Das Interview mit der Führungsebene von elektromaterial.at:

Auf neuem Kurs

von Sandra Eisner

Es ist ein frischer Wind, der in die Welt der Elektrogroßhändler weht – mit neuem Konzept, doch altbekannten Gesichtern. Als treue i-Magazin-Leser haben Sie es wahrscheinlich bereits erraten: Die Rede ist von www.elektromaterial.at unter der Federführung von Dragan Skrebic, Michael Hubert und Franz Schantl. Auf der Frauenthal Expo 2020 wurde das neue Konzept vorgestellt.

Interview: Thomas Graf-Zoufal

Text: Mag. Sandra Eisner, Dominik Schuppich

Der Großhändler für Sanitär, Heizung und Installationstechnik Frauenthal geht neue Wege und schlägt eine Brücke in die Welt der Elektrotechnik. Verantwortlich dafür zeichnet nicht zuletzt Dragan Skrebic (Geschäftsführer Kontinentale) als Mastermind hinter dem neuen Konzept von www.elektromaterial.at. Der ab Juni 2020 aktiv tätige Elektrogroßhändler mit Michael Hubert als Vertriebs- und Franz Schantl als Einkaufsleiter richtet sich an Installateure mit Elektrobedarf (»Doppelkonzessionäre«) sowie Elektrotechniker – gesetzt wird dabei auf ein überschaubares Kernsortiment von 5.000 bis 7.000 Artikeln für den täglichen Bedarf. Eine starke Konzentration auf die Vorteile der digitalen Welt (Webshop, App) soll unterstützt werden durch die Leistungsfähigkeit von Frauenthal: So werden die Kunden von elektromaterial.at die volle Leistungsfähigkeit der Frauenthal Service zu spüren bekommen (100 Abholpunkte und 220 eigene LKWs etwa). Durch unterschiedliche Servicestufen will man verschiedene Preismodelle anbieten und dank einer schlanken Kostenstruktur den Kunden attraktive Preise bieten.

Die innovative Start-up-Struktur eines etablierten Händlers mit dem Charakter eines Experimentierfelds mag wohl die einen oder anderen Fragezeichen hinterlassen, bei elektromaterial.at ist man jedoch davon überzeugt, ein fokussiertes und konzentriertes Konzept auf den Markt zu bringen, das auf den bereits bewährten Frauenthal-Kompetenzen fußt. Durch Kostenwahrheit und -transparenz visiert man ein profitables Zusatzwachstum im Elektrosegment an – was vor allem gewerkübergreifende Vorteile bringt. elektromaterial.at setzt ein klares Zeichen in Richtung Dienstleistungsverkauf und konzentriert sich somit auf ein kontroverses Thema, das zweifelsohne zukünftig mehr Gewicht erhalten wird – man denke hierbei etwa an den bereits vor Jahren vollzogenen Wandel in der IT-Branche. Lernt man aus der Vergangenheit, so sind das Absinken der Produktpreise und die so entstandene Entwicklung des Dienstleistungsverkaufs jedenfalls auch für die Sparte Elektrotechnik nicht von der Hand zu weisen. Vor diesem Hintergrund befragten wir Thomas Stadlhofer, Vorstandsvorsitzender der Frauenthal Handel Gruppe, Dragan Skrebic, Geschäftsführer Kontinentale, Michael Hubert, Vertriebsleiter www.elektromaterial.at, sowie Franz Schantl, Einkaufsleiter www.elektromaterial.at, zu Ausrichtung und Wirkungsbereich des neuen Großhändlers.

Herr Stadlhofer, mit elektromaterial.at startet ein neues Großhandelsunternehmen – wie ist das Start-up in den Konzern eingebettet? 

Thomas Stadlhofer, Vorstandsvorsitzender der Frauenthal Handel Gruppe: elektromaterial.at ist eine Zweigniederlassung in der Frauenthal Handel Gruppe und wird als eigenständige Marke neben die SHT, ÖAG und Kontinentale gesetzt. Dragan Skrebic ist neben seiner Funktion als Geschäftsführer der Kontinentale auch für elektromaterial.at verantwortlich. Ihm unterstehen Michael Hubert als Bereichsleiter Vertrieb  und Franz Schantl als Bereichsleiter Prozesse und Einkauf.

Thomas Stadlhofer, Vorstandsvorsitzender Frauenthal Service AG: „Wir gehen davon aus, dass der Installateur, der auch Elektrobedarf hat, insofern einen riesigen Vorteil hat, als er seine »konventionelle Schiene« nützen kann.“ (Bild: www.i-magazin.com)

Wie ist es um die Kostenverteilung bestellt? Was an Infrastruktur, Logistik ist bereits vorhanden? Welche Service- und Logistik-fees zahlt www.elektromaterial.at?

Stadlhofer: Zur Berechnung dieser Kosten wird auf die Umschlagssätze zurückgegriffen, mit denen wir derzeit schon arbeiten. Die Logistik ist ja zentralisiert und erbringt in Top-Qualität Dienstleistungen sowohl für SHT, Kontinentale, ÖAG und zukünftig auch für elektromaterial.at. Diese Umschlagssätze sind freilich umsatzabhängig und damit für elektromaterial.at von Start weg variabel. Kein Nachteil eingedenk dessen, dass die meisten Start-ups gerade an der Logistik und den Fixkosten scheitern.

Welche Möglichkeit hat elektromaterial.at, den Elektrotechnikern das Material live vor Augen zu führen?

Dragan Skrebic, Geschäftsführer Kontinentale: Wir verfügen in der Frauenthal über 24 Bad & Energie-Schauräume in Österreich und sind damit sehr gut aufgestellt. Zwar sind die Ausstellungen in der Startphase nicht oberste Priorität, mittelfristig soll Elektromaterial jedoch in den bestehenden Schauräumen eingebunden werden. Unser Ziel ist es, dass der Konsument in den Ausstellungen letztlich eine Beratung über die komplette Haustechnik erhält.

Dragan Skrebic, Geschäftsführer Frauenthal Handel: „Zum Start sehen wir Doppelkonzessionäre und Elektrofirmen mit bis zu 10 Mitarbeitern als unsere primäre Zielgruppe.“ (Bild: www.i-magazin.com)

Was verstehen Sie unter »mittelfristig«? Immerhin gelten Schauräume als die wohl größten Industrie-Magnete.

Skrebic: Wir gehen mit elektromaterial.at Mitte des Jahres an den Start.

In der zweiten Hälfte dieses Jahres wird das Thema Schauräume auf der Agenda stehen,

mit der Zielsetzung, alles für den Bedarf eines privaten Einfamilienhauses zu präsentieren – Lampen, Leuchten, Ladestationen, LED-Dimmer, Schalterprogramme, Smart Home-Lösungen, Audio-/Videosprechanlagen.

Michael Hubert, Vertriebsleiter www.elektromaterial.at: Konsumenten sollen sehen, was es alles gibt! Hauptproblem heute ist ja, dass der sprichwörtliche »Häuslbauer« das große Angebot nicht mehr erfassen kann. Er wird dahingehend auch zu wenig informiert und beraten. Hier werden wir punkten.

Skrebic: Es wird nicht notwendig sein und ist auch nicht geplant, alle 24 Schauräume mit Elektromaterial auszustatten. Man wird gezielt Locations auswählen, um an diesen Standorten die Möglichkeiten der Haustechnik erlebbar zu machen. Wir sehen da sehr großes Potenzial für die gesamte Wertschöpfungskette.

Sie betrachten Handwerksunternehmen mit einer Doppelkonzession als ihre Zielgruppe – von wie vielen Doppelbetrieben sprechen wir eigentlich?

Franz Schantl, Einkaufsleiter www.elektromaterial.at: Von ungefähr 600 echten Doppel-Konzessionären. Wenn wir von Betrieben sprechen, die zusätzliche Elektrikarbeiten anbieten, dann rund 5.000.

Um auf das »Leistungsprinzip« zu sprechen zu kommen: Wer zieht nun wirklich einen Vorteil daraus, bei elektromaterial.at einzukaufen?

Stadlhofer: Wir gehen davon aus, dass der Installateur, der auch Elektrobedarf hat, insofern einen riesigen Vorteil hat, als er seine »konventionelle Schiene« nützen kann – logistisch gemeint: selbe Anlieferung, selbe Logik von der Prozessabwicklung. Den größten Nutzen zieht allerdings der kleine Elektrobetrieb, der vielleicht aktuell kein so gutes Service am Markt bekommt.

Franz Schantl, Einkaufsleiter www.elektromaterial.at: „Uns unterscheidet von anderen Großhändlern, dass wir nicht x verschiedene Marken desselben Materials im Sortiment haben, sondern nur ein bis maximal zwei.“ (Bild: Frauenthal)

Schantl: Ja genau, unsere besondere Unterstützung gilt den »kleinen Elektrobetrieben«. Sie werden die größten Nutznießer von elektromaterial.at sein. Denn in der Regel werden diese Kunden vom Elektrogroßhandel unzureichend oder gar nicht betreut und mit ebenso wenig Augenmerk konditionell eingestuft. Bei uns wird jeder Kunde – auch der Kleinunternehmer – einen fairen Preis erhalten und selbst entscheiden können, ob er einen aufpreispflichtigen höheren Servicegrad in Anspruch nehmen möchte. Denn aktuell fallen sie in der Regel durch den Rost, weil der Großhandel bisher der Meinung war, dass die Zielgruppe aus wirtschaftlichen Gründen zu klein für eine Zustellung oder ein Beratungsservice ist – es rechnet sich für den Großhandel einfach nicht, ihnen das gleiche Service zukommen zu lassen wie den größeren Unternehmen.

Skrebic: Wir sprechen schlussendlich jeden im B&B-Bereich an, der einen Bedarf an Elektromaterial hat und dabei selbstverständlich auch jene Elektriker, die derzeit vom klassischen Elektrogroßhandel Material beziehen.

In abgespeckter Form heißt: weniger Dienstleistung?

Stadlhofer: Nein, das heißt kundenspezifisch. Der Kunde entscheidet, ob er viel Leistung haben will, für die er auch gerne bereit ist zu zahlen, oder weniger zum besten Preis. Wahrscheinlich ist die günstigste Art und Weise, die Ware zu bekommen, im Webshop bzw. im Zentrallager zu bestellen und sie am nächsten Tag in der Früh im Abholshop abzuholen.

Wie viele Abholshops gibt es?

Skrebic: Frauenthal hat 84 Abholstandorte und über 100 Abholstationen in ganz Österreich. Wenn z. B. ein Kunde aus Eisenstadt am Abend bestellt, kann er die Ware morgen ab sieben Uhr früh im ISZ Eisenstadt, oder an jedem anderen der über 100 Abholstationen, abholen!

Sie haben durchblicken lassen, dass Sie zwischen 5.000 und 7.000 Produkte führen werden – ist das denn realistisch? Wird es nicht deutlich mehr sein müssen?

Schantl: Das ist die Anzahl an Artikeln, mit der wir starten werden – quasi unser Kernsortiment. Uns unterscheidet von anderen Großhändlern jedenfalls, dass wir vergleichbare Artikel nicht von 5 oder 10 verschiedenen Herstellern im Sortiment haben, sondern nur ein bis maximal zwei Marken. Durch diese Konzentration ist es uns auch möglich, mit einem gut ausgewählten Kernsortiment einen sehr hohen Prozentsatz des täglichen Bedarfs unserer Kunden abzudecken.

Michael Hubert, Vertriebsleiter www.elektromaterial.at: „Wir werden die Erfahrungskurve durchlaufen und währenddessen Kurskorrekturen vornehmen und das Konzept dementsprechend justieren und adaptieren.“ (Bild: www.i-magazin.com)

Hubert: Wir werden in den nächsten drei Monaten das Sortiment definieren und entwickeln. Derzeit führen wir »Sondierungsgespräche« mit verschiedenen Herstellern und Lieferanten. Das Konzept ist noch nicht in Stein gemeißelt. Wir haben eine gute Idee, wissen, wo wir hinwollen. Wir werden die Erfahrungskurve durchlaufen und währenddessen Kurskorrekturen vornehmen und das Konzept dementsprechend justieren und adaptieren.

Welche Umsatzerwartungen haben Sie?

Stadlhofer: Natürlich gibt es die. Wir sind erfahren genug zu wissen, dass ein Projekt nur funktionieren kann, wenn man ihm Zeit gibt. Für mich ist wichtig, dass die Prozesse stabil sind, dass wir einen tollen Shop haben, dass die Leistungsfähigkeit passt. In dem Moment, wo wir auf den Markt gehen und sagen: „ab heute können wir liefern“, muss das Ganze auch funktionieren. Eine Zahl werde ich aber nicht nennen. Was ich sagen kann, ab 2021 wollen wir definitiv Geld verdienen.

Wie viele Mitarbeiter wird www.elektromaterial.at gegen Ende des Jahres haben?

Hubert: Fünf sind geplant. Diese kümmern sich um das Category-, Produktmanagement, die (Stamm-)Daten-Pflege…

Stadlhofer: Nicht zu vergessen, die Armada hinter uns. Frauenthal Service macht die IT, den Shop, den Finanzbereich, die Kundenanlage, Logistik… Die Frauenthal wird heuer mit den drei Marken Kontinental, SHT, ÖAG die 700-Millionen-Grenze überschreiten – mit 1.600 Mitarbeitern, also ordentlicher Manpower und Know-how. In dieser Größenordnung gibt es keinen anderen technischen Großhandel.

Wie wird das Verhältnis zu den anderen Marken von Frauenthal sein?

Skrebic: Wir werden mit dem digitalen Kanal starten und nachgelagert das Sortiment für die anderen Tochterfirmen öffnen. Ab dann kann jeder Kunde der Frauenthal, zum Beispiel eine Baufirma, entscheiden, ob er Elektromaterial bei seinem Vertriebsmitarbeiter der Kontinentale, ÖAG oder SHT oder eben über elektromaterial.at bezieht. Tatsache ist, dass das Sortiment in allen Vertriebskanälen der Frauenthal geöffnet wird. Es wäre falsch, funktionierende Geschäftsbeziehungen und gute Kontakte nicht für das Elektrosegment zu nutzen! Deshalb ist der Erfolg des gesamten Projekts für mich nicht nur am Erfolg von elektromaterial.at zu bemessen, das zweifellos unser Flaggschiff und Hauptabsatzkanal in Bezug auf Elektromaterial ist, sondern auch daran, wie sehr es uns gelingen wird, Elektromaterial in Summe über alle vier Marken inklusive der Abholstandorte und Schauräume in den Markt zu bringen. Freilich wird zu beachten sein, das angestammte Kerngeschäft nicht zu verwässern, sondern zu erweitern.

Meine Herren, vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Informationen auf:

www.elektromaterial.at

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