8. PV-Kongress in Wien:

Photovoltaik erlebt starken Aufwärtstrend

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Die Photovoltaik ist auf dem besten Weg, zu einem bedeutenden Element der zukünftigen Stromversorgung zu werden. Am 20. März stand der 8. PV-Kongress deshalb unter dem Motto »vom linearen zum exponentiellen Wachstum«. Der traditionelle Frühjahresauftaktkongress, den der Bundesverband Photovoltaic Austria gemeinsam mit dem Klima- und Energiefonds sowie der Wirtschaftskammer Österreich abhielt, zeigte die starke Entwicklungskurve der erneuerbaren Energietechnologie auf und eröffnete bisher unbeachtete Potenziale.

Wir haben im letzten Jahr mit über 400 Gigawatt weltweit installierter Photovoltaik, die installierte Atomenergie überholt. Das ist wirklich ein Meilenstein. Und wir haben nachgerechnet: Wenn es mit den Installationszahlen weitergeht wie bisher, werden wir in sieben bis zehn Jahren möglicherweise die weltweit installierte Wasserkraft überholt haben. Photovoltaik ist drauf und dran, eine der führenden Strom- erzeugungstechnologien zu werden“, verkündete Hubert Fechner, Obmann der Technologie Plattform Photovoltaik (TPPV), kurz vor der Mittagspause des PV-Kongresses. Damit brachte er auf den Punkt, was seine Vorredner bereits eindrucksvoll übermittelt hatten: Die Solar- technologie ist der Nische längst entsprungen und fester, integraler Bestandteil der Energiewende. Aber am besten von vorne:

Hans Kronberger, Präsident vom Bundesverband Photovoltaic Austria, startete den Kongress politisch. In seinem Vortrag bezeichnete er das Regierungsziel »100 % sauberer Strom bis 2030« als sehr ambitioniert. Nichtsdestotrotz weiß er aber um den maßgeblichen Beitrag, den die Photovoltaik zur Erreichung der »Energieziele 2030« leisten kann: „Unser größter Trumpf ist annähernd unendlich Primärenergie – und es wird immer stärker um Primärenergie gehen. Aufgrund unserer Berechnungen streben wir bis 2030 ca. 15 Gigawattpeak Photovoltaik an. Im Ergebnis können wir dadurch ca. 15 TWh Strom bereitstellen. Das ist ein sehr großer, wenn nicht gigantischer Anteil.“

Claude Turmes

Claude Turmes: „Wenn man mit einem Solarflugzeug, ohne Treibstoff, um die Welt fliegen kann, wo ist dann die Grenze? Es gibt keine Grenzen“, so Claude Turmes, Mitglied des europäischen Parlaments.

Diesem Positivismus gegenüber der Solarenergie konnte sich Claude Turmes, Mitglied des europäischen Parlaments, nur anschließen. Kronberger stellte seinen ehemaligen Kollegen als „wesentlichen Faktor, der in der europäischen Union die Energiewende gegenüber sehr starken Mächten und Kräften verteidigt“, vor. Dieser Kampfgeist war bei Turmes‘ Ansprache zu spüren. Bezugnehmend auf Bertrand Piccard und André Borschberg, die mit einem Solarflugzeug die Erde umkreisten, stellte Turmes die Frage: „Wenn man mit einem Solarflugzeug, ohne Treibstoff, um die Welt fliegen kann, wo ist dann die Grenze? Es gibt keine Grenzen! Als Bertrand Piccard zur Airbus gegangen ist und gesagt hat, dass er ein Solarflugzeug bauen möchte, wurde er ausgelacht! Er musste das Flugzeug dann mit einem Schweizer Segelbootbauer entwickeln, weil die Flugindus-trie nicht daran geglaubt hat. Wenn man das fertigbringt, kann die ganze Wirtschaft auf erneuerbaren Energien laufen!“ Für die Wirtschaft sei das eine gute Nachricht: „Ein Industrieller, der in den nächsten Jahren eine eigene Solaranlage errichtet, wird in fünf bis zehn Jahren billigeren Strom haben, als er auf dem Markt kaufen kann“, erklärte Turmes.

Betreffend Energieziele brachte auch Josef Plank, Generalsekretär im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, seine Sichtweise ein: „Wir arbeiten an Energiestrategien, die nach Ostern im ersten Entwurf präsentiert werden sollen. Ich bin der Meinung, dass die europäische Perspektive, also das »Paris Agreement«, und die Realität noch nicht ganz zusammenpassen. Hier gibt es noch Sachverhalte, die anzupassen sind. Das ist einer der Punkte, der uns im zweiten Halbjahr 2018, in dem Österreich den Vorsitz im Rat der Europäischen Union hat, sehr stark betreffen wird. Wir sehen hier die Notwendigkeit, sehr engagiert an diese Fragen heranzugehen, ohne dabei den Standort oder die Industrie zu gefährden und ohne überbordende Belastungen zu entwickeln. Es ist möglich, es braucht nur einen klaren Weg!“

Zu einer Premiere kam es bei der Verleihung des ersten »Innovationsawards für Bauwerkintegrierte Photovoltaik«. Mit der Unterstützung von Norbert Hofer, Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, überreichte Hubert Fechner die Auszeichnungen an die Gewinner. Sieger ihrer jeweiligen Kategorien waren aus gesamt 51 Einreichungen die Projekte »Püspök Bürogebäude« (Büro-Neubau), »Weltweit erstes Plus-Energie- Bürohochhaus« (Sanierung) und »Seestraße – Wohnhaus Solaris« (Wohn-Neubau) sowie das »NEW Blauhaus«, das mit dem Sonderpreis für Fassadengestaltung prämiert wurde.

Passend dazu stellte Stefan Pirchmoser, Business Development Manager der Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB), ein Pilotprojekt für gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen vor. Seit der letzten Novelle des Ökostromgesetzes ist es Bewohnern von Mehrparteienhäusern möglich, Strom aus eigenen Photovoltaik-Anlagen zu verbrauchen und zu verkaufen. In dem Pilotprojekt der IKB und Neuen Heimat Tirol beteiligen sich derzeit 38 Parteien und beziehen seit Jänner umweltfreundlichen sowie kostengünstigen Sonnenstrom vom eigenen Dach. „Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen sind sehr große technische, noch größere juristische, aber vor allem auch soziale Herausforderungen“, erklärte Pirchmoser. Das Modell funktioniert verbrauchsabhängig: Kunden, die ihren Verbrauch dorthin verlagern, wo die Sonne scheint und Sonnenstrom produziert wird, profitieren am meisten. „Aber es wird in jedem Fall für alle günstiger“, versicherte Pirchmoser. Die Teilnehmerquote der Bewohner von 75 % spreche für die soziale Akzeptanz dieses Angebots: „Wir befinden uns aktuell in der Analyse-Phase und müssen noch genau schauen, wie sich das Projekt in der Wirtschaftlichkeit verhält. Aber wir gehen davon aus, dass wir mit der jetzigen Teilnehmerquote ganz gut liegen.“

»Innovationsaward für Bauwerkintegrierte Photovoltaik«

TPPV-Obmann Hubert Fechner und Bundesminister Norbert Hofer mit den Preisträgern des ersten »Innovationsawards für Bauwerkintegrierte Photovoltaik«.

Von sozialer Akzeptanz wusste auch Boris Salak von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) zu berichten: „Das Thema der Akzeptanz in der Bevölkerung ist ein wesentliches, wenn es um den ­Ausbau der Photovoltaik und auch anderen erneuerbaren Energieträgern geht.“ Damit meinte er die aktuelle Forschungsstudie zur PV-Produktion auf österreichischen Großparkplätzen. „Wir haben uns gefragt: Können urbane Parkplätze einen Beitrag zu einer Energiewende in Österreich leisten? Unser Ziel war es daher, dass wir bundesweit erstmalig ein Photovoltaik-­Potenzial auf Großparkplätzen berechnen“, erläuterte Salak die Studie und präsentierte ein beeindruckendes Ergebnis: „Das sind 4,2 TWh. Aktuell leistet die PV einen Beitrag von ca. 1,1 TWh, also wäre das eine Ver-3,8-fachung“, so Salak. „4,2 TWh entsprechen 1,36 Millionen Elektrofahrzeugen mit einer Fahrleistung von ca. 15.000 km pro Jahr. Aus heutiger Sicht könnten so ca. 20 % ­aller angemeldeten Kfz mit dem Strom aus Energie-Parkplätzen versorgt werden.“

Apropos Energie-Parkplätze: Roland Ziegler, Sprecher vom Bundesverband Elektromobilität Österreich, hatte noch einige interessanten Argumente zum Umweltbewusstsein von Elektromobilität parat: „Ist Elektromobilität wirklich umweltbewusst? Diese Frage, wird uns immer wieder gestellt. Die Elektromobilität wird einen ganz wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung in Richtung Nachhaltigkeit liefern. Wir werden die Energie und Nachhaltigkeitsziele ganz einfach nur erreichen, wenn wir zumindest große Teile der Mobilität elektrifizieren. In der öffentlichen Mobilität ist das schon weitgehend der Fall,“ so Ziegler. Er wollte aber auch auf aktuelle Kritik verweisen: „Es gibt hier eine schwedische Studie, die im Moment leider relativ viel Unruhe in die Diskussion bringt. Dazu möchte ich nur sagen, dass bei der Erzeugung der Batterie natürlich viel davon abhängt, wo sie produziert wurde und mit welchem Strommix man rechnet. Das verzerrt natürlich das Bild in die eine oder die andere Richtung. Tatsache ist aber, dass die Elektromobilität, bei der Annahme einer halbwegs nachhaltigen Strom- und Batterieproduktion, umweltbewusst ist. Das Ausmaß ist natürlich vom Strommix abhängig, aber der ist in Österreich sehr gut. Und je nachhaltiger unser Gesamtstromsystem wird, desto umweltbewusster wird auch Elektromobilität.“

Eines machte der achte PV-Kongress eindrucksvoll klar: Photovoltaik befindet sich auf der Überholspur, ohne sozialer Akzeptanz wird es aber schwierig, »vom linearen zum exponentiellen Wachstum« zu gelangen.

 

Weitere Informationen:

pvaustria.at

klimafonds.gv.at

wko.at

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