Der Wallbox-Test des ÖAMTC sorgt einmal mehr für Aufsehen. Zwar haben zehn von zwölf Kandidaten mit der Note »Gut« abgeschnitten und mit dem go-eCharger hat ein österreichisches Produkt Platz eins, gemeinsam mit dem Wallbox Chargers Commander 2, belegt. Doch zwei Wallboxen fallen durch – ausgerechnet wegen Sicherheitsmängeln. Bei Testsieger go-e ist die Freude groß. Aber wie reagieren die beiden Anbieter, die mit »Nicht Genügend« bewertet wurden? Und wer ist überhaupt für die Sicherheit einer Wallbox verantwortlich – der Anbieter, der Elektriker oder der Betreiber? Das i-Magazin ging der Sache auf den Grund.
Mit der Zahl an zugelassenen Elektroautos steigt auch der Bedarf an Wallboxen, mit denen das E-Auto bequem zu Hause oder bei der Arbeit geladen werden kann. Der ÖAMTC und seine Partner, darunter der ADAC und die Stiftung Warentest, haben zwölf Modelle geprüft. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen: Zehn der Wallboxen schneiden mit der Note »Gut« ab. Aus österreichischer Sicht erfreulich: Der Testsieger ist ein Produkt der heimischen Firma go-e. Dabei schneidet der go-eCharger nicht nur am besten ab, sondern ist auch am günstigsten. go-e teilt sich den ersten Rang mit dem Modell von Wallbox Chargers, das fast doppelt so viel kostet wie der go-eCharger. Laut Markus Kaiser, ÖAMTC-Experte für E-Mobilität „sind aber beide Boxen rundum empfehlenswert“. Allgemein zeige der Test, dass der Preis keine Rückschlüsse auf die Qualität zulasse, so Kaiser. Bei go-e ist die Freude über die Auszeichnung groß: „Als junges Unternehmen präsentierten wir im Jahr 2017 unseren ersten selbst entwickelten go-eCharger. Zuvor gab es keine Ladestation für Elektroautos, welche die Eigenschaften preiswert und intelligent in einem Gerät vereinte“, so Susanne Palli, Geschäftsführerin von go-e. „Wir sind sehr stolz, dass unsere Anstrengungen, die E-Mobilität noch nachhaltiger zu gestalten, mit diesem Testergebnis belohnt wurden.“ Dafür bedankt sich Palli in einer Presseaussendung bei dem gesamten go-e-Team, den Partner:innen und Kund:innen.
Ähnliches wie für die beiden Testsieger gilt auch für die übrigen mit »Gut« bewerteten Wallboxen. Kaiser erklärt dazu in einer Pressemitteilung des ÖAMTC:
„Es ist erstaunlich, wie hoch die Qualität mittlerweile ist. Die einzelnen Modelle unterscheiden sich zum Teil in Ausstattungsdetails – für Konsument:innen empfiehlt es sich daher, genau zu überlegen, was sie benötigen: Liegt der Fokus eher auf hoher Sicherheit, auf technischen Features wie Ladesteuerung und Komfortfunktionen, eventuell auf einer funktionalen Smartphone-App, auf optischen Anzeigen der Ladedetails oder doch letztendlich am Preis? Man sollte jedenfalls schon vorab möglichst gut Bescheid wissen, was gebraucht wird und sinnvoll ist. Als Mobilitätsclub stehen wir hier gerne mit Rat und Tat zur Seite.“
Hartes Urteil: Zwei Wallboxen mit »Nicht Genügend« bewertet – die kritisierten Firmen reagieren
Ganz anders sieht es mit zwei Modellen von PC Electric und Alfen aus. Deren getestete Modelle – die PC Electric Wallbox GLB und die Elfen Eve Single S-Line – wurden mit »Nicht Genügend« bewertet. „Diese Box (PC Electric) hat Probleme mit der integrierten Fehlergleichstrom-Überwachung – ein No-Go in Sachen Sicherheit“, erläutert Kaiser. „Derselbe Mangel führt auch bei der Alfen Eve Single S-line zur negativen Gesamtwertung. Wer also Wert auf Sicherheit legt, sollte diese beiden Boxen meiden, solange die Hersteller nicht nachbessern.“
Was sagen die gescholtenen Anbieter zu diesem harten Urteil? Auf Nachfrage des i-Magazins erklärt PC Electric in einer Stellungnahme:
„PC Electric ist im engen Kontakt mit dem schwedischen Qualitäts-Hersteller Garo AB, dem Produzenten der PCE Wallbox GLB. Derzeit werden die vom ADAC ermittelten Werte der DC-Fehlerstromerkennung verifiziert und in einer eigenen Testsequenz nachgestellt. Nach einer ersten Risikoanalyse des Herstellers sind die Wallboxen nach der gültigen Herstellernorm EN 61851 geprüft und gelten daher als sicher. Weitere Produkte aus unserem eMobility-Produktsortiment wie GLB+, GTB+, LS4, etc. sowie unser Eigenprodukt Wallbox EV11 wurden ausführlich geprüft und sind davon nicht betroffen.“
Alfen reagierte auf die Kritik des ÖAMTC umgehend mit einer eigenen Pressemitteilung. Alfen betont darin, dass die »Eve Single S-line« beim ÖAMTC-Test in Sachen Funktion, Zuverlässigkeit und Handhabung positiv bewertet wurde. Die Sicherheitsmängel würden nur in den Werkseinstellungen auftreten, die im Zuge einer fachgerechten Installation leicht umgestellt werden könnten. Konkret heiß es in der Mitteilung:
„Alfen betont, dass die Ladestation Eve Single S-line gründlich getestet und vollständig CE-zertifiziert ist, wie von der deutschen Zertifizierungsstelle Dekra bestätigt, und daher absolut sicher ist. Allerdings räumt das Unternehmen ein, dass die Installationsanleitung möglicherweise nicht eindeutig genug ist. Als Ergebnis des Tests wird Alfen die Installationsanleitung anpassen und auch die Standardeinstellungen ab Werk der Eve Single S-line für den deutschen Markt ändern. Das bedeutet, dass die Werkseinstellungen dann direkt mit den Normen übereinstimmen, auf die sich Stiftung Warentest bezieht. Parallel dazu wird Alfen seine Partner darin unterstützen, sicherzustellen, dass die korrekten Einstellungen an Single S-line Produkten vorgenommen werden, die vor dieser Umstellung ausgeliefert werden.“
Alfen werde zudem seine Kunden und Partner noch einmal entsprechend informieren, versichert Benjamin Tange, Country Manager Deutschland bei Alfen.
Pikant hierbei: Bereits 2018 hat der ÖAMTC eine Alfen-Wallbox mit »Nicht Genügend« bewertet – aufgrund desselben sicherheitsrelevanten Problems: Die integrierte Fehlergleichstrom-Überwachungseinrichtung löste auch hier nicht normgerecht aus.
Wer ist verantwortlich – Anbieter, Elektrotechniker oder Betreiber?
Sicherheitsmängel werfen fast automatisch die Frage auf, wer genau für die Sicherheit verantwortlich ist und was es diesbezüglich konkret zu beachten gilt. Das i-Magazin hat darüber mit Markus Essbüchl und Franz Krautgasser gesprochen. Essbüchl ist Geschäftsführer der Schrack-Tochterfirma Schrack Technik Energie GmbH, die bei den Schrack-Infotagen und speziellen Schulungen über die Anforderungen an einen sicheren Betrieb von Ladestationen informiert. Krautgasser wiederum ist Experte und Sachverständiger für Elektrotechnik und E-Mobilität und hält ebenfalls Schulungen zu diesem Themenkomplex, inklusive Zertifizierungen für Elektrotechniker als Prüfer von E-Ladestationen.
„In der Norm 8101 des OVE (Österreichischer Verband für Elektrotechnik) ist im Teil 722 zu Elektroinstallation exakt geregelt, wie der Elektrotechniker eine Wallbox anschließen muss“, erklärt Krautgasser. „Der Elektrotechniker muss genau prüfen, ob die Wallbox eine 6 mA (Milliampere) Gleichstrom-Fehlererkennung hat. Wenn nicht, muss ein sogenannter FI-Schutzschalter Typ B eingebaut werden. Wenn diese vorhanden ist, kann der Elektriker auch einen FI-Schutzschalter Typ A verwenden. Der Preisunterschied zwischen diesen beiden Typen ist erheblich“, so Krautgasser weiter.
Obwohl Anschluss und regelmäßige Überprüfung inklusive der Ausstellung eines E-Prüfbefunds vom Elektriker vorgenommen werden müssen, liegt die Verantwortung beim Kunden, dafür Sorge zu tragen, dass das wirklich passiert: „Der Betreiber einer privaten oder öffentlichen Ladestation ist für den sicheren Betrieb verantwortlich. Die Wirksamkeit der Schutzmaßen wird mit der wiederkehrenden Prüfung gemäß OVE E 8101 (Besichtigen, Messen, Erproben) dokumentiert“, erläutert Markus Essbüchl von Schrack und fügt hinzu: „Wenn alle Rahmenbedingungen eingehalten werden, sinkt das Risiko für Personen- oder Sachschäden auf ein Minimum.“
Prüfungsintervalle von verschiedenen Faktoren abhängig: Betreiber, Nutzung, Standort
Wie oft die Ladestation zwingend überprüft werden muss, unterscheidet sich jedoch je nach Betreiber, Häufigkeit der Nutzung und Standort der Ladestation.
Bei Unternehmen, die Mitarbeiter beschäftigen, greift das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG). Dann ist die Anlage laut Krautgasser nach der Elektroschutzverordnung 2013 zu prüfen. Für wenig belastete Anlagen sehe diese einen zehnjährigen Prüfungsintervall vor. Bei Wallboxen auf Firmenparkplätzen hingegen, an der viele Mitarbeiter ihre Fahrzeuge laden, ist unbedingt ein einjähriger Prüfungsintervall einzuhalten. Neben der Häufigkeit bzw. Intensität der Nutzung unterscheidet die Elektroschutzverordnung nach Kälte und Feuchtigkeit: „Wenn die Wallbox im Freien montiert ist, ist sie Kälte und Feuchtigkeit ausgesetzt. Dann ist sie spätestens alle drei Jahre zu prüfen“, führt Krautgasser aus. „Man kann nicht generalisieren, wie oft eine Wallbox im Einzelfall geprüft werden muss“, so Krautgasser weiter. „Der Elektrotechniker muss anhand der Benutzung einschätzen, welcher Prüfintervall einzuhalten ist.“
Im privaten Bereich hingegen gibt es laut Krautgasser vom österreichischen Staat keine Prüfvorschrift, „weil dieser der Meinung ist, dass wir erwachsene Bürger sind und jeder die elektrische Anlage sicher hält.“ Daher sei es schwierig, genau zu sagen, wie oft eine elektrische Anlage im privaten Bereich zu warten und zu prüfen ist. Krautgasser empfiehlt privaten Betreibern, die Prüfung der Wallbox zumindest alle zehn Jahre sowie jene des Fehlerstromschutzschalters halbjährlich durchführen zu lassen.
Die Richtlinie R30 der OVE sieht bei kabelgebundenen Ladesystemen prinzipiell eine jährliche Prüfung vor, also je nach Einzelfall einen deutlich kürzeren Prüfungsintervall als das in der Elektroschutzverordnung vorgeschriebene Minimum.
Markus Essbüchl rät Elektrotechnikern und Betreibern ausdrücklich, sich in jedem Fall an die Bestimmungen der OVE-Richtlinie zu halten, auch bei Wallboxen im privaten Gebrauch – hier gehen die Expertenmeinungen also auseinander. „Der Elektrotechniker ist voll verantwortlich für die bestimmungsgemäße Definition der Prüfintervalle, der Betreiber für die Einhaltung der Termine“, erklärt Essbüchl und hebt den beiderseitigen Nutzen einer jährlichen Prüfung hervor: Der Elektrotechniker könne durch den regelmäßigen Kontakt eine dauerhafte Kundenbindung aufbauen – und für den Betreiber ist der sichere und bestimmungsgemäße Gebrauch gewährleistet.
Essentiell ist, dass der Elektrotechniker, der mit der Prüfung beauftragt wird, die entsprechenden Kenntnisse und ein passendes Messgerät mitbringt (nicht jedes Messgerät erfüllt dabei die notwendigen technischen Erfordernisse – ein Nachfragen beim Hersteller wird von Seiten der Experten empfohlen). Apropos Know-how – ein derartiges Wissen ist bei der Installation von Wallboxen unumgänglich: „Da kann sich der Elektriker helfen, indem er Schulungen besucht und sich dadurch zertifizieren lässt“, sagt Krautgasser, der selbst österreichweit Schulungen dieser Art durchführt.
Zusätzlich zu den standardmäßigen Überprüfungen muss der Wallbox-Betreiber auf mögliche Beschädigungen achten, etwa wenn der Stecker zerbrochen ist oder die Wallbox von der Wand heruntergerissen wurde, weil jemand das Kabel nicht abgesteckt hat und sein Auto weggerollt ist. Das und andere mechanische Schäden zu kontrollieren, liegt in der Verantwortung des Betreibers. Was der Laie tun kann und wofür ein Fachmann hinzuzuziehen ist, ist in der Richtlinie R30 detailliert beschrieben. Wallbox-Betreibern wird daher empfohlen, sich die Richtlinie R30 bei der OVE zu bestellen. Elektrotechnikern rät Krautgasser, ihre Wallbox-Kunden aktiv auf das Thema anzusprechen.
Mehr Informationen unter: www.oeamtc.at
Geprüfte Experten für die Montage von Wallboxen sind hier zu finden.
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