Lehrabsolventen sollen nun Zugang zu facheinschlägigen Studien erhalten. Ziel ist es, Durchlässigkeit der beruflichen Bildung Richtung tertiärer Ausbildung zu erhöhen und Bildungsweg Lehre damit aufzuwerten.
Mit dem Abflauen der Corona-Pandemie hat ein Aufwärtstrend in der Lehre eingesetzt, der quer durch alle Branchen geht. Besonders zeigt sich das bei den Lehranfängern in den Wiener Betrieben: Ende Februar gab es um 17,4 Prozent mehr Lehrlinge im ersten Lehrjahr als noch vor einem Jahr.
Die Ausbildung zur Fachkraft über den Bildungsweg Lehre weist jedoch noch immer ein wesentliches Manko gegenüber schulischen Ausbildungswegen auf – nämlich die mangelhafte Durchlässigkeit zum tertiären Bildungssektor. Denn mit dem Lehrabschluss alleine bleibt der Fachkraft der Zugang zu Fachhochschule und Universität verwehrt. „Ein gravierender Nachteil für den Bildungsweg Lehre, der viele Jugendliche dazu bewegt, sich eher für den schulischen Weg mit Maturaabschluss zu entscheiden – selbst dann, wenn ihre Stärken im praktischen Tun liegen und sie in einer Lehre am richtigen Platz wären“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien.
So sieht es derzeit aus
Während eine Lehre nach der Matura jederzeit möglich ist und Maturanten als Lehrlinge in den Ausbildungsbetrieben sehr willkommen sind, ist das Erlangen der Hochschulreife nach einer Lehre mit einigem Aufwand verbunden. Dafür muss man derzeit die Matura absolvieren – entweder parallel zur Lehre (Berufsmatura) oder nach dem Lehrabschluss – oder eine Studienberechtigungsprüfung ablegen. Eine weitere Möglichkeit war es bisher, mit Lehrabschluss einen Akademischen Lehrgang zur beruflichen Weiterbildung mit Master-Abschluss (z.B. Berufsakademien des WIFI Wien) zu besuchen. Dies läuft wegen einer Gesetzesänderung im September 2023 jedoch aus.
Lehrabsolventen sollen facheinschlägige Hochschulreife erlangen
Die Wirtschaftskammer Wien fordert deshalb, dass die Lehrabschlussprüfung als Zugangsberechtigung für facheinschlägige Studien anerkannt wird. Zwei Beispiele, wo das konkret umgesetzt werden könnte:
- Ein Lehrabschluss im Lehrberuf Metalltechnik mit Schwerpunkt Maschinenbautechnik soll zum TU-Studium Maschinenbau berechtigen.
- Ein Lehrabsolvent im Lehrberuf Informationstechnik – Schwerpunkt Betriebstechnik soll mit der Lehrabschlussprüfung auch die Berechtigung für das Studium Technische Informatik erhalten.
Welcher Lehrabschluss zu welchem Studium berechtigt, wäre in Abstimmung mit den Branchen sowie Universitäten und Fachhochschulen genau zu definieren und per Verordnung festzulegen. Zusätzlich müsste das Universitätsgesetz entsprechend angepasst werden. „Angesichts des massiven Fachkräftemangels muss alles getan werden, um die Lehre so aufzuwerten, dass sie von den Nachwuchsgenerationen als gleichwertiger und attraktiver Bildungsweg wahrgenommen wird. Die eingeschränkte Hochschulreife im Lehrabschlusszeugnis wäre dafür ein wichtiger Schritt, der zu einer höheren Qualifikation der Fachkräfte und letztlich zu mehr Studenten und Absolventen in den gefragten MINT-Sparten führen würde“, so Ruck.
Weitere Informationen auf www.wko.at
Quelle: WKW