Richtungswechsel bei Kopp?

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So wurden Anfang des Jahres beispielsweise sämtliche Anteile vom früheren Anteilseigner palero invest von der alfanar Gruppe übernommen – eine Neupositionierung des Unternehmens war die Folge. Doch wie zeigt sich das Unternehmen in Zukunft?

Nicht nur ein neuer Gesellschafter sorgte für Veränderungen bei dem auf Elektroinstallationsmaterial spezialisierten Unternehmen. Um zu erfahren, was sich konkret bei Kopp im vergangenen Jahr verändert hat und wie die Pläne für die Zukunft aussehen, führten wir mit Geschäftsführer Stephan Dörrschuck ein aufschlussreiches Gespräch. Neben realistischen Prognosen erhielten wir ehrliche Antworten zum Thema Bedrohungen und Chancen innerhalb der Elektroinstallationsbranche sowie zum Phänomen IoT und dessen Einflüsse – lesen Sie selbst:

Herr Dörrschuck, wie ist der aktuelle Stand der Dinge bei Kopp aus Unternehmenssicht?
Stephan Dörrschuck: Wenn man 2016 rückwärts betrachtet, kann man bei Kopp verhalten zufrieden sein. Wir haben eine starke Position im Bereich B2C inne sowie eine sehr ausbaufähige Situation im Bereich B2B. Unsere Neuausrichtung, die wir gestartet haben, zeigt langsam die ersten Erfolge. Da der Markt als solches ein komplexes Gebilde darstellt, ist es dennoch ein zähes Arbeiten. Positiv ist zu bewerten, dass wir mit unserem neuen Gesellschafter Synergien erwirtschaften oder auch erlernen können. Es zeigt sich, dass sich der Wechsel für uns rentiert hat – rentiert vor allem in Bezug auf den Nutzen von Technologie.

Wer ist der neue Gesellschafter?
Dörrschuck: Das ist Alfanar – eine Gruppe, die in Saudi-Arabien ansässig und im Bereich der Elektroinstallation spezialisiert ist. Die gesamte Lieferkette für den Bereich Energie wird von dieser Gruppe abgedeckt. Der Schalter- und Steckdosensektor, eines unserer Kernsegmente, ist ein signifikantes Geschäftsfeld. In diesem Bereich arbeiten wir gut und gerne mit Alfanar zusammen.

Wie haben sich die Geschäfte in Österreich entwickelt?
Dörrschuck: In Österreich ist es nicht einfach, die Elektrotechniker zu erreichen. Wir haben in der Vergangenheit eine Position übernommen, die der EGH nicht gewürdigt hat. Nach wie vor macht er es uns sehr schwer, hier Fuß zu fassen. Seine Aktivitäten nutzt er nahezu ausschließlich, um die sogenannten »A-Marken« zu promoten, was für Kopp sehr schwierig ist, weil wir nicht als A-Marke gesehen werden. Parallel dazu haben wir unsere Distributionsdichte im Bereich B2C halten können, hier sind wir nach wie vor gut positioniert und können zufrieden sein – auch in Österreich.

An welchem technischen Standard ist Kopp mittlerweile angelangt und wohin will man sich entwickeln?
Dörrschuck: Was die Produkttechnologie betrifft, bieten wir State of the Art. Gerade in den Bereichen Schalter, Steckdosen und entsprechendem Zubehör wie beispielsweise Dimmer sind wir sehr präsent – nicht zuletzt auch bei Steckdosenleisten oder mobilem Personenschutz. In Bezug auf die Produktionstechnologie haben wir noch Raum für Optimierung. Unser Unternehmen wird dieses Jahr 90 Jahre alt, das macht sich logischerweise auch bei den Ausstattungen bemerkbar. Dort muss sukzessive in jenen Bereichen nachgerüstet werden, wo es notwendig ist. Im Hinblick darauf gibt es eine entsprechende Strategie, die dieses Jahr ihren Anfang nehmen wird.

Auf der Messe in Frankfurt wurden von Kopp bereits einige Produkte präsentiert, die schon eine Richtung erahnen ließen, in die das Unternehmen gehen könnte… Was konkret bieten Sie im Bereich IoT an?
Dörrschuck: Wir waren eines der ersten Unternehmen am Markt, das »Free-control« auf diese Art und Weise platziert hat. Heute redet man über IoT, Smart Home, Home Automation – früher war das bloß ein funkgesteuertes System. In Frankfurt haben wir u.a. die Möglichkeiten der Einbindung fremder Technologien in unser Free-Control gezeigt, im Moment wird die nächste Generation gelauncht: Der nächste Schritt wird sein, Free-control zugänglich zu machen für andere Produkte, um die Steuerung via App noch mehr nutzen zu können, um alles Mögliche damit zu steuern – nicht nur Kopp- oder elektroinstallationsrelevante Produkte. Das ist jenes Thema, bei dem wir State of the Art bieten – wir wollen keine proprietären, sondern frei zugängliche Systeme. Das ist der Grund, weshalb wir unseren Software-Partner so gewählt haben, dass mit dessen Hilfe so viele Produkte wie möglich auf einer Plattform zusammengefasst werden können. Denn nur dann macht Home Automation das, was es auch wirklich soll – das Haus organisieren. Mit Kopp-Free control und dem entsprechenden Gateway ist das möglich. Wir denken einen Schritt weiter, wir wollen nicht nur in der tradierten Gesellschaft der Kunststoffschalter und Steckdosen unterwegs sein, sondern zeigen, was machbar ist. Die Anbindung von IoT an HK-NX connect wird einer der nächsten Schritte sein, wo wir Präsenz zeigen werden.

Eines der Ziele von IoT wird sein, Endgeräte auf einfachste Art und Weise zu vernetzen – so dass auch der Enduser eine Implementierung beherrscht. Welche Auswirkungen haben derartige Entwicklungen auf die traditionellen Gebäudeautomatisierungssysteme bzw. auch auf die installierende Branche?
Dörrschuck: Wenn man den Diskussionen heutzutage folgt, ist nicht klar, was Smart Home, IoT oder Home Automation letztendlich eigentlich ist. Je nachdem, wen man fragt, ist das Produkt unterschiedlich zu bewerten. Aus meinem Verständnis und auch als Endnutzer denke ich, wird der Installateur aufgefordert sein, sein Dienstleistungsportfolio auszuweiten. Er wird sich auch dem Thema der Installation von Internet of Things öffnen müssen. Heute einen Elektrotechniker zu finden, der mir IoT zugänglich macht und mich auch in die Lage versetzt, es zu benutzen, ist meines Erachtens sehr schwierig. Das liegt daran, dass diese Dienstleistung dem Installateur an sich noch nicht offenbart wurde. Der Handel muss natürlich auch in der Lage sein, zu bedienen und zu beraten, sowie die Industrie jene Produkte herstellen muss, die die Verlinkung der verschiedensten Automatisierungsprojekte ermöglichen.

Wenn Sie von einer Öffnung der Elektrotechnik gegenüber IoT sprechen, dann meinen Sie nicht die herkömmlichen Standard-Gebäudeautomatisierungssysteme, die wir kennen?
Dörrschuck: Es wird die Verbindung von Neuem mit Altem sein. Derjenige, der heute bereits zwei bis drei Funksysteme im Haus hat und sich dann mit einem Amazon-Echo oder ähnlichem verbinden will, will beides nutzen. Er will nicht alles Alte eliminieren, nur um etwas Neues zu nutzen. Er wird versuchen, zuerst eine Verbindung herzustellen, und er wird herausfinden wollen, wie man Alt mit Neu verbinden kann. Wenn ich zum Beispiel heute in einen HK-NX connect investiert habe und mein Gebäude steuere, möchte ich morgen nicht alles über Bord werfen, nur weil ich eine Lösung von irgendeinem Anbieter, den wir heute vielleicht noch gar nicht kennen, auch installiert haben will. Diese Elemente möchte man zusammenbringen und koordiniert wissen. Ich möchte es gemeinsam nutzen können und gemeinsam Szenarien bilden, die sich dann in meiner Home Automation abbilden.

Diese Öffnung zu anderen Systemen bietet Ihr System?
Dörrschuck: Genau, das stand auch schon in Frankfurt zur Diskussion, dass wir nicht den Weg gehen, alleine oder mit einer Allianz Konzepte zu entwickeln, die den Kunden glücklich machen sollen. Ich glaube, der Kunde ist mittlerweile mündig genug und kann selbst entscheiden, was ihn glücklich macht. Er soll selbst am Markt entscheiden können, was er haben will. Es muss dann irgendwie möglich sein, das Ganze über ein Gateway/über eine Software zu nutzen. Die Chance muss ihm geboten werden und das machen wir.

Wie stellt man sich ein »Smart Home« bei Kopp in zehn Jahren vor? Wird es Standard sein? Und welche Möglichkeiten werden sich in diesem Zusammenhang bieten?
Dörrschuck: Offen gesagt hätte ich vor zehn Jahren nicht geglaubt, dass das Thema »Smartphone« die Entwicklung nehmen würde, die es tatsächlich genommen hat. Im Bereich »Smart Home« lassen sich heute eindeutig Parallelen erkennen. Dieses Thema wird von einer Vielzahl von Menschen, nicht nur von Fachleuten, aufgegriffen, weil sie einen Nutzen davon haben wollen. Alle Industriebeteiligten, zum Beispiel auch die Weißgeräteindustrie und Unterhaltungsindustrie, nähern sich diesem Thema an und wollen ein gemeinsames, verbundenes, smartes Haus oder Home gestalten. Wenn so viel an einem Projekt gearbeitet wird, denke ich, ist es nicht zu verhindern, dass das Smart Home die Exotenrolle verlässt. Ob das bereits in zehn Jahren der Fall sein wird, weiß ich nicht. Hier wird immerhin in das Gebäude eingegriffen, was eine größere Investition notwendig macht als bei einem Smartphone.

»Daten sind das neue Gold« ist eine Phrase, die nicht unbedingt mehr neu ist. Trotzdem findet man sie in der Elektrobranche noch kaum umgesetzt. Wie geht man bei Kopp damit um? Will man die Verbindung zum Konsumenten schließen?
Dörrschuck: Wir haben noch keine Erfahrung damit, das muss man ehrlich zugeben. Wir haben Ideen dazu, wie besser mit den Menschen, die unsere Produkte nutzen, kommuniziert werden kann. Denn nur davon können wir lernen. Es gibt so viele Zwischenstationen, gerade in der Kommunikation, die es uns nicht erlauben, den richtigen Nutzen daraus zu ziehen. Nur wenn wir mit den Kunden unserer Produkte kommunizieren können, sind wir in der Lage, diese zu optimieren. Wir werden einen Weg finden müssen, bis jetzt können wir nur auf Umfragen, Diskussionen oder persönliche Abfragen zurückgreifen. Das wird sich allerdings mit dieser Art von Big Data und Datencodes ändern.

Künftig wird in jedem kleinsten Gerät ein Chip eingebaut sein, der die Nachverfolgung bis zum End-User und das Auslesen bestimmter Daten möglich macht. Gibt es diese Konzepte auch bei Kopp? Und wenn ja, welchem Zweck werden sie dienen?
Dörrschuck: Das ist definitiv auch für Kopp interessant. Wir haben Produkte, bei denen diese Möglichkeit helfen könnte, die Anforderungen zu optimieren. Bei elektrischen Komponenten haben wir die IP44-Schutzklasse. In diesem Bereich denken wir darüber nach, ob wir diese aufbohren müssen oder ob es notwendig ist, auch eine höhere Schutzklasse anzubieten. Es wäre für die Zukunft interessant, dass wir das können. Nach heutigem Stand haben wir hierzu noch kein Konzept. Ich glaube aber nicht, dass es in den nächsten 5, 6 oder auch 10 Jahren hier bei uns Einfluss finden wird.

Amazon hat im letzten Jahr den Vertrieb in der Industriesparte gestartet. Betrachten Sie diesen Launch als Bedrohung oder als Chance?
Dörrschuck: Ich sehe es lieber als Chance. Der Distributionskanal, der sich neu öffnet, gibt uns die Chance, ein gewisses Nadelöhr zu umgehen. Heute wird eine Vorauswahl gestartet. Sie findet statt, indem der Handel entscheidet. Die technische Beratung bzw. die Spezifikation liegt heute überwiegend beim Hersteller, daher ist es nur noch ein kurzer Weg, bis ein Amazon-Industriezweig – oder wie auch immer der Big Player heißen wird, der sich diesem Geschäftsfeld öffnet – auch für uns eine gewisse Rolle übernimmt. Die Möglichkeiten, die wir dort haben, müssen einfach neutraler betrachtet werden. Bisher hatten wir keinerlei Kontakt mit Amazon Industrie. In der Vergangenheit haben wir bemerkt, dass diese neuen Distributionskanäle – gerade Online-Kanäle – auf der Suche nach Lieferanten sind. Umgekehrt, auf der traditionellen Handelsseite, muss ja der Hersteller auf den Handel zugehen oder über Pull-Effekte auf dem Markt für Aktion sorgen, um Aufmerksamkeit zu generieren.

Zur Zeit lässt sich die Entwicklung beobachten, dass im Internet Produkte günstiger angeboten werden, als sie ein Händler zum Einkaufspreis bekommt. Was sagen Sie dazu?
Dörrschuck: Aus Verbrauchersicht ist die Transparenz in Bezug auf die Produkte fantastisch, z. B. können über Suchmaschinen wichtige Informationen zu Produkten gefunden werden. Aus Sicht des Konsumenten bieten sich hier ganz neue Möglichkeiten. Zum einen ist das Information: Der Kunde kommt heute deutlich informierter auf den Installateur zu als noch vor ein paar Jahren. Heute lässt sich nicht mehr so schnell behaupten, dass etwas nicht möglich ist. Da muss schon fundiert argumentiert werden. Der Endkunde ist in der Regel so gut informiert, dass er ganz genau weiß, was möglich ist und was nicht. In Zukunft wird der Endkunde dem Elektrounternehmer immer häufiger im Internet zeigen, zu welchem Preis gewisse Produkte gekauft werden können. Ich glaube nicht, dass hier Mechanismen eingebaut werden können, die davor schützen. Diese sind von den Märkten selbst auch gar nicht gewünscht, weil sie ihre Freiheit bewahren müssen.

Abschließend noch folgende Frage: Wo soll die Reise für Kopp 2017 hingehen?
Dörrschuck: Wir wollen uns gemeinsam mit unserem neuen Gesellschafter auf Wachstum vorbereiten. Wir wollen im Profi-Bereich wieder anerkannt werden und eine Marke werden, die ihren wohlverdienten Teil vom Markt abbekommt – zum Marktführer werden wir es eher nicht schaffen, so ehrlich müssen wir sein. Kopp hat Produkte, die in den Markt passen, wir haben Innovationen, die auch entsprechend gewürdigt werden. Jetzt müssen noch Wege und Zugänge zu den Märkten gefunden werden, um dort zu verkaufen. Ich denke, die ersten kleinen Schritte haben wir gemacht, und das wird in den nächsten Jahren an Fahrt aufnehmen. Ebenso werden wir uns in der Kommunikation entsprechend neu ausrichten, um den »Entscheider« besser zu erreichen. Letztendlich entscheidet der, der bezahlt, das kann ein Investor, die Wohnungsbaugesellschaft, der Häuslebauer oder auch ein Elektrounternehmer sein, der die Vorteile in der Vermarktung klar erkennt.

Herr Dörrschuck, wir bedanken uns herzlich für das ehrliche Gespräch!

Das Interview führte Thomas Buchbauer.
Text: Lisa Trummer, Sandra Eisner

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