Die deutsche Unternehmensgruppe Kaiser gilt als bedeutende Marke für innovative Elektroinstallationsprodukte und -systeme. Von den Kunden und dem Handwerk oft liebevoll als »Dosen-Kaiser« bezeichnet, bietet das Familienunternehmen weitaus mehr als die bekannten Installationsdosen. Die handwerks- und marktorientierten Lösungen begegnen jedoch auch aktuellen Herausforderungen: die Messelandschaft stirbt aus, Billiganbieter und Plagiate drängen in den Markt … Und wie reagiert man bei Kaiser darauf? Das erfragten wir bei der Geschäftsführung.
Interview: Thomas Graf-Backhausen und Thomas Buchbauer
Text: Mag. Sandra Eisner
Die Kaiser Group vereint vier starke Marken unter einem Dach und produziert an vier europäischen Standorten Produkte und Systeme für die Elektro-Installation: Gemeinsam mit den Landesgesellschaften Agro AG (Schweiz), Attema (Niederlande) sowie Helia (N.V. Plastic Color, Belgien) ist Kaiser in ganz Europa tätig. Ein guter Kontakt zu Kunden und Handwerk ist dabei überall essenziell. Wir befragten Torsten Nolting, CEO, Kaiser Group, und Thorsten Wolff, CSO Chief Sales Officer, Kaiser Group, zur beeindruckenden Produktpalette sowie zu Herausforderungen und Strategien, um Elektrotechniker von den Vorteilen ihrer Produkte zu überzeugen. Lesen Sie außerdem, wie man sich bei Kaiser gegen Plagiatoren und Billiganbieter behauptet und welche Rolle Messen als Kommunikationsplattform einnehmen.
Herr Nolting, Herr Wolff, Sie sind beide Teil der Geschäftsführung von Kaiser. Würden Sie unseren Lesern die Kaiser Group kurz vorstellen?
Torsten Nolting: Die Kaiser Group trägt im Kern den Namen Kaiser, den Namen jenes Unternehmens, das Burkard Kaiser in der dritten Generation führt. Es ist ein starker Markenname in Deutschland, ursprünglich eher bekannt als DER Marktführer für den Bereich Einbaudosen und -gehäuse sowie Betonbau-Produkte. Die Marken Agro, Helia und Attema sind in ihren Ländern ebenso die lokalen Marktführer. In Summe handelt es sich um eine sehr innovative und handwerksorientierte Unternehmensgruppe, die stark in Richtung Markenvertrieb von Installationsprodukten orientiert ist.
Thorsten Wolff: Während der letzten Jahre hatten wir ein gutes Wachstum. Der Name Kaiser Group steht ja mittlerweile nicht mehr nur für Einbaugehäuse für Wand und Decke, wir widmen uns u.a. auch dem Daten- und Kommunikationsbereich mit Connectivity, unserem Portfolio für den Breitbandausbau. Ganz neue Lösungen bieten wir im Bereich für Hochvolt-Schwerlastverkehre an, denn ein elektrisch betriebener Omnibus, der heute keine Zukunftsmusik mehr sondern Realität ist, hat andere Ansprüche als ein Elektroauto. Wir haben dafür als Kaiser Group bei Agro eine neue Kabelverschraubung entwickelt, die die hohen Ableitströme aufnimmt. Mittlerweile ist dieses Thema nicht mehr nur im Bereich der E-Mobilität relevant, sondern überall, wo sehr viel Strom fließt und dieser letztendlich auch verteilt werden muss.
Nolting: Bei einem Kabel, mit dem geladen wird, geht es ja nicht nur um den Leistungsbereich, sondern es findet eine bidirektionale Kommunikation statt. Und bei den Leistungen sind die elektrischen Felder relevant, in der Regel gibt es einen EMV-Geflechtschirm, wo auch sicherzustellen ist, dass der Übergang zum Gehäuse der Ladestation vorhanden ist.
Wolff: Im Industriesektor sind wir sehr viel im Bahnbereich unterwegs – auch hier spielen die Themen Zuverlässigkeit und Hochwertigkeit eine Rolle – so ist zum Beispiel China Railway ein großer Kunde von uns, den wir beliefern.
Was können Sie uns über die neuen Unterputzdosen UP1 verraten?
Wolff: Wir haben mit UP1 eine ganz neue Generation an Unterputzdosen für das Handwerk designt. Die Unterputz-Installation wird erheblich erleichtert, da es nur noch notwendig ist, ein sauberes Fräsloch zu erstellen. Dieses Produkt wurde tatsächlich für das Handwerk gemacht und wir haben seit der Vermarktung im Herbst letzten Jahres zahlreiches positives Feedback dazu bekommen. Die UP1 basiert letztendlich auf einer Unterputzdose unter einem Klemmring. Bei dieser komfortablen Lösung ist der Klemmfix-Ring mit der Unterputzdose verheiratet, und der Installateur muss das Produkt nur noch festdrücken.
Wie bringen Sie Elektrotechniker dazu, ihre Installationsgewohnheiten zu ändern, wenn Sie derart innovative Produkte entwickeln?
Wolff: Es liegt nicht in unserer Absicht als Hersteller, den Handwerkern vorzuschreiben, wie sie arbeiten sollen. Wir bieten Alternativen und Lösungen an, so zum Beispiel UP1. Der Handwerker entscheidet selbst danach, welche Möglichkeiten ihm zusagen. Wir lernen stets dazu, was vom Handwerk gewünscht wird und versuchen, die Bedürfnisse zu erfüllen.
Nolting: Man kann das beste Produkt aus Handwerksicht kreiert haben, mit dem man etwa die Hälfte der Verarbeitungszeit einspart, unerlässlich ist es jedoch, den Handwerker damit zu erreichen. Vor dem Hintergrund der vielen Themen, die es aktuell gibt und die aus Herstellersicht einen Mehrwert bringen, geht es darum, den effektivsten Weg der Kommunikation zu finden, um aufzuzeigen, was das Besondere daran ist. Und ich glaube, wenn der Handwerker aufgrund der Einfachheit der Lösung erkennt, dass sie ihm hilft, schneller und effizienter zu arbeiten, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes einen Mehrwert bringt, dann haben wir alles erreicht, was wir erreichen wollen – nämlich die Unterstützung des Handwerkers in seinem Erfolg.
Stehen Sie persönlich in direktem Kontakt zum Handwerk?
Wolff: Ja, denn ich bin einerseits auf Messen vor Ort und andererseits auch mit unseren Außendienstmitarbeitern unterwegs. Das ist mir sehr wichtig, auch wenn es, ab und zu, zu kurz kommt, wenn es viele andere Aufgaben zu erledigen gibt. Egal ob auf der Hannover Messe, der Light + Building oder der Anga Com, man kommt in Kontakt mit vielen Menschen und lernt sehr viel dazu. Die drängendste Frage lautet immer: Was will der Markt, was will die Industrie, was will das Handwerk?
Wie wollen Sie Ihre hochwertigen Produkte dem Handwerk näherbringen? Die Möglichkeiten, dies über den Großhandel zu realisieren, sind hierbei ja durchaus begrenzt.
Wolff: Neben den üblichen Marketingmitteln haben wir unsere kurzen und prägnanten »Kaiser Erklärt«-Videos. Innerhalb von ein bis anderthalb Minuten bringen wir das rüber, was der Planer, Handwerker oder auch der Ausführende letztendlich braucht, damit er verstehen und erfolgreich installieren kann. Abgesehen davon nehmen wir an 60 Messen im Jahr teil. Dort zeigen wir unsere neuen Lösungen und bringen unseren Kunden auch Altbewährtes näher.
Nolting: Die Installateure können die Produkte in die Hand nehmen, sie drehen und wenden und haben somit eine haptische Erfahrung. Das Handwerk muss unsere Produkte anfassen, es muss spürbar sein, dass es wertig in der Handhabung ist.
Wolff: Genau deswegen ist das Medium der Messen für uns sehr wichtig, darüber hinaus natürlich auch Baustellentermine bzw. Baustellenkontakte, Schulungen etc.
Das Format der Präsenzmessen scheint eine aussterbende Präsentationsform zu sein, die immer mehr an Bedeutung verliert. Viele Aussteller überlegen mittlerweile, ob es nicht besser wäre, das Geld dafür einzusparen …
Wolff: Das ist ein schlimmer Trend, der sich hier einstellt. Deutschland ist ein Messeland, und wir legen großen Wert darauf, wie viele andere deutsche Premiummarkenhersteller auch, das Messewesen zu pflegen. Ich persönlich engagiere mich auch im Verbandswesen, ich bin Messebeirat im ZVEI, und wir machen uns aktiv Gedanken darüber, das Messewesen in Deutschland nicht aussterben zu lassen. Früher gab es unzählige Elektromessen, die heute zum Großteil nicht mehr stattfinden. Das ist schlimm, denn es gibt somit beinahe kein Kommunikationsmedium in diese Richtung mehr. Als Hersteller wollen wir, dass interessierte und wissbegierige Kunden kommen, um unsere Neuigkeiten und Highlights zu transportieren.
Nolting: Die Art der Kommunikation und auch deren Transport haben sich extrem gewandelt, das wissen wir alle, ebenso wie sich auch die Produktlandschaft geändert hat. So gibt es heute viele Produkte, die auf einem Messestand per Bildschirme präsentiert werden – natürlich überlegen dann viele, ob dies das richtige Medium ist, körperlich anwesend zu sein, um etwas virtuell anzusehen. Es ist tatsächlich schwierig, mit dem eigenen Außendienstteam und/oder dem Großhandel zusammen Produkte haptisch erfassbar zu machen und damit in einer größeren Menge viele Leute zu erreichen. Und deshalb bietet eine Messe einen wirklichen Wert für den Installateur und ist für uns nach wie vor eines der wichtigen Medien.
Wie setzt man sich bei Kaiser gegen Plagiatoren und Billiganbieter durch?
Wolff: Als Marktführer im Bereich Gehäusetechnik werden unsere Produkte oft in irgendeiner Art und Weise nachgebaut. Da wir jedoch seit Jahren als Premiummarke, als Handwerksmarke gelten, traut man uns, schließlich ist es ja ein Generationenvertrag, den wir mit dem Handwerk abschließen. Dadurch schaffen wir es, uns letztendlich durchzusetzen. Ich wurde schon oft gefragt, was wir machen würden, wenn demnächst die Produkte containerweise aus Fernost geholt werden. Meine Antwort war: Dann verkaufen wir eben anders, da finden wir schon einen Weg. Wir haben in unserer 120-jährigen Geschichte zwei Kriege überlebt, die Corona-Pandemie überlebt und die aktuelle wirtschaftliche Schwäche werden wir wohl auch überleben. Und somit werden wir mit Sicherheit auch diese Attacken meistern. Im Moment sind wir sehr gut aufgestellt mit optimalen Strukturen, die Gruppe ist stabil.
Was ist das nächste Produkt-Highlight?
Nolting: Auf der kürzlich stattgefundenen Anga Com, der Kongressmesse für Breitband und Medien, haben wir einen neuen Glasfaser-Gebäudeverteiler in modularer Bauweise präsentiert. Es ist ein sehr pfiffiges Produkt, aneinanderreihbar, sehr stabil, modular aufgebaut und eine Lösung speziell für den Bereich Breitbandausbau. Wir bedienen eine Vielzahl an Marktteilnehmern in unterschiedlichen Geschäftsfeldern der Kaiser Group, dementsprechend bieten wir auch eine Vielzahl an Produktlösungen. Eine unserer Hauptaufgaben ist es, diese ganze Vielfalt über unsere kompetenten Mitarbeiter in den Markt zu transportieren – und das wiederum zeiteffizient, denn ein Planer oder Elektromeister hat nicht stundenlang Zeit dafür, das muss schnell gehen und effektiv sein. Wir werden häufig als »der Dosen-Kaiser« bezeichnet und das beschreibt es sehr schön. Wir ehren diesen Begriff, da er unsere Handwerks- und Verarbeiterorientierung auf den Punkt bringt.
Gibt es konkrete Übernahmepläne anderer Unternehmen?
Wolff: Wir sind offen für diverse Möglichkeiten, die sich am Markt ergeben.
Nolting: Die Frage ist immer die, warum man akquiriert. Möchte ich mein Portfolio verbreitern, mein Lösungsangebot, gibt es eine Logik für die Produkte, warum sie zusammenpassen? Für viele Hersteller ist es sehr schwierig, in einen traditionellen Markt wie den Elektroinstallationsmarkt einzutreten. Wenn man in neue Regionen expandieren möchte, so ist es in unserer Branche erfahrungsgemäß der sicherste Weg, einen lokalen Player zu akquirieren. Wenn man etwa umsatzunabhängiger von einzelnen Ländern werden möchte, könnte man tatsächlich diesen regionalen Ansatz wählen.
Wolff: Es könnte durchaus sein, dass wir uns in den anderen Geschäftsfeldern verstärken. Im Industriebereich gibt es sicherlich interessante Alternativen und komplementäre Ergänzungen zu unserem Produktportfolio. Im Moment sind wir stark im Bauzulieferbereich tätig.
Nolting: Das Schöne ist, wir haben keine Denkverbote, wir sind in alle Richtungen offen. Es geht darum, gemeinsam mit unseren Kunden die Zukunft zu gestalten. Zusammen mit der nächsten Familien-Generation, die bereits in den Startlöchern steht. Und diese tolle Chance haben wir sicherlich mit sehr vielen unserer Kunden gemeinsam.
Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Informationen auf: www.kaiser-elektro.de