Dies bedeutet, dass verschiedene Speichertechnologien oder eine Kombination unterschiedlicher Technologien angewandt werden müssen. In diesem Zusammenhang ist die Forschung und Entwicklung im Bereich der Energiespeichertechnologien äußerst wichtig.
Eine Systemlösung
Die Energiespeichertechnologie wird zukünftig eine zentrale Rolle in nahezu allen Bereichen des Energiesystems haben. Dabei ist es offensichtlich, dass es keine Einzellösung für die Bewältigung aller Probleme geben wird und derzeit im Energiesystem der EU nur begrenzte Speichermöglichkeiten vorhanden sind. Die derzeitig installierte Speicherkapazität besteht größtenteils aus Pumpspeicherwerken. Weitere Speicherarten – chemische, elektrische, thermale, elektrochemische (Batterien) und andere Formen mechanischer Energiespeicherung – sind entweder sehr gering verbreitet oder befinden sich noch in einer sehr frühen Entwicklungsphase.
Die Entscheidungen, in die Entwicklung und den Betrieb von Speichertechnologien mit einem angemessenen Budget zu investieren, hängen von der Entwicklung des gesamten Energiesystems ab. Eine Schlüsselherausforderung wird darin bestehen, mehrere »Wertströme« aus einem einzelnen Speichersystem zu schaffen und dieses kostengünstig produzieren und betreiben zu können. Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus der wirtschaftliche Rentabilität abhängig von der jeweiligen Anwendung und dem Einsatzort. So variieren die im Energiesystem der einzelnen EU- Mitgliedsstaaten verwendeten Energieressourcen je nach Standort erheblich. Südliche Mitgliedstaaten setzen in der Regel eher auf PV-Stromerzeugung, während die nördlichen Länder meist auf Windkraft bauen. All diese Aspekte haben einen großen Einfluss auf den Bereich der Energie-Speichertechnologie.
Europäische Zusammenarbeit
Die EU-Mitgliedstaaten sind selbst dafür verantwortlich, wie sie erneuerbare Ressourcen innerhalb ihrer eigenen Grenzen in die bestehende Energieinfrastruktur integrieren. Daher ist es besonders wichtig, koordiniert an die Forschung und Entwicklung im Bereich der Energiespeicherung sowie deren Finanzierung heranzugehen. Dieser Vorgang steht im Einklang mit dem angestrebten Elektrizitätsbinnenmarkt und ist notwendig, um Überschneidungen oder widersprüchliche Entwicklungen zu vermeiden. Ebenso müssen die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um die verschiedenen Technologien zu optimieren, die notwendigen Investitionen voranzubringen und die unterschiedlichen Regelungen innerhalb des europäischen Energiemarktes anzugleichen.
Vor diesem Hintergrund ist die Energiespeicherung Gegenstand gemeinsamen Interesses mehrerer Initiativen. Die europäischen Akteure im Energiebereich, darunter Erzeuger, Versorger und akademische Körperschaften haben sich in der »European Association for Storage of Energy (Ease)« zusammengeschlossen und zum Ziel gesetzt, den Übergang zu einem nachhaltigen, flexiblen und zuverlässigen Energiesystem in Europa zu unterstützen.
Die Ease bezieht alle relevanten Interessengruppen sowie nationale, europäische und internationale Verbände ein, um eine europäische Informationsplattform zu allen Fragen der Energiespeicherung aufzubauen. So haben beispielsweise Ease und die European Energy Research Alliance (EERA), der Verband der führenden Organisationen auf dem Gebiet der Energieforschung, unter Mitwirkung
aller EU-Interessenvertreter im April 2013 einen Fahrplan und Empfehlungen für Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen bis 2030 veröffentlicht. Darin enthalten ist sowohl eine Hochrechnung des europäischen Bedarfs an Energiespeicherung als auch Empfehlungen für diesbezügliche Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen.
Letztlich hat die europäische Industrie das Potential innerhalb von nur wenigen Jahren eine große Zahl von innovativen Speichertechnologien zu entwickeln und damit Europa dem Ziel eines kohlenstoffarmen und nachhaltigeren Energiesystems einen großen Schritt näher zu bringen.
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www.renewableenergyworld-europe.com