PV-Module zu vermieten: Abzocke oder geniale Idee?

von Sandra Eisner

Dass es nicht immer auf eingefahrenen Wegen gehen muss, haben in den letzten Jahren viele neue Unternehmen bewiesen, die ihre Branche mit neuen Geschäftsmodellen auf den Kopf gestellt haben. Was aber ist an diesen dran? Revolutionieren sie wirklich herkömmliche Geschäftsmodelle, oder wollen sie nur mit gefinkelten Ideen den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen?

Das Geschäftsmodell von Care-Energy sieht wie folgt aus: Der Preis pro Modul und pro Monat beläuft sich nach Angaben von Care-Energy auf 5 Euro – mit dem Versprechen eines fixen Mietpreises. Die Leistung eines Moduls soll 350 kW im Jahr bringen. Mit 10 Modulen, also insgesamt 3.500 kW, soll so mit einem Jahresaufwand von 718,80 Euro (der monatliche Grundpreis mitinbegriffen und inklusive Wechselrichter) der Strombedarf eines durchschnittlichen Haushaltes gedeckt sein.
Die Module werden in Österreich hergestellt und entsprechen laut Care-Energy allen Anforderungen und Normen. Die Montage selbst soll laut den Werbetexten so einfach sein, dass sie vom Kunden selbst ausgeführt werden kann und zwar im Garten, am Balkon und selbst auf dem Dach. Die Einhaltung von Sicherungsmaßnahmen bleibt dem Kunden in diesem Fall wohl selbst überlassen. Auf Nachfrage und der Äußerung von Sicherheitsbedenken unsererseits, rät Care-Energy bei einer Dachmontage jedoch zu einer Montage durch den Fachmann. Dazu werden Fremdfirmen hinzugezogen – die Kosten trägt in diesem Fall der Mieter der Anlage. Für Schäden während des Betriebes kommt der Kunde ebenfalls selbst auf, allerdings gibt es die Möglichkeit, eine »All-Risk-Versicherung« abzuschließen, die für 75 Euro zu haben ist. Der Mietvertrag kann monatlich gekündigt werden – die Rückgabe erfolgt kostenfrei, sofern man in der Lage ist, die Anlage selbständig wieder zu demontieren und zurückzusenden.

Care-Energy stellt sich selbst gerne als Wegbereiter der Erneuerbaren Energien dar und genießt in Deutschland eine große Kundenzahl. Die Care-Energy Holding und deren Geschäftsführer Martin Richard Kristek beschäftigten sich darüber hinaus auch mit anderen Geschäftszweigen wie Breitbandinternet oder dem CareTracker, einem Gerät, das laufend Positionskoordinaten sendet und den Träger damit vor Übergriffen bzw. Entführungen schützen soll. Auf Vorwürfe reagiert das Unternehmen üblicherweise mit Manipulationsvorwürfen gegenüber der Konkurrenz. Die in Hamburg ansässige Firma ist in Österreich jedenfalls kein unbeschriebenes Blatt und ist hierzulande bislang als Energielieferant aufgetreten. Die Energieregulierungsbehörde E-Control warnte in diesem Zusammenhang und nach gehäuften Beschwerden über die teils aufdringliche Art der Care-Energy-Vertreter, bereits im März 2015, dass Care-Energy in Österreich gar nicht als Energielieferant registriert sei. Auch die deutsche Bundesnetzagentur ist Care-Energy bereits aus diversen Gründen auf die Finger getreten, mit mehreren Netzbetreibern liegt der deutsche Energielieferant ebenfalls im Clinch – Streitfall ist in erster Linie die EEG-Umlage in zweistelliger Millionenhöhe.

Das Geschäftsmodell von Care-Energy bezüglich mietbarer PV-Module scheint auf den ersten Blick eine gute Idee zu sein. Bei Selbstmontage und steckerfertigen PV-Modulen fangen bei Experten allerdings sicher die Alarmglocken zu klingeln an. Was halten Sie von dieser Idee? Kann so etwas funktionieren, halten die rechtlichen Rahmenbedingungen? Kurz: ist das eine geniale Idee oder Abzocke? Diskutieren Sie mit auf Facebook oder auf www.i-magazin.at.
Da wir selbst kein Urteil fällen wollen, haben wir auch bei Experten nachgefragt, die es wissen müssen:

Glattes No-Go!
Der Bundesverband Photovoltaic Austria (PVA) empfiehlt, Photovoltaikanlagen ausschließlich von dazu befugten Personen errichten zu lassen. Eine Errichtung durch Laien birgt enorme Gefahren von technischen Defekten bis zur Haftung. Diese können auch durch Versicherungen nicht abgedeckt werden.
Im Falle eines Problems sind langwierige Rechtsstreitigkeiten zu erwarten. Die Stromzufuhr über die Steckdose ist in der angebotenen Dimension nicht erlaubt und außerdem gefährlich – nicht nur für den Betreiber sondern auch für dessen unmittelbare Umgebung.
Wirtschaftlich ist das Mietmodell nicht nachvollziehbar, da selbst bei einer Bankfinanzierung und Errichtung durch einen Fachmann ein Ankauf auf Dauer kostengünstiger ist. Der PVA rät von der Miete und Selbsterrichtung aus technischen und wirtschaftlichen Gründen dringend ab. Nicht zuletzt weil höchstwahrscheinlich bestehende Gesetze dabei verletzt werden.
Dr. Hans Kronberger, Präsident des Bundesverbandes Photovoltaic Austria (PVA)

Es regt mich auf
Dazu ist folgendes festzuhalten: Wir versuchen gemeinsam mit einem österreichischen Unternehmen, dem Ministerium, den EVUs und dem OVE seit einem Jahr, einen solchen Stromzwerg (steckerfertiges PV-Modul) so zu produzieren, dass es für eine teils noch nicht vorhandene Rechts- und Normenlage für den Verkauf zugelassen wird. Damit der Konsument eine rechtssichere Ausgangslage für die Anwendung vorfindet und diese Module gefahrlos für Leib und Leben betrieben werden können und dürfen. Hier steht natürlich die Sicherheit für den Konsumenten an erster Stelle. Diese Voraussetzungen sind nicht ganz einfach zu erfüllen und zu erreichen. Dies zeigt sich schon daran, dass es bereits ein halbes Jahr Verzögerung in der Auslieferung gibt. Es ist auch nicht ganz einfach, eine Einigung mit den EVUs zu erreichen, da diese eigentlich wissen müssen, wo und wie viele solcher Einheiten in ihren Netzen betrieben werden. Des Weiteren ist eine Leistungsbegrenzung von 600 VA je Anlage vorgesehen. Ein zusätzlicher FI und eine Abschaltgarantie ohne Netz. Eine Notstromversorgung ist somit nicht möglich!
Jetzt kommt plötzlich eine Firma auf den Markt, und das wird nicht die letzte sein, welche solche bzw. ähnliche Module (in Österreich kaum zugelassene) zum Selbstbau und noch dazu im Leasing anbietet, dazu auch noch einen Ertrag von 3.500 kW mit 10 Modulen je Jahr garantiert – und das mit Rückgaberecht!! Allerdings liegt die Haftung im Schadensfall beim Konsumenten. Gleichzeitig wird aber eine Versicherung angeboten. Es stellt sich die Frage, zahlt eine Versicherung im Schadensfall, auch wenn alles im Pfusch errichtet und nicht norm- und gesetzeskonform betrieben wurde? Das Risiko liegt wohl beim Konsumenten oder, wenn von uns vermittelt und nicht korrekt aufgeklärt, bei uns (Elektrotechniker oder E-Fachhandel).
In Summe richte ich eine Bitte an euch: Verkauft und vermittelt Betriebsmittel auf keinen Fall wenn nicht eindeutig klar ist, dass es in Österreich auch in Betrieb genommen werden darf – also norm- und gesetzeskonform ist? Weist eure Kunden immer auf diese Problematik hin? Wenn nötig schriftlich und denkt daran, ein »CE«-Zeichen ist nur so viel wert wie die Aussage in der Konformitätserklärung?
Ing. Josef Witke, Bundesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker

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0 Kommentar

ixi 8. Mai 2016 - 19:06

Wie kann ein Bundesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude… so eklatant die physikalischen Größen Leistung (kW) und Arbeit (kWh) durcheinanderbringen. Wenn dann auch noch von 350 kW im Jahr spricht, sträuben sich mir die Nackenhaare!

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Elektriker in Sorge.... 31. Januar 2016 - 21:46

Wann schaffen wir es endlich, dass der Konsument versteht, das ER/SIE SELBST! für seine elektrische Anlage verantwortlich ist?Kleiner Nachsatz: Warum dürfen wir unsere errichteten Anlagen selbst überprüfen?Darüber sollten alle nachdenken.

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