SheConomy präsentiert:

(Un-)Sichtbare Frauen

von Jasmin Fuerbach
von Jasmin Fürbach BA. BA. Foto: © SheConomy

Das Online-Event SheTech, veranstaltet von SheConomy, behandelte alles rund um das Thema »Wie gestalten Frauen die Zukunft?«. Dabei waren unter anderem Salzburg AG-Chefin Brigitte Bach, Heidi Pech (Futurice), Claudia von der Linden (Vizerektorin Digitalisierung TU Graz), Stefanie Fitzka (Gartner), Stefanie Kopka und Ana Maria Rodriguez (Shared Leadership bei Bosch) sowie Postbus-Vorständin Sylvia Kaupa-Götzl. Die Frage aller Fragen? Was machen Frauen überhaupt in der Technik?

Jasmin Fürbach BA. BA.

Wie ist eigentlich die momentane Lage? Ist der Frauenanteil in der Technik tatsächlich so niedrig, wie es in den Medien geschildert wird? Die SheTech Days geben nicht nur auf diese Frage eine Antwort, sondern appellieren auch ganz explizit an Industrie, Familie und Medien. Von klein auf gilt es, Mädchen für Technik zu begeistern, ihnen technische Berufe schmackhaft zu machen. Oder wollen wir uns wirklich innovative Köpfe entgehen lassen, nur weil sie auf einem weiblichen Körper sitzen? SheTech sagt dazu ganz klar „Nein“. Welche Lösungsvorschläge und Erfahrungswerte die Expertinnen vorstellen, erfahren Sie hier.

 

Fakten zu Frauen

SheConomy macht auf eines besonders aufmerksam, nämlich auf die frappant niedrige Frauenquote in der Technik. Die Daten sprechen für sich: Nur 18 % aller Uniabsolventinnen verwirklichen sich beruflich im Technik-Bereich. 17 % aller Start-ups wurden von Frauen gegründet. Nur 0,7 % haben ein rein weibliches Geschäftsführungsteam. Demgegenüber stehen um die 30 % an rein männlichen Geschäftsführungsteams. Eine Quote, die die Expertinnen des Talks für inakzeptabel erklären.

SheConomy veranstaltete Ende November 2022 die SheTech Days. (Bild: Pixabay)

Aber auch in anderen Bereichen zeigt sich, dass Frauen unterrepräsentiert sind. Beispielsweise werden seit über 300 Jahren Klaviere anhand der Handspannweite von Männern gebaut, die mit 22cm die Handspannweite von Frauen deutlich übersteigt. Wenn man sich nun fragt, was dieses Beispiel mit Frauen in der Technik zu tun hat, ist die Antwort eine einfache: Dieselben Maße, die bei Klavieren zum Einsatz kommen, werden auch für Smartphones benutzt. Während Männer ihr Smartphone leicht mit einer Hand bedienen können, ist das für die wenigsten Frauen möglich. Sprachsteuerungsapps wie Alexa werden zu 69 % mit männlichen Trainingsdaten gefüttert. Das Resultat sind Sprachsteuerungen, die Frauenstimmen nicht erkennen. Ähnliches zeichnet sich bei Gesichtserkennungssoftware ab. Make-up, Lidstrich, goldener Lidschatten, all das trägt dazu bei, dass Frauengesichter nicht erfasst werden. Beim Thema Sicherheit werden nach wie vor Crash-Dummies nach Männerkörpern designt. Bei Autounfällen wird daher ein Großteil der Frauen eher schwer verletzt als Männer.

Ein holpriger Weg in die Zukunft

Der Austausch von Erfahrungswerten zeigt, dass der Weg der meisten Frauen in die Technik noch geebnet werden muss. In Bezug auf fehlende Daten zu Frauen und männliche Trainingsdaten für AI sind sich die Expertinnen einig, dass nur ein Lösungsansatz sinnvoll ist. Frauen müssen von innen heraus auf die bestehenden Probleme aufmerksam machen und damit nicht nur die Sichtbarkeit des eigenen Geschlechts vorantreiben, sondern vor allem auf die Ungleichbehandlung aufmerksam machen.

Der Round Table thematisierte außerdem zweifelnde Unterstützung seitens der Familie, fehlende Förderung in der Schule und vor allem eins: Ablehnung. Die Expertinnen waren sich darüber einig, wie wichtig das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gerade für junge Mädchen ist, um eine Karriere in der Technik nicht nur anstreben, sondern auch wirklich umsetzen zu können. Die Berichte erzählen davon, wie Lehrer in der Schule negativ auf technische Interessen von Schülerinnen reagierten. Dem Wunsch, eine technische Laufbahn einzuschlagen, wird oftmals nicht mit demselben Ernst begegnet, wie dies bei Jungen der Fall ist. Im Arbeitsumfeld wurden einige der Expertinnen – für Praktikantinnen gehalten – dazu aufgefordert, Kaffee zu holen. Mitunter wurde ihnen mit Ungläubigkeit begegnet, ihre Führungsposition nicht anerkannt oder in Zweifel gezogen. Auf alle diese Bemerkungen hatten die Expertinnen dennoch eine Antwort parat: Es zahlt sich aus. Das Berufsfeld ist so innovativ, erfüllend und lehrreich, dass sie, wenn nötig, noch einhundert Mal mehr ihre Daseinsberechtigung verteidigen würden. Das sei es ihnen wert.

Insgesamt zeichnet sich aber ab, dass das Stigma, Frauen hätten in der Technik nichts verloren, durchaus noch Realität ist. Natürlich, die Frauen des Deep Dives haben es tatsächlich geschafft, befinden sich sogar in Führungspositionen, aber was ist mit all den anderen Mädchen? Wie kann man mehr Mädchen und Frauen darin bestärken, sich für eine Karriere im technischen Bereich zu entscheiden? Frühes Eingreifen, den Beruf schmackhaft machen, Verständnis schaffen für das Feld, sind Ideen, die in die Runde geworfen werden. Frau ist sich einig: Es geht darum, Mädchen schon früh für Technik zu begeistern, noch bevor Technik durch Schlagwörter wie Barbie, pink und Prinzessin ersetzt wird. Das Stichwort »Aufklärungsarbeit« fiel in dieser Paneldiskussion ebenso regelmäßig wie »Awareness«. Bereits im Kindergartenalter müssten Mädchen abgeholt werden, um die Sozialisierung entsprechend zu lenken. Ein Beispiel dafür ist Cisco, die mit dem Tag der Töchter Mädchen in die Welt der Technik eintauchen lassen und mit konkreten Stationen haptisch vermitteln, worum es im Technikbereich geht. Erst bei der Matura anzusetzen, reicht also nicht aus. Im Berufsalltag müssen Frauen dann dabei unterstützt werden, in ein Unternehmen nicht nur ein-, sondern vor allem darin auch aufzusteigen.

Die Technik braucht mehr Frauen und auch im Handwerk sind Frauen unbedingt gefragt, darüber sprachen Expertinnen wie Salzburg AG-Chefin Brigitte Bach und Claudia von der Linden (Vizerektorin Digitalisierung TU Graz). (Bild: AdobeStock)

Ein Hoffnungsschimmer

Die Forschung zu Frauen in der Technik der letzten Jahre gibt jedoch Grund zur Hoffnung, denn die Gesellschaft denkt um. Beispielsweise wurde erkannt, dass das Anspielen auf die Empathiefähigkeit von Frauen dazu genutzt werden kann, die Ergreifung eines technischen Berufs für sie attraktiv zu machen. Die Expertinnen erklären: „Einem Mann kannst du sagen, mit Programmieren kannst du einen Computer zum Leben erwecken, einer Frau muss man sagen, mit Programmieren kannst du das Leben anderer durch Technik besser machen.“ Wenn dieser Aspekt bei der Werbung für Studiengänge und technische Berufe berücksichtigt wird, steigt automatisch auch die Frauenquote.

Auch im Bereich der Mobilität ist ein Umdenken zu bemerken. Immerhin werden über 50 % der Wege von Frauen zurückgelegt. Das geht so weit, dass einige Städte im Winter zuerst Radwege vom Schneefall befreien. Woran das liegt? Das örtliche Krankenhaus verfügt über einen sehr hohen Frauenanteil. Diese Frauen nutzen beinahe ausschließlich das Fahrrad. Sind die Fahrradwege nicht geräumt, erscheint fast die gesamte Belegschaft spät oder nicht zur Arbeit. Die Gleichung ist somit eine einfache: Die Beachtung des Mobilitätsverhaltens von Frauen führt zu fließendem Ablauf im Krankenhaus.

Das Blatt wendet sich

Frauen in der Technik bewirken nicht nur ein Umdenken in Bezug auf Kompetenzen, beispielsweise in dem Sinne, dass Empathie als wichtige Fähigkeit in der Technikbranche anerkannt wird. Auch in Bezug auf Mitarbeiterfreundlichkeit ist durch die Einstellung von Frauen eine Umstellung des Arbeitsumfelds zu bemerken. Meetings werden tendenziell, so berichten die Expertinnen, nicht nach 16 Uhr angesetzt, familiäre Obligationen werden ernst genommen. Was früher die Ausnahme war, nämlich, dass auch Väter den Wunsch äußern, das Meeting früher anzusetzen, um ihr Kind von der Schule abholen zu können, ist nun beinahe alltägliche Realität.

Wenn die SheTech Days somit eines zeigen, dann sind es Gründe, warum es mehr Frauen in der Technik braucht. Insgesamt ist die Technikbranche nämlich nicht inhärent männlich belegt, sondern wird dazu gemacht, wenn jungen Mädchen ihr Interesse an Technik abgesprochen wird. Das frühe Vorzeigen von Role Models soll dem entgegenwirken. Die SheTech Days machen den Anfang und stellten nicht nur Expertinnen vor, sondern machen sich für mehr Frauen in der Technik stark. Eine Initiative, die man nur unterstützen kann.

Weitere Informationen auf www.sheconomy.media

Quelle: SheConomys

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