Das Exklusiv-Interview mit dem scheidenden Vorstandsvorsitzenden:

Abschied von der aktiven ABB-Bühne

von Sandra Eisner
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Es ist der Beginn eines völlig neuen Lebensabschnitts: Mit seiner Pensionierung verließ eine bekannte Größe die aktive Bühne der Elektrotechnik – Franz Chalupecky übergab seine Position als Vorstandsvorsitzender von ABB Österreich an seinen Nachfolger. Das Exklusiv-Interview zum Abschied finden Sie nur bei uns!

Interview: Thomas Graf-Zoufal

Text: Mag. Sandra Eisner

Wo sich eine Türe schließt, öffnet sich bekanntlich eine andere – so übernahm kürzlich ein erfahrener ABB-Manager die Leitung von ABB Österreich und löste damit Ing. Franz Chalupecky ab: Dipl.-Ing (FH) Martin Kohlmaier wurde mit 1. Mai zum Vorstandsvorsitzenden von ABB Österreich berufen. Aufgrund der langjährigen freundschaftlichen Verbundenheit zum i-Magazin gewährte uns Franz Chalupecky einen exklusiven Einblick in die Hintergründe zum Wechsel. Anlässlich seiner Pensionierung wurde uns – und somit Ihnen – auch ein spannender Rückblick auf seinen Karriereweg zuteil.

 

Herr Chalupecky, Sie verabschieden sich mit 1. Mai in die wohlverdiente Pension. Wie gehen Sie damit um?

Franz Chalupecky: Nun, es ist tatsächlich so, wenn man älter wird, wird es immer deutlicher spürbar, dass man Erholungsphasen braucht und auch auf Veränderungen – deren Frequenz ja immer höher wird – nicht mehr so flexibel reagiert wie früher. Irgendwann hat man das Gefühl, die »Biologie« nicht überwinden zu können und mit Erreichen des eigenen Pensionsantrittsalters entscheidet man sich, zu gehen und das Ruder an junge Talente abzugeben.

 

Gestatten Sie uns einen Rückblick: Wie hat Ihr Weg, Ihre Karriere begonnen?
Chalupecky: Als Schüler besuchte ich eine Wiener HTL, die damals in der Pernerstorfergasse angesiedelt war – gegenüber des Unternehmens Brown, Boveri & Cie. (BBC). Ein Großteil der Schulkollegen hat Ferialpraktika in der BBC gemacht und so auch ich über mehrere Jahre hinweg. Demnach war diese Firma nach meiner Matura eine Möglichkeit der beruflichen Laufbahn, ich habe mich allerdings anderweitig entschieden. Nach drei Jahren wechselte ich schlussendlich zur BBC: Mit meinem Interesse am Export betrieb ich in der Folge mehrere Auslandsbaustellen für den Netzbau – Projekte rund um Freileitungsbau, Mittelspannung, Hochspannung, Trafo-Stationen, Umspannwerke. Über 10 Jahre war ich im Ausland unterwegs, unter anderem für fünf Jahre in Burundi (Ostafrika), knapp drei Jahre in Bahrain und zwei Jahre in den Arabischen Emiraten.

 

Waren Sie beruflich eher auf der technischen Seite verankert oder eher dem Vertrieb zugetan?

Chalupecky: Die Technik hat mich immer interessiert, in dem Grad, wie ich sie für den Produktverkauf gebraucht habe. Ich war nie jemand, der sich in Bits und Bytes vertieft hat. Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn hing »Technik« unter anderem damit zusammen, auf einem riesigen Reißbrett Stromlaufpläne zu zeichnen – mit dieser »Technologie« wurde damals gearbeitet. Mich haben immer schon die Finanzen und das Management interessiert, aber ich bin stets so tief eingetaucht in die Technik, wie es für den Verkauf vonnöten war – dass der Kunde eventuell mehr von meinem Produkt versteht als ich, war mir nie recht.

 

Wie erlebten Sie den Wechsel von BBC zu ABB?

Chalupecky: Schlussendlich kehrte ich aus dem Ausland zurück nach Österreich – dies hatte auch familiäre Gründe (Kinderplanung), denn aufgrund der damaligen Verträge kam man nur alle sechs Monate einmal nach Hause, was keinen Vergleich zur heutigen Zeit zulässt, in der man sich immer wieder mal »schnell« ins Flugzeug setzt. Als ich in Bahrain war, zum Beispiel, betrug die Fahrzeit zur nächstgelegenen Poststation in der Hauptstadt rund zwei Stunden – dort musste man nochmal gut zwei Stunden warten, bis eine telefonische Verbindung nach Hause und mit der Firma zustande kam. Gerade dadurch hat man gelernt, sich gut auf Gespräche vorzubereiten, sich Notizen zu machen, um alles möglichst gut unterzubringen. Als ich nun Mitte/Ende der 1980er-Jahre nach Österreich zurückgekommen bin, hatte ich das Glück, dass meine Vorgesetzten in der Hierarchie aufgerückt sind und ich zur Leitung eines Profit-Centers kam – das war damals die kleinste Einheit bei der BBC vor den Hierarchiestufen Abteilung, Bereich und Vorstand. Ich war sehr glücklich, ein Profit-Center zu leiten, obwohl es finanziell einen Rückschritt darstellte. 1988 erfolgte die Zusammenführung, die Fusion der BBC mit der Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA), was bei uns in Österreich nicht »so ein großes Ding« war wie in anderen Ländern (Skandinavien zum Beispiel), da die ASEA in Österreich relativ klein war. Wir sind zusammengewachsen, die Organisation wurde neu aufgebaut. Mit der folgenden Akquisition der Firma SAE in Innsbruck wurde ich gefragt, ob ich die Geschäftsführung in Innsbruck mitübernehmen möchte. So hatte ich in den folgenden zwei bis drei Jahren einen Doppeljob mit Büro in Innsbruck und einem in Wien. Ich habe in beiden Bereichen die gleiche Abteilung geführt und schlussendlich folgte die Fusion in die ABB hinein.

 

Wie verlief Ihr Weg nach der Zusammenführung mit ABB?

Chalupecky: Nach der Fusion erfolgte die Übersiedlung der ABB-Zentrale auf den Wienerberg. Mit dem folgenden Vorstandsvorsitzenden Dr. Rudolf Petsche habe ich intensiv zusammengearbeitet: Wie bereits erwähnt, haben mich Zahlen und wirtschaftliche Zusammenhänge immer interessiert, weshalb ich parallel zu meiner Projektleiter- und Verkaufstätigkeit eine Controller-Ausbildung gemacht hatte. Chef des Controllings in der ABB war damals Dr. Rudolf Petsche, weshalb wir vor allem auf der kommerziellen Seite intensiv zusammengearbeitet haben. Nach personellen Veränderungen bzw. einem Wechsel im Vorstand hat mich Dr. Petsche schließlich gefragt, ob ich bereit wäre, in den Vorstand zu wechseln – wobei es nicht einen sofortigen Schritt in den Vorstand bedeutete, da die ABB damals auf zwölf Tochterunternehmen aufgesplittet war. Meine Aufgabe war es, die zwei größten Töchter, die Energie AG und die Gebäudetechnik GmbH, zu übernehmen – was ich tat, mit dem Ziel, alle in ein Unternehmen zusammenzuführen. Das wurde dann 1999/2000 finalisiert und somit kam ich aus der Geschäftsführung der größten Töchter mehr oder weniger automatisch in die Holding, wo alle Töchterunternehmen unter ein Dach zusammengeführt wurden. Bis 2009 war ich mit Dr. Petsche bis zu seiner Pensionierung gemeinsam im Vorstand. Danach wurde mir das notwendige Vertrauen geschenkt und ich wurde Alleinvorstand bis zum Vorjahr. 2020 kam Martin Kohlmaier in den Vorstand hinzu – meine Wahl war bereits auf ihn gefallen mit dem Ziel, dass er mir nachfolgen sollte.

 

Warum ist Ihre Entscheidung auf Martin Kohlmaier gefallen?
Chalupecky: Es handelt sich dabei um eine Entscheidung, die sehr lange gereift ist. Als ich in den Vorstand kam, war mir bereits klar – da ich immer schon versucht habe, über die Hutkrempe hinauszuschauen – dass es immer schwieriger werden würde, kompetente Leute zu akquirieren. Ich startete damals einen Pool mit ungefähr 20 jungen Mitarbeitern, die als besondere Talente auserkoren wurden – Martin Kohlmaier war eines davon. Jedes dieser Talente bekam einen Mentor aus dem mittleren und höheren Management zugeteilt, so wurde ich zu Martin Kohlmaiers Mentor. Er konnte sich bei Bedarf stets an mich wenden, ich beobachtete seine Entwicklung und so haben wir uns besser kennengelernt. Er war lange Zeit im Bereich der Robotik tätig und hat dort mit seinem proaktiven Wesen eine gute Figur gemacht. Als sich im Bereich Motion der Bereichsleiter in Pension verabschiedete, fragte ich Martin im Jahr 2017, ob er bereit wäre, diesen Bereich der Motoren und Frequenzumrichter zu übernehmen. Er sagte nach relativ kurzer Bedenkzeit zu und wir arbeiteten in Folge noch enger zusammen. Als schlussendlich meine Entscheidung fiel, in Pension zu gehen, machte ich ihm den Vorschlag, in den Vorstand zu wechseln. Ich hatte ihn bereits 20 Jahre gekannt, habe mitverfolgt, was er auf der Seite der Roboter geleistet hat, wie er den Bereich Motion reorganisiert hat sowie die Antriebstechnik und für mich war er prädestiniert für diesen Schritt. Mit ihm bot sich mir die Möglichkeit, eine gewisse Kontinuität zu halten, weil er viele Werte, die mir wichtig sind – Kundennähe, Stabilität – auch lebt, insofern war er für mich ein logischer Nachfolger.

 

Verabschieden Sie sich mit Ihrer Pensionierung in vollem Umfang aus dem Unternehmen oder bleiben Sie ABB im Aufsichtsrat erhalten?

Chalupecky: Nach meinem Ausscheiden aus dem Vorstand mit 30. April wechsle ich mit 1. Mai direkt in den Aufsichtsrat. Aufgrund der Pandemie wird die eine oder andere Kundenübergabe erst noch stattfinden, außerdem haben wir einige Projekt ins Auge gefasst, denen wir uns gemeinsam – Aufsichtsrat und Vorstand – widmen wollen. Ich werde das Unternehmen also nicht zur Gänze verlassen, dennoch wird ein völlig neuer Lebensabschnitt beginnen.

 

Dafür wünschen wir Ihnen alles Gute und vor allem Gesundheit, Herr Chalupecky, und bedanken uns herzlich für das Gespräch!

Martin Kohlmaier (links) ist bereits seit 30 Jahren für ABB tätig und seit 1. Mai 2020 auch im Vorstand der ABB Österreich. Neben seiner neuen Funktion als Vorstandsvorsitzender wird er seine Position als lokaler Business Area Manager für den Geschäftsbereich Antriebstechnik auch künftig beibehalten. (Bild: ABB)

Weitere Informationen auf:

www.abb.at

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