Erneuerbaren Ausbau Gesetz liegt zur Begutachtung vor:

Großer Wurf oder doch danebengeworfen?

von Thomas Buchbauer

Bundesministerin Leonore Gewessler und Staatssekretär Magnus Brunner stellten heute 16.9.2020 den Entwurf des langersehnten Erneuerbaren-­Ausbau-­Gesetzes (EAG) vor, das eine Stromversorgung Österreichs mit 100% Ökostrom bis 2030 ermöglichen soll.

„Lange erwartet, dringend gebraucht“ betont etwa Oesterreichs Energie – die Interessensvertretung der E-Wirtschaft – in einer ersten Reaktion auf den Entwurf zum Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Ähnlich sieht man es auch beim Umweltdachverband, der vor allem den Ausbau der Photovoltaik begrüßt. Dass die beiden Verbände die Details dann doch unterschiedlich betrachten, liegt allerdings auf der Hand – wir gingen der Sache auf den Grund.

„Mit diesem Gesetzesvorschlag haben wir einen wichtigen energiepolitischen Meilenstein erreicht, der uns die Rahmenbedingungen für einen raschen Ausbau erneuerbarer Energiequellen liefert. Auch wenn es im Detail sicher noch Punkte gibt, die wir diskutieren müssen – dass dieses Gesetz mit Jahresbeginn in Kraft tritt, hat jetzt oberste Priorität“, erklärt der Verbund-Chef Michael Strugl in seiner Funktion als Präsident von Oesterreichs Energie,.

Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes, wiederum meint in einer ersten Reaktion zum Ergebnis: „Man merkt das ernsthafte Bemühen. Für einen großen Wurf und eine naturverträgliche Energiewende braucht es allerdings Nachbesserungen.“ Freude bereitet dem Verantwortlichen des Umweltdachverbandes der geplante Ausbau der Photovoltaik (PV): „Die finanziellen Anreize für Auf-Dach- und Gebäude-integrierte PV-Anlagen sollten gegenüber Freiflächenanlagen allerdings noch deutlich erhöht werden. Positiv hervorzuheben sind zudem eine Reihe geplanter organisatorischer Maßnahmen, wie die Gründung von Energie-Gemeinschaften als sinnvoller Turbo für dezentrale Energielösungen. Positiv bewerten wir zudem auch den erleichterten Netzanschluss und den vorgesehenen Netzinfrastrukturplan.“

Auch Oesterreichs Energie begrüßt den aktuellen Begutachtungsentwurf in vielen Punkten: „Es finden sich darin zentrale Forderungen des Verbandes wie etwa die Schaffung von Investitionssicherheit durch marktnahe, technologiespezifische Marktprämien oder transparente und faire Spielregeln für lokale Energiegemeinschaften, damit wir Bürgerinnen und Bürger zu Beteiligten machen können“, so Strugl.

Änderungswünsche parat

Maier ruft die Verantwortlichen auf, das EAG in einigen Punkten trotzdem zu überarbeiten – er fordert: 1. eine massive Verbrauchsreduktion, 2. die deutliche Effizienzsteigerung bei der Stromerzeugung nach dem Grundsatz, Modernisierung vor Neubau` und 3. die Abschaffung kontraproduktiver Förderungen und falscher Anreize. „Ohne konkrete Maßnahmen in diesen zentralen Themenfeldern bleiben die Energie- und Klimaziele unerreichbar“, so Maier.

Auch Strugl sieht aus der Sicht der E-Wirtschaft noch Nachbesserungsbedarf: „Es gibt Themen, die wir als Branche kritisch sehen. Dazu zählt etwa die geplante Einführung einer doppelten ökologischen Prüfung von Wasserkraftanlagen. Zusätzlich zur Prüfung im Genehmigungsverfahren soll es künftig eine weitere Prüfung im Zuge der Förderung geben. Damit würde das ohnehin schon schwer erreichbare Ausbauziel in diesem Bereich weiter in die Ferne rücken. Auch bei den Energiegemeinschaften droht bei einer Ausweitung auf regionale Modelle eine überproportionale Abwälzung der Kosten auf die Allgemeinheit“, so Strugl.

Naturgemäß anderer Meinung ist der Umweltdachverband in dem einen oder anderen Punkt: „In den Zielen des Regierungsprogramms wird versprochen, dass zukünftige Ökostromförderungen strengen Naturschutzkriterien unterworfen werden, um insbesondere im Bereich der Wasserkraft die bisherige undifferenzierte Gießkannenförderung zu stoppen. Dies wird mit den vorgesehenen Ausnahmebestimmungen, die sogar in Europaschutzgebieten neue Kraftwerke ermöglichen, nur teilweise gelingen. Faktum ist, dass nur mehr 15 % der Bäche und Flüsse ökologisch intakt und die Ausbaugrenzen für die Wasserkraft erreicht sind. Statt strikt auf Effizienzsteigerung und Modernisierung bestehender Kraftwerksstandorte zu setzen, wird es durch falsche Förderanreize neue Konflikte um die letzten freien Fließgewässer geben“, betont Maier.

Damoklesschwert »Netzreserve«?

Massive Probleme sieht Oesterreichs Energie vor allem auch bei den künftigen Regelungen zur Netzreserve: „Hier brauchen wir eine klare und längerfristige Grundlage für den Betrieb von Kraftwerken, die sich zwar nicht mehr rechnen, für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit aber weiter unerlässlich sind. Anstatt die Kosten der systemrelevanten Kraftwerke ersetzt zu bekommen, könnten ihnen künftig Zwangsverpflichtungen drohen. Wir brauchen eine verlässliche Lösung für die Netzreserve, die es uns künftig ermöglicht, die Stromversorgung unter allen Bedingungen – und bei allen Wetterlagen – zu sichern“, erklärt Strugl.

Irritierendes Sonderförderregime für Windkraft

Nachbesserungsbedarf sieht der Umweltdachverbrand vor allem auch in der Windkraft: „Bei der Windkraft ist sachlich nicht verständlich, warum hier als einzigem Sektor keine Ausschreibungsverpflichtung vorgesehen ist. Gemeinsam mit Förderungen für Projekte in windschwachen Gebieten scheint hier ein planwirtschaftliches Sonderförderregime innerhalb des EAG zu entstehen. Der Umweltdachverband wird im Rahmen des Begutachtungsverfahrens eine ausführliche Stellungnahme zum Gesetzesentwurf abgeben“, so Maier abschließend.

umweltdachverband.at

oesterreichsenergie.at

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