Braucht es heutzutage noch eine Telefonanlage? Wird es in 10 Jahren noch Smartphones geben? Und in welcher Form wird Kommunikation in Zukunft ausgestaltet sein? Fragen wie diese lassen sich wohl nur von erfahrenen Spezialisten tiefgründig beantworten – und zwar solchen wie Agfeo. Deshalb baten wir den Geschäftsführer des Experten für individuelle Telekommunikationslösungen zum Talk über aktuelle Gegebenheiten und mögliche Entwicklungsszenarien.
Interview: Thomas Buchbauer
Text: Mag. Sandra Eisner
Leidenschaft für die Telekommunikation – nach diesem Motto agiert Agfeo seit Jahrzehnten. Doch auch gelebte Werte wie Anpassungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft zeichnen für den heutigen Erfolg des bereits vor 75 Jahren gegründeten Unternehmens verantwortlich. Denn angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und der aktuellen Herausforderungen sind sie nach wie vor brandaktuell. Wir baten Agfeo-Geschäftsführer Michael Born um sein Expertenwissen in dieser Branche und befragten ihn zu seiner Einschätzung der künftigen Entwicklungen und deren Auswirkungen.
Herr Born, Agfeo wurde 1947 gegründet – allerdings vor dem Hintergrund einer ganz anderen Produktpalette – können Sie uns die wesentlichsten Stationen der Firmenhistorie in aller Kürze zusammenfassen?
Michael Born: In Kürze lässt sich das leider so einfach nicht zusammenfassen, denn dafür ist in 75 Jahren Firmengeschichte einfach zu viel passiert. AGFEO bedeutet ja »Apparatebau Gesellschaft für Feinmechanik Elektrotechnik und Optik«. Wenn man auf die Anfänge bzw. die ersten Produkte von AGFEO schaut, so kamen diese eigentlich nur aus dem Bereich Feinmechanik und Optik. In den ersten Jahren beschränkte sich das Produktportfolio tatsächlich nur auf die Entwicklung und Herstellung von Metallteilen, die für den Apparatebau verschiedenster Hersteller benötigt wurden. Außerdem wurden aus den Restbeständen der Arentz Leichtbau KG Visiere hergestellt, die sowohl als Schweißerbrillen, als auch als Visier für Pilotenhelme verwendet wurden. Die ersten Schritte in Richtung Telekommunikation wurden erst 1954 mit der Entwicklung der ersten Morseübungsgeräte für die belgische Armee gemacht. Im Auftrag der ersten Bundesregierung erfolgte der Auftrag dafür zwar bereits 1954, aber auf Grund der damaligen Materialsituation nach dem Zweiten Weltkrieg kam es erst 1955 zur Erstauslieferung. In den späteren Jahren folgten dann die Entwicklung und Herstellung der sogenannten Amtsgebührenzähler im Auftrag der Deutschen Post. Der »echte« Eintritt in die Welt der Telekommunikation fand aber erst Mitte der 80er-Jahre mit der bei AGFEO entwickelten HTA 121 statt. HTA steht für Heim-Telefon-Anlage. Aber selbst diese wurde im Auftrag der Deutschen Post entwickelt und somit noch nicht unter dem eigenen Brand AGFEO geführt. Erst Mitte der 90er kam die erste AGFEO ISDN-Telefonanlage auf den Markt; die AS 31 mit dem passenden Systemtelefon ST 20. Ab da an entwickelte sich AGFEO sehr schnell zu einem der führenden deutschen Anbieter in Sachen Telekommunikationslösung. Durch den Zeitwandel der vorherrschenden Techniken von analog zu ISDN zu IP hat AGFEO niemals an Innovation und Erfindergeist nachgelassen und bis heute gehören wir, auch was die Technikansprüche der Kunden angeht, weiterhin zu den führenden Herstellern am deutschen Markt. Der beste Beweis: die AGFEO HyperVoice, eine virtuelle Kommunikationslösung mit klassischer AGFEO-Systemfunktionalität!
Ihr Firmengebäude erinnert zum Teil nach wie vor an die Gründerzeit – in einem Ihrer Videos wurde es als »vintage style« bezeichnet. Warum hält AGFEO nach wie vor am ursprünglichen Standort fest? Oder gibt es doch Pläne für etwas komplett Neues?
Born: Nein, solche Pläne gibt es nicht. Auch wenn die Hanglage des Firmengebäudes durch die unterschiedlichen Höhenniveaus oft eine logistische Herausforderung darstellt, so wird diese auf Grund unserer Standortverbundenheit schlichtweg in Kauf genommen. Außerdem finden sich bei uns lediglich noch einzelne Elemente, die die Begrifflichkeit »vintage« auch verdienen. Alle Büros und die gesamte Haustechnik wurden stets modernisiert und in Stand gehalten. Dass sich »vintage« und »modern workplace« nicht gegenseitig ausschließen, beweist der kürzlich stattgefundene Umbau einer ca. 300 qm großen Bürofläche. Hier wurde eine hochmoderne »Team Area« eingerichtet, die ein kollaboratives Arbeiten nach den neuesten Erkenntnissen der Ergonomie ermöglicht und die Ansprüche von Mitarbeitenden in Bezug auf modernes Arbeiten erfüllt.
Sie bezeichnen Ihr Tun und Handeln als »Leidenschaft für die Telekomunikation« – wie kann man dieses Credo interpretieren?
Born: Eigentlich wortwörtlich! Wie schon oben erläutert, liegen die Wurzeln der Telekommunikation in der Mitte der 50er-Jahre und seit nunmehr 75 Jahren widmen wir unsere Schaffenskraft in allen Bereichen in diese Richtung. Das würde sicherlich ohne diese Leidenschaft nicht funktionieren bzw. setzt eine solche einfach voraus.
Sie sind als Unternehmen stolz darauf, nach wie vor »made in Bielefeld« zu sein und mit Hilfe von lokalen Lieferketten arbeiten zu können. Fühlen Sie sich in Ihrer Entscheidung, hier zu fertigen, durch die aktuellen Ereignisse bestätigt?
Born: Eine Entscheidung als solche musste ja im Prinzip nie gefällt werden, aber natürlich hat sich dies während der Pandemie ausgezahlt. Wir sind, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, in der gesamten Produktpalette lieferfähig geblieben, nicht zuletzt, weil wir auch sehr schnell und vorausschauend einen entsprechenden Vorrat an Bauteilen geordert haben. Zugegebenermaßen sind auch wir bei manchen Hardware-Komponenten von den Herstellern in China abhängig. Schlichtweg, weil es kaum deutsche Produzenten von Chips und z.T. Halbleitern in Deutschland gibt. Aber dadurch, dass wir auch in Bielefeld unsere Produkte selbst produzieren, sind zumindest unsere Bestände nicht auf Grund der globalen Schwierigkeiten der gestörten Lieferketten betroffen. Das wissen auch unsere Geschäftspartner zu schätzen und somit ist »Made in Bielefeld« nicht nur ein reiner Marketing-Claim, sondern bei AGFEO Programm!
Nach dem Morseübungsgerät folgten die Amtsgebührengeräte und damit wohl auch die technische Überleitung in die Telefonie. Wo steht Agfeo heute und welche Perspektiven hat dieser Bereich Ihrer Ansicht nach? – Auch in Anbetracht dessen, dass ein Manager eines führenden Telekommunikationsunternehmens erst kürzlich in einem Interview meinte, dass es in 10 Jahren keine Smartphones mehr geben wird. Das Internet der Dinge wird dann unser Leben bestimmen.
Born: Offen gestanden glaube ich das nicht, zumindest in Hinsicht auf Smartphones. Das erscheint mir dann doch etwas zu visionär. Natürlich hat die Geschichte gezeigt, dass der Fortschritt der Technologien nicht linear, sondern exponentiell voranschreitet und es ist sicherlich auch unumstritten, dass sich unser aller Leben noch einmal deutlich verändern wird. Ich sehe diese Thematik eher in Bezug auf die, nennen wir es mal, Arbeitsumfelder der Mitarbeitenden in Unternehmen. Durch die Corona-Pandemie hat sich vieles durch die Schaffung von Remote- und Home-Arbeitsplätzen geändert und dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Damit verändern sich natürlich auch die Anforderungen an die benötigten Kommunikationssysteme. AGFEO hat aber auch hier bereits sehr früh reagiert und stellt mit der AGFEO HyperVoice-Lösung, in Verbindung mit dem Dashboard und den entsprechenden Peripherie-Geräten, eine perfekte Kommunikationslösung zur Verfügung. IoT wird sicherlich auch in Zukunft weiterhin Einzug in unsere Arbeitswelten halten, aber wir werden sicher nicht so schnell an den Punkt kommen, an dem Computer mit KI für uns kreative Prozesse und die dafür notwendige Kommunikation übernehmen können. Daher bleibe ich bei der Aussage, dass das IoT unsere Leben nicht bestimmen, aber sicherlich beeinflussen wird. Ja, vielleicht sogar in vielen Dingen leichter machen wird. Aber das ist ja erst einmal positiv zu betrachten.
Welches Produktportfolio bietet Agfeo aktuell seinen Kunden und worin sehen Sie das größte Potenzial?
Born: Im Fortschritt der Technologie gibt es keinen Stillstand und das ist uns bei AGFEO auch stets bewusst. Daher wenden wir seit Jahren viel dafür auf, um mit unseren Lösungen immer »state of the art« zu sein. Für uns gilt vor allen Dingen, dass unsere Produkte zukunftssicher und somit auch nachhaltig sind und bleiben. Letzteres wird vor allen Dingen auch durch die Updatefähigkeiten der Lösungen und die Langlebigkeit unserer hochqualitativen Produkte erreicht. Außerdem achten wir darauf, dass wir auch bei der Herstellung auf Nachhaltigkeit für unsere Umwelt setzen. Seit diesem Jahr sind wir »klimaneutral«, was nicht nur für uns, sondern auch für viele Endverbraucher wichtig ist. Die Frage, worin ich das größte Potenzial für die Zukunft sehe, lässt sich eigentlich nicht in Hinsicht auf ein Produkt beantworten, sondern auf die Herstellungsprozesse und die Ideologie des Herstellers. Qualität, Kundenservice, Nachhaltigkeit, Arbeitsumfelder der Mitarbeitenden und Klimaschutz; das sind die Zutaten für das größte Potenzial am Markt. Und dies gilt sicher nicht nur für die Telekommunikationsbranche.
Wie groß ist der Anteil der verkauften Hardware im Vergleich zum Software-Angebot und wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie aktuell in der Fertigung bzw. in der Software-Entwicklung?
Born: Derzeit arbeiten bei AGFEO 134 Mitarbeitende. Diese Anzahl wurde in den letzten Jahren relativ gleich gehalten. Es sind zwar einige Kolleg*innen in den wohlverdienten Ruhestand gegangen, aber wir haben auch neue Stellen geschaffen, wie z.B. im Marketing, der Entwicklung und im Vertrieb. Dies ist auch ein wenig mit dem Wandel im Portfolio zu begründen. Der Anteil zwischen Hard- und Software ist noch sehr ausgewogen, aber Softwarelösungen und dazu passende Lizenzen sind im Vormarsch. Somit ändern sich natürlich auch die Mitarbeiterstruktur und deren Tätigkeitsfelder.
„Agfeo revolutioniert seine selbstentwickelte CTI-Software“, hieß es kürzlich in einer Ihrer Pressemeldungen. Was verstehen Sie in diesem Zusammenhang als »Revolution«?
Born: Im Grunde stimmt es schon. Durch die vergangenen Pandemiejahre haben wir massiv auf neue Features in unserem Dashboard gesetzt, wie z.B. die Entwicklung und Integration des VISOfons (Video-Softphone), mit dem es möglich ist, auf schnelle und einfache Art und Weise Videocalls zu initiieren. Selbsterklärend, dass der Treiber für diese Entwicklung die neue Arbeitssituation vieler Unternehmen ist, die seit Beginn der Pandemie mehr und mehr auf mobile Arbeitsplätze und Homeoffice-Lösungen setzen.
Sie bieten Ihren Kunden ein Partnerprogramm – welchen Nutzen haben die Handwerks- bzw. die Fachhandelsunternehmen dadurch?
Born: Das ist richtig. Auch hier könnte man von einer »Revolution« sprechen, denn das Partnerprogramm wurde komplett auf den Prüfstand gestellt und deutlich optimiert. Der Fachhandel hatte schon immer viele Vorteile, aber jetzt sind diese noch deutlicher in ihren Auswirkungen. Neben einigen Preis- und Marketingvorteilen ist hier vor allen Dingen die neue Fachhandelssuche zu erwähnen. Durch das neue Berechnungsverfahren von Schulungs- und Praxisstatus ergibt sich auch ein neues Ranking in der für den Endkunden wichtigen Fachhandelssuche. AGFEO-Partner, die hier an regelmäßige Schulungen teilnehmen, aber auch in der Praxis viele Systeme im Markt installieren, rutschen in der Anzeige durch ihre Kennzeichnung weiter nach oben und werden somit von interessierten Kunden auch eher gefunden und kontaktiert. Somit entsteht eine echte Win-win-Situation für alle, weil das eine echte Leadgenerierung für den Fachhändler darstellt.
Nicht nur die Geräte scheinen bei Agfeo »made in Bielefeld« zu sein, auch die Hotlines entsprechen dem Motto. Wer also bei der Agfeo-Hotline anruft, um Hilfe zu suchen, findet sich nicht in einem Gespräch mit einem Agenten eines Callcenters in Indien wieder. Welche Vorteile hat das?
Born: Auch das ist richtig. Wir haben seit Beginn an immer auf eine hausinterne Hotline gesetzt und diesen Schritt auch niemals bereut. Jeder, der schon mal bei einer Hotline angerufen hat, wird bereits die negative Erfahrung gemacht haben, dass man nach dem Telefonat im Zweifel genauso schlau ist wie davor. Das Ergebnis kann dann, sagen wir mal, mit »Halbwissen« ausfallen. Diese Gefahr wollen wir erst gar nicht eingehen, denn wir wollen unseren Fachhändlern bei technischen Fragen mit der bestmöglichen Kompetenz zur Seite stehen. Das erreichen wir, indem wir unsere Kolleg*innen regelmäßig schulen und intern kurze Klärungs- und Abstimmungswege haben. Das alles führt auch an der Hotline zu einer weiteren Partnerbindung zwischen AGFEO und den Kunden. Dafür nehmen wir auch in Zukunft die höheren Lohnkosten in Kauf und werden nicht auf externe, oder gar ausländische Callcenter setzen.
Sie sind vor ein paar Jahren mit einem DeLorean aus dem Film »Zurück in die Zukunft« unterwegs gewesen und haben damit Ihre Kunden besucht. Wenn Sie heute in die Vergangenheit reisen könnten, hätten Sie als Unternehmen einen Grund, etwas anders zu machen?
Born: Ein klares NEIN! Natürlich ist man oft im Nachhinein schlauer und auch in unserer Firmengeschichte gibt es sicherlich Entscheidungen, die vielleicht nicht die besten oder gar falsch waren, aber – aus Fehlern lernt man und ohne diese Fehler wären wir vielleicht auch nicht da, wo wir heute stehen. AGFEO hat immer versucht, aus den Fehlern eine »Lehre« zu ziehen und eine Optimierung zu erwirken. Es wäre auch vermessen, davon auszugehen, dass wir in Zukunft keine Fehler machen werden. Also wenn, dann würden wir den AGFEO-Delo eher dafür nutzen, um in die Zukunft zu reisen, als einen Abstecher in die Vergangenheit zu machen.
Apropos Zukunft – welchen Weg wird die Telefonie künftig gehen und welche Strategie empfehlen Sie Ihren Kunden in diesem Zusammenhang?
Born: Kommunikation ist das Wichtigste im Leben und das bezieht sich auf alle Bereiche. Aber natürlich befindet sich die Kommunikationsform im Wandel. Die Digitalisierung schreitet voran und auch die Techniken der Peripheriegeräte inkl. der dahinter laufenden ITK-Infrastruktur ändern sich. Wir gehen aber davon aus, dass es immer Kunden geben wird, die auf eine Hardwarelösung setzen. Dennoch sind wir bereits mit unserem Portfolio so aufgestellt, dass wir quasi alle Ansprüche bedienen können. Der Weg wird aber sicher in Richtung Cloud gehen.
Gewähren Sie uns abschließend noch einen Blick hinter den Vorhang? – Mit welcher Entwicklung können die Kunden von Agfeo als nächstes rechnen?
Born: Die Antwort darauf schließt eigentlich an die vorherige an. Bereits heute haben wir mit der virtuellen HyperVoice die Weichen für die Zukunft gestellt und noch in diesem Jahr werden wir eine Lücke in unserem Vollsortiment schließen und eine weitere HyperVoice-Variante anbieten. Mehr möchte ich an dieser Stelle aber noch nicht verraten. Unsere Kunden dürfen gespannt sein und darauf vertrauen, dass wir auch in Zukunft immer am Puls der Zeit entwickeln und entsprechende Produkte anbieten werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Informationen auf: www.agfeo.de