Wiener Bauordnung wurde novelliert und veröffentlicht:

Wien novelliert Bauordnung und PV-Förderungen

von Oliver Kube
Foto: © Shopping Center Nord

Die Wiener Bauordnung wurde novelliert und veröffentlicht. Vereinfachungen gibt es für Photovoltaik, E-Ladepunkte sowie die Dekarbonisierung des Gebäudebestands. Erstmals wird auch eine Rechtsgrundlage für Energieraumplanung im Bestand geschaffen. Außerdem werden die Wiener Sonnenstrom-Förderungen ab 2024 erhöht und überarbeitet.

Grünes Wien durch grüne Gebäude

Der Gebäudesektor ist insbesondere durch die Energiebereitstellung für Heizen und Warmwasser für etwa 18 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Wien verantwortlich. Gleichzeitig bieten Gebäude in urbanen Gebieten aber enorme Potentiale für den Ausbau von Photovoltaikanlagen sowie von Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Mit einer Novelle der Wiener Bauordnung setzt die Wiener Stadtregierung nun entscheidende Schritte, um diese Potentiale zu heben, die Umstellung auf hocheffiziente Wärmevergungen zu erleichtern und damit die Stadt klimafit zu machen. Die Novelle ist am 13. Dezember 2023 kund gemacht worden und umfasst weitreichende Änderungen für die Errichtung von Solaranlagen auf den Dächern von Neubauten, für die Stellplatzverpflichtung sowie zentrale Themen für Sanierung und Dekarbonisierung des Gebäudebestands. Außerdem werden Maßnahmen zur Entsiegelung und „mehr Grün“ vorgelegt.

Dekarbonisierte Gebäude & erweiterte Energieraumplanung

Das Konzept der Energieraumplanung wird erweitert: es wird in der Bauordnung die Grundlage geschaffen, per Verordnung Fernwärme- bzw. Fernwärmeausbaugebiete für Bestandsgebiete auszuweisen. Dabei werden Kriterien für Fernwärme festgelegt, die ausgebaut werden darf. Das bedeutet allerdings nicht, dass Fernwärme zum Einsatz kommen muss, sondern nur dass Fernwärme zur Verfügung steht bzw. der Fernwärmeausbau bis zu einem festgelegten Zeitpunkt erfolgen wird und die Möglichkeit besteht sich anzuschließen. Um die Gebiete festlegen zu können, werden dem Magistrat auch Rechte eingeräumt, Daten zu erheben.

Einige weitere bautechnische Erleichterungen sollen die Dekarbonisierung im Gebäudebestand erleichtern. So darf die Lichte Höhe in Wohnungen auf 2,4 m abgesenkt werden, wenn beispielsweise Fußbodenheizungen eingebaut werden sollen. Es wird klargestellt dass hocheffiziente Wärmeversorgungsanlagen für Gebäude von der widmungsgemäßen Nutzung erfasst sind und die Möglichkeit eingeräumt den Gebäudeumriss für technische Infrastruktur zur Errichtung einer zentralen Wärmeversorgung und für die Anbringung einer Wärmedämmung zu erweitern. Die Einstufung von Erdwärmesonden als bewilligungsfreies Bauvorhaben erleichtert diese Art von Projekten auch wenn gleichzeitig klargestellt wird dass die Lage der Erdwärmesonden zu melden ist. Diese Maßnahmen und die Möglichkeit, dass auch Nebengebäude in der widmungsgemäßen Nutzung erfasst sind, um Anlagenteile wie Wärmepumpen für ein Gebäude zu errichten, wird helfen Gebäude mit effizienten alternativen Heizsystemen nachzurüsten.

Die Pflicht zu prüfen, ob hocheffiziente alternative Systeme zur Wärmeversorgung eingesetzt werden müssen, wird auf Gebäude erweitert bei denen mehr als 25% der Oberfläche des Gebäudes instand gesetzt werden oder auch bei bei Einzelbauteilsanierungen und bei Änderungen am Gebäudetechnischen System der Wärmeversorgung. Aus dieser Prüfung kann sich auch eine Pflicht zur Umstellung der Wärmeversorgungsanlage ergeben, die jedoch bis zum tatsächlichen Vorliegen des Fernwärmesystems aufgeschoben werden kann.

Sonnenstromoffensive ankurbeln

Bereits jetzt besteht eine Solarverpflichtung für gewisse Gebäudearten. Die PV-Verpflichtung für Wohnbauten wird mit der Novelle ausgeweitet – bei jedem Neubau in Wien müssen am Dach PV-Module installiert werden. Die Spitzennennleistung hängt von der Geschossfläche der Gebäude ab, die herzustellende Leistung wird bei Wohnneubauten verdoppelt (auf 1kWp/150m²). Die vorgeschriebenen Kapazitäten müssen auf Ersatzflächen errichtet werden, wenn diese aus technischen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Gründen nicht am eigenen Dach möglich ist. Die Ausnahme für Wohnbauten entfällt, somit sind diese nun auch von der Ersatzflächenverpflichtung umfasst. Außerdem gibt es Erleichterungen bei der Bewilligungspflicht von PV-Anlagen: Mit Ausnahme von Grünland-Schutzgebieten und Gebieten mit Bausperre sind diese nicht mehr baurechtlich zu genehmigen, wenn diese bereits in anderen Materienrechten behandelt wurden. Somit entfällt die Abhängigkeit vom Fluchtniveau des Gebäudes. Außerdem soll die Errichtung von PV-Flugdächern über Stellplätzen im Freien (Parkplätzen) erleichtert werden. Carports mit PV gelten nicht mehr als Nebengebäude, was die Errichtung von diesen in Einfamilienhäusern erleichtert. Größere Carports (über 10 Stellplätzen) werden künftig nicht mehr auf die maximal bebaubare Fläche angerechnet, wenn diese mit PV ausgestattet werden. Diese Ausnahmebewilligung gilt allerdings nur für 15 Jahre.

Mehr Grün & weniger Stellplätze

Die Verpflichtungen zur Schaffung von E-Ladeinfrastruktur in Wohngebäuden und Nicht-Wohngebäuden im Bestand werden ausgeweitet. Bei Neubauten von Wohngebäuden gilt: Für jeden zehnten Stellplatz ist mindestens ein Ladepunkt vorzusehen, für alle übrigen Stellplätze die Leerverrohrung für die notwendige vorgelagerte Infrastruktur zu schaffen. Bei bestehenden Nicht-Wohngebäuden ist bis Anfang 2030 für jeden zehnten Stellplatz (ab 20 Plätzen) mindestens ein Ladepunkt zu errichten. Aufgrund der zu erwartenden steigenden Anzahl an neuen Ladepunkten ändern sich auch Bewilligungspflichten, diese sollen erst ab ab einer Leistung von 22kW notwendig sein.

Eine wichtige Änderung soll es bei der Stellplatzverpflichtung geben. So wird zukünftig auf Basis eines Zonenplans ein Prozentsatz festgelegt, nach dem die Verpflichtung berechnet wird. In Zone 1 reduziert sich die Verpflichtung auf 70%, in Zone 2 auf 80% und in Zone 3 bleibt die vollständige Stellplatzverpflichtung erhalten. Die Zonen finden sich im Anhang und basieren auf der Nähe zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Stellplatzverpflichtung kann zusätzlich reduziert werden, wenn E-Ladestellen oder Car-Sharing-Angebote verfügbar sind. Je vier Ladepunkten, die über die Verpflichtung hinausgehen, reduziert sich die Verpflichtung um einen Stellplatz, für jeden Stellplatz, der über ein Car-Sharing-Angebot verfügt, reduziert sich die Zahl der Pflichtstellplätze um fünf Stellplätze. Im Sinne der aktiven Mobilitätsförderung gibt es erstmals Anforderungen an Fahrradstellplätze: Je 30 m² Wohnfläche ist künftig ein Fahrradstellplatz zu errichten, jeder zehnte davon soll für ein Spezialfahrrad geeignet sein. Weitere Maßnahmen befassen sich mit der Vereinfachung von Fassadenbegrünungen, Entsiegelung und dem Schutz des Baumbestandes in der Stadt.

Rekordbudget für PV-Förderungen in Wien

Neben der Novelle der Wiener Bauordnung wurde zudem auch an den Förderschrauben für die Energiewende gedreht: Bereits im Oktober hat die Stadt Wien die Ziele der Sonnenstrom-Offensive für das Jahr 2023 übertroffen, insgesamt liefern aktuell knapp 8.000 PV-Anlagen mit über 155 MWp Leistung erneuerbaren Strom für die Wiener*innen. Damit dieser Ausbau auch in dieser Form weitergehen kann, werden die Förderungen ab 2024 erhöht. Außerdem wird die Anlagenobergrenze von 500 auf 1.000 kWp erhöht, Anlagenerweiterungen gefördert und die Förderbeiträge für PV-Anlagen im mehrgeschossigem Wohnbau verdoppelt. Weitere wichtige Neuerungen: Künftig können Anträge das ganze Jahr über gestellt werden und auch Anlagenteile gefördert werden, die der Wiener PV-Verpflichtung unterliegen.

Mehr Informationen unter: www.wienenergie.at

Quelle: Wien Energie

Ähnliche Artikel

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Zur Speicherung Ihres Namens und Ihrer E-Mailadresse klicken Sie bitte oben. Durch Absenden Ihres Kommentars stimmen Sie der möglichen Veröffentlichung zu.

Unseren Newsletter abonnieren - jetzt!

Neueste Nachrichten aus der Licht- und Elektrotechnik bestellen.