Wer macht das Rennen um den Parteivorsitz der SPÖ: Pamela Rendi-Wagner, Hans Peter Doskozil, oder wird Andreas Babler letztendlich als der lachende Dritte als Erster durchs Ziel gehen? Wird er es dann auch schaffen, das Ruder für die Sozialdemokratie herumzureißen und die nächste Nationalratswahl für die SPÖ in einem Ausmaß zu gewinnen, dass sich danach auch rechnerisch die von ihm angestrebte Koalition mit den Grünen und den Neos ausgeht? Wir wollten wissen, wie Andreas Babler energie-, verkehrs- und umweltpolitisch tickt. Lesen Sie auf www.i-magazin.at das Exklusivinterview mit dem Shootingstar der SPÖ zu diesen Themen und machen Sie sich selbst ein Bild!
Andreas Babler ist bodenständig und basisnah. Manche würden sagen, er trägt sein Herz auf der Zunge. Bei seinen Interviews hat man selten das Gefühl, dass er – wie die meisten seiner Kollegen in der Politik – darauf abzielt, jeder Frage seines Gesprächspartners auszuweichen. Das folgende Exklusiv-Interview mit dem i-Magazin zeigt auch, dass Babler neben den vielen sozialen Themen auch auf energie-, verkehrs- und umweltpolitischer Ebene Inhalte zu bieten hat. Lesen Sie exklusiv auf www.i-magazin.com, welche Richtung Andreas Babler bei einer Regierungsbeteiligung der SPÖ einschlagen würde!
Herr Babler, unser Klima verändert sich zusehends. Experten prognostizieren unter anderem Dürren in der Landwirtschaft und damit einhergehend einen zunehmenden Mangel an Lebensmittel bzw. zu erwartende Preissteigerungen für die Konsumenten. Wir sind aber auch mit extremen Hitzeentwicklungen in den Städten konfrontiert, die vor allem die ältere Bevölkerung noch stärker als heute in Mitleidenschaft ziehen wird. Diese und andere Ereignisse werden vor allem jene Österreicher besonders betreffen, die aus finanziellen Gründen keine Möglichkeit haben, den Klimaveränderungen auch nur ansatzweise beizukommen. Welche Vorkehrungen müssen Ihrer Meinung nach heute schon getroffen werden, um nicht morgen vor unlösbaren Problemen zu stehen?
Andreas Babler: Österreich ist von der Klimakrise besonders betroffen. Nach bisherigen Studien erleben wir hierzulande überdurchschnittlich hohe Temperaturanstiege, die bereits 2018 erstmals bei 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau gelegen sind. Zugleich hinken wir bei den Maßnahmen gegenüber anderen Ländern hinterher und bilden ein Schlusslicht Europas. Wir brauchen sofortige und gezielte Maßnahmen, um in der Klimapolitik Österreichs eine Kehrtwende einzuleiten.
Ich schlage als Maßnahmenpaket einen Green New Deal, einen sozial-ökologischen Umbau unseres Wirtschaftssystems, Sozialsystems und unserer Energiesysteme vor, bei der die Stärkung von öffentlicher Infrastruktur im Zentrum steht. Ein solcher Umbau bedarf Investitionen und eines starken Staats unter Einbindung von Sozialpartner:innen, Zivilgesellschaft und Expert:innen. Wenn wir von den Emissionen ausgehen, sehen wir die Notwendigkeit einer Energie- und einer Verkehrswende, aber auch die Notwendigkeit der Transformation emissionsstarker Betriebe. Das ist ein großes Projekt, bei dem Erfahrungen und Know-how gebündelt werden müssen und wo dem Staat eine wichtige Rolle über Interventionen, Förderungen und Beteiligungen zukommt.
Auch hinsichtlich des Umgangs mit Erderhitzung braucht es Strategien. Im Gebäudebereich etwa braucht es koordinierte Strategien für Sonnenschutz wie für Gebäudedämmung, sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich. Nicht jede:r kann, und aus Energiegründen sollte auch nicht jede:r eine Klimaanlage haben. Stattdessen denke ich, dass wir die öffentliche Infrastruktur unserer Städte dahingehend ausrichten sollten, dass man mit hohen Temperaturen umgehen kann. Wir müssen dabei auch den Flächenverbrauch in den Blick nehmen, etwa durch eine Bodenentsiegelungsquote. In der Landwirtschaft wird es neue Formen der Koordination und wahrscheinlich eine größere Flexibilität im Anbau geben müssen. Neben einer guten öffentlichen Infrastruktur ist sicherlich Koordination und Kooperation ein wichtiges Prinzip, um dem Klimawandel zu begegnen. Transformation braucht aber Richtung. Ich glaube, auf die Marktmechanismen und auf individuelles Konsumverhalten zu setzen, sind die falschen Wege. Das ist auch der Fall beim Fachkräftemangel in den klimarelevanten Bereichen: Qualifizierte Arbeitskräfte müssen ausgebildet werden, etwa durch Arbeitsstiftungen.
Als Sozialdemokrat betrachte ich die Klimakrise ausgehend von der sozialen Frage. Ohne Sozialdemokratie wird die Klimakrise die soziale Ungleichheit verschärfen. Die sozialdemokratische Vision ist jene des guten Lebens für alle, nicht für die Wenigen, die es sich finanziell richten können.
Welche energiepolitischen Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht notwendig, um Österreich hinsichtlich der Klimaziele wieder auf die Spur zu bringen und damit Strafzahlungen in Milliardenhöhe zu vermeiden?
Babler: Die Energiewende ist ein zentraler Bestandteil der Klimapolitik, denn mit ihr können wir große Anteile an CO2-Emissionen reduzieren. Dafür müssen vor allem die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, speziell durch die großen (teil-)öffentlichen Energiedienstleister. Ich glaube, dass wir den Ausbau beschleunigen können, wenn statt Gewinnausschüttungen auf Reinvestition umgestellt wird. Neben neuen Kapazitäten braucht es aber auch Einsparungen, etwa durch die Transformation der Industrie, thermische Sanierungen, Elektrifizierung von Verkehr und Wärmesektor. Das muss koordiniert werden, denn es müssen vielfältige technische und regionale Gesichtspunkte einbezogen werden und natürlich auch soziale.
Wichtig ist, in diesen Bereichen ins Tun zu kommen. Wir werden in den kommenden Jahren keine neue Technologie zur Verfügung haben, die auf wundersame Weise die Klimakrise abwenden kann. Die Technologie- und Marktgläubigkeit führt zu Stillstand und animiert nicht, gemeinsame Lösungen in demokratischer Weise, auch unter Einbindung der Sozialpartner:innen und der Zivilgesellschaft zu finden.
Strafzahlungen für Emissionszertifikate werden wir wohl nicht verhindern können, denn Österreich hinkt einfach schon zu sehr nach. Je rascher und umfangreicher unsere Investitionen jetzt aber ausfallen, umso deutlicher können wir eine Kehrtwende starten und umso geringer fallen Strafzahlungen in der Zukunft aus.
Welche sozialen Komponenten müssen in diesem Zusammenhang berücksichtigt und welche Maßnahmen dabei getroffen werden?
Babler: Klimaschutz ist kein Thema, das sich an der individuellen Wahl des Energieanbieters oder den Produkten im Einkaufswagen zeigen darf. Es muss viel früher als beim Konsum beginnen, etwa mit klaren Vorgaben, die auch Konsument:innen die Entscheidung erleichtern. Im Energiebereich muss klar sein: Die Versorgungs- und Preissicherheit für Menschen darf nicht dem Markt und internationalen Playern überlassen werden. Die Konsequenzen dieser Politik konnte man, denke ich, das letzte Jahr beobachten: Die soziale Ungleichheit nimmt zu, viele Menschen können sich das tägliche Leben nicht mehr leisten. Es ist erschreckend, mit welcher Untätigkeit die Bundesregierung an die Teuerung im Energiebereich herangegangen ist. Wir sehen eine Gewinn-Preis-Spirale: Weder wurden die Energiekosten durch Eingriffe gesenkt noch wurden die Zufallsgewinne besteuert. Ich kämpfe für eine Energiegrundsicherung, die Strom und Wärme umfasst; mir schweben dabei 60 % des Normverbrauchs vor, angepasst an Umstände des Wohnens mit schrittweisen Erhöhungen für höheren Verbrauch.
Vor allem die wirtschaftsnahen Kreise fordern eine massive Erweiterung der stromproduzierenden Kapazitäten Österreichs. Weniger häufig werden Sparmaßnahmen in die Diskussion miteinbezogen. Konzepte dafür sind überhaupt Mangelware. Wie wichtig sind Einsparungsmaßnahmen und wie könnten diese in der Praxis umgesetzt werden?
Babler: Die Elektrifizierung des Verkehrs, des Heizens und des Kochens wird bekanntlich zu einer Steigerung des Endenergieverbrauchs führen. Wenn wir aber die Zusammensetzung des Strommix in Richtung erneuerbarer Energie verschieben wollen, wird es auch Sparmaßnahmen benötigen. Im Rahmen der Energiewende können wir die Effizienz steigern, etwa durch thermische Sanierungen, die Umrüstung von Heizsystemen, Energiegemeinschaften auf lokaler Ebene oder den Ausbau von Speicherkapazitäten. Ob es darüber hinaus Interventionen geben muss, sollte aus meiner Sicht unter Einbindung von Betroffenen demokratisch verhandelt werden. Ich könnte mir bestimmte Maßnahmen schon vorstellen, etwa Einsparungen bei der Leuchtreklame im öffentlichen Raum.
Die Mehrheit der Experten spricht in den Diskussionen über einen Ausbau der erneuerbaren Energie – für viele kommt der Netzausbau dabei allerdings viel zu kurz. Welchen Stellenwert messen Sie dem Ausbau der höheren Netzebenen bei und welche Priorität hat dieser bei der Erstellung eines künftigen Staatsbudgets für Sie?
Babler: So wie wir den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben müssen, braucht es auch die Sicherstellung einer verlässlichen Netzinfrastruktur. Welche Formen an Investitionen und Qualifizierungen von Arbeitskräften erforderlich sind, sollte in einer neuen Struktur wie dem von der Sozialdemokratie vorgeschlagenen Energiewendefonds geklärt werden, in dem Erfahrungen und Wissen zusammenfließen.
Last, but not least steht Österreich weiterhin vor den ungelösten Problemen im Verkehrsbereich – rund ein Drittel der CO2-Emissionen werden durch diesen Sektor verursacht. Zeitnahe Lösungen sind somit gefragt. Welche Möglichkeiten ziehen Sie unter Berücksichtigung der Gegebenheiten (dazu zählen unter anderem der Anstieg des Individual- und Güterverkehrs auf den Straßen bei einem gleichzeitig viel zu geringen Angebot auf der Schiene, ein für die gesetzten Ziele viel zu langsamer Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität, ein zu geringes Angebot an Elektrofahrzeugen im unteren Preissegment aber auch an alternativen Antriebsformen u.v.m.) dabei in Betracht?
Babler: Die Verkehrswende durch massiven Ausbau der Öffis ist eine Notwendigkeit. Nicht nur aufgrund der Emissionen, sondern auch für eine Umverteilung des öffentlichen Raums und eine höhere Lebensqualität in urbanen Regionen. Der ländliche Raum hat sicher unterschiedliche Anforderungen, aber auch hier braucht es einen Ausbau öffentlicher Verkehrsanbindungen. Die Digitalisierung schafft hier sicherlich neue Möglichkeiten, etwa in Form flexibler und bedarfsorientierter Angebote öffentlichen Verkehrs in der Fläche oder auch für die Bildung von Fahrgemeinschaften. Als Anreize für Öffis sehe ich eine Pendlerpauschale für die Benützung des öffentlichen Verkehrs. Auch für den Güterverkehr braucht es eine Kombination aus Ausbau attraktiver Angebote und eine LKW-Maut auf allen Straßen.
Herr Babler, vielen Dank für das Gespräch!