Die Elektroheizung geht um die Gunst der Konsumenten unter neuen Voraussetzungen ins Rennen – denn mit der Neuregelung der OIB-Richtlinie 6 werden auch die Karten in Sachen »Energieausweis« neu gemischt. Er ist es letztlich auch, der entscheidend für die Art der Heizungsausführung in Gebäuden ist. Die Innung machte im Vorfeld der OIB-Entscheidungsfindung ihre Hausaufgaben und schickte ihre Argumente zielgerichtet ins Rennen. Obwohl die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfanden, sickerten im Rahmen der BIAS bereits die ersten Details über die Änderungen durch.
Die Durchsetzungskraft der österreichischen Landwirtschaft-Lobby ist bekannt – im Rahmen der Neuregelung der OIB-Richtlinie 6 wirkte sich ihr Einfluss einmal mehr auch auf die Belange der Elektrobranche aus. Allen voran zählen die Pellets-Anbieter – deren Einfluss aus den Kreisen der Landwirtschaft nicht von der Hand zu weisen ist – zu den »Hauptgegnern« der Elektroheizung. Gemeinsam mit den Lobbyisten anderer Heizungsbranchen machen sie der Elektroheizung und damit auch der Elektrobranche seit Jahren das Leben schwer – doch nun sollten die Würfel bei der Regelung der OIB-Richtlinie auf ein Neues fallen. Die Richtlinie, die der Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften in Österreich dient und den Energieausweis von Gebäuden regelt, hat großen Einfluss auf die Art der Heizungsausführung. Das brisante Detail dabei: Der aus der Sicht der Elektrobranche unverhältnismäßig hohe Konversionsfaktor der Elektroheizung führte bisher dazu, dass sie im Vergleich zu anderen Heizungsarten schlechte Karten hatte, wenn es für Bauherren darum ging, das Heizsystem zu wählen.
Nun wurde neuerlich und mit Nachdruck für das Gewerbe argumentiert – e-Marken-Boss Gottfried Rotter und die Landesinnungsmeister zogen dabei alle Register, um die Entscheidungsträger der OIB-Richtlinie von den Argumenten der elektrischen Energie zu überzeugen: „Während die E-Control dem Strom in ihrem jährlichen Bericht einen Konversionsfaktor von 61 g/kWh zuschreibt, sah die OIB-Richtlinie 6 für die Elektroheizung bei Erstellung eines Energieausweises leider nach wie vor einen Konversionsfaktor von 276 g/kWh vor. Das ist höher als jener von Gas! Das wollten wir ändern und trafen uns deswegen mit politischen Verantwortlichen und verantwortlichen Technikern, um sie von einer Reduzierung des Konversionsfaktors in der OIB-Richtlinie 6 zu überzeugen“, so Rotter mit Nachdruck. Verantwortlich für die OIB-Richtlinien ist ein Verein, dessen Ausarbeitungen im Rahmen der stattfindenden Sitzungen von der Bundesregierung ca. alle fünf Jahre veröffentlicht und von den Ländern ins Gesetz übernommen werden. Aber erst wenn die Bundesländer sie in ihre Landesgesetze übernommen haben, bekommen sie in den Ländern Geltung. Während der Konversionsfaktor noch vor dem Beginn der Intervention von Innung und Elektrobranche im Jahre 2011 bei 470 g/kWh lag und die aktuelle OIB-Richtlinie 6 der Elektroheizung bereits seit Jahren ein Stigma von 276 g/kWh verlieh, strebte die Innung nun den Wert der e-Control von 61 g/kWh an.
„Die E-Control – und sie ist immerhin eine eigene Behörde – rechnet im Gegensatz zur OIB-Richtlinie dem Strom-Herkunftszertifikate gegen. Wenn der Konsument »grünen Strom« kauft, zahlt er einen höheren Betrag als bei Standard-Strom und bekommt ihn auch als solches geliefert – das wird in Österreich genauso wie in ganz Europa gehandhabt. Nur bei den Definitionen der OIB-Richtlinie 6 wollte man davon nichts wissen – hier wird vielmehr in Betracht gezogen, welchen Weg der Strom durch Europa geht, bevor er aus unseren Steckdosen kommt. Das führt dazu, dass für die OIB-Richtlinie Werte herangezogen werden, die aus unserer Sicht weder zeitgemäß noch rechtens sind“, erklärte Rotter im Rahmen der BIAS. Der e-Marken-Chef ließ anklingen, dass aus dem Kreis der OIB-Verantwortlichen bereits durchgesickert ist, dass es zwar zu keiner Reduktion auf die geforderten 61 g/kWh kommen wird, aber ein Kompromiss in Sicht ist: „Wir sind guter Dinge, dass der Konversionsfaktor statt der bisherigen 276 g/kWh mit 135 g/kWh künftig nur mehr rund die Hälfte betragen wird“, gab Rotter den Teilerfolg bekannt. Doch damit nicht genug: „Es wäre nur logisch, wenn bei Gebäuden mit PV-Anlagen der Konversionsfaktor für eigenproduzierten Strom 0 g/kWh betragen würde. Denn schließlich kommt dann die betreffende Menge an Strom, die für den Betrieb der elektrischen Betriebsmittel herangezogen wird, ohne Umweg über das Leitungsnetz vom eigenen Dach. Warum sollte der Konversionsfaktor in diesem speziellen Fall höher als null sein? – Das ließe sich niemals logisch argumentieren“, meinte Rotter und forderte schließlich, den Teil der Strommenge aus einer PV-Anlage, der für eine Elektroheizung herangezogen wird, mit einem Konversionsfaktor von 0 g/kWh gegenrechnen zu können.
„Die Vertreter der konventionellen Heiztechniken wehren sich mit allen erdenklichen Mitteln dagegen, dass die Elektrobranche speziell mit der Infrarotheizung ein System ins Rennen schickt, das besser, kostengünstiger und umweltfreundlicher ist. Abgesehen davon kann keine Heizung ohne Strom auskommen – schon gar nicht die Luftwärmepumpe. Denn auch sie ist per Definition eine Elektroheizung. Da der Strombedarf eines Einfamilienhauses fürs Heizen mit einer Wärmepumpe ungefähr so hoch ist wie der einer Infrarotheizung – nämlich rund 3.800 kWh – müssten beide Systeme dann wohl auch den gleichen CO2-Wert aufweisen. Das ist aber nicht der Fall. Während der Strom bei einer Elektroheizung zum heutigen Stand sich mit einer (1) Tonne CO2/Jahr ins Hintertreffen bringt, darf die Wärmepumpe von sich behaupten, mit null (0!) Tonnen CO2/Jahr absolut sauber zu sein. Und das, obwohl beide Heizsysteme in etwa die gleiche Menge Strom aus dem gleichen Leitungsnetz beziehen. Erschwerend für die Infrarotheizung kommt noch hinzu, dass die Jahresarbeitszahl (sie definiert, wie viel kW Primärenergie man einsetzen muss, damit Heizenergie herauskommt) einer Luftwärmepumpe bei 2,8 liegt und die einer Elektroheizung unter 1 beträgt, was zur Folge hat, dass die Elektroheizung im Rahmen des Energieausweises viel schlechter abschneidet. Deswegen setzen wir uns für eine Gleichstellung im Sinne der Branche ein“, so Rotter weiter.
Dass die Praxis für die Infrarotheizung spricht, berichtete auch BIM Gerhard Prinz. Er hat die Heizung in seinem eigenen Haus auf Infrarottechnik umgerüstet und weiß um das Potenzial an Einsparung Bescheid. Die Ereignisse der letzten Monate führten schließlich dazu, einen neuen Arbeitskreis zu bilden, der die neuen Themen behandeln soll: „Statt dem Arbeitsausschuss Erneuerbare Energie soll der AA »Energieautonomie« gegründet werden. Er soll seine volle Konzentration auf die Belange der OIB-Richtlinie, PV- und/Speicher-Technologie, Elektromobilität, Heizen und Warmwasser sowie Beleuchtung legen – das sind alles Bereiche im Gebäude, die zusammenwirken und deshalb ganzheitlich betrachtet und vorangebracht werden müssen“, betont der Bundesinnungsmeister und gab damit zum Ausdruck, wie wichtig der Innung diese Themen sind.
In der nächsten Ausgabe vom i-Magazin erfahren Sie unter anderem, welche Position die Innung zum neuen Bundesvergabegesetz bezieht.