Das Lumiblade Creative Lab für OLED-Technologie in Aachen könnte man auch als »Spielplatz« für jene bezeichnen, die von den 08/15-Lösungen genug haben und nach wirklich kreativen Lösungen in der Beleuchtung suchen. Denn hier darf man mit Licht spielen und experimentieren – Philips ladet dazu ein, um von allen bisher Gesehenen und Erlebten völlig losgelöst arbeiten zu können. Die Basis dafür schafft die OLED-Technologie, die es erlaubt, völlig neue Wege in der Gestaltung zu gehen – sogar dreidimensionale Leuchtskulpturen wären künftig denkbar. Dass die Zukunft in Aachen bereits begonnen hat, wurde uns nun eindrucksvoll vor Augen geführt: Denn unter der Marke »Lumiblade« werden die Module seit 2008 am selben Standort auch bereits in Serie hergestellt – laut Philips die weltweit erste automatisierte Pilotproduktionslinie für OLED-Lichtmodule. Dazu übernahm man im Jahr 2005 die Räumlichkeiten der ehemaligen TV-Geräte-Fertigung und schuf Reinraumbedingungen, die bis zu 10.000mal höher sind als das in einem üblichen Krankenhaus-OP der Fall ist.
Extrem dünn
Die organische Leuchtdiode, kurz OLED, ist ein Bauelement, das aus mehreren Schichten besteht und vom Aufbau mit einem Sandwich vergleichbar ist. Das Trägermaterial ist in der Regel Glas – darauf bringen die Techniker eine transparente Indium-Zinnoxid-Anode auf. Nun folgen Lage auf Lage die organischen Halbleiter: Die betreffenden Materialien, die in Pulverform vorliegen, werden der Reihe nach auf rund 300 °C erhitzt und durch eine Schattenmaske auf den Träger aufgedampft. Je nachdem, welche Farbe und welches Ergebnis gewünscht wird, bringt Philips mit den derzeit gebräuchlichen Verfahren über 10 Schichten aus über 20 zur Verfügung stehenden Materialien auf. Die Gesamtschichtdicke bleibt dabei immer im Bereich von 100 nm – also rund 1.000mal dünner als ein menschliches Haar.
Kein Wunder, dass man für die derzeit am Markt erhältlichen OLED-Leuchten rund 1.000 Euro und mehr berappen muss – alleine die Basismaterialien haben zum Teil stolze Preise: Die chemische Industrie verrechnet für die speziell gezüchteten Kohlenwasserstoffe bis zu 6.000 Euro pro Gramm. Mit dieser doch sehr geringen Menge schafft man je nach OLED Flächen in der Größenordnung von mehreren Quadratmetern herzustellen.
In Zukunft noch größer
Als organische Stoffe bezeichnet man jene, die auf Kohlenwasserstoff-Gruppen basieren. Im Gegensatz zur LED, die mit anorganischen Kristallen arbeitet und deren Größe man nicht beliebig variieren kann, werden bei den OLEDs amorphe Schichten aus dem bereits erwähnten Pulver aufgebracht, was zur Folge hat, dass die leuchtende Fläche, die dabei entsteht, ein sanfteres und diffuses Licht abstrahlt und darüber hinaus wesentlich größer ist. Hierin liegt auch das Potenzial der OLEDs und die Konzentration der Forschungsarbeiten für die Zukunft. Heute sind Elemente in der Größe von 15 x 15 cm herstellbar, ohne dass die Gleichmäßigkeit der Leuchtdichte darunter leidet. In zwei bis drei Jahren will man bei Philips so weit sein, auch das Problem der Leitfähigkeit der durchsichtigen Elektrode in den Griff zu bekommen und damit in der Lage sein, OLEDs mit wesentlich größeren Abmessungen anzufertigen.
Nach dem Aufbringen einer zweiten Schattenmaske wird eine ebenso extrem dünne Schicht Aluminium aufgedampft, die als Kathode dient. Bevor das Bauelement abschließend auf beiden Seiten mit einem Glasdeckel verklebt wird, bringt man noch das sogenannte »Getter« auf, das jede Art von Feuchtigkeit aufsaugt und einem Eindringen einen Riegel vorschiebt. Last, but not least wird die Platte geschnitten und kann damit in beinahe jede erdenkliche Form gebracht werden.
Mehrere Minuten benötigt man für die Produktion einer »einfachen« roten, grünen oder blauen OLED. Will man helle, effiziente, weiße OLEDs herstellen, kann der Prozess schon einmal bis zu einer Stunde dauern. Die aus der Fertigung kommenden Module in der Größenordnung von mehreren Tausend Quadratmeter pro Jahr werden bei Philips ob der Neuheit der Technologie einer 100%igen Ausgangskontrolle unterzogen – einerseits nimmt man die elektrischen Kenndaten Strom und Spannung, und andererseits die Helligkeit und die Farbtemperatur unter die Lupe.
Hohe Ziele
Ein Maß für die Effizienz eines Leuchtmittels ist bekanntlich die Lichtausbeute in Lumen/Watt – also die Lichtmenge, die man pro eingespeister Energie erzeugt. Zieht man diese Kennzahl zum Vergleich heran, so ist das effizienteste in Gebrauch befindliche Leuchtmittel die Leuchtstofflampe mit über 100 lm/W gefolgt von der Energiesparlampe. Die bereits am Markt erhältlichen Lumiblade-Panels von Philips erreichen zwar erst 20 lm/W – die OLEDs aus den Labors kommen den beiden Lampentypen allerdings schon sehr nahe. Sie schaffen derzeit bereits Laborwerte, die einer Kompaktleuchtstofflampe gleich kommen. Doch damit nicht genug: „Unser Ziel ist es, die 100 lm/W-Hürde in der nächsten Zeit zu meistern“, so der Philips-OLED-Experte Dr. Stefan P. Grabowski. Auf Forschungsebene hat man auch hinsichtlich der Lebensdauer beachtliche Werte vorzuweisen – so soll die 50.000 Stunden-Grenze schon erreicht worden und die 100.000 Stunden bereits angepeilt sein. Kunden, die heute schon auf Philips-Leuchten mit OLED-Technik zurückgreifen, garantiert der Hersteller eine Lebensdauer von 10.000 Stunden.
Wann wird sie Wirklichkeit?
Die Frage nach der Lichttapete ist wohl die am häufigsten gestellte, die die Aachener Verantwortlichen zu hören bekommen. Trotzdem lassen wir nicht locker, worauf wir ein Vorsichtiges: „Mindestens noch zehn Jahre“, auf die Frage, wie lange es noch dauern wird, bis die Konsumenten statt des Tapezierers den Elektriker mit der Gestaltung der Wände beauftragen werden, zu hören bekommen. Dass wir mit unserer Hartnäckigkeit richtig lagen, merken wir spätestens, als wir die Pressemappe lesen: Vor allem den transparenten OLEDs räumt Philips große Chancen ein und verweist auf die Möglichkeit, künftig auch Fensterscheiben damit zu beschichten. Tagsüber ein ungetrübter Blick auf den Garten und nachts scheint vom Glas Licht ausschließlich in den Innenraum – so sehen Lichtlösungen aus, die heute noch Fiktion sind, aber morgen bereits Realität sein werden.