Die H. Gautzsch Firmengruppe als Verbund mittelständischer Fachgroßhandlungen zählt deutschlandweit 38 Standorte mit über 1.400 Mitarbeitern. Die drei Säulen, auf denen der Erfolg des Fachgroßhändlers baut, sind der Elektrogroßhandel, der Groß- und Außenhandel für Haushalt und Garten sowie das Dienstleistungsgeschäft. H. Gautzsch sieht sich mit seiner mehr als 150- jährigen Firmengeschichte als innovatives Bindeglied zwischen Herstellern, Industrie und Einzelhändlern. Von der wertvollen Erfahrung und dem umfangreichen Wissen der Unternehmensgruppe profitiert nun auch die steirische F. Schantl Elektro GmbH. Als Unternehmen der H. Gautzsch Firmengruppe versorgt diese nun das Elektrohandwerk und die Elektroindustrie rund um Graz mit Elektrotechnik. Zu den Hintergründen dieser erfolgversprechenden Partnerschaft haben wir Helmut Lindinger, Geschäftsführender Gesellschafter von H. Gautzsch Großhandel Bayern, sowie Geschäftsführer Franz Schantl befragt.
Mit der neu gegründeten F. Schantl Elektro GmbH gibt es nun ein neues Großhandelsunternehmen am österreichischen Markt, das von der H. Gautzsch Großhandel Bayern GmbH & Co. KG und Franz Schantl gegründet wurde. Wie sind die Eigentumsverhältnisse?
Helmut Lindinger: Das Unternehmen wurde im November 2016 gegründet, seit Anfang Dezember ist es im Handelsregister eingetragen. Der Anteil beträgt seitens Gautzsch Bayern 90 %, 10 % liegen bei Franz Schantl.
Wie soll H. Gautzsch bei den Kunden gesehen werden? Als großer Gartenmöbelimporteur oder als seriöser, traditioneller Elektrogroßhandel?
Lindinger: Das Unternehmen besteht bereits seit mehr als 150 Jahren und ist somit einer der ältesten Elektrogroßhandelsbetriebe. Unsere Firmengruppe hat mehrere Geschäftsbereiche, wobei das Kerngeschäft im Bereich des Elektrogroßhandels liegt, hier werden ungefähr drei Viertel des Umsatzvolumens realisiert – in Zahlen bedeutet das etwas mehr als 300 Millionen Euro an Umsatz im Bereich der Elektrotechnik. Was die Gartenmöbel betrifft, sind wir einer der größten Anbieter in Europa, als reines Großhandelsunternehmen verkaufen wir sie auch an Wiederverkäufer. Als dritter Geschäftsbereich ist die Firma Assistec zu nennen. Diese hat ungefähr 25 Mitarbeiter und beschäftigt sich mit Steuerungsbau und Automatisierungstechnik. Eine weitere Aktivität ist das Unternehmen ieQ: Das ist eine Softwarefirma mit rund 120 Mitarbeitern, dort entwickeln wir Handwerkersoftware (speziell für den Bereich Elektrotechnik sowie Heizung und Sanitär) und Ärztesoftware. Wir verstehen uns hierbei als Dienstleister, mit dieser Plattform helfen wir Kunden, ihre Selbstdarstellung im Netz zu verbessern. Die Beratungssoftware sichert uns am deutschen Markt eine relative Alleinstellung, da es meines Wissens nach keinen Mitbewerber gibt, der ein ähnliches Produkt anbietet.
Der aktuelle Standort der F. Schantl Elektro GmbH ist unseren Informationen nach gemietet. Bleibt der Standort erhalten oder wird ein neuer gesucht?
Lindinger: Der Standort ist gemietet und bleibt auch in nächster Zeit in einem Mietverhältnis. Wir wollen hier nicht als »die Deutschen « auftreten – deshalb merkt man auch im Firmennamen nichts von H. Gautzsch, sondern nur am Schriftzug. Franz Schantl wird sein Geschäft fortführen wie zuvor – wir wollen da gar nicht viel umstellen.
Wird der Einkauf in Graz stattfinden?
Lindinger: Ja, das wird er.
Und was passiert, wenn die Lieferanten nicht die gewünschten Konditionen bieten?
Lindinger: In diesem Falle werden wir Gespräche führen und daraufhin entweder nichts mehr kaufen oder von Deutschland liefern.
So stellt sich allerdings das Problem, nicht mehr über das Service der österreichischen Importeure verfügen zu können.
Lindinger: Das ist ja absolut nicht unser Ziel. Wir haben schon viele Gespräche mit Lieferanten geführt – bisher wurden wir uns weitestgehend einig. Im Grunde wollen wir ja die Unterstützung am österreichischen Markt durch die hiesigen Lieferanten und es ist doch kontraproduktiv, die Waren aus Deutschland zu liefern. Das würde nicht gut gehen und entspricht auch absolut nicht unseren Vorstellungen.
Wird es personelle Veränderungen bzw. Ergänzungen geben?
Lindinger: Marketing, Vertrieb, und Logistik bleiben unverändert in Graz, das einzige, was wir nach Deutschland transferieren, ist die Verwaltung, also die Buchhaltung.
Neben dem Raum Steiermark und Kärnten werden Sie von Deutschland aus auch die Bundesländer Salzburg und Oberösterreich mehr oder weniger abdecken?
Lindinger: Wir beschäftigen uns im Moment nur mit unseren bayrischen Kunden. Wir haben vereinzelt Kunden in Grenznähe, weil die österreichischen Großhändler in Oberösterreich zur Grenze hin keine Niederlassungen besitzen. Es gibt beispielsweise weder in Wels noch in Ried einen Großhändler. Wir haben keinen Außendienst im Grenzbereich, der das hauptberuflich betreibt. Das sind einige wenige Kunden, mit denen wir gezielt arbeiten.
Wollen Sie Ihre Aktivitäten in Zukunft verstärken?
Lindinger: Vorerst beschränken wir uns auf die Steiermark, wobei wir sehr wohl vorhaben, in Österreich aktiv zu werden. Wir haben jetzt den Standort in Graz und müssen gemeinsam mit Franz Schantl und seiner Mannschaft viele Hausaufgaben erledigen. Schantl bekommt beispielsweise unser EDV-System, was für sich schon eine große Umstellung darstellt. Haben wir schließlich alle Hausaufgaben erledigt, kann überlegt werden, wohin der nächste Schritt gesetzt werden soll.
Unseren Informationen zufolge gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Gespräche mit in Österreich aktiven Großhandelsunternehmen. Ist Schantl nun der letzte Deal in Österreich?
Lindinger: Die Akquisition ist definitiv nicht abgeschlossen. Wir haben sehr wohl an ein paar Türen geklopft – das stimmt schon. In Franz Schantl haben wir allerdings erst den richtigen Partner gefunden, der Elektrogroßhandel so betreibt, wie uns das zusagt. Schantl hat sich als ein Unternehmen erwiesen, mit dem wir personell gut harmonieren. Das Sortiment bzw. die Sortimentsschwerpunkte stimmen auch mit unserem überwiegend überein und was die Kundenstruktur betrifft, schwimmen wir ebenso auf einer Wellenlänge.
Mit welchem Sortiment kann man bei Schantl rechnen – wird es diesbezüglich Veränderungen geben?
Franz Schantl: Es ergeben sich durchaus zusätzliche Möglichkeiten, was das Sortiment betrifft. An unserem Standort in Graz bleiben wir vorerst bei dem Portfolio, das wir bis dato angeboten haben. Über Passau haben wir allerdings auch Zugriff auf Weißware – was bisher kein Thema war – sowie Industriesortiment, Netzwerktechnik und Photovoltaik.
Lindinger: Wir werden beim Installationsgeschäft keine Veränderungen vornehmen. Das Sortiment wird ausgebaut durch Haushalts-, Groß- und Kleingeräte, die Schantl bisher nicht verkauft hat. Wir wollen das Portfolio auch deutlich ausweiten im Bereich der Netzwerktechnik und was Industrieschaltgeräte anbelangt.
Wird Schantl ein weiterer »more of the same«- Großhändler oder hat man sich für Spezialisierungen entschieden?
Lindinger: Es wird eine Sortimentserweiterung stattfinden, das Hauptgeschäft wird allerdings nach wie vor die Installationstechnik sein. Wir sehen uns als Vollsortimenter und nicht als Experten.
Gibt es bei H. Gautzsch einen Plattformgedanken? Wie stark ist die Digitalisierung bei H. Gautzsch ausgeprägt?
Lindinger: Wir haben natürlich einen Online- Auftritt, den es bei Schantl ab ca. März 2016 genauso geben wird. In Bayern verkaufen wir ziemlich genau 40 % unserer Positionen online. Es handelt sich dabei um eine geschlossene Benutzergruppe, da wir ja nicht an Endverbraucher verkaufen. Im Wesentlichen haben wir mit unseren Kunden klar strukturierte Konditionsvereinbarungen, sodass sie nicht persönlich kommen oder anrufen müssen, sondern die Ware online bestellen können. Das erfolgt überwiegend über die Handwerkersoftware – der Kunde hat ja ein Handwerkerpaket, mit dem er seine Aufträge abwickelt und wir betreuen mit Sicherheit jede Schnittstelle, die es am Markt gibt – die Bestellungen kommen so automatisch zu uns. Das ist für Schantl neu, da das Unternehmen aufgrund seiner Betriebsgröße diese Features nicht realisieren konnte, das wäre viel zu teuer gewesen. Insofern wird unsere Dienstleistung für den Kunden mit Sicherheit besser.
Unseres Wissens nach ist H. Gautzsch Mitglied bei Mitegro. Bleibt es dabei?
Lindinger: Ja, wir sind in Deutschland Mitglied bei der Mitegro, Schantl ist seit Januar natürlich auch dabei.
Welche Umsatzziele bzw. welchen Marktanteil haben Sie sich mit Schantl vorgenommen?
Lindinger: Offen gesagt haben wir keine Umsatzziele. Das können wir im Moment nicht realistisch einschätzen und auch nicht propagieren.
Herr Schantl, mit wie vielen Personen arbeiten Sie?
Schantl: Am Standort Graz sind 20 Personen im Vertrieb und in der Logistik beschäftigt. Dieser Personalstand wird auch beibehalten.
Gibt es bereits ein Feedback vom Markt, wie das neue Unternehmen ankommt?
Schantl: Unsere Kunden freuen sich, dass wir in Kürze auch einen Online-Shop, EDV-Anbindungen sowie Datanorm-Download bieten können – diese Dinge konnten wir bis dato nicht realisieren. Der Online Auftritt »FiF« wird aktuell auf Österreich adaptiert und im 2. Quartal zur Verfügung stehen. Ab sofort profitieren unsere Kunden von der Einbindung der logistischen Abläufe in das H. Gautzsch-System, wodurch wir eine nochmals deutlich verbesserte Qualität unserer Lieferungen erreichen.
Herr Lindinger, wie lange werden Sie beruflich noch aktiv sein?
Lindinger: Drei Jahre lang – mit 65 möchte ich die berufliche Aktivität beenden.
Zum Abschluss: Haben Sie eine konkrete Botschaft an die (zukünftigen) Kunden?
Lindinger: Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit und zielen darauf ab, gemeinsam gute Qualität zu liefern – denn wenn diese stimmt, gehe ich davon aus, dass die Kunden das neue Gebilde genauso akzeptieren wie das vorhergehende.
Schantl: Dem kann ich mich nur anschließen. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Kunden noch mehr profitieren werden durch die neuen Möglichkeiten, die sich ergeben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview wurde geführt von Thomas Buchbauer.
Text: Mag. Sandra Eisner