Auch dieses Jahr stand der Janitza Energy Day unter einem branchenübergreifenden Thema, der CO2-Neutralität. Das Format der Hybridveranstaltung mit 80 Gästen im Studio und über 700 weiteren Zuschauerinnen und Zuschauern online wurde beibehalten. Zugleich hat das Janitza-Team Konzept und Inhalte weiterentwickelt, nicht zuletzt mit einem außergewöhnlichen Keynote Speaker: dem legendären Alpinisten Reinhold Messner.
Pünktlich um 09:00 Uhr startete die Live-Übertragung, durch die die von Radio FFH bekannte Moderatorin Julia Nestle und der Janitza Senior Key Account Manager Holger Dietz führten. Normalerweise prägen Ideen, Strategien, Lösungen und ein sachlicher Optimismus die Stimmung bei Veranstaltungen, wie dem Janitza Energy Day. Das war am 01. Februar nach dem ersten Vortrag vorübergehend anders. Es herrschte betroffenes Schweigen. Dabei hatte Patrick Steiß, Umwelt- und Energiemanager bei Janitza, nur Fakten aufgezählt. Aber die hatten es in sich, denn Ökosysteme und damit die menschliche Existenz sind unmittelbar bedroht.
Keine Zeit mehr zu verlieren
Patrick Steiß stellte das Konzept der Earth Kommission zu neun planetaren Grenzen vor. Diese beziehen sich beispielsweise auf den Klimawandel, neuartige Substanzen, die die Ozonschicht beeinflussen, Luftverschmutzung, Ozeanversauerung, Stoffkreisläufe und die Biosphäre. Das Konzept wirkt abstrakt, hat aber sehr klar definierte Grenzen. Bei der letzten Aktualisierung 2023 waren sechs von neun Grenzwerten überschritten. Das Konzept umfasst auch die Dimensionen des menschlichen Wohlergehens und der sozialen Gerechtigkeit. Auch hier sind schon zwei von drei Grenzwerten überschritten.
Was das bedeutet, erläuterte Patrick Steiß am Beispiel der Erderwärmung: Eine Erwärmung um 1,5 °C ist ökologisch noch verkraftbar. Die soziale Grenze, die sich auf die menschliche Zivilisation bezieht, liegt aber bei maximal 1 °C. Und die sind bereits deutlich überschritten. Damit bricht nicht alles zusammen, aber das Risiko ist drastisch gestiegen, dass es zu Tipping Points, zu Kipp-Punkten, kommt.
Die Folgen sind sichtbar: Bereits jetzt leiden 3,6 Milliarden Menschen mindestens einen Monat im Jahr unter extremem Wassermangel. Hauptsächlich in Afrika. Bis 2050 werden drei Viertel der Menschheit bedroht sein.
Durch den Anstieg des Meeresspiegels leiden Küstenregionen unter Sturmfluten, Überschwemmungen, Versalzung der Böden und Erosion. Damit gehen diese Lebensräume für Menschen und Tiere für immer verloren. Bei 1,5 °C wird der Anstieg noch moderat ausfallen. 200 Millionen Menschen werden darunter leiden. Bei 2 °C sind es 630 Millionen. Das wird auch Lebensräume wie die Region Hamburg oder die Niederlande betreffen.
Erfolgsmodell Reduktion
Nach der aufwühlenden Einführung betrat Reinhold Messner die Bühne. Neben spannenden Berichten aus seinem Schaffen präsentierte er seinen persönlichen Lösungsansatz: „Wir sollten freiwillig, nicht aufgezwungen, auf Konsum verzichten. Ein Drittel weniger würde uns überhaupt nicht stören.“ Wie gut das geht, verdeutlichte er anhand seiner spektakulären Besteigungen des Nanga Parbat. Bei der Ersten nahm er an einer Expedition 1970 teil, die aus 18 Teilnehmern bestand und rund neun Tonnen Material erforderte. 1978 wiederholte er den Aufstieg allein – mit 60 kg Gepäck.
Messner bestätigte die Warnungen von Patrick Steiß: „Ich bin kein Wissenschaftler, sehe aber seit über 50 Jahren an den Bergen sehr klar, was passiert.“ Als Hauptproblem in den Alpen identifizierte er den Schwund des Permafrostes, der die Felsmassen zusammenhält. Mit dem Schmelzen fallen riesige Felsstücke, ja ganze Wände zusammen, wodurch nicht nur viele Regionen in den Alpen unbewohnbar werden, sondern auch die Wasserversorgung von Städten wie München oder Mailand gefährdet wird. Dabei machen die Alpengletscher nicht einmal 1 % des Erdeises aus. Das meiste liegt in der Antarktis, fast 90 %. Aber auch am Nordpol schwindet das Eis. Mittelfristig wird dies den Golfstrom verändern, mit noch nicht absehbaren Konsequenzen.
Die Szenarien sind bedrückend, aber noch ist es nicht zu spät, die schlimmsten Folgen abzuwenden, wie die nachfolgenden Vorträge bewiesen.
Efficiency First: Vom Energie- zum Klimamanagement
Den nächsten Vortrag bestritt Christian Noll, Vorstandsvorsitzender der Deneff, der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. Rund 240 Unternehmen vom Start-up bis zum Großunternehmen sind in dem Verein vertreten, darunter auch Janitza. Das Motto lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Die beste Kilowattstunde ist die, die ich nicht verbrauche.“ Der Stromverbrauch muss nicht nur auf grün umgestellt, sondern reduziert werden.
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das EnEfG (Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland), das zu Jahresbeginn in Kraft trat. „Dafür hat sich die Deneff 13 Jahre lang eingesetzt“, so Noll. „Es gibt schon lange ein Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wir haben uns gefragt, warum es kein Gesetz für die eingesparte Kilowattstunde gibt.“ Alle seriösen Klimaszenarien sprechen dafür. Um die Erderwärmung zu stoppen, muss der Endenergiebedarf um etwa 40 % reduziert werden. Strom wird dabei der wichtigste Energieträger bleiben. Er wird in vielen Anwendungen sogar andere Energieträger ersetzen, was zu einem höheren Stromverbrauch führen kann. Der Gesamtenergieverbrauch wird jedoch sinken und damit vor allem der CO2-Ausstoß, da mehr und mehr grüner Strom fossile Energieträger ersetzen wird. Noll betont, dass mit dem Verbrauch nicht die Wirtschaft schrumpfen, sondern die Effizienz gesteigert werden muss. Technische Lösungen sind vielfach schon vorhanden.
Emissionen eines Unternehmens lassen sich in drei Scopes unterteilen. Scope 1 umfasst direkte Emissionen und Scope 2 den vorgelagerten Energiebezug. Die größte Herausforderung ist Scope 3, die vorgelagerte Wertschöpfungskette.
Auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung fangen die meisten Unternehmen mit Scope 2 an, etwa mit dem Wechsel des Stromanbieters. Danach stehen Investitionen in Energieeffizienz an, oft auch Eigenerzeugung. Auch Abwärme spielt eine große Rolle. Soweit sie sich nicht vermeiden lässt, kann sie im Unternehmen selbst verwendet oder in öffentliche Netze eingespeist werden.
Einen einfachen Einstieg in die Thematik sind Energiemanagement-Systeme, die für Unternehmen ab einem Jahresverbrauch von 7,5 GWh verpflichtend sind. Bereits ab 2,5 GWh müssen Unternehmen Energieaudits durchführen und Umsetzungspläne veröffentlichen.
Die Deneff begleitet und unterstützt Unternehmen auf diesem Weg, wie Noll am Beispiel von Rechenzentren verdeutlicht, auf die rund 3 % des Stromverbrauchs in Ballungszentren entfallen. Ein Großteil dient der Kühlung. Die Abwärme geht meist noch ungenutzt verloren. Die Deneff möchte dies ändern. Auf der Webseite sind etliche Hilfsmittel zu finden, unter anderem ein Wirtschaftlichkeitsrechner, der eine erste Abschätzung zu Investitionsbedarfen und Wirtschaftlichkeit neuer Abwärmeprojekte erlaubt. Dazu ein Matching-Tool, das Abwärmepotenziale aufzeigt und so Anbieter und Abnehmer von Rechenzentren-Abwärme zusammenbringt. Abgerundet wird das Angebot von Best-practice-reports und einer Übersicht über Regularien und Fördermengen. „Salopp gesagt: Von der Aalzucht bis zur Zentralheizung gibt es Einsatzmöglichkeiten“, schließt Noll seinen Vortrag ab.
Crack the Carbon Code
Noch einmal ergreift Patrick Steiß von Janitza das Wort, jetzt mit Lösungen: Herausforderungen des Klimawandels und wie Janitza diesen begegnet. Voraussetzung für alle Maßnahmen ist Transparenz. Standardisierte Instrumente liefert das Greenhouse Gas Protocol, mit dem sich Emissionen auf drei verschiedene Weisen erfassen lassen: mit dem Corporate Carbon Footprint für das gesamte Unternehmen, mit dem Product Carbon Footprint für einzelne Produkte oder dem Project Carbon Footprint. Mit diesem lassen sich beispielsweise Veranstaltungen, wie der Janitza Energy Day, erfassen – was Janitza übrigens getan hat. In einzelnen Schritten werden Ziele definiert, Emissionen erfasst sowie Einsparpotenziale aufgedeckt und umgesetzt. Zuletzt werden unvermeidbare Emissionen kompensiert. Zudem sollten die Maßnahmen auch veröffentlicht werden.
Zur Ermittlung des Ist-Zustandes dienen die bereits erwähnten Scopes 1–3. Bei Janitza ist dies für Scope 1 und 2 durch die hauseigene Messtechnik weitestgehend automatisiert. Damit werden Ressourcen geschaffen, um Emissionen im Scope 3 genauer zu beleuchten. Insgesamt hat Janitza für alle Scopes 29 Kriterien abgefragt. Darin enthalten sind Daten von 120 hauseigenen Messgeräten, 1.500 Dienstreisen und über 2.600 bezogenen Artikeln. Das Ergebnis: 99,5 % aller Emissionen entstanden im Scope 3. Erwartet hatte man 85 %–90 %, was aber auch zeigt, wie effizient die Produktion am Standort ist. Verbrauchsmaterialien sind mit 88 % der treibende Faktor. Interessant war auch ein Ergebnis aus der Ausgangslogistik: Knapp 96 % des Transports erfolgen per LKW, 4 % per Seefracht und nur 0,3 % per Luftfracht. Aber die Luftfracht verursacht 57 % der Emissionen.
Um seine CO2-Bilanz zu verbessern, hat Janitza ein ganzes Bündel an Maßnahmen ergriffen, darunter eine komplette Umstellung auf Ökostrom und eine Steigerung der PV-Erzeugung. In Summe wurden so im Jahr 2023 426 t CO2 eingespart. Nächste Schritte werden die Fuhrparkumstellung und die Nutzung unvermeidbarer Abwärme sein. Dazu kommen neue Reiserichtlinien, digitale Meetings und Job-Bikes. Steiß resümiert: „Wir werden die Transparenz weiter aufrechterhalten. Mit unserer Messtechnik und der Software GridVis haben wir hierfür die richtigen Instrumente.“ Welche Möglichkeiten zur Steigerung der Energieeffizienz bereits jetzt zur Verfügung stehen, beweisen einige Case Studies, die Janitza im Folgenden präsentiert.
Rechenzentren und ihr Beitrag zur Klimaneutralität
Den nächsten Beitrag übernahm Dr. Béla Waldhauser, Vorstand des »Climate Neutral Data Center Pact«. Waldhauser stellt ihn vor: „Wir haben dieses Abkommen geschlossen, weil es keine Regularien gibt, aber wir Verantwortung übernehmen wollen. Alle Mitglieder haben sich darauf geeinigt, bis 2030 klimaneutral zu sein. Bei uns sind alle großen Namen mit dabei. Wir repräsentieren mindestens 80 % der Kapazitäten von Dienstleistung-Rechenzentren.“ Maßnahmen sind dringend erforderlich, denn der Energiebedarf der Rechenzentren stieg zwischen den Jahren 2010 und 2022 um 70 %. Gleichzeitig hat sich die Effizienz der Rechenzentren verbessert. So ist der PUE, das ist der Gesamtstromverbrauch geteilt durch IT-Stromverbrauch, von 1,98 auf 1,55 gesunken. Auch die Vorschriften werden strenger. So müssen neue Rechenzentren, die ab 2026 in Betrieb gehen, einen PUE von 1,2 erreichen.
Je nach Klimazone sieht das Abkommen unterschiedliche Ziele vor, darunter die Nutzung von grüner Energie und Kreislaufwirtschaft, d. h. die Weiternutzung von alten Servern. Auch der Wasserverbrauch wird eine größere Rolle spielen, da die geforderten PUE-Werte wahrscheinlich nur mit einem Umstieg von Luftkühlung auf Wasserkühlung zu erreichen sind.
Ein großes Thema ist die Abwärme, die noch viel zu wenig genutzt wird. Das Potenzial ist groß. So könnte man in Frankfurt, dem größten Standort für Rechenzentren in Kontinentaleuropa, den gesamten Wärmebedarf der Stadt mit der Abwärme aus den Rechenzentren der Region decken. Derzeit ist das noch nicht möglich, da die Fernwärmenetze viel höhere Temperaturen benötigen, als die Abwärme aufweist. Mit der Umstellung auf Wasserkühlung könnte sich das ändern.
CO2-Neutralität in der Gemüseproduktion
Nach dem Abwärme-Erzeuger präsentiert sich ein Wärmeverbraucher: Scherzer Gemüse ist ein hochmoderner Gemüsebaubetrieb, ein Familienunternehmen, das seit über 100 Jahren in der Landwirtschaft tätig ist. An Standorten in Nürnberg, Dinkelsbühl und Feulersdorf (allesamt in Franken gelegen), bauen 450 Mitarbeiter auf 35 ha Gewächshausfläche Gemüse für die Region an.
Für Stefan Scherzer, Gärtnermeister in der Geschäftsführung, gehört Klimaneutralität zur Unternehmensphilosophie. Bereits 2012 wurde der Betrieb als klimaneutrales Unternehmen zertifiziert, 2022 folgte die Implementierung der ISO 50001. „Wir sind ein gewachsenes Unternehmen, so können wir Struktur für Zertifizierungen mitwachsen lassen“, so Scherzer. Das Unternehmen nimmt in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle ein. Bereits seit 2007 sorgt am Standort Nürnberg ein Biomasse-Heizwerk für die richtigen Temperaturen in den Gewächshäusern. Eigene Quellen ersparen das Abkochen des in der Produktion benötigten Wassers. Diverse PV-Anlagen mit einer Leistung von 500 kW übernehmen Teile der Stromversorgung. Seit Oktober 2023 gehört ein E-LKW zur Flotte. Die Messtechnik von Janitza sorgt für den nötigen Überblick. Unvermeidbare Emissionen gleicht Scherzer mit ausgesuchten Projekten aus, etwa Biogasanlagen in Vietnam.
Die gläserne Produktion
15.000 Schaltschränke fertigt Rittal – am Tag! Damit ist das Unternehmen der zweitgrößte Stahlverbraucher in Deutschland, direkt nach der Automobilindustrie. Erklärte Ziele sind eine wettbewerbsfähige Fertigung, CO2-reduzierte Produkte und der Erhalt der Arbeitsplätze in Deutschland. Wie das geht, beschreiben Raphael Görner, Executive Vice President BU Energy & Power Solutions bei Rittal und Andreas Zerfas, CTO Digital Industrial Solutions bei der German Edge Cloud GmbH & Co. Beide Unternehmen gehören zur Friedhelm Loh Gruppe.
Wenig überraschend spielt auch bei Rittal wegen des Rohstoffs Stahl der Scope 3 die größte Rolle. Um den Product Carbon Footprint zu senken, wird nach Möglichkeit energiereduzierter Stahl eingesetzt. Grüner Strom, Eigenerzeugung, Kreislaufwirtschaft und Energiemanagement spielen ebenfalls eine große Rolle bei der nachhaltigen Fertigung. Natürlich ist auch hier die Messtechnik von Janitza zu finden.
Wie das Unternehmen den Standort Deutschland halten will, zeigt sich am Standort Haiger, der seit 2021 vollständig in Betrieb ging. Hier werden Kompaktschaltschränke vom Typ AX produziert, die sich durch eine große Vielfalt an Formen und Farben auszeichnen. Jedem Produkt muss dabei sein Product Carbon Footprint zugeordnet werden. In dem mit dem Industrie 4.0 Award ausgezeichneten Werk sind viele Roboter im Einsatz, die die unterschiedlich großen Gehäuse bearbeiten können.
Als Digitalisierungsdienstleister hat German Edge Cloud für Energiemonitoring und -management gesorgt. Andreas Zerfas erläutert: „Wir schaffen Transparenz durch Prozessanbindung, auch mit den Messgeräten von Janitza. Dafür haben wir zusammen mit Rittal Dashboards entwickelt. An den Berichten erkennt man Einsparpotenziale. Diese sind nicht immer prozesstechnisch; auch Modifikation des Anlagenparks sind möglich.“
Besonders große Einsparpotenziale zeigten sich in der Lackieranlage. Die Produktoberflächen müssen aufgeheizt und auf konstanter Temperatur gehalten werden. Durch geschicktes Timing und Reihenfolge der unterschiedlich großen Produkte lässt sich der Energieaufwand reduzieren.
CO2-Reduzierung in der Hydraulikfertigung
Die Hawe Hydraulik SE produziert Hydraulikkomponenten und Systeme. Robuste Produkte, wie Bremssysteme für Windkraftanlagen gehören dazu. „Energiemanagement ohne Zähler ist wie Autofahren ohne Tacho“, so lautet das Credo von Robert Holl, Teamleiter Energy in der Abteilung »Sustainability and Real Estate«. Hawe ist nicht zu einem zertifizierten Energiemanagement-System verpflichtet, aber man hat die Vorteile erkannt und hat diesem Schritt bereits 2011 freiwillig gemacht. Über die Jahre ließen sich so Einsparungen von rund 30 % erzielen.
Wie dabei Messungen unterstützt haben, erläutert Holl an drei Beispielen.
So wurde entdeckt, dass in einer Produktionshalle zwei Maschinen am Wochenende durchliefen. Zusammen mit dem Umbau der Beleuchtung auf LED-Technik wurden so 23 MWh bzw. 7.000 € gespart.
Auch in der Lüftung, die eigentlich eine konstante Leistungsaufnahme aufweisen sollte, lohnte sich die Messung. Damit wurde ein defekter Frequenzumrichter entdeckt, der erst bei der nächsten Wartung aufgefallen wäre. Kostenersparnis: pro Jahr 10.000 €.
Die Messung eines Drehautomaten sparte ebenfalls bares Geld. Sie zeigte auf, dass die Maschine, die nur als Backup diente, ständig im Betriebsmodus statt im Standby gehalten wurde. Für die Leistungsaufnahme hieß dies 16 kW statt 3 kW, was den Verantwortlichen erst durch die Messung klar wurde. Die Ersparnis betrug 40 MW, bzw. 12.000 € pa. Im nächsten Schritt will Hawe ein Energiemanagement-System einführen. Scope 1 und 2 sollen noch 2024 CO2-neutral werden.
Die unternehmensweite Datenplattform
Im letzten Vortragsblock des Tages standen Lösungsansätze und der rechtliche Rahmen im Mittelpunkt. Den ersten Vortrag bestritt Linus Trips, Geschäftsführer der Hubster.s GmbH. »Die unternehmensweite Datenplattform als Grundlage für eine kosteneffizientere Produktion, bei verbesserter CO2-Bilanz und ohne ESG-Sorgen in der Zukunft«, so der vollständige Titel seines Beitrags. Trips umreißt kurz die Mission seines Unternehmens: „Wir sind der festen Überzeugung, dass Daten im Kontext der Digitalisierung der entscheidende Faktor für die Zukunft sind. Deshalb ist es unsere Vision, Organisationen mit nachhaltigen Lösungen und Datenkompetenz zu stärken.“ Mit Hubster.s, das auf Microsoft Azure basiert, lassen sich Daten aus unterschiedlichsten Quellen transformieren und stehen auf einer einheitlichen Plattform zur Analyse bereit. Das gilt auch für Dokumente, die nicht digital vorliegen. Die Datenerfassung startet meist mit Businessdaten und wird dann um andere Themen erweitert. Trips verdeutlicht dies an den Nachhaltigkeitszielen, die die UN festgelegt hat, den Sustainable Development Goals. Seine Lösungen unterstützen insbesondere den Punkt »Industrie, Innovation und Infrastruktur«. Dafür soll eine Datenplattform, ein Data Warehouse für Unternehmen, geschaffen werden. „Wir wollen vor allem Mittelständlern helfen, eine gesamtheitliche Datenplattform aufzubauen. Damit kann man beispielsweise Energiemanagement mit der Businessdaten-Welt zusammenführen“, so Trips.
Ganzheitliches Energiemanagement
Die Energiedatenprognose als Basis für ein ganzheitliches Energiemanagement ist das Thema von Sebastian Ritter, Geschäftsführer der ifesca GmbH. „Ziel ist es, mit den geringsten Kosten das Maximum an Energieeinsparungen herauszuholen. Dafür muss man ein Unternehmen ganzheitlich betrachten“, so Ritter. „Irgendwann ist man dann bei den Prozessen. Da geht es beispielsweise um Arbeitspunkte von Maschinen. Das ist unsere Kernkompetenz: im operativen Bereich das Kostenminimum zu erreichen.“ Bereiche wie Wärme, Kälte oder Strom hängen in einem Unternehmen zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Betrachtet man sie getrennt, erreicht man nicht das Optimum. Wichtig hierfür ist die Betrachtung der nahen Zukunft als „datenbasierte Prognose“. Eine typische Fragestellung ist: Wie viel Energie wird meine PV-Anlage morgen liefern? Welche Prozesse kann ich in diesen Zeitraum verlagern? Je besser man die Anlage bewirtschaftet, desto schneller amortisiert sie sich. Ritter geht auf einen häufigen Einwand ein: „Oft hören wir, das ginge nicht, weil die ganze Produktion just in time erfolgt. Dann schauen wir genauer hin und entdecken beispielsweise einen Kompressor, der einen Druckluftspeicher füllt. Das kann man um eine kurze Zeit verschieben, wenn gerade die Sonne scheint. Mit einer vernünftigen Datenbasis kann man alle Größen prognostizieren. Damit lassen sich Entscheidungen für ein Unternehmen optimal fällen.“ In diesem Zusammenhang geht Ritter auf die Datenerfassung ein: „Es gibt immer noch Unternehmen, in denen Zähler manuell abgelesen werden. Den Mitarbeiter hierfür kann man wertschöpfender einsetzen. Zudem lassen sich die Daten automatisiert viel kostengünstiger und in höherer Auflösung erfassen.“ Ein wesentlicher Punkt, denn für die Prognose müssen Verbräuche mindestens viertelstundenscharf, besser alle fünf Minuten oder im Minutentakt erfasst werden. Ritter fasst zusammen: „Auch wenn ein Unternehmen keinen hohen Digitalisierungsgrad aufweist: wichtig ist, dass man anfängt, seine Lasten zu verstehen. Das kann man sogar mit dem Hauszähler.“ Besser geht es natürlich mit der Software von ifesca, die sich bereits nach rund einem Jahr amortisiert.
Fördermittel für nachhaltige Investitionen
Mit dem Vortrag von Christoph Barth, geschäftsführender Gesellschafter der Energiekosten 360 GmbH, wechselt der Fokus von der Technik zu den Finanzen. „Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre Energiekosten zu optimieren. Das tun wir einerseits beim Einkauf, andererseits bei der Rückerstattung von Stromsteuer etc.“, beschreibt Barth sein Geschäftsmodell. Die Anforderungen an Unternehmen steigen ständig, etwa durch große Kunden in der Lieferkette. Gleichzeitig wird Energie immer teurer. Unter diesem Druck müssen Unternehmen effizienter werden und dafür in der Regel investieren. Um diesen Investitionsdruck zu mildern, gibt es staatliche Fördermittel.
Barth stellt die beiden derzeit wichtigsten Förderprogramme Deutschlands vor. Da ist zum einen die Bundesförderung für effiziente Gebäude – BEG. Sie betrifft alle Investitionsvorhaben in Gebäude. Das BEG besteht aus Modulen für den Neubau von Wohn-, Nichtwohngebäuden und Einzelmaßnahmen. Darunter fallen beispielsweise Dämmung, Sonnenschutz, Heizung und Beleuchtung. Auch Energiemonitoring und Beratung sind förderfähig.
Was nicht im Gebäude stattfindet, z. B. Prozessinfrastruktur oder Automatisierung, ist förderfähig im Rahmen der Bundesförderung für Energieeffizienz in der Wirtschaft – EEW. Dieses Förderprogramm ist modular aufgebaut mit unterschiedlichen Fördersätzen je nach Unternehmensgröße. Barth erläutert die Module, die von der Dämmung bis zum Dekarbonisierungsplan reichen und weist auch auf pauschale Fördersätze für kleine und mittlere Unternehmen hin, die einfacher zu beantragen sind als individuelle Maßnahmen.
Bei einer Kundenanfrage prüft er zunächst, ob das Konzept förderfähig ist und unterstützt gegebenenfalls bei der Anpassung. Dann tritt er in Kontakt mit Lieferanten und stellt die Anträge. Die Auszahlung geht direkt auf Konto des Kunden.
Zum Abschluss gibt Barth noch einen Rat an Interessenten: „Förderprogramme sind zeitlich befristet, deshalb lohnt es sich, schnell zu sein. Zudem gilt meist: Was heute gefördert wird, wird morgen gefordert.“
Rechtliche Pflichten und Anreize zur CO2-Einsparung
Den Abschluss übernahm Dr. Michael Weise, ein Stammgast bei Janitza-Veranstaltungen. Er ist Partner bei Becker Büttner Held Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater PartGmbB, einer großen Kanzlei für Energierecht. Er gibt einen, wie er betont „nicht abschließenden“ Überblick über die rechtliche Situation.
Am Beginn des Vortrags steht das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) von 2019, das „Hausaufgabenheft für die Bundesregierung“. Manche Länder haben dazu auch eigene Vorschriften erlassen. Besonders scharf sind diese in Baden-Württemberg. Ein pikantes Problem des KSG: Es ist teilweise verfassungswidrig, weil es kommende Generationen benachteiligt. Intertemporale Freiheitssicherung ist der Fachausdruck hierfür. Der Gesetzgeber hat bereits mit Verschärfungen reagiert. Das Gesetz selbst schreibt dabei nur Ziele vor, nicht den Weg.
Zur Umsetzung nutzt die Regierung einen marktlichen und einen ordnungspolitischen Ansatz (Bild 12a), was Weise sehr plastisch mit Zuckerbrot und Peitsche übersetzt. Zu den ordnungspolitischen Maßnahmen gehören beispielsweise das erwähnte KSG oder die Reduzierungspflicht von Treibhausgasemissionen, die in erster Linie Mineralölkonzerne betrifft. Last but not least fällt in diese Kategorie auch das Gebäudeenergiegesetz, das Weise als die „Mutter aller Peitschen“ bezeichnet.
Wesentlich angenehmer ist natürlich das Zuckerbrot der marktlichen Anreize. Indirekt sind diese auch mit Pflichten, wie der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder der Teilnahme am Zertifikate-Handel verbunden. Dahinter steckt dann der Anreiz, Emissionen zu vermeiden, statt Verschmutzungsrechte zu kaufen. Für Unternehmen entstehen zudem Vorteile, wenn sie Kredite für Investitionen benötigen. Banken beurteilen das Risiko eines Kreditausfall bei Unternehmen mit guter CO2-Bilanz geringer und gewähren dann bessere Konditionen. Abschließend empfiehlt auch Dr. Weise, nicht zu lange zu warten. „Noch bekommt man Fördermittel, aber das Geld im Haushalt ist endlich. Wenn das Zuckerbrot alle ist, gibt es nur noch die Peitsche“, so sein Rat (Bild 12b).
Weitere Informationen auf: www.janitza.de