Über hundert Wissenschaftler:innen erarbeiten bis 2025 den 2. Sachstandsbericht zum Klimawandel in Österreich. Wofür ist das notwendig – bei allem schon bestehenden Wissen über den Klimawandel? Was sind die Ziele des Klimaberichts? Und kann die Politik auf die Veröffentlichung des Berichts warten, bevor sie beginnt, in dessen Sinne zu handeln? Darüber informierten die Expert:innen bei einem Pressegespräch Anfang Juli.
Von Oliver Kube
Noch etwa drei Jahre wird es dauern, bis der 2. Sachstandsbericht zum Klimawandel in Österreich (APCC Assessment Report on Climate Change in Austria, AAR2) fertig ist. Mehr als 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen arbeiten an dem umfassenden Bericht, dessen Ergebnisse wesentlich für den Weg Österreichs zur Klimaneutralität bis 2040 sein werden. In einem Pressegespräch Anfang Juli informierten die vier Co-Chairs und Leiter:innen des AAR2 Margreth Keiler (Universität Innsbruck und ÖAW), Daniel Huppmann und Keywan Riahi (beide Internationales Institut für Angewandte Systemanalyse IIASA), Harald Rieder (Universität für Bodenkultur BOKU) sowie Gernot Wörther vom Klima- und Energiefonds über Struktur und Ziele des Berichts.
Die Autor:innen des österreichischen Sachstandsberichts streben eine wissenschaftliche Erhebung und Bewertung der bisherigen, aktuellen und potenziellen künftigen Auswirkungen des Klimawandels in Österreich an. Dabei fokussieren sie sich insbesondere sowohl auf nationale als auch auf regionale Begebenheiten. Beim Klimawandel handle es sich um ein globales Problem, für dessen Bewältigung es notwendig sei, „im Detail in die Regionen hineinzuschauen“, erklärte Genoth Wörther. So verlieren laut Wörther beispielsweise Berge in Österreich bereits jetzt an Stabilität. Keywan Riahi verwies darauf, dass das Nachbarland Italien Anfang Juli den Wassernotstand ausgerufen hat. „Wir sind mitten in der Klimakrise angekommen“, so Riahi. Politik und Bevölkerung müssten sich von der Vorstellung verabschieden, dass es sich bei der Klimakrise um ein reines Zukunftsproblem handeln würde.
Klimabericht wird 2025 fertig, aber: auf keinen Fall warten!
Ein wesentliches Anliegen – neben dem scharfen analytischen Blick auf die Regionen – ist den Expert:innen das Aufzeigen von Handlungsoptionen: Ein maßgeblicher Teil des Berichts wird sich daher der Frage widmen, welche Maßnahmen in welchem Umfang umsetzbar sind und welches Potenzial sie zur raschen Senkung der Treibhausgas-Emissionen haben. Dazu werden die Autor:innen in den verschiedenen Phasen des Projekts mit unterschiedlichen Teilen der Zivilgesellschaft, Interessensvertretungen oder politischen Entscheidungsträger:innen in Austausch treten und Rückmeldungen einholen. Laut Riahi ist es ein wichtiger Ansatz, verschiedene Bereiche des täglichen Bedarfs nicht isoliert zu betrachten, sondern zusammenzudenken, etwa Mobilität, Ernährung und die Haushaltsführung. „Die bestehende Infrastruktur gibt die Handlungsoptionen des täglichen Lebens vor. Uns bleibt nur wenig Zeit, doch es dauert lange, um die Infrastruktur zu verändern“, beschreibt Riahi die große Herausforderung. Auch deshalb darf der Umstand, dass der Klimabericht erst 2025 fertiggestellt wird, nicht den Eindruck erwecken, die Politik könne die nächsten drei Jahre klimapolitisch verstreichen lassen. „Auf keinen Fall warten!“, warnte Daniel Huppman vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse. „Es gibt viele »low hanging fruits«“, so Huppmann weiter. Er verwies dabei auf den Maßnahmenkatalog des Klimarats der Bürgerinnen und Bürger: „Da kann man heute in die Umsetzung gehen und auf bereits bestehenden Plänen aufbauen.“
Vorreiterrolle Österreichs
Margreth Keiler von der Universität Innsbruck hob die Vorreiterrolle Österreichs hervor: „Nur wenige Nationalstaaten erstellen einen eigenen Klimabericht.“ Der 2025 erscheinende Bericht ist bereits der zweite dieses Umfangs. Der erste Sachstandsbericht Klimawandel wurde 2014 veröffentlicht. In regelmäßigen Abstanden sollen renommierte Wissenschaftler der österreichischen Klimaforschungsgemeinschaft den aktuellen Stand der Forschung zum Klimawandel in Österreich zusammentragen. Der 2. Österreichische Klimabericht wird vom Klima- und Energiefonds finanziert, das Budget beträgt 2 Millionen Euro.
Mehr Informationen auf: www.uibk.ac.at