Sicherheitsgerichtetes Schalten in der Industrie unterliegt hohen Anforderungen. Eine zentrale Rolle hierbei spielen Sicherheitsrelais. Um die Verfügbarkeit der Sicherheitsfunktionen zu erhöhen, hat Pepperl + Fuchs eine Reihe von konstruktiven Maßnahmen durchgeführt, die an unterschiedlichen Stellen der Signal- und Funktionskette greifen. Dazu gehören eine redundante Struktur, eine Diagnosefunktion und eine Leitungsfehlerüberwachung des gesamten Signalkreises.
Für Personal, Anlage und Umwelt sind sicherheitsgerichtete Anwendungen in der Prozessindustrie unabdingbar und unterliegen hohen Anforderungen. Sicherheitsrelais agieren als Bindeglied zwischen Steuerung und Lastkreis und tragen entscheidend dazu bei, das sogenannte Sicherheitsintegritätsniveau eines Systems über die gesamte Dauer des geforderten Lebenszyklus zu erhalten. Zu den Lasten gehören sowohl induktiv als auch kapazitiv wirkende Komponenten und Geräte. Zudem gibt es unterschiedliche Anwendungsgebiete für Sicherheitsrelais wie DTS (De-energized-to-safe, sicheres Abschalten) und ETS (Energized-to-safe, sicheres Anschalten). In einem DTS-Signalkreis z.B. mit Notabschaltventilen oder Motorsteuerungen ist der offene Kontakt der sichere Zustand, bei ETS der geschlossene Kontakt. Zu den Anwendungen in einem ETS-Kreis gehören beispielsweise optische und akustische Signalgeber sowie Löschmittelpumpen. Um die Verfügbarkeit der Sicherheitsfunktionen für die Prozessindustrie zu optimieren, hat Pepperl + Fuchs ein neues Sicherheitsrelais entwickelt. Es beinhaltet eine Fehlerüberwachung der Schaltelemente, eine Selbstdiagnose sowie eine Leitungsfehlerüberwachung in Bezug auf feldseitige Kurzschlüsse und Leitungsbrüche.
MooN-Architektur vs. zwangsgeführt
Marktübliche Sicherheitsrelais basieren meist auf dem Prinzip zwangsgeführter Kontakte. Sie verfügen über einen zusätzlichen Hilfskontakt, der sich immer in derselben Position wie der Schaltkontakt befindet und eine Rückmeldung zu dessen Status gibt. Dazu ist aber eine gesonderte Verdrahtung nötig. Hauptnachteil der zwangsgeführten Lösung ist jedoch, dass bei Ausfall des eigentlichen Schaltkontaktes das Feldgerät nicht mehr an- oder ausgeschaltet werden kann. Bei ETS-Anwendungen in der Prozessindustrie kommt ein weiterer Punkt erschwerend hinzu. Denn die Rückmeldung des Hilfskontaktes bedeutet gerade bei geringer Anforderungsrate nicht unbedingt, dass auch ein Strom im Lastkreis fließt. Der Grund ist, dass ein sicheres Anschalten im Notfall in der Verfahrenstechnik oft über Jahre ungenutzt bleibt und die Kontakte dadurch häufig verschmutzen oder korrodieren. Damit erhöht sich der Widerstand und die benötigte Sicherheitsfunktion ist unter Umständen nicht mehr gewährleistet, selbst wenn der Hilfskontakt eine leitende Verbindung bestätigt.
Um die Verfügbarkeit der Sicherheitsfunktionen zu erhöhen, wurden daher in dem neuentwickelten Sicherheitsrelais von Pepperl + Fuchs alle Kontakte redundant angeordnet. Die Konstruktion basiert auf der sogenannten MooN-Architektur: Das heißt, von N vorhandenen Elementen müssen M funktionieren. Für das neue Sicherheitsrelais mit einer 1oo3-Architektur folgt daraus, dass von drei integrierten Elementarrelais wird nur eines für den Schaltvorgang benötigt wird. Im Sicherheitsrelais für DTS-Anwendungen sind diese drei Relais in Reihe geschaltet. Für den Einsatz in ETS-Signalkreise hingegen sind zwei Gruppen mit jeweils drei parallel geschalteten Relais integriert, um ein allpoliges Trennen zu gewährleisten.
Selbst wenn zwei Kontakte einer Gruppe ausfallen, ist die Sicherheitsfunktion weiterhin gewährleistet. Für den Einsatz in DTS-Anwendungen bietet die neue Entwicklung außerdem eine integrierte Sicherung gegen das Verschweißen von Kontakten und sie ermöglicht vereinfachte Proof-Tests, die deutlich weniger zeitaufwendig ausfallen als bisher. Diese Tests sind in einem regelmäßigen Turnus vorgeschrieben, um die Verfügbarkeit der Komponenten von Sicherheitssystemen zu gewährleisten.
Integrierte Diagnosefunktion
Das neu entwickelte Sicherheitsrelais bietet dem Anwender auch eine integrierte Diagnosefunktion, um einen möglichen Fehler bereits vor dem Ausfall zu erkennen. Die Diagnose erfolgt durch ein zeitversetztes Schalten der Elementarrelais – bei jedem Schaltvorgang wird eines geprüft. In ETS-Schaltkreisen werden bei drei aufeinanderfolgenden Schaltvorgängen zunächst alle drei Relais der beiden Kontaktgruppen geschlossen. Während der Verzögerungszeit prüft das Gerät, ob dieser Vorgang den Stromkreis schließt und erkennt so einen fehlerhaften Kontakt. Durch eine Änderung der Reihenfolge bei dem zeitverzögerten Schalten sind nach drei Schaltvorgängen alle Kontakte überprüft. Bei der Diagnose von DTS-Schaltkreisen erfolgt die Prüfung nicht beim Abschalten, sondern beim Wiedereinschaltvorgang: Zunächst werden zwei Relaiskontakte gleichzeitig und dann zeitverzögert der dritte Kontakt geschlossen. Bevor dieser schließt, darf kein Strom fließen; anderenfalls ist dieses Relais defekt, da es den Stromkreis nicht trennt. Bei jedem Schaltzyklus wird ein anderes Relais geprüft.
Typischerweise erfolgt eine Prüfung einmal im Jahr. Das heißt, das Sicherheitsrelais führt die beschriebene Routine einmal aus und ist nach drei Jahren ohne zusätzlichen Aufwand einmal vollständig getestet. Das Relais kann aber auch in einem Durchgang dreimal geschaltet werden, um einen kompletten Proof-Test durchzuführen. Darüber hinaus erkennt die Diagnosefunktion sowohl ein Kontaktverschweißen als auch eine Kontaktkorrosion – das erhöht die Sicherheit ebenfalls deutlich. Im Vergleich dazu erfährt der Anwender bei zwangsgeführten Relais nichts über die Qualität einer Kontaktstelle.
Leitungsfehlertransparenz
Selbst wenn ein Sicherheitsrelais einwandfrei funktioniert, kann der Zugriff auf eine Sicherheitsfunktion scheitern. Mögliche Ursachen sind Leitungsfehler oder ein Kurzschluss auf der Feldseite. Gerade bei sensiblen ETS-Anwendungen, beispielsweise um ein Löschmittel zuzuführen, ist daher eine Kontrolle des Signalkreises auf der Feldseite unabdingbar. Mit herkömmlichen Lösungen ist das Erkennen eines Leitungsfehlers von der Steuerungsseite über die galvanische Trennung hinweg bis zum Feldgerät aber nicht ohne weiteres möglich. Dies setzt eine zusätzliche Verdrahtung über den Fehlermeldeausgang des Moduls voraus.
Die Leitungsfehlertransparenz des neuen Sicherheitsrelais hingegen bietet eine lückenlose Überwachung von Spannung und Lastwiderstand. Sie erkennt feldseitige Kurzschlüsse und Leitungsbrüche und kann sie einem spezifischen Signalkreis zuordnen. Ein Leitungs- oder Lastfehler auf der Feldseite führt zu einer Verstimmung der Eingangsimpedanz des Moduls. Dadurch werden die von der Steuerung zur Prüfung gesendeten Testimpulse gestört und Fehler an den entsprechenden digitalen Ausgang zurückgemeldet – ohne zusätzliche Verdrahtung. Relevant hierbei ist die Unempfindlichkeit gegenüber Testpulsen vieler ESD- und DCS-Systeme. Auch an eine schnelle Anpassung des Sicherheitsrelais wurde gedacht. Der Eingangskreis ist für alle Geräte identisch. Das heißt, ist ein Gerät an einer DO-Karte der Steuerung einmal getestet, sind alle anderen Module der neuen Sicherheitsrelais ebenfalls kompatibel.
Die komplette Produktfamilie der neuen einkanaligen und schleifengespeisten Sicherheitsrelais KFD2-RSH in einem 20 mm breiten Gehäuse umfasst insgesamt vier Module für DTS- und ETS-Anwendungen mit wahlweise 24 VDC oder 230 VAC. Sie sind zugelassen für die ATEX Zone 2 (24 Volt Version), genügen SIL 3 (IEC 61508 ed2) und PL e (EN/ISO 13849 für die DTS Module).
Fazit
Um die Verfügbarkeit der Sicherheitsfunktionen in der Prozessindustrie zu erhöhen, hat Pepperl + Fuchs ein neues Sicherheitsrelais entwickelt. So ist dank der 1oo3-Architektur die Sicherheitsfunktion selbst beim Ausfall von zwei Elementarrelais noch gewährleistet. Darüber hinaus bietet das Relais mehr Transparenz beim Erkennen von Leitungsfehlern über die galvanische Trennung hinweg, sowie eine Diagnosefunktion, um Fehler noch vor dem eigentlichen Ausfall zu erkennen.
Auf einen Blick:
- Sicherheitsrelais auf Basis 1oo3-Architektur sichert hohe Verfügbarkeit der Sicherheitsfunktion
- Diagnosefunktion schaltet Kontakte zeitversetzt und senkt Aufwand für Proof-Tests
- durch Leitungsfehlertransparenz kann auch feldseitiger Signalkreis auf Leitungsfehler überwacht werden, damit auch sicheres Einschalten möglich
Quelle: Pepperl + Fuchs
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