Siedle setzt hohe Erwartungen in das neue System. Geschäftsführerin Gabriele Siedle sagte zur Begrüßung: „Access ist ein wichtiger Baustein bei der Verwirklichung unserer strategischen Ziele. Das stärkste Wachstum erwarten wir im Projektgeschäft, national und international. Dort verbessert Access unsere Chancen im Wettbewerb.“ Jürgen Eschle, der Leiter des Siedle Engineering, fügt hinzu: „Access ist das mächtigste und flexibelste System, das wir je entwickelt haben – die beste verfügbare Lösung für komplexe Anforderungen und anspruchsvolle Anwender.“ Siedle hatte an den Firmensitz geladen, um diesen hohen Anspruch einzulösen und der Fachwelt zu zeigen, dass Access die Erwartungen tatsächlich erfüllt. Nicht nur die eigenen: Seit der ersten Präsentation auf der Light+Building 2010 hat Siedle zahlreiche Anfragen erhalten und mehrere hundert Angebote abgegeben. Aus einigen wurden Pilotprojekte, von denen Siedle vier im Detail vorstellte, um das Potenzial des Systems aufzuzeigen.
Feldtest am Firmensitz
Im Logistikzentrum des Unternehmens läuft seit Monaten ein Feldtest, mit dem die Entwickler ein Access-System unter realen Bedingungen auf seine Alltagstauglichkeit prüfen. Von außen ist den installierten Siedle-Anlagen die neue Technik nicht anzusehen. Ein wichtiges Merkmal von Access, betont Fred Penzin, der Leiter des Projektvertriebs: „Wir sind nicht auf bestimmte IP-Geräte beschränkt. Access-Kunden haben die volle Auswahl aus der ganzen Vielfalt der Siedle-Systeme Vario, Classic und Steel.“ Noch mehr Vielfalt als an der Tür lässt Access im Innenbereich zu. Zur großen Palette der Siedle-Sprechstellen kommen eine Concierge-Software, ein virtuelles Haustelefon, das jeden Netzwerk-PC zur Video-Sprechstelle macht, und ein Software-Modul zur Integration in Fremdsysteme. Die Offenheit des Netzwerks macht das System flexibel: Wo ein Netzwerkanschluss verfügbar ist, kann jede dieser Optionen installiert werden. Fremdgeräte, etwa TK-Anlagen oder VoIP-Telefone, erweitern die Möglichkeiten nochmals.
Am Logistikzentrum sind zwei Video-Türkommunikationssysteme installiert, außerdem eine externe Kamera, die den Ladebereich überwacht. Eine weitere Besonderheit des Systems offenbart sich beim Blick in die Verteilung: Das Netzwerk endet an einem Türcontroller; von dort zur Tür wird die Verbindung über ein Siedle-eigenes Übertragungsprotokoll abgewickelt. Ein wichtiges Sicherheitsmerkmal, erläutert Jürgen Eschle, der an der Systementwicklung beteiligt war: „Wir führen kein IP-Protokoll nach draußen. Selbst wer eine Türstation aufbricht und sich Zugang zu den Leitungen verschafft, hat keinen Zugang zum Netzwerk.“
Das Herzstück jedes Access-Systems, der Server, steckt im unspektakulären Gehäuse eines Industrie-PCs. Auffällig ist an dieser Stelle vielmehr, was fehlt: die vieladrigen Kabelstränge, die in herkömmlichen Anlagen vergleichbarer Größe zusammenlaufen. Stattdessen ein einzelnes Patchkabel zu einem handelsüblichen Switch: „Access setzt auf IP-Standards. Dazu gehören die strukturierte Verkabelung, die Anschlusstechnik wie Stecker und Dosen und die Übertragungsprotokolle. Wer ein Netzwerk planen und installieren kann, kommt auch mit einer Access-Installation klar“, erläutert Vertriebschef Penzin. Von den Vorteilen dieses Systemaufbaus profitieren die Entwickler im Feldtest jeden Tag. Sie ändern ständig den Testaufbau, fügen neue Geräte hinzu, manchmal ganze Etagen. An der Basistopologie des Access-Systems ändert das nichts. „Mit einer gut geplanten Netzwerkstruktur ist Access offen für nahezu unendlich viele Systemerweiterungen“, sagt Jürgen Eschle.
Simulierte Testumgebung
Zusätzlich zum realen Betrieb im Feldtest hat Siedle eine virtuelle Testumgebung installiert. Dort sind Dutzende Türstationen und Kameras in Betrieb. Sprechstellen von Siedle, aber auch das eine oder andere Fremdgerät nehmen ihre Rufe entgegen. Eindrucksvoller ist jedoch, was sich im virtuellen Raum abspielt. „Was Access kann, lässt sich durch Testaufbauten nur bedingt simulieren“, erläutert Alexander Perkuhn, der mit zwei Mitarbeitern die Tests entwickelt und durchführt. Sie haben eine Software geschrieben, die mit Hilfe ganzer Computerbatterien Anwendungsszenarien simuliert. Erst so kann Access wirklich an seine Grenzen gebracht werden. Wenn Perkuhn einen Testlauf startet, gehen aus einem System mit mehreren tausend Teilnehmern in Sekundenschnelle Dutzende Rufe gleichzeitig ein. Nacheinander werden Videomonitore aktiv, Status-LEDs leuchten auf, Fenster auf Computerbildschirmen öffnen und schließen sich in rasender Folge. „Wir haben sehr viel investiert, um unsere Kunden vor jedem Fehler zu bewahren, den wir hier simulieren können“, sagt Perkuhn. Sein Team spielt auch kundenspezifische Konfigurationen durch und testet Fremdgeräte auf ihre Systemkompatibilität. Die Erkenntnisse aus seiner Arbeit fließen direkt in die Entwicklung und Systempflege ein.
Server und Software
Sozusagen am offenen Herzen, am laufenden System, demonstrierte der Leiter des Produktmanagements, Joachim Gau, die Software-Komponenten von Access. Dabei gab er zugleich eine Kostprobe der Systemreichweite und der Fernanbindung. Gau präsentierte die Software nicht im Logistikzentrum, wo der Server steht, sondern im mehrere Kilometer entfernten Firmenhauptgebäude, das mit dem Access-Server über eine WLAN-Richtfunkstrecke verbunden ist. Er nahm über diese Entfernung Türrufe samt flüssigem Bewegtbild entgegen, vermittelte sie weiter, rief mehrere Kamerabilder gleichzeitig auf, demonstrierte Schaltfunktionen, die Kontaktliste und das Ereignisjournal.
Das virtuelle Haustelefon, der Software-Client des Systems, wurde gar zum Schaufenster nach Dänemark. In den skandinavischen Niederlassungen fährt Siedle einen zweiten Feldtest, dessen Access-System mehrere Standorte in zwei Ländern verbindet. Auch mit Siedle Nordic ließen sich Gespräche aufbauen, Videobilder anzeigen und die Funktionen des Clients vorführen – über eine öffentliche, transnationale Internetverbindung.
Ebenso aus der Ferne funktioniert die Konfiguration und Administration, der dritte Punkt in Joachim Gaus Live-Präsentation. Die Bedienung erfordert nichts als einen Webbrowser und eine Zugriffsberechtigung auf den Server. Das gesamte System inklusive aller angeschlossenen Geräte wird von einer zentralen Stelle aus konfiguriert und verwaltet. Ein Systemaufbau, der in vielen Fällen Wege- und Personalkosten ersparen kann. Der Access-Spezialist mit den nötigen Systemkenntnissen kann an jedem beliebigen Ort sitzen, während die meisten Installationen vor Ort jeder IP-qualifizierte Monteur vornehmen kann. Selbst wenn einmal ein Gerät getauscht werden muss, ist das ohne Neukonfiguration möglich, denn der Server verfügt über eine zentrale Speicher- und Backupfunktion. Durchdacht und sehr effizient funktionieren Updates. Sie werden nicht geräteweise, sondern im Paket über den Server eingespielt. Alle Geräte versorgen sich selbständig mit dem passenden Softwarestand.
Einfache Planung
Solche Funktionen, aber auch nahezu unbegrenzte Reichweiten, sehr hohe Teilnehmerzahlen und andere Kenndaten des Systems verweisen auf einen überwiegend gewerblichen Einsatz. Zwar befinden sich unter den ersten Anfragen viele Privatwohnhäuser. Aber das Haupteinsatzgebiet für Access sieht der Hersteller in größeren und großen, komplexen Projekten. Dort zählen Flexibilität und Offenheit, einfache Bedienung und minimierter Aufwand von der Planung bis zur Administration. Weil die Systemtopologie von der späteren Nutzung weitgehend entkoppelt ist, fällt die Planung sehr viel leichter als mit herkömmlichen Systemen. Das spart zum einen Zeit, zum anderen Schulungsaufwand, denn die Errichter müssen zwar viel über Netzwerke, aber nur wenig über Siedle wissen. Und es spart Nerven beim Bauherren, der nicht mehr jedes Detail der späteren Nutzung in langen Beratungsgesprächen gleich zum Projektbeginn festlegen muss, um eine stimmige Planung zu erhalten. Mit Access genügt es, das Netzwerk an die richtigen Stellen zu führen und ausreichend zu dimensionieren. Ob beispielsweise Audio oder Video gefragt ist, spielt für die Planung keine Rolle. Die Entscheidung fällt später durch die Art der angeschlossenen Sprechstelle oder deren Lizenzierung.
Vertrieb und Zertifizierung
Wird die Gebäudekommunikation mit Systemen wie Access zur Domäne von IT-Spezialisten? Keineswegs, meint Markus Minolla, ein Experte und Auditor des TÜV Süd, der die Zertifizierung der spezialisierten Access-Partner (Access Certified Partner, ACP) unterstützt und begleitet. Zwar gehe „die Reise für die Fachbetriebe eindeutig in Richtung Datentechnik“, konstatiert Minolla. Trotzdem stellt er klar: „Betriebe, die nur IP können, sind ungeeignet für Siedle Access“. Man müsse bedenken, dass ein reiner IT-Experte beispielsweise den für Access benötigten Türcontroller nicht installieren dürfe. Der Umgang mit 230 Volt bleibt dem Elektrohandwerk vorbehalten. So sieht das auch Projektvertriebschef Penzin, der mit Minolla gemeinsam die Audits der ACPs in Deutschland durchführt. „Ideal für Siedle sind Partner, die aus der Elektrotechnik kommen und zusätzlich IT-Kompetenz erworben oder ins Haus geholt haben. Auch das handwerkliche Können zählt“. Für den Vertriebsmann ist entscheidend, dass Siedle Access kein exklusives Geschäftsfeld nur für ACPs sein soll. Jeder Elektrofachbetrieb kann mit Siedle Access arbeiten und die Geräte über den Elektrogroßhandel beziehen. Lediglich für die Inbetriebnahme setzt der Hersteller strenge Regeln und übernimmt Gewährleistung nur für solche Systeme, die von Siedle selbst oder einem zertifizierten Access-Partner in Betrieb genommen wurden. „Die fachgerechte Inbetriebnahme ist sehr wichtig für die einwandfreie Funktion und den sicheren Betrieb“, sagt Penzin. Nicht-zertifizierte Betriebe können die Inbetriebnahme als Dienstleistung in Anspruch nehmen, entweder von einem ACP oder vom Access Service Center des Herstellers.
„Siedle lädt alle Partner ein, den Schritt in die digitale Welt mitzugehen“, fasst Geschäftsführerin Gabriele Siedle zusammen. Der Feldtest im eigenen Haus, aber auch mehrere vorgestellte Projekte beweisen, dass Siedles IP-System funktioniert und den Erwartungen gerecht wird. „Nun kommt es darauf, das Potenzial auch am Markt umzusetzen, und das geht nur gemeinsam.“