Mit klug gewählten, selektiv zueinander agierenden Schutzschaltern funktioniert dies schon sehr gut, wie Karl-Heinz Mayer, technischer Direktor von Eaton Industries (Austria), und Alexander Jellenigg, Produkt Marketing Manager bei Eaton, in einem Doppelinterview bestätigen. Vor allem, da es seit Kurzem ein innovatives »Rundum-sorglos-Paket« gibt, das das Risiko von elektrisch gezündeten Bränden durch Fehlerlichtbögen deutlich reduziert. Der soeben neu auf den Markt gekommene Brandschutzschalter AFDD spielt eine wichtige Rolle in Eatons Elektro-Schutzkonzept. Alexander Jellenigg und Karl-Heinz Mayer erklären, warum:
Was war Eatons Motivation, einen Brandschutzschalter – genau genommen ein Arc Fault Detection Device (AFDD) – zu entwickeln und auf den Markt zu bringen? Was kann dieses Produkt?
Alexander Jellenigg: Laut Statistik entsteht in Österreich im Durchschnitt alle 20 Minuten irgendwo ein Brand. Rund ein Drittel der Gesamtschadenssumme beläuft sich dabei auf elektrisch gezündete Brände; ausgelöst beispielsweise durch beschädigte Isolierungen, durch eingeklemmte Kabel, durch zu enge Biegeradien, durch lose Steck- oder Schraubverbindungen, Nagetierbisse und einiges andere mehr. All diese Defekte können einen sogenannten Fehlerlichtbogen verursachen, der sich dann in Verbindung mit brennbaren Materialien in der näheren Umgebung unter Umständen schnell zu einem Brand weiterentwickeln kann.
Karl-Heinz Mayer: Elektrisch gezündete Brände, wie z.B. durch serielle, oder parallele Fehlerlichtbögen, kosten immer noch viel zu viele Menschenleben. Man kann in etwa sagen, dass innerhalb der letzten 10 Jahre in Österreich rund drei Mal so viele Menschen durch elektrisch gezündete Brände zu Schaden kamen, wie durch elektrischen Strom. Das ist eine beachtliche Zahl, die für uns völlig inakzeptabel ist. Diese hohe Schadensrate ist aufgrund der heutigen technischen Möglichkeiten nicht mehr notwendig. Der Brandschutzschalter AFDD bietet zwar keine hundertprozentige Brandschutz-Garantie – so etwas gibt es leider nicht – aber er trägt dazu bei, das Brandrisiko erheblich zu reduzieren. Er vereint den Schutz gegen Überlast- und Kurzschlussströme ebenso wie den Schutz gegen elektrischen Schlag und die Erkennung und Unterbrechung von Fehlerlichtbögen in einem Gerät. Das macht ihn im Grunde genommen zu einem »Rundum-sorglos-Paket«, das Leitungsschutz, Fehlerschutz, Zusatzschutz und Brandschutz für Endstromkreise in einem Gerät kompakt vereint.
Was ist ein Lichtbogen – wie bzw. wann und wo entsteht dieser?
Jellenigg: Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Arten von Fehlerlichtbögen, serielle und parallele Fehlerlichtbögen. Das gefährliche an seriellen Fehlerlichtbögen: Sie können sehr lange Zeit unerkannt bleiben, weil der Fehler in Serie zur Last ist und damit der LS nicht auslöst. Abgeknickte Stecker, gequetschte Leitungen, Nagetierbisse, zu kleine Biegeradien führen nicht unmittelbar zu diesen Fehlern, sind aber die Ursache durch die sich kleine Lichtbögen zu immer größeren Problemen entwickeln – bis hin zum Brand. Der Brandschutzschalter AFDD erkennt Fehlerlichtbögen ab 1 Ampere Laststrom und bietet somit die sichere und gleichzeitig auch gegen Fehlauslösungen robuste Umsetzung einer digitalen Fehlerlichtbogenerkennung.
Mayer: Eine der größten Herausforderungen bei der Produktentwicklung war die gegen Fehlauslösungen robuste Ausführung. Und zwar, dass er einerseits zuverlässig zwischen betriebsmäßigen und im wahrsten Sinne des Wortes »brandgefährlichen« Fehlerlichtbögen unterscheiden kann. Eine Beeinflussung von hochfrequenten Übertragungstechniken, wie etwa durch Powerline Communication, soll die Urteilskraft des AFDD nämlich nicht beeinflussen. Deshalb wurde sehr viel Wert auf eine zuverlässige und verlässliche Mustererkennung gelegt. Eines wage ich an dieser Stelle zu behaupten: Wenn der Brandschutzschalter AFDD ausgelöst hat, dann hat er mit einer sehr, sehr hohen Wahrscheinlichkeit tatsächlich einen Lichtbogen verhindert, selbst wenn dessen Spuren oder Auswirkungen nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.
In Amerika sind ähnliche Geräte – Arc Fault Circuit Interrupter (AFCI) – durch den National Electrical Code bereits seit 2008 für den Schutz von Wohnräumen verpflichtend vorgeschrieben, in Deutschland verlangt die aktualisierte DIN VDE 0100-420 bereits seit Februar 2016 zumindest bei gewissen Anwendungen nach einer Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung. Wie ist die Situation in Österreich?
Mayer: In Österreich gibt es dazu noch keine aktuelle Errichtungsnorm. Wenn man sich allerdings an die Empfehlung der Europäischen Dokumente zur Errichtungsnorm orientiert (wie es auch Deutschland getan hat), dann ist der AFDD bereits seit Februar 2015 als wichtige Maßnahme zur Reduzierung des Brandrisikos in elektrischen Anlagen empfohlen. Diese Empfehlung heißt nichts anderes als, dass zumindest für einen gleichwertigen Schutz zu sorgen ist. Schließlich stellt im Falle eines Unglücks der Staatsanwalt sehr wohl die Frage, ob dieses mit einem Brandschutzschalter beispielsweise vermeidbar gewesen wäre, da dessen Einsatz ja als aktueller Stand der Technik gilt. Daher ist es uns sehr wichtig, dass Installateure in Österreich bereits heute wissen, wie sie die bisherige Lücke beim Schutz gegen elektrisch gezündete Brände schließen können.
Wo ist der Einsatz eines Brandschutzschalters Ihrer Meinung nach auf jeden Fall »ein Muss«?
Jellenigg: Zumindest überall dort, wo er auch laut DIN VDE 0100-420 in Deutschland vorgeschrieben ist: In Bereichen, in denen eine Evakuierung aufgrund der hohen Personendichte oder der Mobilität schwierig ist. Darunter fallen etwa Bahnhöfe, Flughäfen oder Einkaufszentren. Weiters Tageseinrichtungen für Kinder, ältere oder eingeschränkte Menschen wie etwa in Kindergärten, Schulen und Seniorenwohnheimen. Überall dort, wo in großem Ausmaß entzündliche Baumaterialien wie Holz eingesetzt werden, brennbare Materialien verarbeitet oder gelagert werden oder wirklich einzigarte Güter, beispielsweise wertvolle Kunstgegenstände, gelagert werden. Natürlich auch zur Absicherung von Schlaf- oder Kinderzimmern, weil es kaum möglich ist, rechtzeitig zu flüchten, wenn man ohne jede Vorwarnung von einem Brand überrascht wird.
Um dem vorzubeugen sind ja in vielen Gebäuden und auch Privathaushalten diverse Brandmeldeanlagen installiert – braucht es dann trotzdem noch einen Brandschutzschalter AFDD?
Mayer: Ja, in jedem Fall, denn ein Rauchmelder bildet in Wahrheit lediglich das letzte Glied der Sicherheitskette. Er alarmiert erst, wenn es bereits brennt und dann ist es schnell zu spät, weil leider bereits wenige tiefe Atemzüge reichen, um eine schwere oder gar tödliche Rauchgasvergiftung zu erleiden. Der Brandschutzschalter AFDD greift viel früher ein. Seine Aufgabe ist es ja, einen Brand gar nicht erst entstehen zu lassen.
Jellenigg: Er löst aus, bevor etwas passiert und entzieht somit einem Lichtbogen seine Energie.
Warum ist der AFDD eigentlich in Österreich noch nicht vorgeschrieben?
Jellenigg: Die Umsetzung der Europäischen Normenvorlagen erfolgt nicht in allen Ländern zur selben Zeit. Hier wird zum Glück immer noch die nationale Autonomie der Normungsinstitutionen gewahrt. Allerdings ist Deutschland nicht das erste Land, das die Dringlichkeit der Umsetzung zur Reduzierung des Brandrisikos rasch erkannt und umgesetzt hat. Viele andere Länder wie Portugal, Spanien, die Niederlande, Tschechien, Slowakei, Ungarn und Rumänien haben den AFDD bereits in ihre nationalen Errichtungsbestimmungen für Niederspannungsinstallationen aufgenommen.
Mayer: Eigentlich sollte es unser aller gemeinsames Ziel sein, dass ein Elektro-Verteiler nach dem aktuellen Stand der Technik bestückt wird. Immerhin geht es hier um die Sicherheit jedes Einzelnen. Alle Schutzgeräte, egal ob AFDD, FI, LS, Hauptschutzschalter, Überspannungsschutz oder diverse Kombi-Geräte, wachen fünfzehn bis zwanzig Jahre lang zuverlässig darüber, dass nichts passiert und dass ein umfassender Basis-, Fehler- und Zusatzschutz gegeben ist. Wer da am Brandschutz spart, spart meines Erachtens am falschen Fleck. Schließlich bilden die Kosten für eine zeitgemäße Elektroinstallation – selbst wenn diese umfangreiche Home-Automations-Regelungen, inklusive ausgefeilter Komfortfunktionen sowie ein Energiemanagement umfassen – lediglich einen kleinen Anteil an den Gesamtbaukosten.
Sie haben vorhin unterschiedliche Schutzgeräte erwähnt – wie ist da der AFDD in diesem Gesamtgefüge positioniert? Welche Rolle kommt ihm in einem durchgängigen Schutzkonzept zu?
Jellenigg: Er fügt sich perfekt in unser erweitertes dreistufiges Schutzkonzept für genullte Anlagen ein. Nun können wir als Eaton diese Sicherheitslücke mit einem innovativen Gerät schließen
Mayer: Grundsätzlich gilt bei Eaton neben dem Personen- und Güterschutz die Funktionssicherheit einer Anlage als höchstes Gut. Deshalb versuchen wir mit unseren Geräten, jedwedes elektrotechnische Übel möglichst an der Wurzel zu packen und wirklich nur die fehlerbehafteten Kreise wegzuschalten. Das verstehen wir unter einer Komfortinstallation und dieses Konzept wurde mit dem Brandschutzschalter AFDD konsequent weiterverfolgt. Wir betrachten diesen wie gesagt als Rundum-sorglos-Paket, weil er die FI/LS-Funktionalität mit der zuverlässigen Erkennung von gefährlichen Fehlerlichtbögen in einem Gerät kombiniert.
(Fotos: Eaton)