Wer in einem Einfamilienhaus wohnt, kann sich autonom für oder gegen eine Wallbox entscheiden. Anders sieht es aus, wenn es um mehrere Wohneinheiten, Eigentümer und Haushalte geht. Um Herausforderungen und Lösungen für Ladeinfrastruktur im großvolumigen Wohnbau ging es beim E-Mobility & Real Estate Kongress am 12. September im ARES-Tower in Wien 22. Eingeladen hatte Payuca, ein Anbieter für intelligentes Parkraum- und E-Lademanagement. Was ist besser: Einzelanlagen oder Gemeinschaftsanlagen? Was bedeutet der erwartete Rückgang der Neuzulassungen von Elektroautos für den weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur? Und was hat Ex-ORF-Moderator Christian Clerici zur Mobilitätswende zu sagen?
„Der Wandel findet nur statt, wenn wir Lust darauf haben“, stellte Christian Clerici, Mitbegründer von vibe moves you, in seinem Vortrag auf dem E-Mobility & Real Estate Kongress 2023 klar. Vielen i-Magazin-Lesern dürfte Clerici als langjähriger TV-Moderator bekannt sein. Laut ihm gibt es meist nur zwei mögliche Gründe des Scheiterns: „Entweder das Produkt is a Schaß oder die Kommunikation passt nicht“, so Clerici. Er kenne niemanden, der ein Elektroauto getestet habe und dann seinen Diesel zurückhaben wollte. Die Mobilitätswende dürfe kein ideologischer Kampf sein. „Wenn du Leute begeistern willst, dann musst du gute Geschichten erzählen“, sagte Clerici. Es ginge nicht darum, „etwas fürs Klima“ zu tun. „Wir tun es für uns selbst, für unser eigenes Überleben.“
„Muss so einfach werden wie ein Netflix-Abo“
Dominik Wegmayer, Co-CEO des Gastgebers Payuca (oben im Bild), sprach über Digitalisierung und E-Mobilität im Mietwohnhaus. Payuca ist ein Anbieter für intelligentes Parkraum- und E-Lademanagement. „Es macht keinen Sinn, wenn jeder einzelne Mieter selbst aktiv werden muss“, sagte Wegmayer. „Es muss für Privatpersonen so einfach werden, wie einen neuen Strom- oder Internetvertrag oder ein Netflix-Abo abzuschließen“, forderte der CEO. Daher wendet sich Payuca mit seinem Angebot hauptsächlich an Eigentümergemeinschaften, Wohnbaugenossenschaften und Hausverwaltungen: „Wir scannen die Garagen vorab und haben so die Möglichkeit, digital maßgeschneiderte Installationskonzepte zu erstellen“, erklärte Wegmayer. Hausverwaltungen können damit zum Beispiel die richtigen Mietinteressenten auf die richtigen Parkplätze leiten.
Gemeinschaftslösungen statt Einzelanlagen
Ob Wohnungseigentum oder Mietshaus: Laut Guntram Preßmair, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei e7 energy innovation & engineering, sind nur 1,2 % der Stellplätze im großvolumigen Wohnbau mit einer Ladestation ausgestattet – es gibt also viel Potenzial nach oben. Technisch und wirtschaftlich spreche alles für Gemeinschaftsanlagen statt Einzelanlagen, so Preßmair. Das heißt, dass die Ladestationen allen Bewohnern zur Verfügung stehen und über intelligentes Lastmanagement gesteuert werden. Bei Einzelanlagen fallen für den Nutzer wesentlich höhere Netzbereitstellungsgebühren an, wenn die Kapazität des Hausanschlusses erhöht werden muss. Gemeinschaftsanlagen kommen jedoch oft nicht zustande, weil die Mehrheit der Bewohner noch kein Interesse an einem E-Auto hat. Der Antragsteller hingegen strebt eine schnelle Lösung an und möchte nicht warten, bis sich genügend Interessenten für eine Gemeinschaftsanlage finden. Zudem würden Hausverwaltungen oft eine abwartende Haltung einnehmen und die Anschlussleistung bleibe ein „unausgesprochenes Problem“.
„Mit den Nachbarn reden“
Philipp Wieser, Teamleiter Dekarbonisierung & Fahrzeugtechnologien bei AustriaTech, verwies darauf, dass nicht jedes Gebäude eine eigene Ladeinfrastruktur benötige. Nachbarschaftliche Nutzung könne Abhilfe schaffen und dazu beitragen, dass vorhandene Ladeinfrastruktur besser genutzt wird. „Einfach mit den Nachbarn reden!“, lautet Wiesers Empfehlung. Er wies außerdem darauf hin, dass in den kommenden Monaten mit einem Rückgang der Neuzulassungen zu rechnen sei. Er warnte davor, in Panik zu verfallen und eventuell Projekte zu stoppen, „weil womöglich in den nächsten Monaten ein Loch kommt.“ Europa müsse dranbleiben, um nicht von der globalen Konkurrenz abgehängt zu werden. Insgesamt bleibe die mittel- und langfristige Prognose für die Elektromobilität dennoch positiv.
Weitere Informationen auf: www.payuca.com