»Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus« – mit dieser Redewendung könnten einige Branchenbeobachter die letzten (turbulenten) Wochen rund um die Entwicklungen bei Signify zusammenfassen. Während langjährige Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, startet der Lichtspezialist in Österreich mit einem neuen Vertriebskonzept durch. Wir erfragten, welche grundlegenden Veränderungen der Umstrukturierung zugrunde liegen.
Interview: Thomas Graf-Zoufal und Thomas Buchbauer
Text: Mag. Sandra Eisner
Der Beleuchtungsprofi Signify geht neue Wege: Der überwiegende Teil des bisherigen Direktvertriebs wird nun von der Zentrale in Hamburg aus gesteuert, die für den gesamten DACH-Raum verantwortlich ist – vereinzelte Großkunden verbleiben in der Verantwortung der Wiener Kollegen. In Österreich wird darüber hinaus verstärkt auf Partnerschaften mit dem Elektrogroßhandel sowie ausgewählten Premiumpartnern gesetzt. Dieses neue Konzept ist Teil einer umfassenden Ausrichtung des Unternehmens auf das Angebot von digitalen Services und Beleuchtungslösungen. „Wir stärken in Zukunft unseren dreistufigen Vertrieb in Österreich. Hierzulande besitzen wir starke Partnerschaften im Handel, die über lange Jahre gewachsen sind und die wir weiter intensivieren“, erklärt Karsten Vierke, DACH-CEO Signify. Wie die Kunden weiterhin die gewohnte Qualität und Services erhalten und warum nur zusammen mit den Großhandelspartnern eine flächendeckende und individuelle Betreuung angeboten werden kann, lesen Sie im folgenden Interview.
Herr Vierke, die Maßnahme, das Vertriebskonzept bei Signify zu ändern, ist unseres Wissens eine, die über den gesamten DACH-Raum gezogen wird. Da die GH-Unternehmen in Österreich anders als in Deutschland aufgestellt sind, könnte Ihre Entscheidung in den Ländern allerdings unterschiedliche Auswirkungen haben. Womit rechnen Sie?
Karsten Vierke: Wir beurteilen die Märkte individuell, dennoch haben wir ein Vertriebskonzept, das in der gesamten DACH-Region eingesetzt werden soll. Natürlich werden auch die Partner-Märkte dementsprechend in Betracht gezogen werden.
Mit Rudi Koch und Norbert Kolowrat hat sich Signify von zwei langgedienten Spitzenkräften getrennt, die natürlich auch finanziell in einer eigenen Liga gespielt haben. Brancheninsider haben bereits seit Längerem gemutmaßt, wann Signify hier tätig wird. Worüber man sich jetzt allerdings wundert, ist, dass nun beide gleichzeitig gingen. Was ist der Grund für eine derartige Entscheidung?
Vierke: Herr Koch und Herr Kolowrat haben beide viele Jahre lang einen sehr wertvollen Beitrag geleistet – wofür wir sehr dankbar sind. Unsere Neuausrichtung ist eine Reaktion auf den derzeitigen Wandel in der Lichtindustrie. Die Einschränkung des Direktvertriebs brachte die Entscheidung mit sich, die betreffenden Bereiche nicht mehr mit Manager-Posten zu besetzen, da keine Führungsmitarbeiter mehr nötig sind.
Anfang des Jahres waren 37 MA in Wien tätig. Zukünftig werden es 27 Beschäftigte sein. Ende des Jahres rechnet man bei Signify in Wien mit der nächsten Kündigungswelle – schlussendlich sollen nur mehr ein paar wenige Vertriebsmitarbeiter in Ö tätig sein (ähnlich wie bei Osram) – heißt es aus gut informierten Kreisen. Ist das Ihre Reaktion auf die Billigflieger aus Asien?
Vierke: Das ist reine Spekulation. Wir setzen nun auf eine Konstellation, die unsere Partner stärkt. Dies bedeutet kein Ende, sondern – im Gegenteil – einen Neubeginn.
Mit der Beendigung der Zusammenarbeit mit Koch, Kolowrat & Co verzichtet Signify auch auf eine Menge an Wissen und zwischenmenschlichen Kontakten, die in keinem IT-System dieser Welt abgebildet sind. Ihre Mitbewerber reiben sich bereits die Hände. Gibt man diese Geschäftsbereiche nun völlig aus der Hand?
Vierke: Nein, wir werden auch weiterhin unsere Kunden mit erstklassigen Produkten von Philips und Systemen sowie Service-Verträgen von Signify versorgen. Es hat sich bloß der Vertriebsweg geändert, wir werden weiterhin bei den großen Endkunden vorstellig werden, eventuell jedoch nicht mehr in derselben Bandbreite wie bisher.
Die erste Reaktion Ihrer Partner aus dem GH über die Vertriebskonzeptänderung war vorerst positiv. Die Änderung – im Speziellen die Verkleinerung des Signify-Teams – hat nun allerdings auch zur Folge, dass der GH mehr Einfluss gewinnt. Wie wollen Sie mit der Situation umgehen?
Vierke: Der Großhandel ist ein langjähriger Partner von uns, wir sehen in dieser verstärkten Zusammenarbeit ein riesiges Potenzial: Wenn wir uns mehr auf unsere Partner konzentrieren, die im Gegenzug unsere Produkte spezifizieren, so können wir gemeinsam mehr Kunden bedienen als zuvor.
Gutes Licht ist ein Beratungsthema – warum zieht man sich aus einem Markt, in dem man gutes Geld verdienen könnte, zurück und stellt sich dem beinharten Produktgeschäft, das ausschließlich über den Preis zu gewinnen ist?
Vierke: Wir waren nie für unsere niedrigen Preise bekannt, sondern für qualitative Produkte, Systeme und Services. Wir möchten ein verlässlicher Partner sein und es war nie unser Ziel, bei Produkten und auch bei Serviceverträgen über die »Billig-Schiene« zu punkten. Wir werden weiterhin in dieser Liga mitspielen, da wird es keine großen Veränderungen geben. Durch den neuen Weg über unsere Partner, auf die wir uns fokussieren, hoffen wir, dass wir aus der Anzahl der großen Marktbegleiter im Licht-Bereich herausstechen werden.
Das Servicegeschäft erfordert ständige Entwicklungsarbeit im Rahmen der verschiedenen Projekte, die Hand in Hand mit Betriebsgeheimnissen einher gehen. Mitarbeiter sind in diesem Zusammenhang einer Verschwiegenheit unterworfen. Wie bewerkstelligt Signify diese Anforderungen, wenn man den GH hierzu einbinden muss?
Vierke: Es gibt keine Geheimnisse, denn es muss in unserem Interesse sein, dass unsere Partner in der Lage sind, den Verkauf am Markt ebenso gut zu gestalten wie wir. Es gibt nicht viel zu verstecken, denn als Partner müssen wir authentisch sein. Unsere Aufgabe ist es, spezifische Kenntnisse an unsere Partner zu vermitteln, sie zu schulen, nicht zuletzt um ihr Eigeninteresse zu wecken, unsere Produkte erfolgreich zu verkaufen.
Warum geht man nicht offensiv an das Thema heran und lässt sich auf spezielle Segmente des Consumer-Bereichs ein? – Stichwort Dienstleistung etwa in der Gartengestaltung oder für moderne Wohnraumleuchten inkl. Montage (Beispiel PV-Module inkl. Montage von Ikea zu einem Fixpreis).
Vierke: Kennzeichnend ist, dass es im Konsumentenbereich keine Probleme bei der Installation geben soll, die Produkte dürfen nicht zu kompliziert sein. Das hat bisher gut funktioniert.
Ist die Digitalisierung der Produkte und Systeme alleine das Allheilmittel in Zeiten, in denen täglich neue Player auf den Markt drängen, die einerseits angeben, mindestens genauso gute Lösungen anbieten zu können und andererseits wesentlich billiger sind?
Vierke: Der Markt wird sich ständig weiterentwickeln, doch es wird immer Bedarf an hochqualitativen Produkten geben. Wir gehen davon aus, dass unsere Strategie, durch konstante Innovationen einen Mehrwert zu bieten und dadurch immer eine Nasenlänge voraus zu sein, uns schützen wird. Wir wollen keinesfalls mit dem Strom der Masse schwimmen und über den Preis gehen. Wir stehen für Qualität und Innovation, darauf vertrauen unsere Kunden – aus diesem Grund besteht auch kein Zweifel daran, dass uns dieser Vorsprung in Zukunft verloren gehen könnte. Wir investieren jährlich 5 % unseres Umsatzes in Innovationen – und sorgen unter anderem so dafür, dass das Vertrauen in uns erhalten bleibt.
Herr Vierke, vielen Dank für das Gespräch!