Die österreichische Brandschadenstatistik ergibt, dass bis zu 25 % der Brände nachweislich durch elektrische Energie verursacht wurden. Da in vielen Fällen die Brandursache nicht mehr ermittelt werden kann, ist die Dunkelziffer wohl noch höher. Ursache ist dabei häufig der serielle oder der parallele Fehlerlichtbogen, der Leitungsisolierungen entzünden und zu Kabelbränden führen kann. Herkömmliche Sicherungsmaßnahmen erkennen solche Lichtbögen nicht, oder schalten den Strom erst dann ab, wenn es schon zu spät ist. Genau hier setzt der Brandschutzschalter 5SM6 von Siemens an, der in der Lage ist, auch bei stark belasteten Netzen zuverlässig gefährliche Fehlerlichtbögen zu detektieren um ihnen, im wahrsten Sinne des Wortes, den Saft abzudrehen.
Wir haben Rainer Brade, Produktmanager bei Siemens und Experte was den 5SM6 betrifft, getroffen, um uns über die Hintergründe des Brandschutzschalters zu unterhalten. Dabei hat uns Brade viel über die rechtliche Lage, den Beitrag, den der Schalter zur Sicherheit leisten kann, erzählt und erklärt, warum man auch in Zukunft zum Siemens-Produkt greifen sollte:
Zu aller erst zum technischen Hintergrund. Wie funktioniert der Brandschutzschalter 5SM6 von Siemens?
Rainer Brade: Das ist relativ simpel. Der Brandschutzschalter wird elektrotechnisch nach dem Leitungsschutzschalter im Stromkreis gesetzt und detektiert dort Hochfrequenzen. Ein Lichtbogen, der einigermaßen stabil steht, hat auch ein dementsprechendes Hochfrequenzrauschen, das der Brandschutzschalter wiederum erkennen kann. In so einem Fall wird der Stromkreis vom angebauten LS abgeschaltet. Es wird also, vereinfacht ausgedrückt, das Rauschen eines Lichtbogens detektiert und der Strom abgeschaltet, bevor es zu Schäden kommen kann.
Die Herausforderung ist, Lichtbögen zuverlässig in einem zunehmend belasteten Netz zu erkennen. Normale Lichtbögen, wie sie in einer Bohrmaschine oder einem Staubsauger vorkommen, dürfen natürlich nicht zur Auslösung führen. Hinzu kommen moderne Betriebsmittel, wie LED-Leuchten, Schaltnetzteile etc., die im Kilohertzbereich arbeiten. Je weniger gut gedämmt solche Vorschaltgeräte sind, desto »lauter« wird das Rauschen, das sie verursachen und desto schwieriger wird die Detektion. Aus diesem »Rauschwirrwarr« den schädlichen Lichtbogen herauszuhören, ist eine enorme Rechenleistung und zeichnet die Qualität eines guten Brandschutzschalters aus.
Das ein Lichtbogen ja meist sporadisch entsteht und um zu verhindern, dass bei Auslösung gleich das ganze Haus finster wird, wird der Brandschutzschalter üblicherweise im Endstromkreis angebracht.
In den USA gibt es nun schon länger Brandschutzschalter, seit 2008 sind diese verpflichtend einzubauen. Warum ist der Schalter erst jetzt bei uns Thema?
Brade: Das stimmt,in den USA gibt es Brandschutzschalter schon bedeutend länger und von allen großen Herstellern. Der Grund dafür sind die anderen Voraussetzungen, die in Übersee herrschen. Zum einen ist das der Bauweise der durchschnittlichen Häuser geschuldet, die sagen wir es freundlich, eher einer »Leichtbauweise« gleichkommt. Zum anderen generiert die dort herrschende kleinere Spannung mehr Gefahrenpotenzial. 120 V hat bei der im Grunde selben Leistung, wie sie hierzulande gebraucht wird, einen größeren Strom und damit mehr Energie im Fehlerlichtbogen. In Kombination mit der Bauweise, die in erster Linie auf Holz setzt, kommt es so nun einmal schneller zu Bränden. Darum ist das Thema in den USA sehr viel präsenter. Das Detektieren fällt so aber auch deutlich einfacher aus. Bei uns hingegen, wo der Strom bei der selben Leistung kleiner ist, steht der Lichtbogen nicht so stabil und macht die Erkennung schwieriger.
Wie sieht es mit der rechtlichen Lage hierzulande aus?
Brade: Die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) und das Europäische Komitee für Normung (CENELEC) haben die Dringlichkeit der Thematik bereits erkannt. Mit der Veröffentlichung der Errichtungsbestimmung IEC 60364-4-42 bzw. des HD 60364-4-42 wird die Installation von Brandschutzschaltern als anerkannter Stand der Technik bereits empfohlen. Es gibt auch bereits Normen, wie solche Fehlerlichtbogenschutz-Module zu prüfen sind. Damit spielt es auch in die Österreichischen Errichtungsbedingungen hinein. Nach dem Stand der Technik gemessen, sind Brandschutzschalter also auszuführen. In Deutschland ist man einen Schritt weiter gegangen und hat die CENELEC-Norm in die VDE 0100-420:2016-02 aufgenommen und für öffentliche Gebäude, insbesondere dort, wo sich eine Evakuierung von Personen schwierig gestaltet, vorgeschrieben. Für Häuser mit Schlafstätten wurde eine Empfehlung ausgesprochen. Diese Empfehlung wird demnächst wohl auch für Österreich übernommen werden.
Eine verbindliche Vorschrift existiert demnach, zumindest in Österreich, (noch) nicht. Ich als Elektrotechniker würde heute aber bei »risikobehafteten« Elektroinstallationen nicht mehr darauf verzichten. Denn wenn etwas passiert, könnte der zuständige Sachverständige zu Recht auf den Stand der Technik hinweisen und somit die Frage stellen, warum kein Brandschutzschalter eingebaut wurde.
Wie erklärt man seinem Kunden den Mehrwert des Brandschutzschalters? Warum sollte er nicht darauf verzichten?
Brade: Auf den Punkt gebraucht: Die Wohnung oder das Haus brennt nicht ab!
Ich vergleiche die ganze Thematik gerne mit dem Auto. In einem modernen Auto gibt es ein Stabilitätsprogramm, Airbags, Gurtstraffer etc. – Maßnahmen die Helfen sollen, einen Unfall möglichst unbeschadet zu überstehen. Im Haus sind das der Rauchwarnmelder (der schon einmal dafür sorgt, dass man nicht im Schlaf erstickt), der Feuerlöscher, die Sprinkleranlage oder gleich die Feuerwehr, die den Brand bekämpft. Das ist gut und wichtig, es trägt jedoch erheblich mehr zur Sicherheit bei, den Brand überhaupt zu verhindern. Beim Thema Auto sind das nun der Fahrspurassistent, der Bremsassistent, der Annäherungsalarm usw. Hier setzt auch der Brandschutzschalter an. Man braucht keine Angst mehr zu haben, munter zu werden, bevor das Haus abbrennt – der Brandschutzschalter verhindert, dass es überhaupt zu einem elektrisch gezündeten Brand und den dadurch verursachten Schäden kommt. Denn noch bevor etwas passiert, schaltet der Brandschutzschalter den Stromkreis ab. Der Brandschutzschalter bedeutet also prinzipiell eine Erhöhung der Sicherheit und fällt, gerade bei Neubauten, kostentechnisch nicht sonderlich ins Gewicht. Die allseits bekannte Frage bei der Feinkost im Supermarkt: »Darf ́s ein bisserl mehr sein?« kann der Elektrotechniker meiner Meinung nach, gerade wenn es um die Sicherheit geht, ruhig öfter seinem Kunden stellen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass jemand »nein« sagt. Aufgrund der Brisanz des Themas haben sich mittlerweile viele Medien, so auch der ORF, dieses bereits angenommen, um es dem Konsumenten nahezubringen.
Hierzulande hatte bislang Siemens als einziger Hersteller einen Brandschutzschalter im Programm. Der Mitbewerb steht aber bereits in den Startlöchern. Was hebt den 5SM6 von Konkurrenzprodukten ab?
Brade: Siemens hat den Brandschutzschalter nun seit vier Jahren im Programm. Damit haben wir einen großen Erfahrungsschatz im Einsatz in der realen Elektrotechnik aufbauen können. Das ist dann doch ein Schritt weiter als nur der Laborbetrieb. In der Praxis kommen nun einmal Problemstellungen zustande, an die man im Labor nicht denkt. So war es uns möglich, den Brandschutzschalter konsequent weiterzuentwickeln. Diese Erfahrungswerte heben uns vom Mitbewerb, der nun auch Brandschutzschalter einführen wird, doch recht deutlich ab.
Wo bzw. wie ist der Brandschutzschalter erhältlich?
Brade: Bei jedem namhaften Elektrogroßhändler.
Was ist in naher Zukunft noch von Siemens zum Thema Brandschutzschalter zu erwarten?
Brade: Die neuen 40 A-Varianten kommen voraussichtlich im Herbst diesen Jahres. An einer dreipoligen Variante wird derzeit ebenfalls intensiv gearbeitet.
Herr Brade, wir danken für das Gespräch!
Text und Interview von Mag. Niklas Seitz