Balkonkraftwerke, also kleine Photovoltaikanlagen für den Balkon, sind vor allem bei Mieter:innen sehr beliebt. Kein Wunder, denn für sie sind die Balkonkraftwerke eine der wenigen Möglichkeiten, Photovoltaik-Strom selbst zu produzieren. Elektriker hingegen teilen die Begeisterung nicht – sie haben schwere Sicherheitsbedenken, wie der ORF berichtete. Die Hersteller hingegen widersprechen. Doch was genau ist das Problem bei den Balkonanlagen?
Photovoltaik-Anlagen fürs Dach sind für viele Menschen zu teuer. Wem das Dach, unter dem er wohnt, nicht selbst gehört, kann über die Anbringung einer PV-Anlage selbst bei ausreichenden finanziellen Mitteln nicht selbst entscheiden. Balkonanlagen hingegen sind von dieser Seite aus – meistens – kein Problem. Die Mietervereinigung empfiehlt dennoch, zur Sicherheit die Zustimmung des Vermieters einzuholen. Auch die Hausverwaltung sollte vorab informiert werden. Die Installation ist denkbar einfach, zumindest in der Theorie: Die Anlage wird mit einem Schuko-Stecker einfach an die Steckdose angesteckt. Mit dem so produzierten Sonnenstrom wird die Menge der aus dem Netz bezogenen Energie reduziert – der Stromzähler läuft langsamer.
Innung der Elektriker kritisiert Hersteller
Hersteller werben damit, dass für die Installation und Inbetriebnahme kein Elektriker notwendig sei. Die Nachfrage ist hoch, die Baumärkte geraten in Lieferschwierigkeiten, wie der ORF Ende September berichtete. Experten aus der Wirtschaftskammer äußerten jedoch Sicherheitsbedenken und rieten dringend davon ab, Balkonanlagen als Laie eigenständig in Betrieb zu nehmen. „Manche kommen aufgrund der extremen Strom- und Gaspreise und der eher geringen Leistung der einzelnen Anlage auf die Idee, mehrere Anlagen zusammenzustecken, ohne sich auszukennen“, so Stephan Preishuber, Landesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude, Alarm- und Kommunikationstechniker Oberösterreich. Das sei im wahrsten Sinne des Wortes »brandgefährlich«. Auch sei es eine schlechte Idee, etwa mehrere Heizstrahler aufzustellen und dadurch zu viel Last durch das Balkonkraftwerk ausgleichen zu wollen. Unabhängig von der aktuellen Gesetzeslage – die noch einige Fragen offen lässt – raten Elektriker prinzipiell davon ab, Balkonanlagen in Eigenregie aufzustellen. Das i-Magazin berichtete bereits im Frühsommer. Elektrotechnikermeister und Geschäftsführer von smartEtec Markus Jazek führte damals aus: „Es kann gefährlich werden, ein Photovoltaik-Panel ohne jede Prüfung einfach so anzustecken, wenn man den Anlagenzustand nicht kennt.“ Außerdem sei es „auf jeden Fall zu vermeiden“, das Balkonkraftwerk über ein Verlängerungskabel zu betreiben, wenn keine Steckdose am Balkon vorhanden ist: „Leitungslänge, Leitungsquerschnitt und IP-Schutz (Witterungsbeständigkeit) haben großen Einfluss auf die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Anlage.“
Wer eine PV-Anlage betreibt, haftet
Laut ORF-Bericht weisen die Hersteller die Bedenken der Elektriker zurück – diese seien unbegründet. Landesinnungsmeister Preishuber hat für die Positionierung der Hersteller kein Verständnis: „Oft steht in den Bedienungsanleitungen selbst drin, dass die Anlage von einer Fachkraft installiert werden muss.“ Unter diesem Aspekt erscheint es unverständlich, dass die Hersteller in Werbung und Öffentlichkeitsarbeit darauf beharren, dass dies unnötig sei. Der für Verbraucher vielleicht entscheidende Punkt: Wer eine Anlage betreibt, haftet grundsätzlich für deren ordnungsgemäßen Gebrauch und die Sicherheit – egal, ob die Anlage groß oder klein ist und ob sie auf dem Dach oder am Balkon montiert wird. Markus Jazek von smartEtec empfiehlt daher jedem, der eine Balkonanlage nutzen möchte, im eigenen Interesse vor Inbetriebnahme einen Prüfbefund durch einen Elektriker ausstellen zu lassen.