Der Wandel der Energiemärkte, das Aufkommen erneuerbarer Energieträger, die zunehmende dezentrale Energieerzeugung, neue Formen der Energieumwandlung und Energiespeicherung sowie die verstärkte Digitalisierung bringen massive Herausforderungen für die Akteure am Energiemarkt. Gleichzeitig bieten sich durch die neuen Technologien große Chancen, um Stromversorgung abzusichern und, intelligente und digitale Lösungen sowie innovative Geschäftsmodelle umsetzen zu können.
Das Stromnetz muss automatisiert und zu einem Smart Grid ausgebaut werden, um die Versorgungssicherheit hoch zu halten und die Stromversorgung in der gewohnten Qualität auszubauen. Ein wesentlicher Faktor wird dabei für den Erfolg immer wichtiger: Das Internet of Things (IoT). MindSphere ist das cloudbasierte, offene IoT- Betriebssystem von Siemens, das Produkte, Anlagen, Systeme und Maschinen verbindet und es ermöglicht, die Fülle von Daten aus dem IoT mit umfangreichen Analysen zu nutzen.
Unter dem Motto »Unlock the full energy potential« präsentierte Siemens daher am 28. Juni 2018 über 400 Gästen zukunftsweisende Technologien und Lösungen für die Energiebranche in der Wiener Unternehmenszentrale Siemens City. Am Podium sprachen neben Siemens-Experten unter anderem Martin Graf (Vorstandsdirektor Energie Steiermark), Thomas Maderbacher (Geschäftsführer Wiener Netze), Jürgen Schneider (Unternehmenssprecher und Prokurist der Umweltbundesamt), Michael Strebl (Geschäftsführer Wien Energie), Andreas Schneemann (Geschäftsführer Energiekompass) und Christoph Czaby (Business Manager Energy Solutions, Rexel Austria). Als besonderes Highlight haben die »Science Busters« Elisabeth Oberzaucher und Martin Puntigam gemeinsam mit den Besuchern einen humorvollen Exkurs in die Welt der Wissenschaft gestartet.
Rexel ist neuer Energiesparchampion
Rexel Austria wird mit Hilfe von Siemens MindSphere in seinem Logistikzentrum nachhaltiger wirtschaften und pro Jahr bis zu 15 Prozent Strom einsparen. Das entspricht umgerechnet dem Jahresverbrauch von 40 Einfamilien-Haushalten. Die Investition amortisiert sich in zwei Jahren. Gleichzeitig kann Rexel Austria 60 Tonnen CO2 einsparen. Der Effizienzgewinn wird erzielt, indem eine Reihe installierter Energiemessgeräte den aktuellen Stromverbrauch in das IoT-Betriebssystem MindSphere melden. Eine eigene App, die von Siemens-Entwicklern aus Österreich in enger Zusammenarbeit mit Rexel programmiert wird, analysiert diese Werte und macht Einsparpotentiale ausschließlich für Rexel sichtbar. Siemens erhält bei diesem Vorgang keinen Zugriff auf die Daten. Auf diese Weise hilft Siemens Rexel, den Stromverbrauch effizient zu steuern und nebenbei auch ein neues Geschäftsmodell aufzubauen: Rexel plant, diese Technologie an einem weiteren unternehmenseigenen Standort einzusetzen und die Stromspar-Lösung in Zukunft selbst an andere KMUs aller Branchen zu vertreiben.
Gebäude sprechen mit uns
Durch die IoT-Technologie können wir die Sprache der Gebäude verstehen – und Gebäude haben viel zu sagen. Über 500 Megabyte an Daten werden von einem typischen Bürogebäude pro Tag übermittelt. Durch die Analyse der Daten kann Siemens wie ein Doktor für Gebäude verstehen, wie es den Gebäuden geht. Natürlich geht dabei auch um das Wohlbefinden der Nutzer: Um die Wünsche und die Bedürfnisse der Nutzer an das Gebäude mit diesem in Gleichklang zu bringen, hilft das Building Information Model (BIM). BIM ist eine dreidimensionale Komponente, also der digitale Zwilling eines Gebäudes, der zeigt, wo grade was passiert, wo sich die Menschen im Gebäude aufhalten und dementsprechend auch, welcher Raum grade gekühlt werden muss oder wo die Lüftung eingeschaltet werden sollte. Wenn sich niemand in einem Raum aufhält, muss dieser auch nicht beheizt werden: Die Kostenersparnis hier ist enorm. Außerdem zeigt BIM ob es grade (oder in baldiger Zukunft) ein Gebrechen im Gebäude gibt, das schnellstmöglich behoben werden sollte. BIM hilft laut Siemens die Betriebskosten zu senken und gleichzeitig den Komfort in einem Gebäude zu erhöhen.
Die intelligente letzte Meile
Das industrielle Internet of Things ist der Wegbereiter für die Energieinfrastruktur von morgen. Das Forschungs- und Entwicklungs-Joint Venture in der Seestadt Aspern hat laut Siemens erst kürzlich einen Meilenstein in der Stadtentwicklung der Zukunft erreicht. Mehr als 100 Messsensoren wie beispielsweise Smart Meter und Ortsnetztransformatoren erfassen dort die aktuelle Netzsituation und liefern gemeinsam mit Sensoren in den Gebäuden, Wetterdaten und weiteren Informationsquellen – insgesamt über 1,5 Millionen Messwerte pro Tag. Die beiden Forscher Andreas Lugmaier von Siemens Corporate Technology und Andreas Kupzog vom Austrian Institute of Technology haben eine Software entwickelt, die aus einer sehr großen Menge an Daten erkennt, welche Wege der Strom im Niederspannungsnetz nimmt. Es ist nämlich so: Die derzeitigen Niederspannungsnetzte werden praktisch blind betrieben. Die Stromnetzbetreiber zählen im Wesentlichen nur, wie viele neue Kunden hinzukommen und schließen so daraus, ob das Netz verstärkt werden muss. In den Straßen stehen Verteilerkästen, in welchen sich manuell bedienbare Schalter befinden, mit denen sich die Energieflüsse im Niederspannungsnetz lenken lassen. Um zu erkennen, in welchem Schaltzustand sie aktuell sind, gab es früher nur eine Möglichkeit: Servicetechniker mussten Umschaltungen genau dokumentieren oder notfalls vor Ort nachsehen. Eigens eine Kommunikationsstruktur aufzubauen, wäre oftmals viel zu aufwendig. Um jedoch das zukünftige Stromnetz effizienter und fit für erneuerbare Energien, Batterieheimspeicher oder Elektromobilität zu machen, werden mehr Informationen benötigt. Mithilfe von Technologien, die auf dem industriellen Internet of Things (IoT) basieren, können diese Informationen laut Siemens in Zukunft viel einfacher gesammelt werden.