Mit der Kremsmüller Industrieanlagenbau KG musste gestern Montag 15.6.2020 ein prominenter Branchenteilnehmer den Weg zum Insolvenzrichter am Landesgericht Wels antreten. Ein ruinöser Einzelauftrag und die Covid-19-Krise sollen ausschlaggebend für die Misere gewesen sein.
Trotz der kritischen Situation besteht aus der Sicht der Verantwortlichen für die Kremsmüller Industrieanlagenbau KG – als Teil der Kremsmüller-Gruppe mit insgesamt 1.800 Mitarbeiter – eine positive Prognose für den Sanierungsplan und damit auch gute Chancen für eine Fortführung des Unternehmens. So gehe man aus heutiger Sicht von einer Re-Dimensionierung des Unternehmens aus und werde mit einer Strategie »Kremsmüller Neu« die Grundlagen für künftigen Erfolg legen, heißt es von Seiten der Unternehmensführung.
Eine Nummer zu groß
Die Kremsmüller Industrieanlagenbau KG will sich nicht ausschließlich als Opfer der Coronakrise sehen, sondern gibt dem Projekt »Klärschlamm-Trocknungsanlage zur Verbrennungsaufbereitung des anfallenden Klärschlamms« für Wien Energie eine Hauptschuld an der Misere. Das Projekt, das ursprünglich 22 Millionen Euro umfasst haben soll, dürfte sich auf 60 bis 65 Millionen Euro ausweiten. Miteigentümer Gregor Kremsmüller meinte gegenüber orf.at man sei „etwas blauäugig in das Projekt gestolpert“. Jener Kremsmüller-Manager, der das Projekt ursprünglich an Land gezogen hatte und es intern forcierte, ist den i-Magazin-Quellen zur Folge heute nicht mehr im Unternehmen tätig. Durch die Insolvenz soll es den Masseverwaltern Dr. Günther Grassner und Dr. Norbert Mooseder aus der Linzer Rechtsanwaltskanzlei gltp gelingen, aus dem Vertrag mit Wien Energie auszusteigen und damit zumindest jenen Stolperstein hinter sich zu lassen. Der gleichen Quelle gegenüber nennt Creditreform neben dem Großauftrag aus dem Jahr 2018 zudem die Verschiebung von Aufträgen im Wert von mehr als 50 Millionen Euro aufgrund der Coronavirus-Pandemie als Insolvenzursache. Ganz klar herauszustreichen ist, dass die Kremsmüller Beteiligungs GmbH, die Kremsmüller Industrieservice KG sowie die Auslandstöchter von der Insolvenz nicht betroffen sind.
Restart!
Bei Kremsmüller bezeichnet man die aktuelle Situation als »Neustart« und bietet seinen Gläubigern eine 20%-ige Quote. Während die Eigentümerfamilie selbst einen erheblichen Beitrag zur Fortbestandssicherung leistet, zieht auch die Hausbank – die Bank Austria – mit und will laut Aussage der Verantwortlichen dem Unternehmen bzw. dem Sanierungsverwalter ausreichend Mittel zur Fortführung der Geschäfte im Sanierungsverfahren zur Verfügung stellen. Die Bank-Passiva des Unternehmens belaufen sich laut Auskunft von Kremsmüller auf rund 58 Millionen Euro – fast ausschließlich in Form von an Auftraggeber gelegten Bankgarantien. Nicht zuletzt durch die Rückendeckung der Hausbank stellt sich die Situation aus der Sicht der Kremsmüller-Gruppe deswegen auch für die künftigen Lieferanten ungefährdet dar. „Die Unternehmensleitung appelliert an ihre Lieferanten ihre Treue zu Kremsmüller aufrecht zu erhalten und damit einen wesentlichen Beitrag zu einer erfolgreichen Zukunft des Unternehmens nach erfolgter Restrukturierung zu leisten“, heißt es in einem offiziellen Schreiben.
594 der insgesamt 1.800 Mitarbeiter der Kremsmüller-Gruppe – die sich selbst gerne »Kremsler« nennen – sind von der Insolvenz betroffen. „Ihre Jobs sollen allerdings Großteils erhalten bleiben.“
Schuster, bleib bei deinen Leisten!
Gleichzeitig mit der Neuaufstellung zieht sich Kremsmüller aus dem Bereich Prozesstechnik zurück. „Der positive Fortführungsplan, der vom Unternehmen erstellt wurde, beinhaltet wie bisher die Schwerpunkte Dienstleistung und Instandhaltung sowie in geringerem Umfang das Projektgeschäft. Drei der bisherigen vier Geschäftsbereiche – der Apparatebau, Elektro-, Mess-, Steuer-und Regeltechnik und der Rohr- und Anlagenbau – bleiben unverändert aufrecht.
Wir wünschen der Familie, dem Unternehmen und den »Kremslern« viel Erfolg bei der Sanierung!