Der Praxiseinsatz in Österreich:

Künstliche Intelligenz als Gamechanger in den Verteilnetzen

von Sandra Eisner
Foto: © Fotolia

Schon heute sind die Lastflüsse in den Verteilnetzen komplex und multidimensional. Mit der fortschreitenden Integration erneuerbarer Energien steigt der Bedarf an intelligenten Lösungen zur Netzstabilisierung. Hier kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel: Sie kann in den Netzen der Zukunft eine zentrale Rolle übernehmen.

Durch die Berechnung von Lastflüssen auf Basis aktueller Messwerte aus Trafostationen, Verbrauchern und Erzeugern sowie externer Daten wie Wetterprognosen können KI-gestützte Systeme zur Netzstabilität beitragen. Darüber hinaus ermöglichen sie eine präzisere Planung von Netzausbauten und eine gezielte Steuerung von Erzeugung und Verbrauch, um Lastspitzen abzufedern. Die kontinuierliche Selbstoptimierung solcher Systeme führt dazu, dass sie in Zukunft immer effektiver Engpässe verhindern können.

Praxiseinsatz in Österreich

KI bei der Kärnten Netz GmbH: Während KI in vielen Teilen Europas noch in der Erprobungsphase steckt, zeigt die Kärnten Netz GmbH (KNG) in Österreich bereits, wie sie im praktischen Betrieb einen echten Mehrwert schafft. Ein Paradebeispiel ist die automatisierte Bearbeitung von Anschlussanträgen für Photovoltaikanlagen. Dieser Prozess wurde von der KNG selbst entwickelt und vollständig digitalisiert.

Für die Analyse eines Antrags berechnet die KI die Lastflüsse für alle 160.000 Anschlussobjekte im Netzgebiet der KNG. Dabei kommen das Softwaretool MATLAB sowie elektrische und standortspezifische Daten aus dem Geoinformationssystem sowie Kundenstammdaten aus SAP zum Einsatz. Der Nutzen dieses Systems ist erheblich: Die Zeitspanne von der Plausibilitätsprüfung bis zum Angebotsversand konnte von zwei bis drei Tagen auf nur 30 Minuten verkürzt werden. Bislang wurden bereits mehr als 10.000 automatisierte Angebote für Photovoltaikanlagen erstellt.

Diese Innovation zeigt eindrucksvoll, wie KI nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch die Energiewende beschleunigen kann. Die Digitalisierung und Automatisierung von Netzprozessen könnte in Zukunft für viele weitere Netzbetreiber ein Vorbild sein.

Investitionen in Infrastruktur als Voraussetzung

Bevor solche KI-gestützten Systeme flächendeckend eingeführt werden können, bedarf es jedoch massiver Investitionen in die Infrastruktur. Die Erhebung und Verarbeitung von Daten erfordert eine leistungsfähige Mess- und Regelinfrastruktur, die in vielen Verteilnetzen bislang unzureichend ausgebaut ist. Laut der Europäischen Kommission müssen die Netzbetreiber in der EU bis 2030 mindestens 170 Milliarden Euro in die Digitalisierung der Netze investieren.

Deutschland als Vorreiter in der Forschung

Parallel zu diesen Investitionen wird in Deutschland intensiv an KI-gestützten Lösungen geforscht. So arbeiten unter anderem das Stadtwerk am See, die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) in Konstanz sowie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) an Prototypen von Niederspannungsreglern auf KI-Basis.

Zudem haben sieben deutsche Verteilnetzbetreiber eine Brancheninitiative gestartet, um eine spezialisierte KI-Plattform für Netzbetreiber zu entwickeln. Innerhalb der nächsten sechs Monate sollen erste Prototypen für vier verschiedene Use Cases implementiert werden.

EM-Power Europe als Plattform für den Wissenstransfer

Wer sich umfassend über die neuesten Entwicklungen im Bereich des Energie- und Netzmanagements informieren möchte, sollte die EM-Power Europe vom 7. bis 9. Mai 2025 in München besuchen. Die internationale Leitmesse präsentiert innovative Produkte und Lösungen für eine digitale und intelligente Energiewelt. Parallel dazu finden die Intersolar Europe, ees Europe und Power2Drive Europe statt, die zusammen Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft bilden.

Fazit: KI revolutioniert die Verteilnetze

Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in den Verteilnetzen wird in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen. Die Kärnten Netz GmbH zeigt bereits heute, wie KI in der Praxis funktionieren kann. Mit den richtigen Investitionen und Forschungsinitiativen könnte sich dieser Trend europaweit durchsetzen und die Effizienz sowie Stabilität der Stromnetze erheblich verbessern.

Quelle: EM-Power Europe vom 6.2.2025

Weitere Informationen auf: www.em-power.eu

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