Sonnenstrom erzeugen und die Fläche gleichzeitig landwirtschaftlich nutzen: Mit Österreichs erster Agrar-Photovoltaikanlage setzt Wien Energie neue Maßstäbe für die Gestaltung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Mit diesem innovativen Konzept können landwirtschaftliche Flächen doppelt und um 60 Prozent effizienter genutzt werden. Die Pilotanlage mit 60 bifazialen, also doppelseitigen, vertikal montierten Modulen wurde Ende Oktober in Guntramsdorf in Betrieb genommen.
„Ich freue mich, dass unsere Forderung nach einer Agrar-Photovoltaikanlage als neue innovative Lösung aufgegriffen und innerhalb so kurzer Zeit von Wiener Energie umgesetzt wurde. Die Kombination aus Landwirtschaft und Energieerzeugung birgt enorme Synergieeffekte. Wenn Österreich seine Klimaziele erreichen will, braucht es bis 2030 einen umfassenden Ausbau der Photovoltaik von bis zu 15 Terawattstunden. Die zusätzlich benötigten Erzeugungskapazitäten werden nicht nur durch Dachflächen-Anlagen realisiert werden können, vielmehr müssen wir in Zukunft auf naturverträgliche Photovoltaik-Freiflächen Anlagen setzen„, so Josef Taucher, Energiesprecher und Klubvorsitzender SPÖ Wien.
„Guntramsdorf ist Vorreitergemeinde in der Sonnenstromerzeugung. Bereits seit 2015 erzeugt hier eine der größten Photovoltaikanlagen Österreichs Strom für hunderte Haushalte. Heute zeigen wir mit der innovativen Erweiterung dieser Anlage, dass sich die traditionelle Landwirtschaft und ausgeklügelte Energieerzeugungsformen nicht ausschließen. Im Gegenteil: Die Landwirte profitieren nun nicht nur von der Nahrungsmittel-, sondern auch von der Stromernte“, erklärt Robert Weber, Bürgermeister von Guntramsdorf.
„Wien Energie ist schon heute Österreichs größter Solarstromerzeuger. Bis 2030 werden wir 600 Megawatt zusätzliche Leistung installieren. Mit diesem Pilotprojekt können wir die vielseitigen positiven Effekte in der Praxis für den Landwirtschaftsstandort Österreich erstmalig veranschaulichen“, erklärt Karl Gruber, Geschäftsführer von Wien Energie. „Die ersten Rückmeldungen sind sehr positiv. Unser Feldversuch wird Nachahmer finden. Wir haben bereits weitere Agrar-Photovoltaikanlagen in Planung, um die Agrar-Solar-Kopplung in Österreich Schritt für Schritt zu etablieren.“
Ost-West-Ausrichtung für besonders hohen Strom-Ertrag
Eine Agrar-Photovoltaikanlage unterscheidet sich sowohl in der Funktion der Module, als auch in der Positionierung dieser. Die Module können auf der Vorder- und Rückseite Strom erzeugen, sie werden im Gegensatz zu regulären Freiflächen-Anlagen nicht schräg Richtung Süden angebracht. Stattdessen stehen sie senkrecht, wodurch sie das Sonnenlicht auf beiden Seiten aufnehmen können. Die Anordnung erfolgt Richtung Osten bzw. Westen – damit gelingt ein besonders hoher Stromertrag.
Die Grundfläche kann durch die Anordnung in Bahnen weiterhin bewirtschaftet werden. Das bringt auch weitere Vorteile mit sich: Agrar-Photovoltaikanlagen dienen den Ackerkulturen als Bodenschutz durch ihren Schattenwurf. Sie reduzieren die direkte Sonneneinstrahlung auf den Boden sowie die UV-Belastung, vermindern den Wasserverbrauch und schützen den Boden vor Austrocknung. Somit können die Erträge erhöht und die regionale Wertschöpfung gesteigert werden.
Lebenszyklusanalyse durch Universität für Bodenkultur Wien
Um den optimalen Einsatz von Agrar-Photovoltaik sicherzustellen, wird gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) eine Analyse der neuen Technologie durchgeführt. Erste Ergebnisse der Lebenszyklusanalyse zeigen, dass der CO2-Einsparungseffekt hoch ist, wenn vertikale, zweiseitige Photovoltaik-Module auf einem Kartoffelacker zum Einsatz kommen. Die detaillierten Ergebnisse sollen im Frühjahr 2020 präsentiert werden.
Guntramsdorf ist bereits jetzt Standort einer der größten Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen Österreichs. 2019 wurde die Anlage nochmals um 1,3 Megawatt Leistung erweitert. Auf einer Fläche von sieben Fußballfeldern wird nun Ökostrom für rund 1.390 Haushalte produziert. Die neue Agrar-Photovoltaikanlage schließt an diese Erweiterung an. Sie hat eine Leistung von rund 22,5 Kilowattpeak, besteht aus zwei Reihen und 60 Modulen.
Eckdaten Agrar-Photovoltaik Guntramsdorf
- 22,5 Kilowattpeak Leistung
- Erzeugung rd. 23.300 Kilowattstunden Sonnenstrom pro Jahr
- 2 Reihen mit 60 bifazialen Glas-Glas-Modulen
- Ausrichtung Ost-West
- Gesamtanlage Guntramsdorf: 3,39 Megawattpeak Leistung, Sonnenstrom für 1.390 Haushalte, spart 1.200 Tonnen CO2 pro Jahr
Quelle: APA