Um seinen beruflichen Werdegang Revue passieren zu lassen und auch seine Pläne für die Zukunft zu erfahren, traf sich das i-Magazin mit Ing. Ernst Windhager, Leitung Vertrieb Marketing Low Voltage Products bei Siemens, zum Gespräch. Lesen Sie hier seine Erfolgsstory!
Lieber Ernst, wie viele Jahre hast du für Siemens gearbeitet?
Ing. Ernst Windhager: Ich war ein ganzes Berufsleben lang bei Siemens. Mir ist die Elektroinstallation offensichtlich schon in die Wiege gelegt worden – bereits mein Vater war Elektriker und ließ mich in diesen Bereich hineinschnuppern. Aufgrund meines Interesses für die Elektroinstallation besuchte ich die HTL am TGM in Wien Währing und maturierte im Juni 1971. Am 1. August 1971 begann ich bei Siemens zu arbeiten. Dabei war es naheliegend, dass ich im Bereich der Installationstechnik tätig werde – in der Abteilung »Vertrieb Installationstechnik – Anlagenbau«. Nach nur etwa zwei Monaten bei Siemens wurde ich zum Präsenzdienst einberufen. Vom 1. Oktober 1971 bis 30. März 1972 war ich einer der wenigen echten »6-Monate-Diener«. Im April 1972 konnte ich dann wirklich bei Siemens zu arbeiten beginnen. Die Abteilungen für Elektroinstallation habe ich von A bis Z durchgemacht: In den ersten Jahren habe ich mich mit Planungen, Erstellung von Ausschreibungen und Bauüberwachung beschäftigt. In den 1980er-Jahren war ich hauptsächlich im Bauleitungsbereich bei Siemens tätig. Ich hatte zwei Großprojekte, die TU auf der Wiedner Hauptstraße – von der Mittelspannung bis zur Steckdose wurde alles von uns koordiniert. Ende der 1980er-Jahre war ich dann im AKH in der Bauleitung tätig – das war mein zweites großes Projekt. Die 1990er-Jahre brachten eine einschneidende berufliche Veränderung durch den Wechsel vom Anlagen- in das Produktgeschäft von Siemens. Ich habe mich vor allem zur Mitarbeit in dieser neuen Organisationseinheit entschieden, weil ich an der Markteinführung des einstigen instabus EIB-Systems mitarbeiten konnte. Dieses Produkt war eine echte Revolution in der Elektroinstallationstechnik. Als das damalige i-Center ausgegliedert wurde, benötigte man bei Siemens einen operativen Vertrieb. So wurde ich Ende der 1990er-Jahre zum Leiter Vertrieb Marketing »Installationsgeräte und -systeme« (Reiheneinbaugeräte, Schalter/Steckdosen, Gebäudesystemtechnik). Ab den 2000er-Jahren war ich zusätzlich für die Koordination des gesamten Geschäftes von Siemens mit dem EGH verantwortlich. Ebenso zählte es zu meinen Aufgaben, den Vertriebsaufbau in einigen Ländern Südosteuropas zu unterstützen. 1994 war ich auch eines der Gründungsmitglieder der EIBA Austria, die 2006 als Verein liquidiert wurde. Darauf folgte die Gründung der Marketing-Gemeinschaft KNX Austria, die später als Verein KNX Austria neu gegründet wurde.
Was war für dich das Besondere am damaligen EIB-System – dem heutigen KNX?
Windhager: Aus meiner Sicht war das Besondere, dass wir eine Automatisierung für den Einfamilienhausbereich eingeführt haben. Bis zu dem Zeitpunkt kannte man Automatisierungen nur in großen Projekten – z. B. für Klimaanlagen und in der Gebäudeleittechnik. Plötzlich standen für uns eher kleine Einheiten im Vordergrund – Wohnbau, Zweckbau, Hotel oder Gasthäuser. Da dachte ich mir: »Das ist die erste Revolution in der Elektroinstallation!«. Eine neue Epoche wurde dadurch eingeleitet.
Was waren aus deiner Sicht die Highlights in der Leistungsfähigkeit des KNX-Systems?
Windhager: In den 1990er-Jahren war es für alle Hersteller ziemlich gleich – Licht, Jalousie, Zutritt. Es ging damals eher in Richtung Zweckbau. Anfang der 2000er-Jahre gab es einen Richtungswechsel bedingt durch die Entwicklungen am IT-Sektor hin zum Einfamilienhaus. Ohne Smartphone-Entwicklung wäre das in dieser Form niemals passiert. Seit damals entwickelt sich der Bereich sehr Elektriker- und Architekten-orientiert.
Was hätte man anders machen können, um KNX von Anfang an noch besser zu vermarkten?
Windhager: Ich denke, dass die Zentrale in Brüssel noch immer sehr Zweckbau-orientiert ist. Parallel zu den Arbeitsgruppen und Werbematerial zum Zweckbau hätte man zumindest für den deutsch-österreichischen Markt das Potenzial im Wohnbau gemeinsam bearbeiten müssen – speziell in Bezug auf Einfamilienhaus, Dachausbauten usw. Das hätte im Rahmen der KNX-Association wesentlich mehr gefördert werden müssen. Man merkte, dass in derartige Kampagnen viel Geld investiert werden muss. Es wurde aber alles den nationalen Vereinen überlassen. So haben wir die Initiative ergriffen und als Verein auf Wohnbaumessen ausgestellt. Dafür stand aber letztendlich nur ein Mini-Budget zur Verfügung. Es fehlte das Bekennen der gesamten KNX-Gruppe und der Wille, mehr Geld zu investieren.
Was würdest du deinen Nachfolgern empfehlen?
Windhager: Mehr Gemeinsamkeit – denn ein Marketingkonzept samt Werbeauftritt kann man als einzelne Firma nicht stemmen. Von der Technik her sind wir sowieso verbunden. Wir unterscheiden uns nur mehr in den Endlösungen der Anwendungen. Aber bis zu einem gewissen Grad ist alles ähnlich. Deshalb glaube ich auch, dass bis zu einem gewissen Grad auch die Vermarktung in allen Ländern möglich sein muss. KNX muss ein Begriff werden. ISDN findet man zum Beispiel im Kreuzworträtsel, KNX noch nicht (lacht).
Ist die Einstiegsgebühr für die Software und der Schulungsaufwand nicht nach wie vor sehr hoch?
Windhager: Das glaube ich schon. Für eine wirkliche Breite ist diese Gebühr zu hoch. Wenn ich so nachdenke, haben wir damals mit Wohnbaupaketen begonnen, bei denen die Elektroinstallation 10.000 bis 15.000 Euro kostete, dann kostete das einfachste Paket dazu auch schon 20.000 Euro. Aus unserer Sicht hätte EIB/KNX ein »Must-have« werden müssen – so wie Simatic in der Industrieautomatisierung. Man glaubte damals, dass es sich Anfang der 2000er-Jahre beginnen würde, mehr und mehr auch in der Breite durchzusetzen. Dabei wurde aber die Beharrlichkeit der Mitteleuropäer ein bisschen unterschätzt. Wir sind nicht so leicht, wie zum Beispiel die Amerikaner, für etwas Neues zu begeistern. Vor allem geht es auch um die Beharrlichkeit des durchführenden Betriebs. Natürlich waren auch Bremser unter den ausführenden Unternehmen, aber die Branche der Elektriker war noch viel zu wenig vorbereitet auf die zukünftigen Chancen, die KNX bietet. Es wurden zwar Vorträge gehalten, aber der durchschnittliche Elektriker hat sich vor allem mit dem Installieren beschäftigt – er bietet Handwerk. Auf einmal musste er aber mitverkaufen und sich ganz anders präsentieren. Er musste plötzlich ein Angebotsgespräch führen und nicht mehr ausschließlich eine Preisverhandlung. Oder er musste, bevor er ein Angebot legte, fragen, was der Kunde will. Die Vorvermarktung der Industrie fehlte und die Preishürde ist natürlich auch hoch. In puncto Vorvermarktung sind uns die Amerikaner weit voraus. Daher bin ich der Meinung, dass, wenn man schon einen gemeinsamen technischen Standard hat, die Vermarktung auch auf partnerschaftlicher Ebene stattfinden und dieser Standard gemeinsam gepusht werden muss.
Wir hörten vor allem zur Light+Building, dass KNX, LON usw. für das Internet der Dinge nur eine solide Grundlage bieten soll. Und dass sich die Großen wie Google, Apple & Co dann ohnehin das Geschäft untereinander aufteilen werden.
Windhager: Die Vermarktung war in der Vergangenheit das »Manko«, warum das System keine größere Verbreitung gefunden hat. Als der EIB Anfang der 1990er-Jahre eingeführt wurde, war die »vernetzte Welt« noch eine ganz andere. Mit den sich immer schneller entwickelnden Techniken reicht es nicht, wenn man sich alle paar Jahre zusammensetzt – das muss viel öfter geschehen und dabei die Frage aufwerfen: »Wie stelle ich mich auf die neue Welt ein?«
Lass uns das Thema wechseln! Welche Menschen haben bei dir in deiner Berufslaufbahn einen besonderen Eindruck hinterlassen? – natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Windhager: (denkt kurz nach) Von den Mitbewerbern bzw. Lieferanten Theo Kubat und Manfred Schwarzinger von F&G bzw. Moeller, Peter Löffler von ABB, Dr. Werner Siblik – eine Persönlichkeit wie sie im Buche steht, Dr. Alfred Lehner den ich beinahe schon 40 Jahre kenne, Heinz Haider von OBO, der mich mit seinem Vortragsstil zum Überspannungsschutz begeisterte und Helmut Wolfsgruber von Schurrer. Von den Kunden Josef sen. und Alexander Mehler, Herbert Klenk von Klenk & Meder und einige Inhaber von Elektrofirmen, Wolfgang Cladrowa und Heinz Gerstmaier von den gleichnamigen EGHs und Albert Hübl von ABB/Regro. Aber auch einige meiner Chefs bei Siemens in Wien, wie Walter Kiesenbauer, Josef Klementschitz, Wolfgang Morrenth und im Stammhaus Günther Seip und Godehardt Schneider. Durch die zahlreichen gemeinsamen Handlungen auf Branchenebene sind es heute Personen wie Rainer Breinessl von Euro Unitech und Alexander Rupp von Hager, die ich schätzen gelernt habe.
Und wie sieht die Lebensplanung von Ernst Windhager nun aus?
Windhager: Ich werde mich meinem neuen Lebensabschnitt bewusst widmen. Ein paar Hobbies werde ich intensivieren, aber auch die Branche beobachten und schauen, wie sie sich entwickelt. Natürlich werde ich das Leben genießen, solange ich gesund bin. Vielleicht kaufe ich mir einen Roller und fahre damit zum Bäcker statt mit dem Auto. Auf Sport möchte ich jedenfalls nicht verzichten – Tennis zählt nach wie vor zu meinen größten Hobbies. Und dabei wird es auch bleiben.
Lieber Ernst, wir bedanken uns herzlich für das Gespräch und wünschen Dir einen erfüllten Ruhestand!
Das Interview führten Thomas Buchbauer und Thomas Graf-Zoufal.
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Alles Gute im Ruhestand und ein großes Danke für die Zusammenarbeit.