Der Kostal Wechselrichter Plenticore plus im Plus-Energie-Haus Ecolar der Hochschule Konstanz zeigt, wie nachhaltige Architektur und Solaranlage harmonisch und effizient zusammenstimmen können.
Redaktion: Guten Tag, Herr Heider. Sie haben ja 2012 beim europäischen Wettbewerb Solar Decathlon 2012 in Madrid mit dem Plus-Energie-Haus Ecolar für eine Spitzenplatzierung gesorgt, denn das Haus erreichte einen hervorragenden vierten Platz im Gesamtklassement von zwanzig Hochschulen und gewann zwei Awards in den Disziplinen Engineering und Industrialisierung. Jetzt steht das Haus auf Ihrem Campus der HTWG in Konstanz und ist wieder Mittelpunkt eines spannenden Forschungsprojekts zum Thema Infrarotheizungen, bei dem eine leistungsstarke Photovoltaikanlage und Kostal Konvertertechnik mit dem Hybridwechselrichter Plenticore plus eingesetzt werden. Was ist an dieser Hausidee so innovativ und welche Rolle spielt die Solarenergie hierbei?
Jan Heider: Die Aufgabenstellung im Wettbewerb Solar Decathlon Europa 2012 war es, ein Haus für zwei Personen zu planen und dann als interdisziplinäres studentisches Team auch selbst zu bauen. Dabei sollten im Gebäude zunächst einmal alle Funktionen enthalten sein, die in einem „normalen“ Haushalt benötigt werden. Zusätzlich wurde besonderer Wert auf die Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gelegt. Für unser Projekt hatte dies zum einen zur Konsequenz, dass wir das Gebäude zu Großteilen aus Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen gebaut haben. Zudem versuchten wir, möglichst auf Kunststoffe zu verzichten. Zum anderen war es unser Bestreben, durch ein innovatives Gebäudetechnikkonzept zunächst den Energiebedarf zu senken und durch eine bewusste Integration der PV-Module in die Architektur (BIPV) möglichst viel Hüllfläche am Gebäude energetisch zu aktivieren.
Ziel war es dabei, zu zeigen, dass sich mit den aktuellen Möglichkeiten Häuser bauen lassen, die ihren Energiebedarf zu großen Teilen aus lokalen regenerativen Energiequellen (Photovoltaik, Umweltwärme) selber decken können bzw. in der Jahresbilanz mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen, und dass sich die eingesetzte Technik gestalterisch gut in die Architektur integrieren lässt. Da auch der Flächenverbrauch beim Wohnen pro Person einen großen Einfluss auf den Gesamtenergieverbrauch hat, haben wir uns für ein modulares Gebäudekonzept entschieden. Dabei war die Idee „Verändert sich dein Leben, verändert sich dein Haus“ von maßgeblicher Bedeutung. Das heißt, es kann sich als Single-Haushalt auf wenigen Quadratmetern mit zwei Raumelementen gründen und sich bei Bewohnerzuwachs auf größere Wohnflächen ausweiten, sich aber auch wieder verkleinern oder verändern, wenn Bewohner, z. B. Kinder, das Haus wieder verlassen.
Redaktion: Wie viel Leistung bringt die Solaranlage denn und welcher Wechselrichtertyp von Kostal ist im Einsatz?
Jan Heider: Aktuell nutzen wir das Ecolar-Gebäude für unser Forschungsprojekt IR-Bau 2. Bereits in unserem ersten IR-Bau-Forschungsprojekt, das wir von 2017 bis 2019 durchgeführt haben, konnten wir zeigen, dass Infrarotheizungen in kleinen, gut gedämmten Gebäuden eine sinnvolle Alternative zu Wärmeversorgungsystemen mit Wärmepumpe sein können. In unserem aktuellen Forschungsprojekt IR-Bau 2 geht es nun darum, vertiefend zu untersuchen, wie sich z. B. die Eigenversorgung mit PV-Strom, aber auch die Behaglichkeit im Raum bei der Beheizung mit IR-Heizungen optimieren lässt.
Auf dem Flachdach des Ecolar-Hauses haben wir gebäudeintegriert Solarmodule mit drei Strings installiert, die 13,3 kW leisten. Für diese Dimensionierung haben wir als Herzstück der Solaranlage den Plenticore plus mit 10 kW eingesetzt, der die Solarenergie intelligent produziert und auch verteilt.
Im Zuge des Projekts IR-Bau 2 haben wir unser Ecolar-Gebäude um einen Laborraum erweitert. In diesem werden verschiedene Fragestellungen zum Thema IR-Heizung untersucht. Gerade bei der Untersuchung verschiedener Regelstrategien zur Optimierung des Eigenverbrauchs und der Netzdienlichkeit hat es natürlich einen großen Vorteil, dass wir mit der hauseigenen PV-Anlage auf dem Dach eine reale Stromproduktion in unseren Untersuchungen nutzen können.
Denn gerade beim Einsatz von Elektrodirektheizungen ergeben sich aus ökologischer, aber auch ökonomischer Sicht große Vorteile, wenn man den Eigendeckungsgrad durch die PV-Anlage mithilfe von effizienter Technik zur Stromproduktion und intelligenten Regelstrategien möglichst maximiert. Beim Thema „Heizen mit Strom“ haben viele Menschen ja bislang vor allem das Negativbeispiel Nachtspeicherofen aus den 50er- und 60er-Jahren im Kopf. Man muss jedoch bedenken, dass sich die Rahmenbedingungen bei der Wärmeversorgung von Gebäuden in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert haben. Zum einen hat sich der Wärmebedarf durch die Vorschriften zur besseren Gebäudedämmung bei Neubauten in den letzten Jahren deutlich reduziert. Zum anderen sind auch die Kosten für eine lokale Energieproduktion am Gebäude massiv gesunken. Ein geringer Heizwärmebedarf trifft also mittlerweile auf eine kostengünstige und lokale, regenerative Stromzeugung. Daher ist insbesondere bei Gebäuden mit geringem Wärmeumsatz die Frage interessant, welche Potenziale einfache und kostengünstige Infrarot-Heizsysteme – insbesondere in Kombination mit lokaler Stromerzeugung über Photovoltaik – für die Wärmeversorgung von Gebäuden haben.
Die Anbindung von Batteriespeichern haben wir als Parameter nicht einbezogen, da wir uns vordringlich mit dem Thema Heizen beschäftigen und die dafür nötigen Speichergrößen zur saisonalen Stromspeicherung aktuell leider noch viel zu teuer sind. Um die Netzdienlichkeit zu verbessern, setzen wir aber im Projekt aktuell auf die thermische Einspeicherung von solaren Überschüssen. Wer aber ein Elektroauto oder leistungsstarke Verbraucher per Solarstrom bedienen will und eine Batterie anschließt, um zeitversetzt Strom für den Verbrauch zur Verfügung zu haben, trifft mit diesem Wechselrichter sicher eine richtige Wahl.
Redaktion: Wie sieht denn das Energiekonzept des Hauses aus? Nach Errichtung der Versuchsanordnung begannen Sie, die technischen Ereignisse zu messen. Haben Sie bezüglich Ihrer Fokussierungen schon erste trendanzeigende Erkenntnisse gewonnen?
Jan Heider: Aktuell erfolgt die Wärmeversorgung des Gebäudes über ein System aus IR-Heizungen, PV-Anlage und einer auf Eigenverbrauch optimierten Regelung. Neben unseren Laborraumuntersuchungen im Ecolar-Gebäude werden im Projekt IR-Bau 2 auch mehrere Wohn- und Nichtwohngebäude im süddeutschen Raum, in denen IR-Heizungen zur Wärmeversorgung eingesetzt werden, messtechnisch begleitet. Eines dieser Gebäude ist mit einer Regelung der Firma my-pv ausgestattet, die speziell auf die Eigenverbrauchsoptimierung von Elektrodirektheizungen durch die hauseigene PV-Anlage ausgelegt ist. Die Regelung arbeitet dabei statt mit einer fixen Solltemperatur mit einem Temperaturbereich, in dem man das Raumklima als behaglich empfindet. Durch eine bewusste Erhöhung der Raumtemperatur am Tag kann so solarer Überschuss thermisch in der Baustruktur gespeichert und ein nächtlicher Strombezug aus dem Netz in der meisten Zeit vermieden werden.
Dabei kommt auch der Vorteil zum Tragen, dass Elektroheizungen stufenlos regelbar und taktbar sind. Die Auswertung der Messungen weist auf einen Autarkiegrad von ca. 65 % bis 75 % hin. Erste Untersuchungen im Laborraum mit der Regelung zeigen eine ähnliche Effizienz.
Redaktion: Netzdienlichkeit, was bedeutet das in diesem Zusammenhang?
Jan Heider: Durch die Umstellung des Energieversorgungssystems in Deutschland auf regenerative Energiequellen fallen zunehmend Grundlastkraftwerke (Atomkraft, Kohle) weg. Die Leistung der regenerativen Energieerzeuger unterliegt dem Jahresverlauf, dem Tag-Nacht-Rhythmus sowie der Witterung und kann dementsprechend fluktuieren. Um diese Schwankungen auf Erzeugerseite wie auch auf Verbraucherseite abzufedern, hat es Vorteile, wenn Gebäude nicht mehr als reine Verbraucher verstanden werden, sondern auf die Schwankungen im Stromnetz reagieren können. Sprich in Zeiten mit einem Überangebot von Strom Energie aufnehmen und in Zeiten von reduziertem Angebot entweder keine weitere Energie beziehen müssen oder sogar wieder Energie ins Netz abgeben können. Durch die schnelle und stufenlose Regelbarkeit von Elektroheizungen in Kombination mit thermischer Speichermasse können sich hier Elektroheizungen mit entsprechender Regelung unter Umständen gut dazu eignen, flexibel auf die Schwankungen in der Stromproduktion zu regieren. Dazu wären in Zukunft auch Heizungsregelungen denkbar, die nicht nur auf die lokale Produktion auf dem eigenen Dach Rücksicht nehmen, sondern auch das aktuelle Stromangebot auf regionaler oder überregionaler Ebene berücksichtigen.
Redaktion: Wann wird die Studie final über das Projekt berichten?
Jan Heider: Unser Projekt läuft bis April 2023, daher wird etwa Anfang Juli 2023 mit dem Projektbericht zu rechnen sein.
Redaktion: Herr Heider, vielen Dank und weiterhin viel Erfolg für das neue IR-Bau 2-Forschungsprojekt.
Jan Heider: Ich danke Ihnen. Gern geschehen.
Weitere Informationen auf www.kostal.com
Quelle: Kostal