Nach 35 Jahren im Elektrogroßhandel verabschiedet sich Hans Gruber in den Ruhestand. Als Geschäftsführer von H. Gautzsch Österreich hat er das Unternehmen maßgeblich geprägt und expandiert. Sein Nachfolger, René Schuster, bringt langjährige Erfahrung mit und will den eingeschlagenen Wachstumskurs weiterführen. Im Interview sprechen die beiden über Herausforderungen, Strategien und die Zukunftspläne von H. Gautzsch in Österreich.
Interview: Thomas Graf-Backhausen
Es ist eine Zeitenwende bei H. Gautzsch Österreich: Hans Gruber, der das Unternehmen in den letzten Jahren erfolgreich geführt und ausgebaut hat, verabschiedet sich in den Ruhestand. Doch der Übergang ist gut vorbereitet – mit René Schuster übernimmt ein erfahrener Branchenkenner die Geschäftsführung. Schuster, bisher Geschäftsführer von H. Gautzsch Graz, setzt auf Kontinuität, aber auch auf neue Wachstumschancen. Wie er die Zukunft des Unternehmens sieht, welche Herausforderungen er erwartet und welche Expansionspläne bereits konkret sind, verraten die beiden im Gespräch.
Herr Gruber, wie sieht Ihre aktuelle Situation aus? Gehen Sie in Kürze in den Ruhestand oder bleiben Sie dem Unternehmen noch im Modell Altersteilzeit erhalten?
Hans Gruber: Ich bin mittlerweile seit rund 35 Jahren im Elektrogroßhandel tätig und war mein ganzes Berufsleben lang viel unterwegs. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich lange genug gearbeitet habe und nun mehr Zeit für meine Familie haben möchte. Dank der Firma H. Gautzsch konnte ich in eine Vorruhestandsregelung eintreten. Das bedeutet, dass ich offiziell zum 31. März ausscheide, jedoch weiterhin bis Februar 2029 Teil des Unternehmens bleibe. Mit 65 Jahren, am 1. März 2029, gehe ich dann endgültig in Rente.
Können Sie uns einen kurzen Rückblick auf Ihre Karriere bei H. Gautzsch geben? Wie sah die Situation aus, als Sie dort angefangen haben?
Gruber: Ursprünglich begann meine berufliche Laufbahn bei der Firma Fröschl, wo ich im Außendienst tätig war. Dort habe ich das Geschäft von Grund auf gelernt – vom Lager über den Innendienst bis hin zum Außendienst und schließlich zur Niederlassungsleitung. Als ich zu Rexel Deutschland wechselte, war ich vermutlich der jüngste Niederlassungsleiter überhaupt. Rückblickend fühlt es sich an, als wäre das gar nicht so lange her. Später war ich als Regionalleiter in Bayern tätig, bevor ich mich entschied, zu H. Gautzsch zu wechseln. Dort erlebte ich eine spannende Zeit, denn innerhalb von nur sechs Monaten wurden acht neue Niederlassungen eröffnet.
Wann begann Ihr Engagement in Österreich?
Gruber: Im Jahr 2017 übernahmen wir die Firma Schantl, die kurz vor der Insolvenz stand. Damals dachten wir, als Mitegro-Mitglied könnten wir einfach unseren bestehenden Artikelstamm auf Österreich übertragen – doch so einfach war es nicht. Also haben wir kurzerhand in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen eigenen Artikelstamm für den österreichischen Markt entwickelt – und das in nur zwei Wochen. Heute sind wir gut aufgestellt und bereit, uns den Marktanforderungen zu stellen. Deshalb blicken wir nach vorne und setzen auf weiteres Wachstum. Nach der Übernahme von Schantl folgte die Integration der TEG, die Eröffnung einer Niederlassung in Linz und der Aufbau von Assistec in Graz. Zudem wurde in Himberg ein Zentrallager errichtet und vor zwei Jahren die Firma Hausberger in Innsbruck übernommen.
Sind weitere Übernahmen geplant?
Gruber: Es ist eine spannende Herausforderung, Unternehmen in eine neue Richtung zu führen und gleichzeitig neue Mitarbeiter zu gewinnen. Besonders freut es mich, dass ich meinem Nachfolger ein starkes, engagiertes Team übergeben kann. Unser Ziel war und ist es, weiter zu wachsen. Derzeit laufen Gespräche über mögliche Standorte, unter anderem in Wiener Neustadt, St. Pölten, Hartberg und Salzburg. Zudem wollen wir die Distanz zwischen Graz und Wien weiter verkürzen und prüfen die Möglichkeit, in Wien eine weitere Niederlassung zu eröffnen. Die Expansion von H. Gautzsch ist also noch lange nicht abgeschlossen. Gleichzeitig freuen wir uns über Bewerbungen von erfahrenen Fachkräften aus dem Großhandel, die unser Team verstärken möchten.

„Unser Ziel ist es, die Expansion in Österreich weiter voranzutreiben und das Konzept der eigenständigen Einheiten mit geschäftsführenden Gesellschaftern weiter auszubauen“, so René Schuster. (Bild: H. Gautzsch Österreich)
Herr Schuster, seit wann sind Sie bei H. Gautzsch tätig?
René Schuster: Ich bin seit 2017 dabei, also von Anfang an. Meine berufliche Laufbahn begann vor rund 20 Jahren bei Elin Hagemeyer. Später übernahm ich die Leitung der GFI-Niederlassung in Linz, bevor ich zur Firma Schantl wechselte. Von dort führte mich mein Weg schließlich zu H. Gautzsch.
Welche Aufgaben übernehmen Sie als Nachfolger von Hans Gruber?
Schuster: Unser Ziel ist es, die Expansion in Österreich weiter voranzutreiben und das Konzept der eigenständigen Einheiten mit geschäftsführenden Gesellschaftern weiter auszubauen. Dafür gilt es, die richtigen Personen zu finden, die diesen Weg mit uns gehen.
Gruber: Ich freue mich sehr, dass René die Geschäftsführung in Österreich übernimmt. Er bringt nicht nur viel Erfahrung mit, sondern weiß auch genau, wovon er spricht. Er kennt die Branche seit vielen Jahren, hat das richtige Gespür für den Markt – und vor allem das Herz am richtigen Fleck. Ich bin überzeugt, dass er H. Gautzsch Österreich weiter voranbringen und den erfolgreichen Kurs fortsetzen wird.
Welche Befugnisse haben Hans Gruber und René Schuster innerhalb der Einzelgesellschaften?
Schuster: Wir sind für die Einkaufsverhandlungen verantwortlich und legen die strategische Ausrichtung für Österreich fest – also die Richtung, in die sich unsere Niederlassungen entwickeln sollen. Dennoch agieren die Geschäftsführer vor Ort eigenständig und haben die Freiheit, ihre Standorte individuell zu gestalten.
Was bedeutet das konkret? Wer entscheidet über neue Mitarbeiter?
Schuster: Bei uns gilt das Vier-Augen-Prinzip. Das bedeutet, dass jede Entscheidung über Neueinstellungen gemeinsam getroffen wird – der Geschäftsführer der jeweiligen Niederlassung klärt das mit der Geschäftsführung Österreich ab.
Wie geht H. Gautzsch vor, wenn eine Niederlassung nicht gut läuft?
Schuster: Unser Ziel ist es, jede Niederlassung rentabel zu machen. Wir haben bereits Erfahrung mit Standorten gesammelt, die anfangs nicht profitabel waren. Wir wussten nicht immer von Beginn an, worauf wir uns einlassen, doch inzwischen haben wir ein bewährtes System, das uns hilft, schnell zu erkennen, welche Stellschrauben justiert werden müssen. Durch den Einsatz moderner Technologien und Künstlicher Intelligenz können wir gezielt Kostenstellen analysieren und Anpassungen vornehmen, um wirtschaftlichen Erfolg zu sichern.
Werden Sie hauptsächlich in Wien oder in Graz vor Ort sein?
Schuster: Ich werde meine Zeit zwischen Wien und Graz aufteilen. Im Gegensatz zu Hans werde ich etwa die Hälfte meiner Zeit an jedem dieser Standorte verbringen. Zudem werde ich regelmäßig in den Niederlassungen unterwegs sein, um direkt vor Ort zu sehen, wo es Herausforderungen gibt und welche Themen besonders wichtig sind. Die Expansion nimmt natürlich ebenfalls viel Zeit in Anspruch.
Wird es in Salzburg noch in diesem Jahr eine Niederlassung geben?
Schuster: Wir arbeiten intensiv daran. Für jede unserer Einheiten mit idealerweise 5 bis 10 Mitarbeitern suchen wir engagierte Fachkräfte, die sich als geschäftsführende Gesellschafter verwirklichen und aktiv zum Erfolg beitragen wollen. Uns sind Menschen wichtig, die anpacken und – falls sie das Know-how nicht bereits mitbringen – bereit sind, sich dieses anzueignen.
Angesichts der herausfordernden Verkehrssituation im Norden Wiens – gibt es dafür konkrete Pläne?
Schuster: Das werden wir sorgfältig prüfen. Unser Ziel ist es, einen strategisch passenden Standort vor den Toren Wiens zu finden, der sowohl für unsere Kunden als auch für unsere Mitarbeiter gut erreichbar ist. Natürlich lässt sich das Verkehrschaos nicht vollständig vermeiden, aber wir möchten eine Lösung finden, die die Anfahrtswege so angenehm wie möglich gestaltet.
Welche Produkte sollen für die Abholung vor Ort verfügbar sein?
Schuster: In Österreich haben wir bereits ein funktionierendes Abholkonzept. Zum Beispiel gibt es in Graz ein Abhollager mit rund 2.500 Artikeln, das täglich vom Zentrallager beliefert wird. Unsere Logistik basiert auf einem speziellen System zur Bedarfsermittlung, das sicherstellt, dass die Niederlassungen jede Nacht mit den notwendigen Produkten nachbestückt werden. Gleichzeitig bleiben wir flexibel: Falls an einem Standort mehr oder weniger Ware benötigt wird, können wir durch manuelle Anpassungen schnell reagieren.

Neben verschiedenen Übernahmen und Niederlassungseröffnungen wurde auch ein Zentrallager in Himberg bei Wien errichtet. (Bild: H. Gautzsch Österreich)
Wie sieht die Situation in Linz aus?
Schuster: In Linz gibt es kein Abhollager, die Versorgung erfolgt ausschließlich über den Shuttle-Service aus Himberg.
Gruber: Letztlich entscheidet der Geschäftsführer vor Ort, wie seine Niederlassung organisiert wird. In Linz wurde bewusst die Entscheidung getroffen, ein reines Vertriebsbüro zu führen. Ob sich das in Zukunft noch ändert, ist derzeit offen.
Schuster: Die Geschäftsführer haben innerhalb ihres Verantwortungsbereichs Gestaltungsfreiheit. Wir geben zwar Empfehlungen auf Basis der Erfahrungen aus anderen Standorten, insbesondere in Bezug auf Lagerfläche oder Personalbedarf, aber letztlich ist es ihre Entscheidung. Falls jemand ein Vertriebsbüro bevorzugt, unterstützen wir das entsprechend.
Angesichts der unsicheren Marktentwicklung im Bereich Photovoltaik – wie kompensieren Sie den weggefallenen Umsatz?
Schuster: Einen vollständigen Ausgleich des Umsatzrückgangs kann es nicht geben, da verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Besonders der massive Preisverfall bei PV-Modulen ist kaum zu kompensieren. Wenn man sich aber die Verkaufszahlen ansieht, ist die Entwicklung für H. Gautzsch insgesamt dennoch zufriedenstellend. Unser Fokus liegt darauf, in anderen Bereichen zu wachsen – schließlich kommen wir ursprünglich aus dem klassischen Elektroinstallationsmaterial. Unser Ziel bleibt es, insbesondere Klein- und Mittelbetriebe zu unterstützen, die auf persönliche Betreuung Wert legen. Eine weitere Besonderheit ist die Firma Assistec AT, welche unseren Kunden maßgeschneiderte Verteileranlagen für sämtlich Einsatzgebiete anbieten und liefern kann. Ganz nach unserem Moto „Unsere Kunden sind unsere Arbeitgeber“.
Gibt es bei H. Gautzsch eine Mindestumsatzgrenze, ab der Kunden besucht werden?
Schuster: Nein, eine solche Vorgabe gibt es bei uns nicht. Wenn wir Potenzial in einem Kunden sehen, wird er betreut – unabhängig von seiner aktuellen Umsatzgröße. Dabei setzen wir nicht auf starr festgelegte, regelmäßige Besuche, sondern agieren bedarfsorientiert: Wir sind dort, wo unsere Kunden uns brauchen. Der klassische Außendienst, wie es ihn früher gab, wird in dieser Form nicht mehr existieren. Heute haben weder Kunden noch Vertriebsmitarbeiter die Zeit für regelmäßige Besuche ohne konkreten Anlass. Unsere Außendienstmitarbeiter verstehen sich vielmehr als Netzwerker, die die Verbindung zwischen Großhandel und Kunden aufrechterhalten und gezielt dort ansetzen, wo Bedarf besteht.
Planen Sie, die Bereiche Netzausbau und Infrastruktur weiter auszubauen?
Schuster: Im Bereich Trafostationen und ähnlicher Infrastruktur können wir für die Zulieferer agieren oder Materialien verkaufen. Der Netzausbau ist hingegen ein separates Thema, bei dem wir bereits mit einigen Energieversorgern und E-Werken gute Partnerschaften pflegen. Viele kleine und mittelgroße E-Werke in Österreich stehen derzeit vor einer entscheidenden Frage: Verkaufen sie an einen großen Energieversorger oder investieren sie in die Modernisierung des Netzes, um es in Zukunft zu besseren Konditionen veräußern zu können? Denn aktuell kommen viele Netze mit den Anforderungen, die durch den verstärkten Einsatz von PV-Anlagen, Stromspeichern und Ladeinfrastruktur entstanden sind, nicht mehr zurecht.
Was sind Ihre Wünsche und Ziele für die kommenden Jahre?
Schuster: Unser großes Ziel ist es, in ganz Österreich profitabel arbeitende Niederlassungen von Gautzsch zu etablieren. Daran arbeiten wir bereits intensiv, und wir wissen genau, an welchen Stellschrauben wir drehen müssen, um dieses Ziel zu erreichen.
Herr Gruber, Herr Schuster, vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Informationen auf: www.gautzsch-gruppe.at