Silicon Valley in der österreichischen Provinz? Diesen Eindruck hatten wir beim Besuch eines der bundesweit modernsten Bürogebäude in der beschaulichen Marktgemeinde Kollerschlag in Oberösterreich. Hier gründeten die Erfinder der Miniserverbasierten Smart Home-Lösung, Martin Öller und Thomas Moser, 2009 die Loxone Electronics GmbH mit keinem geringeren Ziel, als Weltmarktführer im Bereich Smart Home zu werden.
Eine umfassende, schnell erlernbare und vor allem leistbare Lösung für die Hausautomation zu bieten, war stets das erklärte Ziel der beiden Unternehmer: Ein Miniserver fasst als zentrales intelligentes Herzstück sämtliche Funktionen des Loxone-Smart Homes zusammen. So werden etwa gewöhnliche Taster und simple Steuerelemente genauso in das System integriert wie Photovoltaikanlagen und/oder andere komplexe Systeme. Der Erfolg dieses Konzeptes spricht für sich: In nur drei Jahren wurden so mehr als 5.000 Partnerunternehmen in über 58 Ländern gewonnen, bereits 2013 startete die außereuropäische Expansion. Martin Öller, Miteigentümer und Geschäftsführer von Loxone, spricht im Interview mit dem i-Magazin über die durchaus turbulente Erfolgsgeschichte des Unternehmens.
Herr Öller, können Sie uns etwas zur Entstehungsgeschichte des Unternehmens Loxone verraten?
Martin Öller: 2008 bezog ich mein neu gebautes Haus und setzte mich im Zuge dessen intensiv mit der Thematik KNX auseinander. Ich habe mir Kenntnisse in diesem Bereich angeeignet, ich habe mich mit der Software ETS beschäftigt, habe selbst programmiert. Thomas Moser, den ich schon sehr lange kenne, plante zur selben Zeit, ein Haus zu bauen, und verfolgte auch deshalb aktiv meine Bemühungen am KNX-Sektor. Er begann ebenfalls zu recherchieren, fand allerdings nichts, was ihn hundertprozentig überzeugt hätte. Eine Hausinstallation mit Automatisierung zu einem vernünftigen Preis wurde einfach nicht angeboten. Das war für uns ausschlaggebend, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. 2009 haben wir zu dritt begonnen, komplett neue Konzepte zu erstellen, im Juni 2010 kam unser erster Miniserver auf den Markt.
Woher stammten die finanziellen Mittel dazu?
Öller: Wir hatten keine Investoren, wir haben uns zu 100% selbst finanziert. Wir waren äußerst sparsam und haben nichts gekauft, was unserer Ansicht nach nicht unbedingt notwendig war. Wir waren uns allerdings stets bewusst – und haben es uns natürlich auch zugetraut – etwas »Großes« auf die Beine zu stellen.
Wie tritt das Unternehmen Loxone auf?
Öller: Wir wollten eine Hausautomation schaffen, die für alle leistbar ist – wenn der Geldeinsatz unbegrenzt ist, stehen ja (fast) alle Möglichkeiten offen. Wir werden oft gefragt, wer unser größter Mitbewerber ist: Das ist eindeutig die konventionelle Installation. Heutzutage bauen 80% der Leute immer noch wie vor 50 Jahren. Unserer Meinung nach ist es nicht sinnvoll, sich um jene 5% Marktanteil zu streiten, die intelligente Lösungen ausmachen. Spannend und vielmehr zielführend ist es, sich um die überwiegenden 95% zu kümmern. Eine Lösung, ein System zu haben, das für jeden ein leistbares Smart Home ermöglicht – das war und ist unser großes Ziel.
Es werden immer wieder Vorwürfe und Kritiken gegen Loxone laut, die besagen, dass die Endkunden im Falle des Konkurses ratlos und unwissend zurückblieben. Was sagen Sie dazu?
Öller: 2014 haben wir einen Umsatz von knapp 25 Millionen Euro erwirtschaftet, das heißt, wir sind wirtschaftlich extrem stabil. Nicht nur das: Loxone ist ein stark expandierendes Unternehmen im Zukunftsmarkt Smart Home und ist beim Wachstum qualitativ und quantitativ auf dem richtigen Kurs. Bei Komplettlösungen für das Smart Home sind wir Innovations- und Marktführer. Und gesuchter Kooperationspartner anderer starker Unternehmen rund um die Hausautomation. Wir haben ein überlegenes Produktportfolio, mit dem wir auf internationalen Wachstumskurs gehen. Und übrigens haben wir erst vor kurzem Anteile von 49% bei der Firma Baudisch Electronic in Deutschland erworben.
Wer definiert eigentlich den Begriff Smart Home?
Öller: Wir haben unsere eigene Definition erstellt: Ein Smart Home ist ein Haus, das von selbst weiß, was es zu tun hat und dadurch den maximalen Komfort für seinen Bewohner herstellt, ohne dabei übertechnisiert zu sein und außerdem maximal Energie zu sparen.
Wo liegen die Kosten bei einem Smart Home für ein durchschnittliches Haus von etwa 130 m2?
Öller: Die Loxone-Smart Homes beginnen bei rund 3.000 Euro (Investition in Loxone Komponenten), für eine intensiver ausgebaute Installation muss man etwa 5.000 Euro einrechnen. Bei zusätzlicher Installation von z. B. Sprechanlagen, Music Server, Boxen und Lautsprecher steigt natürlich die Wertschöpfung.
Man hört es immer wieder munkeln, dass die Margen für Elektriker, die mit Loxone zusammenarbeiten, zu gering wären.
Öller: Wir haben mittlerweile viele Partner, die ihr Geschäft verstehen und sehr erfolgreich sind. Viele Firmen expandieren weil es Loxone gibt – sie haben ihr Geschäftsmodell auf unser Unternehmen aufgebaut. Wir verkaufen keine Komponenten, wir verkaufen Lösungen – das haben viele noch nicht verstanden. Funktionalität und nicht Produkte zu verkaufen – dieses Bewusstsein muss innerhalb der Branche vorherrschen.
Was das Thema der Marge betrifft: Die Loxone-Partner können sehr gut kalkulieren, es gibt eine 100%-Transparenz , stabile Preise und ein faires Partnerprogramm. Der Endkunde kauft oft Produkte im Internet günstiger, als es der Elektriker beim Großhandel tut – das ist heute Faktum. Jeder Kunde, der ein bisschen preissensibel ist, recherchiert im Internet. Wir wollten nie jemandem sagen: „Du darfst nicht kaufen.“ Es wird unserem Unternehmen oft angekreidet, dass wir an Endkunden verkaufen. Bei uns kann jeder Endkunde zum Listenpreis kaufen. Wir verstehen uns als Marke. Loxone ist eines der wenigen Unternehmen der Branche, das überall einen stabilen Preis bietet. Man wird im Internet keinen Miniserver finden, der um 5 oder 10% günstiger ist, als es der Listenpreis vorsieht. Wir sind da ganz akribisch dahinter, um unsere Partner zu schützen und auch zu unterstützen. Unsere Empfehlung an unsere Partner ist auch ganz klar, keine Rabatte an den Endkunden zu geben, denn das ist nicht notwendig. Wer es versteht, dass er Funktionalität verkauft, kann durch Loxone mit sehr wenig Geld und sehr wenig Aufwand sehr viele Vorteile für den Kunden generieren. Es gibt weltweit keine Lösung – das behaupten wir mit voller Überzeugung – mit der man so einfach, so schnell und mit so wenig Aufwand automatisieren kann.
Es kursiert auch das Gerücht, dass Loxone nicht mehr mit Partnern zusammenarbeitet und dafür ein eigenes Montage-Team durch die Lande schickt.
Öller: Das muss ich ganz klar und vehement verneinen. Wir werden mit aller Kraft vermeiden, dass wir zum Dienstleister werden – das entspricht überhaupt nicht unserem Ziel. Wir sind Hersteller, wir konzentrieren uns auf die Entwicklung der Produkte und darauf, unser Know-how und unsere Philosophie weiterzugeben. Wir wollen mit unseren Partnern wachsen.
Warum wurde das Forum plötzlich eingestellt?
Öller: Als das Forum geschaffen wurde, hatten wir große Ziele damit. Wir wollten eine Online-Community schaffen, eine Plattform, mittels derer sich Loxone-Kunden austauschen und gegenseitig helfen können. Wir wollten unseren Kunden ein Austauschforum bieten! Über die Jahre hinweg hat sich das Forum leider in eine ganz andere Richtung entwickelt. Zum Schluss haben zu viele Mitbewerber versucht, es für ihre eigenen Ziele zu instrumentalisieren. Schlussendlich waren wir viel damit beschäftigt, Gerüchte und schlechte Stimmung abzuwehren, deshalb haben wir uns dazu entschlossen, das Forum zu schließen. Mittlerweile gibt es einen neuen Channel, die Beta-Community. Hier wird der Zugang intensiv kontrolliert, denn dieser Channel ist nur für diejenigen gedacht, die tatsächlich ein Loxone-Produkt installiert haben und somit entsprechende Erfahrungen mitbringen – ein Austausch auf Augenhöhe sozusagen.
Welche sind die nächsten Schritte?
Öller: Ich meine, wir werden im deutschsprachigen Raum, was das Thema Smart Home betrifft, durchaus als führende Marke wahrgenommen. Wir verkaufen weit über 1.000 Miniserver pro Monat. Es gibt auch mittlerweile mehr als 30.000 Smart Homes, die mit uns installiert wurden. Weltweit die Nummer eins zu sein, dazu fehlt natürlich noch viel, aber wir verfolgen unseren Plan akribisch. Wir haben uns dieses Jahr Gedanken dazu gemacht, wie wir uns strategisch neu aufstellen müssen. Derzeit wollen wir uns stark auf den deutschen sowie den amerikanischen Markt fokussieren.
Brauche ich das Smart Home wirklich noch, wenn das Internet der Dinge Realität ist?
Öller: Die Frage ist: Möchte ich als Endkunde, dass beispielsweise meine Glühbirne im Internet zu finden ist? Diese Thematik beschäftigt sehr viele Leute. Die Wogen gehen bereits hoch. Ich glaube, man kann dieses polarisierende Thema allerdings entspannt betrachten, denn 95% der Installationen sind klassische Installationen. Das »echte« Smart Home, das Energie spart, maximalen Komfort erstellt, das automatisiert ist – das ist meiner Meinung nach nichts, was sich der Kunde zusammenstöpselt. Ich glaube, da werden noch sehr lange Experten gebraucht, die die Kunden begleiten. Davon bin ich überzeugt.
Drei Funktionen, die ein Smart Home Ihrer Meinung nach auf jeden Fall innehaben muss?
Öller: Es reicht eine: Der Autopilot. Das Haus weiß von selbst, was es zu tun hat und sorgt dabei für maximalen Komfort und Sicherheit. Gleichzeitig ist es dabei hoch energieeffizient.
Was zeichnet das Unternehmen Loxone aus?
Öller: Wir haben das Unternehmen gegründet, weil wir eine Vision hatten: Das Smart Home mit dem höchsten IQ. Wir von Loxone haben es erfunden – am Anfang eigentlich nur für uns. Heute kann es sich jeder leisten.
Da draußen liegt ein schier unerschöpfliches Potenzial, das wir gemeinsam heben können. Die Zeit ist reif für das Thema Smart Home.
Herr Öller, wir danken für das Gespräch!