Im vergangenen Jahr haben in Österreich 286.000 Kunden ihren Strom- oder Gaslieferanten gewechselt, das ist ein Plus von 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als sich 199.000 Strom- und Gaskunden einen neuen Anbieter suchten. „2016 haben so viele Kunden gewechselt wie nie zuvor“, sagt Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der Energieregulierungsbehörde E-Control, beim der heutigen Präsentation des Jahresberichts der E-Control 2016. Mit Jahreswechselraten von 3,6 Prozent bei Strom und 5,0 Prozent bei Gas wurden 2016 neue Rekordwerte erreicht. Die bisher meisten Wechsler gab es 2014, als sich rund 268.000 Strom- und Gaskunden einen neuen Anbieter suchten.
Oberösterreicher wechselten Strom- oder Gaslieferanten am häufigsten
Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl wechselten im vergangenen Jahr die Oberösterreicher am häufigsten ihre Strom- oder Gasanbieter: 5,8 Prozent suchten sich einen neuen Stromanbieter (58.600 Kunden) und 7,7 Prozent einen neuen Gaslieferanten (11.200 Kunden). Am zweithäufigsten wechselten die Steirer (Strom: 4,4 Prozent bzw. 40.700 Kunden, Gas: 7,4 Prozent bzw. 5.000 Kunden), gefolgt von den Kärntnern (Strom: 4,3 Prozent bzw. 17.000, Gas: 6,4 Prozent bzw. 900). Am seltensten wechselten ihren Strom- und Gaslieferanten die Vorarlberger, Tiroler und Salzburger.
Für 80 Prozent der Haushalte günstigerer Preis Grund für Wechsel
Die gestiegenen Wechselzahlen führt Urbantschitsch auf die sehr hohen Ersparnisse bei einem Anbieterwechsel zurück. „Für 80 Prozent der Haushalte, die ihren Strom- oder Gaslieferanten wechselten, war der günstigere Preis beim neuen Lieferanten der Grund für einen Wechsel“, sagt Urbantschitsch. Für neun Prozent war der saubere Strommix des Lieferanten ein Grund für den Wechsel. Das sind einige der Ergebnisse einer im Februar durchgeführten Umfrage von Peter Hajek unter 1.000 Personen, die repräsentativ für ganz Österreich ist.
Konsumenten können problemlos am Markt aktiv werden
90 Prozent der befragten Wechsler waren mit dem Lieferantenwechsel »sehr zufrieden« oder »zufrieden« und bejahten, dass dieser »rasch und unkompliziert« funktioniert habe. Rund ein Fünftel der Wechsler (18 Prozent) hat vor, zumindest innerhalb der nächsten zwölf Monate wieder den Anbieter zu wechseln. 70 Prozent der Wechsler beabsichtigen, »vorerst gar nicht«“ einen neuen Lieferanten zu suchen. 35 Prozent der befragten Wechsler gaben an, den Lieferanten online gewechselt zu haben mittels Ausfüllen eines Webformulars. Weitere 19 Prozent erklärten, den Wechsel mittels Absenden des unterschriebenen Vertrags per E-Mail erledigt zu haben, 28 Prozent erledigten das postalisch. (Der Rest gab keine Angabe bzw. konnte sich nicht erinnern.) „Bei den meisten Lieferanten ist der Wechsel mittlerweile bequem online möglich“, betont Urbantschitsch.
Versorgung funktioniert auch in schwierigen Situationen
Die Information über den vor Kurzem bekannt gewordene Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der Care Energy AG in Deutschland ist mittlerweile auch bei den österreichischen Kunden angekommen. „Natürlich ist es nicht erfreulich, wenn ein Energielieferant Insolvenz anmelden muss, aber zum Glück ist das österreichische Marktmodell so konzipiert, dass auch in einem solchen Fall nichts passieren kann. Kein Kunde muss sich daher fürchten, plötzlich im Dunkeln zu sitzen, wenn der eigene Lieferant insolvent ist. Auch für die Regulierungsbehörde war dies eine neue Situation, das hat es in den knapp 16 Jahren der Strommarktliberalisierung noch nie gegeben.“, erläutert Wolfgang Urbantschitsch. Die Anzahl der Anfragen bei der E-Control sind seit Bekanntwerden der Probleme von und mit Care Energy AG stark angestiegen. „In den vergangenen drei Wochen haben sich zahlreiche Konsumenten mit Fragen zu Care Energy an uns gewandt. Die Konsumenten haben sich bei uns erkundigt, welche Auswirkungen zu erwarten sind bzw. was sie tun sollen. Erfreulich dabei war, dass die Anrufer zwar alle sehr interessiert, aber kaum jemand wirklich beunruhigt war. Die Konsumenten haben offenbar Vertrauen in das System – und das zu Recht.“, so Urbantschitsch.
Noch Potenzial bei Nicht-Wechslern
Von den befragten Personen, die noch nie ihren Strom- oder Gaslieferanten gewechselt haben, haben 27 Prozent schon einmal einen Anbieterwechsel überlegt, 18 Prozent der Nicht-Wechsler können sich den Anbieterwechsel im heurigen Jahr vorstellen. Insgesamt haben rund 77 Prozent der heimischen Haushalte noch nie ihren Strom- oder Gaslieferanten gewechselt. „Etwa mehr als ein Viertel dieser Nicht-Wechsler wäre laut der Umfrage grundsätzlich wechselbereit“, betont Wolfgang Urbantschitsch. „Das wären hochgerechnet fast eine Million Haushalte.“ Mehr als 10 % der Haushalte haben außerdem bereits den Tarif bei ihrem Lieferanten gewechselt und so auch die internen Wahlmöglichkeiten genutzt.
Strom- und Gaskosten im Jänner günstiger als vor einem Jahr
Die gesamten Stromkosten (Energie, Netzkosten, Steuern und Abgaben) waren im Jänner 2017 für einen österreichischen Durchschnittshaushalt niedriger als vor einem Jahr, wie aus Berechnungen der E-Control hervorgeht (1). Verglichen zu Jänner 2016 sind die gesamten Stromkosten im Jänner 2017 im österreichweiten Schnitt für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden Strom um rund 3,6 Prozent günstiger. Die Gesamtkosten für Strom sanken um 26 Euro von 735 Euro im Jänner 2016 auf 709 Euro im Jänner 2017. Auch die gesamten Gaskosten fallen seit Jahresbeginn etwas geringer aus und reduzierten sich um drei Prozent. Die Gaskosten sind im Jahresvergleich um 33 Euro gesunken, von 1.112 Euro im Jänner 2016 auf 1.079 Euro im Jänner 2017, gerechnet für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresgasverbrauch von 15.000 Kilowattstunden. „Die Gesamtkosten für Strom und Gas sind im Jahresvergleich billiger geworden. Wie viel ein einzelner Haushalt tatsächlich für Strom und Gas bezahlt, hängt aber natürlich vor allem von dessen Verbrauch ab. Wer mehr Strom verbraucht als im Vorjahr, wird natürlich dementsprechend weniger von den geringeren Kosten je Kilowattstunde spüren.“, betont E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer. Und weiter: „Die hier dargestellte Berechnung bezieht sich direkt auf die Mehrheit der Haushaltskunden mit Fixpreisen. Dies unterscheidet sich von anderen – periodisch veröffentlichten – Preisberechnungen, die im Gegensatz dazu etwa Indizes der Großhandelspreise zugrunde legen und daher Veränderungen bei Netztarifen, Retailmargen und Steuern nicht betrachten.“
Niedrigere Ökostromkosten
Hauptgrund für die geringeren Stromkosten mit Jänner sind die niedrigeren Ökostromförderkosten. 2016 zahlte ein Haushalt für die Ökostromförderung bei einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden 120 Euro brutto, heuer werden es rund 100 Euro brutto sein. „Zudem haben viele Stromlieferanten im vergangenen Jahr ihre Energiepreise gesenkt“. Die Preise für die Stromlieferung (Energiepreis) sind daher derzeit im österreichweiten Schnitt um zwei Prozent billiger als im Jänner 2016, während die Netzkosten, die etwa ein Viertel der Stromrechnung ausmachen, weitgehend stabil blieben (+0,2 Prozent).
Gaspreissenkungen wirken sich aus
Bei Gas machen sich ebenfalls die Preissenkungen der Lieferanten bemerkbar. „Die Kosten für die Gaslieferung waren für einen Haushalt im Jänner im Schnitt um 8,7 Prozent niedriger als im Jänner 2016“, sagt Andreas Eigenbauer. Die Netzkosten, die 30 Prozent der Gasrechnung ausmachen, sind mit Jahreswechsel um sechs Prozent gestiegen. Die Steuern und Abgaben sanken bei Gas im Jahresvergleich geringfügig um 0,6 Prozent. Die Strom- und Gasrechnung für das heurige Jahr erhalten Konsumenten im darauffolgenden Jahr, also 2018. Wie hoch die Strom- oder Gasrechnung für den einzelnen Haushalt tatsächlich ausfällt, hängt vor allem davon ab, ob der Energieverbrauch im Vergleich zum Vorjahr gestiegen oder gesunken ist.
Deckelung der Ökostromförderkosten spart im Schnitt 80 Euro im Jahr
Um für einkommensschwache Haushalte Energie leistbarer zu machen, gibt es die Deckelung der Ökostromförderkosten. Einkommensschwache Haushalte, die Anspruch auf die Befreiung von den ORF-GIS-Gebühren haben, können mit dem Antrag auf Gebührenbefreiung gleichzeitig eine teilweise Befreiung von den Ökostromkosten beantragen. Sie zahlen dann verbrauchsabhängig lediglich bis zu 20 Euro pro Jahr an Förderbeiträgen, während ein österreichischer Durchschnittshaushalt rund 100 Euro brutto für Ökostromkosten bezahlt. „Bei einem durchschnittlichen Verbrauch spart sich ein Haushalt mit Ökostromkostendeckelung 80 Euro im Jahr“, betont Vorstand Eigenbauer. Die E-Control macht seit dem Frühjahr verstärkt auf diese teilweise Befreiung von den Ökostromkosten aufmerksam. „Damit wird die neue Strategie der E-Control in einem wichtigen Bereich konkretisiert“, betont Eigenbauer. Die Leistbarkeit von Energie nimmt neben dem bekannten Zieldreieck im Energiebereich bestehend aus Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, eine zunehmend wichtige Rolle ein. „Wir wollen daher ein großes Augenmerk auf die Leistbarkeit von Energie legen.“
Weitere Steigerung bei den ökostrombefreiten Haushalten
Laut Angaben der GIS sind derzeit 300.000 Haushalte von den Rundfunkgebühren befreit und etwa 129.000 dieser Haushalte waren per Ende 2016 auch von den Ökostromkosten teilweise entbunden. „Die Zahl jener Haushalte, die über die Möglichkeit der teilweisen Ökostrombefreiung Bescheid weiß, steigt zwar kontinuierlich an, rund 170.000 Haushalte nutzen dies aber noch nicht. Auch sie könnten ihre Stromrechnung leicht senken, wenn sie die teilweise Ökostromkostenbefreiung beantragen würden. Die E-Control informiert deshalb vermehrt über diese Möglichkeiten.“, so Andreas Eigenbauer. Voraussetzung dabei ist allerdings, dass jene Person im Haushalt, die von der GIS-Gebühr befreit ist, auch bei Strom der Vertragspartner ist.
Verbraucher sehen Energiesparpotenzial bei häufigerer Verbrauchsinfo
Am nachhaltigsten senken Haushalte ihre Energiekosten, wenn sie ihren Energieverbrauch reduzieren. „Die Konsumenten sehen durchaus Potenzial dafür, ihren Stromverbrauch zu senken, wenn sie durch digitale Stromzähler eine häufigere Information über ihren Stromverbrauch erhalten“, verweist Andreas Eigenbauer auf das Ergebnis einer ebenfalls im Februar durchgeführten Onlineumfrage von Integral im Auftrag der E-Control. Die Hälfte der Befragten möchte mindestens einmal im Monat über den Stromverbrauch informiert werden. „Derzeit erhalten die Stromkunden einmal im Jahr mit der Jahresabrechnung eine Info über ihren Stromverbrauch. Mit den digitalen Stromzählern erhalten Sie diese Info je nach Wunsch monatlich oder in noch kürzeren Abständen.“ Bei einer häufigeren Information über ihren Stromverbrauch sehen 71 Prozent der Befragten ein Potenzial, mehr Strom einzusparen. Eine höhere Energieeffizienz durch einen geringeren Energieverbrauch ist ein wichtiger Teil der E-Control-Strategie. Jeder zweite Befragte hat schon einmal von „Smart Meter“ bzw. „intelligenter Stromzähler“ gehört, die Hälfte noch nie. Für die Umfrage wurden 1.000 Personen online befragt, sie ist repräsentativ für österreichische Internetnutzer ab 18 Jahren.
Nach Schätzungen der E-Control sind derzeit rund 600.000 Smart Meter installiert. Das entspricht einem Ausrollungsgrad von rund 10 Prozent. Im Durchschnitt haben lediglich rund 1,5 % der Kunden von der Opt-Out Möglichkeit Gebrauch gemacht. Weiters zeigt sich, dass sich immerhin schon rund 13 % der Kunden für die Übertragung von 15-Minutenwerten, und sich somit für ein Opt-In entschieden haben.
Investitionen in Netz-Infrastruktur
Einer der Schwerpunkte in der neuen E-Control Strategie ist die Sicherstellung, dass sowohl für Netzbetreiber als auch für Netznutzer kurz- und langfristig angemessene Anreize bestehen, Effizienzsteigerungen bei der Netzleistung zu gewährleisten und die Marktintegration zu fördern. „Deshalb wird die E-Control die Regulierungsmodelle für den Strom- und Gasnetzbereich, neu entwickeln. Wichtig ist uns dabei einerseits eine stabile Grundlage für einen kosteneffizienten Netzausbau und -betrieb und andererseits müssen wir Anreize für den erforderlichen Netzausbau setzen.“, betont Andreas Eigenbauer. Und weiter: „Vor allem vor dem Hintergrund der Umstellung des Energiesystems ist dies unerlässlich.“ Dass diese Umstellung passiert sieht man nicht zuletzt am verstärkten Auftreten dezentraler Erzeugung, welche massive Auswirkungen auf die Netzkostentragung und Systemstabilität hat. Die derzeitige Netzentgeltstruktur wird in diesem Umfeld den Anforderungen an eine faire Kostenbelastung aller Netzbenutzer nur bedingt gerecht. „Deshalb hat die E-Control auch an einer Position hinsichtlich der zukünftigen Ausgestaltung dieser Netzentgeltsystematik gearbeitet, um so für die kommenden Herausforderungen gewappnet zu sein.“, erläutert Eigenbauer.
(Alle Fotos: E-Control, Georges Schneider)