EPU am Vormarsch?

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Flexiblere Zeiteinteilung, bessere Selbstverwirklichung, Umsetzung einer Produktidee, Erkennen einer Marktchance – die Motive hinter dem Schritt in die Selbständigkeit sind vielfältig. Ein-Personen-Unternehmen sind am Vormarsch und das nicht zuletzt aufgrund ihres breiten Branchenspektrums. Unterstützung gibt es in Griffweite, denn angesichts der immer größer werdenden Anzahl an EPU möchte die WKO bestmögliche Rahmenbedingungen für sie schaffen: So werden zahlreiche Serviceleistungen wie eine Plattform, diverse Online-Tools, Leitfaden, Webinare, Veranstaltungen, Seminare etc. angeboten. Mit dieser strategischen Betreuung der EPU soll laut WKO das Gesamtunternehmertum gestärkt werden. Die Erleichterung des Schrittes in die Selbständigkeit soll den Unternehmergeist in einer personalisierten Wirtschaft fördern.

Interessenvertretung
Zahlreiche Begünstigungen für EPU wurden von der WKO bereits realisiert, so etwa der Anspruch auf Krankengeld bei lang andauernder Krankheit, die Erhöhung des Wochengeldes für Unternehmerinnen, die unbefristete Verlängerung der Lohnnebenkostenförderung für den/die erste(n) MitarbeiterIn oder steuerliche Entlastungen. Weitere Ziele in Bezug auf Steuer- und Sozialrecht zugunsten der EPU sind bereits gesetzt: so etwa die Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro oder die Anhebung der Nettoumsatzgrenze auf 35.000 Euro bei der Klein(st)unternehmerregelung.

Pro und Kontra
Die EPU-affinen Bemühungen und Aufwendungen seitens der WKO und die immer steigende Anzahl der Ein-Personen-Unternehmen rufen unterschiedliche Meinungsbilder hervor. So behaupten kritische Stimmen etwa, dass KMU sich durchaus ähnlichen Hindernissen stellen müssten, jedoch nicht in den Genuss desselben Unterstützungsumfangs kämen. Vor allem im Bau- und Baunebengewerbe seien EPU hinderlich und für eine Wettbewerbsverzerrung verantwortlich. Es würde Arbeitslosen, die im schlechtesten Fall ohnehin nicht viel wirtschaftliches Verständnis mitbringen, der Schritt in die Selbständigkeit schmackhaft gemacht – mit fraglichem Ausgang. Auch die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis (Wieviel bringen EPU ein in Relation zur Unterstützung, die sie benötigen?) innerhalb der Wirtschaftskammer wird angesichts der notwendigen finanziellen Unterstützung gestellt. Durchaus werden auch Vorwürfe laut, dass EPU zur Absicherung der finanziellen Beiträge und als Wählerstimmen dienen sollen.

Eine spartenübergreifende Bewertung dieser Entwicklung scheint unmöglich. So herrschen etwa in der Informations- und Consulting-Branche andere EPU-spezifische Voraussetzungen und Gegebenheiten als etwa im Baugewerbe. Auch hinsichtlich der Wettbewerbsvorteile in Bezug auf die Kleinstrukturiertheit muss hier gezielt differenziert werden. Faktum ist jedenfalls, dass sich der »Trend« EPU nicht nur innerhalb der österreichischen Grenzen hält: Etwa 60 % aller europäischen Unternehmen sind Kleinstbetriebe ohne angestellte Beschäftigte – Tendenz auch hier steigend.

Wir haben nachgefragt und Meinungen aus der heimischen Wirtschaft zum Thema EPU und deren Unterstützung durch die WKO eingeholt. Lesen Sie nachfolgend einige Auszüge.

„Mittlerweile gibt es zu viele Kleine!"Klaus Ehgartner, Geschäftsführer ekplan, Landesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker Vorarlberg:
Mittlerweile gibt es zu viele Kleine! Zum einen ist daraus leider ein Wildwuchs der Gewerbe-Berechtigungen (Gewerbeordnungen) entstanden, der sehr schwer aufzuräumen ist, und zum anderen fehlen diese Leute in den Firmen und tun den Firmen teils auch weh. Natürlich haben Sie weniger Kosten etc., jedoch sind sie keine Arbeitgeber, von denen wir mehr brauchen.

„Der Pferdefuß unter den EPU sind jene, welche jedem alteingesessenen Mittel- und Kleinbetrieb von 3-20 Mitarbeitern, teils auch noch darüber, mehr als schaden können.“Ing. Josef Witke, Bundesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker:
Der Pferdefuß unter den EPU sind jene, welche jedem alteingesessenen Mittel- und Kleinbetrieb von 3-20 Mitarbeitern, teils auch noch darüber, mehr als schaden können. Man macht ihnen durch die Liberalisierung des Gewerberechtes und durch die Liberalisierung aller Zulassungsbedingungen das Leben mehr als leicht. Dazu kommen noch Dinge wie die »GesmbH-light« und noch unendlich viele Förderungen von Seiten des Staates und viele Hilfestellungen von Seiten der WKO. (…) Aufgrund der leichten Zugangsmöglichkeit haben sie keine Ahnung von Kalkulation und Lohnnebenkosten. (…) Sie zahlen, das ist meine eigene Erfahrung in meiner Innung, in den wenigsten Fällen die Kammerabgaben. (…) Jeder von uns weiß, dass sie die Rechnungslegung auch nicht so genau nehmen – da wird auch die Registrierkassa nicht helfen. Umsatzsteuererklärung und Steuererklärung dürften in den meisten Fällen ein Fremdwort sein. (…) Da wir von ihnen bei der Gewerbeanmeldung keinen Nachweis über kaufmännische Fähigkeiten und keinen Nachweis über ihre Liquidität verlangen, kann man auch nicht von ihnen verlangen, dass sie wissen, dass jeder eingenommene Euro nur zu ca. einem Drittel ihnen gehört! Der Gewerbe- und Arbeitsinspektor ist für sie auch ein Fremdwort – er kümmert sich nicht um sie. Eine Betriebsbewilligung ist nicht nötig – es gibt ja keinen Betrieb. Wenn sie nach ein bis zwei Jahren draufkommen, dass sie einiges an Abgaben nicht abgeliefert haben, dann gehen wir halt in den Privatkonkurs – denn Vermögen besitzen wir keines. Das Sozialnetz unseres Staates hilft ihnen dahinter schon weiter! Für ihre Gläubiger bleibt nur das Nachsehen.

Definition
Auf der EPU-Plattform (www.epu.wko.at) wird ein Ein-Personen-Unternehmen folgendermaßen definiert: „Als Ein-Personen-Unternehmen gelten (…) Unternehmen ohne unselbständig Beschäftigte (auch ohne geringfügig Beschäftigte) der gewerblichen Wirtschaft mit Orientierung am Markt, Ausrichtung der Tätigkeit auf Dauer und ohne Mitunternehmertum, d. h. im Wesentlichen nur Einzelunternehmen und GmbH.“

Zahlen und Fakten
278.411 Unternehmen werden bundesweit als EPU geführt – sie stellen somit 58,1 % der aktiven Mitglieder der WKO. In den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Oberösterreich sind die meisten EPU zu finden. Laut WKO weisen die Sparten Gewerbe und Handwerk (64,9 %) sowie Information und Consulting (60,5 %) den größten EPU-Anteil auf, gefolgt von Handel (48,1 %), Industrie (39,6 %), Transport und Verkehr (34,7 %) sowie Tourismus und Freizeitwirtschaft (32,6 %).
(Quelle: WKO, Stand 12/14)

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