In der EU-Richtlinie 2012/27/EU (»Energieeffizienzrichtlinie«) wird „das Ziel einer wettbewerbsfähigen kohlenstoffarmen Wirtschaft bis 2050“ ausgegeben. Das ist natürlich löblich. Hierfür sei ein „Energieeffizienzziel einer 20%igen Einsparung bis 2020 sowie eine emissionsfreie Stromerzeugung bis 2050“ erforderlich. Auf der einen Seite sehr global abgefasst, geht diese Richtlinie an unerwarteten Stellen sehr ins Detail. So sollen „80 % der Verbraucher bis 2020 mit intelligenten Verbrauchserfassungssystemen ausgestattet sein.“ Allerdings kommt bereits im nächsten Halbsatz die Einschränkung „falls die Einführung dieser Systeme positiv bewertet wird.“ Wer bewertet? Darüber schweigt das Papier. Dafür wird festgestellt, dass die „Verwendung von Fernwärme nur sinnvoll in Gebäuden ist, in denen die Heizkörper mit Thermostatventilen ausgerüstet sind.“ Immerhin könnten so russische Regelungen (über das Öffnen von Fenstern) zur Temperatureinstellung verhindert werden. Interessant sind auch Passagen über Kraftwerke: „Die Mitgliedstaaten sollten eine umfassende Bewertung des Potenzials für hocheffiziente KWK (Anm.: Kraft-Wärme-Kopplung) und Fernwärme- sowie Fernkälteversorgung vornehmen.“ Auch wenn nur mehr hocheffiziente KWK gebaut werden, stelle ich die Frage, wie diese zur oben zitierten emissionsfreien Stromerzeugung passen? Und wie kann eine KWK eine Fernkälteversorgung vornehmen? Am grünen Tisch werden an späterer Stelle in der Richtlinie neue Berufsgruppen erfunden. Ob der Markt dies nun braucht oder nicht, werden „Listen mit Anbietern von Energiedienstleistungen, Musterverträge, der Austausch bewährter Verfahren sowie Leitlinien, insbesondere für Energieleistungsverträge,…“ angeregt. Seltsam, womit sich der Rat hier befasst…
Für Kraftwerke wird festgehalten, „dass die Kosten-Nutzen-Analyse … in Zusammenarbeit mit den für den Betrieb der Fernwärme- bzw. Fernkältenetze zuständigen Unternehmen durchgeführt wird.“ Schön, aber Kernkraftwerke sind explizit davon ausgenommen. Die müssen sich also nicht rechnen, wahrscheinlich weil – wie wir wissen – sie sich nicht rechnen können. In welchem Business Case kann eine lückenlose Überwachung eines Atommülls auf 40.000 Jahre dargestellt werden? Da verzichten wir doch lieber gleich drauf.
Ganz ehrlich fühle ich mich mit dieser Richtlinie nicht gut aufgehoben. Wir benötigen nicht nur Effizienz sondern insbesondere die alternative Erzeugung und – im Gleichklang simultan – die intelligente Weitverkehrsübertragung und die Transportmöglichkeiten von Strom in beide Richtungen. Weiters ist sehr viel über Gas und Gasverteilung zu lesen, was aber im Widerspruch zur Dekarbonisierung der Energieerzeugung steht. Diese ist am besten (und bis auf Holz ausschließlich) über Stromerzeugung aus Naturkraft herzustellen. Eine Fokussierung auf KWK hat einen riesigen Nachteil: Abwärme aus Kraftwerken dient ökonomisch bestenfalls als Nahwärme, weil es sich wie bei Zentralheizungen nur um heißes Wasser handelt. Richtige Fernwärme muss bei höheren Temperaturen und Drücken (16-25 bar) ausgekoppelt werden, womit diese Energie der Stromerzeugung verloren geht. Damit ist der rein elektrische Wirkungsgrad der KWK-Anlage geringer als bei einem herkömmlichen Kraftwerk.
Werfen wir nun einen Blick auf Deutschland und die dort geplante Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie. Im diesbezügliche Grünbuch wird der Slogan »efficiency first« ausgegeben, d.h. Effizienz steht vor und über allen anderen Maßnahmen der Ökologisierung (oder wie es nun ganz aktuell heißt: der Dekarbonisierung). „Jede Energieeinheit, die eingespart wird, muss nicht erzeugt, gespeichert und transportiert werden.“ Fast jedes zweite Wort ist sparen, einsparen, verringern. Es wird sogar vorgerechnet, dass beim zukünftigen Ausbau von Stromnetzen mehr als € 12 Mrd. im Jahr 2035 bzw. € 21 Mrd. in 2050 gespart werden. Wie es aussieht, wird die Dekarbonisierung für Einsparungen von Investitionen an der Netzinfrastruktur missbraucht! Dies steht doch im krassen Widerspruch zur Tatsache, dass dringend weitere und bidirektionale Netze für die Ökologisierung des europäischen Energiebedarfs benötigt werden. Dann fehlen auch die großen Infrastrukturinvestitionen zur Ankurbelung der Wirtschaft. Der Schuss wird nach hinten losgehen.
Und was passiert in Österreich? klimaaktiv (als Projekt des Lebensministeriums mit dem Auftrag der Gestaltung der zukünftigen Klima- und Energiepolitik) gibt eine »Heizungsmatrix« aus, in der unterschiedliche Heizungssysteme für verschiedene Gebäudetypen empfohlen werden. Außer Infrarotheizungen, die auch beim Niedrigstenergiehaus als »wenig bis nicht empfehlenswert« dargestellt sind. Diese Nicht-Empfehlung basiert aber auf einer völlig falschen Bewertung des Stromes (wie an dieser Stelle schon öfters dargestellt wurde). Auf die Frage hin, was denn dann eine wirklich geeignete Heizung darstellt, weil doch Öl und Gas (wegen der Dekarbonisierung) nicht wünschenswert sind und Strom aufgrund der in der Matrix vorhandenen fehlerhaften Bewertung auch nicht geeignet sein soll, war die Antwort: Scheitholz-Einzelöfen. Das ist keine Vision für das 21. Jahrhundert sondern eine für das 14. Ich glaube, hier hat jemand ein Brett vorm Kopf – oder eher ein Scheitholz?
Bild: easyTherm GmbH