Die jüngst erfolgten Preisexplosionen am österreichischen Energiemarkt werden nicht ohne juristisches Nachspiel bleiben. „Beim Anblick der Vorgehensweise vieler namhafter Energieanbieter müssen sich jedem Juristen derzeit die Haare sträuben. Die aktuelle Lage wird teilweise grob rechtswidrig dazu ausgenutzt, die eigenen Gewinnmargen auf Kosten der Verbraucherschaft zu steigern“, so Richard Eibl, Geschäftsführer von Padronus.
Beispielsweise erhöhte die Verbund AG den Energiearbeitspreis bestehender Verträge im März 2022 um knapp 85 Prozent und berief sich dabei auf die Entwicklung des österreichischen Strompreisindexes (ÖSPI), der sich im Rahmen des Merit-Order-Prinzips am aktuellen Gaspreis orientiert. Gleichzeitig wirbt der Verbund seit Jahren intensiv mit dem Versprechen, den eigenen Strom zu 100 Prozent aus umweltfreundlicher Wasserkraft herzustellen. „Durch die Steigerung des Gaspreises haben sich die Kosten des Verbunds, der tatsächlich Strom aus Wasserkraft an den Kläger liefert, nicht wesentlich erhöht. Dies führt dazu, dass die Verbund AG ihre Gewinne seit dem Angriff gegen die Ukraine erheblich steigern konnte, und zwar nach unserer Ansicht rechtswidrig“, so Eibl. Gemäß Presseaussendung der Verbund AG vom 28. Juli 2022 konnte diese ihr EBITDA im ersten Halbjahr 2022 von EUR 654,9 Mio. auf EUR 1.378,9 Mio. steigern und somit um mehr als das Doppelte erhöhen. „Die entsprechende Regelung in den AGB der Verbund AG ist daher unsachlich und außerdem unwirksam gemäß § 864a ABGB und § 879 Abs 3 ABGB“, stellt Rechtsanwalt Ulrich Salburg fest, der bereits im Anlegerbetrugsskandal um die Meinl-Bank Entschädigungen bis zu EUR 100 Mio. erwirkte und nun die Kunden von Padronus vertritt.
Skandalös die Reaktion des Verbunds, der nun Verträge seiner Kunden kündigt, welche die Hilfe von Padronus beanspruchen. „Abgesehen davon, dass ich es für absolut verwerflich und eines großen teilstaatlichen Konzerns nicht würdig halte, einen Kunden mit Kündigung zu bestrafen, weil dieser gerichtlich die Rechtslage klären will, bin ich der festen Überzeugung, dass die Kündigung rechtsmissbräuchlich, sittenwidrig und somit ungültig ist“, so Salburg. Einen Schriftwechsel später muss der Verbund bestätigen, dass er weiterhin Strom liefern wird. „Die Aktion vom Verbund war nicht durchdacht“, meint Eibl, denn „es wurde einfach die Grundversorgung gemäß § 77 ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010) beantragt. Diesem Antrag musste stattgegeben werden, weil jeder Österreicher Anspruch darauf hat. Ironischerweise wird unser Kunde nun weniger zahlen als vorher, weil der Grundversorgungstarif billiger ist.“
Diesen Kunstgriff machten sich Padronus und Rechtsanwalt Salburg auch in einem anderen spektakulären Fall zu Nutze. Weil ein Klient einen Arbeitspreis von 91 Cent/kWh bei der First Energy AG bezahlte, wurde der Vertrag gekündigt und der Grundversorgungstarif beim Verbund beantragt. Der Kunde zahlt jetzt nur noch 16,79 Cent/kWh.
Entgegen dem verbreiteten Glauben, die Grundversorgung stünde nur armutsbedrohten bzw. schutzbedürftigen Personen zu, muss sie nach dem Bundesgesetz jedem geliefert werden, der sich darauf beruft (auch Kleinunternehmern). Sonstige Anspruchsvorausetzungen gibt es nach dem ElWOG nicht. Der entsprechende Tarif darf dabei nicht höher sein als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl der Kunden aktuell versorgt werden. „Dadurch sind für zukünftige Vertragsabschlüsse bei sehr vielen Stromanbietern extreme Einsparungen für Verbraucher möglich, weil die meisten Bestandskunden noch alte Verträge haben, daher billigere Tarife zahlen und den Grundversorgungstarif niedriger als jenen Tarif halten, den Neukunden aktuell angeboten bekommen“, erklärt Eibl.
Aus Sorge vor dieser Möglichkeit der Verbraucher geben manche Stromversorger merkwürdige Grundversorgungstarife an, zu dessen Veröffentlichung sie gesetzlich verpflichtet sind. So wird beispielsweise der Grundversorgungstarif bei der KELAG mit 60 Cent/kWh ausgewiesen, obwohl viele Bestandskunden 13 Cent/kWh bezahlen. Da stimme etwas nicht, meint Salburg: „Das geht sich rechnerisch nicht aus.“
Derzeit wird die Möglichkeit überprüft, den Grundversorgungstarif auch für mögliche Rückforderungen heranzuziehen. „Nach dem ABGB ist eine sogenannte Verkürzung über die Hälfte bzw. unverhältnismäßige Schädigung (laesio enormis) verboten. Erhält ein Vertragspartner weniger als die Hälfte dessen, was er bezahlt hat, ist die getätigte Überzahlung rückforderbar. Wenn Verbraucher also mehr als das Doppelte des Grundversorgungstarifs bezahlt haben, und das ist mittlerweile oft der Fall, könnte der Differenzbetrag unserer Ansicht nach rückforderbar sein. Sollte dies von der Judikatur bestätigt werden, wäre dies ein Super-GAU für viele Energieanbieter“, so Eibl.
Auch gegen andere Energieversorger laufen derzeit von Padronus finanzierte Verfahren:
Die Stadtwerke Klagenfurt informierten ihre Kunden im Februar 2022 darüber, dass die AGB geändert wurden und sich auf Grundlage dieser neuen AGB der Grundpreis von EUR 1,44 auf EUR 4,90 ab 01. April 2022 erhöhen würde. „Gemäß der neuen AGB war die Grundlage für die Erhöhung des Grundpreises der Verbraucherpreisindex (VPI) 2015. Der VPI 2015 ist im Betrachtungszeitraum vom Februar 2021 bis Februar 2022 jedoch lediglich um 5,7 Prozent gestiegen und würde eine Grundpreiserhöhung auf maximal EUR 1,52 rechtfertigen – und nicht um 346 %“, so Rechtsanwalt Salburg.
Die Fernwärme St. Pölten führte im März 2022 eine massive Erhöhung des Arbeitspreises um 109 Prozent durch und begründete dies mit der Preisentwicklung des Europäischen Gaspreisindex, des Strompreisindex, des Mineralölpreisindex und auch des VPI, obwohl diese Indizes ähnlich wie beim Verbund nicht die eigene Kostenstruktur wiedergeben. Knapp zwei Drittel der Wärme stammen nämlich aus Abwärme von der thermischen Müllverwertungsanlage Dürnrohr. Wäre die Fernwärme St. Pölten einem Wettbewerb ausgesetzt, könnte sie bei gleichbleibenden Produktionskosten bzw. bei einer geringen Erhöhung derselben keine derartige Preiserhöhung durchsetzen, da ein hypothetischer Mitkonkurrent diesen Preis gewinnbringend unterbieten würde. „Auf Grund der marktbeherrschenden Stellung der Fernwärme St. Pölten ist es ihr gemäß § 5 Kartellgesetz daher verboten, einen Preis für eine Leistung zu verlangen, der von denjenigem abweicht, der sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würde“, erklärt Salburg.
Weitere Informationen auf: www.padronus.at
Über Padronus:
Padronus ist eine Marke der Prozessfinanzallianz GmbH, dessen Gründer mit der Marke »Mietheld« bereits knapp 5.000 Kunden zu einer Mietzinsreduktion nach dem Mietrechtsgesetz verhalfen. Während der Corona-Krise finanzierte das Unternehmen für mehrere Hundert Hoteliers Entschädigungsverfahren auf Basis des Epidemiegesetzes gegen die Republik Österreich und erzielte Millionenbeträge. Für Kunden, die bei konzessionslosen Online-Casinos Geld verloren haben, hat das Unternehmen bereits Rückforderungen nach dem Glücksspielgesetz im zweistelligen Millionenbereich gerichtlich zurückgeholt.
Quelle: APA