Der Chef des spanischen Energieriesen Iberdrola, Ignacio Galán, sagt Europa den baldigen Ausstieg aus der Kohleverstromung voraus. Der Wandel hin zu erneuerbaren Energiequellen werde „viel schneller gehen, als wir uns das heute vorstellen“, erklärte Galán im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin »Capital« (Ausgabe 10/2018, EVT 20. September). „Wenn wir in Europa im Jahr 2030 noch immer Mengen Strom in Kohlekraftwerken erzeugen, haben wir etwas falsch gemacht.“ Auch in Deutschland gebe es den eindeutigen Willen, sich von der Kohle zu verabschieden.
Für die europäische Energiewende sprächen nur politische, sondern auch wirtschaftliche Gründe, sagte Galán: „Das Zeitalter der Subventionen für erneuerbare Energien geht zu Ende. Wenn wir heute ein neues Kohlekraftwerk bauen würden, wäre das viel teurer, als stattdessen einen Windpark oder ein Solarfeld mit der gleichen Stromproduktion zu bauen.“ Galán (68) leitet Iberdrola seit 17 Jahren und hat das Unternehmen aus dem baskischen Bilbao sukzessive zu einem der wichtigsten Player am europäischen Energiemarkt gemacht. Mit einem Börsenwert von zurzeit mehr als 40 Milliarden Euro ist Iberdrola der drittgrößte Stromkonzern des Kontinents und zugleich der größte Erzeuger von Windstrom. Ende Oktober wird das baskische Unternehmen offiziell seinen ersten Offshore-Windpark Wikinger vor der Küste Rügens eröffnen.
Anders als viele hiesige Strom-Manager schwärmt Galán von der deutschen Energiewende: „Deutschland hat drei große Vorzüge: Sicherheit, Stabilität und Berechenbarkeit. Bei ihnen macht der Staat ein Konzept für die Energiewende. Ist all das einmal verankert, gibt es einen klaren regulatorischen Rahmen. Und auf diese Vorgaben können sich langfristig orientierte Investoren wie wir dann genau einstellen.“ Die deutsche Politik sei viel zuverlässiger als etwa die spanische. Und: „Nichts brauchen wir weniger als Unsicherheit.“ Vor wenigen Monaten hat sich Iberdrola den Zuschlag für den Bau zwei weiterer Hochsee-Windparks in der Ostsee gesichert. „Da kann man viele Kilometer ins Meer hinausgehen, so stören die Windräder niemanden.“
Deutschland habe beste Aussichten, zum großen Profiteur des weltweiten Umbruchs zu werden, sagte Galán: „Die Umsetzung der Energiewende wird der deutschen Industrie gute Geschäfte bescheren. Transformatoren, Turbinen, Elektronik: Überall ist Deutschland vorne. Das hat viele Arbeitsplätze geschaffen.“
Versöhnlich äußerte sich der Konzernchef zum Dauerstreit mit Siemens über den Windanlagen-Hersteller Siemens Gamesa, der vergangenes Jahr aus der Fusion der Windsparte von Siemens mit der Iberdrola-Tochter Gamesa hervorging. Die Zahlen nach der Fusion seien „am Anfang dramatisch schlecht“ gewesen, sagte Galán, „darüber können wir nicht hinwegsehen.“ Iberdrola habe mittlerweile aber einige Verbesserungen durchgesetzt: „Niemand will die Scheidung.“
Quelle: presseportal.de