Rittal: Von der Rübe bis zum Strom

von Thomas Buchbauer

Von September bis Jänner laufen die Turbinen und Dampfkesseln auf Hochtouren. Denn dann gilt es im Tullner Werk der Agrana Zucker GmbH täglich aus rund 13.000 Tonnen Rüben Zucker zu gewinnen und in den Silos zu lagern. 350 Mitarbeiter arbeiten hier im Schichtbetrieb rund um die Uhr während der sogenannten Rübenkampagne. Aber auch außerhalb dieser Spitzenzeiten steht das Tullner Werk nicht still.Werner Bendekovits, Technischer Außendienst von Rittal (li.), und Anton Lechner bei einem Besuch bei der neuesten Kompensationsanlage. Fotos: Daniela Klemencic und AgranaDank dem TS-8-System und der Modulbauweise der Kompensation kann jederzeit nachgerüstet werden falls das erforderlich sein sollte. Fotos: Daniela Klemencic und Agrana „Jetzt ist die Zeit für Revisionsarbeiten. Dazu gehört auch die Erneuerung unserer elektrischen Anlagen“, erzählt Anton Lechner, Leiter Elektrotechnik im Unternehmen. Seit 1938 wird in Tulln Zucker gewonnen. Hier befindet sich auch das zentrale Zuckermagazin, in dem sämtliche in Österreich im Handel erhältliche Zuckersorten der Marke »Wiener Zucker« abgepackt, in einem Hochregallager mit einer Lagerkapazität von rund 10.000 Paletten-Stellplätzen (das entspricht rund 8.000 Tonnen Zucker) vollautomatisch gelagert und ausgeliefert werden. Für die Zuckergewinnung wird auch jede Menge Prozessdampf benötigt. Dieser wird im eigenen Kesselhaus erzeugt und über mehrere Turbinensätze – für die Stromerzeugung – dem Prozess zugeführt. Diese Generatoren erzeugen zwischen 12 und 15 MW, die wiederum in den Betrieb eingebracht werden. Durch die Umstellung auf einen Niedrigenergie-Trockner im Jahr 2012 konnte der Energieaufwand dieser Teilanlagen allerdings um ein Drittel gesenkt werden. „Vor 35 Jahren haben wir rund die Hälfte der erzeugten elektrischen Energie an ein Energieversorgungsunternehmen weitergeben können. Heute verbrauchen wir die gesamte erzeugte elektrische Energie nun selber“, erklärt Lechner.

6kV und 14 MW
Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich auch eine Menge an elektrotechnischer Ausstattung unterschiedlichster Standards vereint. Teilweise findet man hier noch Stromversorgung in offener Bauweise. „Im Grunde tauschen wir laufend aus und erneuern die seit gut 60 Jahren bestehenden Anlagen“, beschreibt Lechner einen Großteil der Revisionsarbeiten. „Die letzten beiden Jahre waren dem Projekt Mittelspannungsanlagen gewidmet, die einen größeren Tausch bedeutet haben. Die Niederspannungshauptverteilungen (NSHV) tauschen wir laufend aus“, konkretisiert Lechner die Arbeiten. Und das ist keine geringe Aufgabe, denn die Agrana verfügt am Standort Tulln über ein eigenes Mittelspannungsverteilungsnetz. „Wir haben den Netzzugang auf der 20 kV Seite, dann haben wir eine Zwischenebene, d. h. wir haben zwei Mittelspannungssysteme mit 6 kV und darunter gelagert 31 Verteiltransformatoren, die die Energie von 6 kV auf 400 V umwandeln. Die sind hauptsächlich in der Schaltanlage situiert, zum Teil aber auch in den Anlagen, die etwas weiter weg sind. Während der Kampagne werden über die 31 Verteiltransformatoren insgesamt 14 MW verteilt“, verdeutlicht Lechner den Umfang der Ausstattung.

Problemlose Anlagenplanung
In der Schaltanlage gibt es zwei Mittelspannungssysteme mit 6 kV und darunter gelagert 31 Verteiltransformatoren, die die Energie von 6 kV auf 400 V umwandeln. Fotos: Daniela Klemencic und AgranaDank dem TS-8-System und der Modulbauweise der Kompensation kann jederzeit nachgerüstet werden falls das erforderlich sein sollte. Fotos: Daniela Klemencic und AgranaFür den Austausch der NSHV hat sich die Agrana fachkundige Unterstützung beim Systemspezialisten Rittal geholt. 2013 wurden drei Anlagen inklusive Kompensationsanlagen ausgetauscht bzw. neu errichtet. „Wir erstellen das Grundkonzept im Haus. Dann kommt Rittal ins Spiel, denn an diesem Punkt übergeben wir unsere Ideen lieber an die Spezialisten von Rittal, die dann die eigentliche Planung für uns machen. Und zu guter Letzt kaufen wir dann die Komponenten anhand der Planung und bauen die Anlagen dann in unserer Werkstätte“, erklärt Anton Lechner den Prozess. Dieses Service von Rittal beinhaltet neben der Materialaufstellung auch eine maßstäbliche Zeichnung, die dem Kunden schon im Vorfeld ein genaues Bild seiner Anlage zeigt. Damit erhält man die Sicherheit alle relevanten Punkte wie Mindestabstände, Reserveplatz etc. berücksichtigt zu haben. Ebenso können im Vorfeld bereits Probleme beim Aufbau ausgeschlossen werden. Aber nicht nur die kompetente Unterstützung bei der Planung war für Lechner die Zusammenarbeit mit Rittal ausschlaggebend, sondern auch die perfekte Dokumentation nach EN 61439. Nach dieser neuen, ab November 2014 gültigen Norm, müssen sich Schaltanlagenbauer auf neue, umfangreichere Anforderungen bezüglich der Dokumentation einstellen. Neben der Dokumentation der Bauartnachweise, die üblicherweise der ursprüngliche Hersteller zur Verfügung stellt, muss der Schaltanlagenbauer auch einen ausführlichen Stücknachweis erstellen.

Umfangreichere Dokumenationspflichten
Mit der Planungssoftware »Power Engineering« bietet Rittal in der Version 6.0 umfassende Unterstützung sowohl bei Planung und Konfiguration von Schaltanlagen mit dem »Ri4Power«-System als auch bei der normgerechten Dokumentation. Darüber hinaus erhält der Anwender weitere umfangreiche Hilfen. Auf Knopfdruck erstellt die Software die entsprechenden Bauartnachweise inklusive der benötigten Prüfberichte. Zusätzlich sind in dem Engineering-Werkzeug Prüflisten enthalten, die der Anwender einfach ausdrucken kann. Mithilfe dieser Listen kann der Schaltanlagenbauer überprüfen, ob alle Anforderungen bei der Planung und Ausführung der Schaltanlage gemäß der neuen Norm eingehalten sind. Schon während der Planung weist die Software den Anwender darauf hin, welche zulässigen Bemessungsstromkreise eine ausgewählte Schaltgerätekombination führen kann. Die Software erstellt automatisch einen Vordruck für den abschließenden Stücknachweis. Damit lassen sich die erforderlichen Prüfungen systematisch vornehmen und dokumentieren. Auch eine Berechnung der Erwärmung der Schaltanlage ist in »Power Engineering« integriert. Auf diese Weise kann der Schaltanlagenbauer direkt entsprechende Maßnahmen treffen und gegebenenfalls gleich Komponenten zur Schaltschrank-Klimatisierung in seine Planung integrieren.
„Dass das schon alles bei Rittal in der Schublade liegt, ist natürlich ein Vorteil für uns, keine Frage“, bestätigt auch Anton Lechner.

Gelungene Zusammenarbeit
Der Austausch der schon seit 60 Jahren bestehenden Anlagen erfolgt laufend. Fotos: Daniela Klemencic und AgranaAnton Lechner setzt auf die Kompensationsanlagen von Rittal. Daniela Klemencic und AgranaAuch für Rittal ist der Bereich Kompensationsanlage ein neues, allerdings logisches Feld. Denn überall wo eine NSHV im Einsatz ist, ist klar, dass man auch eine Kompensationsanlage braucht. Daher bietet Rittal dieses Zusatzfeature neuerdings mit an. Anton Lechner gibt zu, sich verschiedene Angebote angesehen und dann entschieden zu haben „Das Preis-, Leistungs-Verhältnis und das Produkt waren aus unserer Sicht in Ordnung und wir vertrauen der Lösung von Rittal und rechnen auf keinen Fall damit, dass wir Probleme bekommen.“ Dieses Vertrauen basiert schon auf der mehrjähriger Zusammenarbeit und jahrzehntelanger Produktkenntnis. „Früher haben wir die Anlagen auch selber geplant. Da waren aber auch die Anforderungen nicht so umfassend wie jetzt mit den Normen“, plaudert Anton Lechner aus der Geschichte. Die Zusammenarbeit mit Rittal bezeichnet Lechner als problemlos und verwendet dafür das Stichwort Plug & Play „Wir haben alles angeschlossen, eingeschalten und es ist gelaufen“, sagt Lechner. Außerdem habe man sich für die Modulbauweise der Kompensation entschieden um nachrüsten zu können, falls das erforderlich sein sollte. Dank dem TS-8-System ist die Anreihung an bestehende Schaltschrankreihen einfach möglich und auch die Erweiterung in Schränken, in denen Modul-Reserveplätze vorgesehen sind, ist jederzeit machbar.
Mit den drei realisierten Kompensationsanlagen ist das Projekt natürlich noch längst nicht abgeschlossen. „Wir haben rund 31 Verteiltransformatoren, dass bedeutet, wir haben auch 31 Kompensationen im Einsatz. Und da passiert es immer wieder, dass einzelnen ältere Stufen ausfallen, kaputt werden. Und die werden natürlich sukzessive ersetzt, ebenso die Hauptverteilungen. Es gibt also einiges zum Umbauen. Das ist wahrscheinlich noch ein Zehnjahresplan“, wagt Lechner einen Blick in die Zukunft.

Word-Rap mit Anton Lechner

Wie sieht der nächste technologische Schritt im Bereich Stromverteilung aus?
Anton Lechner: Es wird mehr in Richtung Energiemanagement bzw. -optimierung gehen. Daraus folgen natürlich Energieeinsparungen. Das ist ein Punkt, der auch bei uns kommen wird.

Was muss man beachten um eine gute Energieverteilung auf die Beine zu stellen?
Anton Lechner: Man braucht eine längerfristige Planung, kompetente Partner und natürlich das entsprechende Know-how im Haus.

Was macht Ihnen Spaß an Ihrer Arbeit?
Anton Lechner: Bei uns ist man von der Energieverteilung bis zur Messtechnik mit allen Sparten und allen Themen der Elektrotechnik befasst. Das ist sehr abwechslungsreich und macht natürlich auch Spaß.

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