Kaum eine technische Innovation hat sich so schnell und umfassend verbreitet und unser Leben so nachhaltig verändert wie das Mobiltelefon. Nichts hat jemals die Art und Weise wie wir kommunizieren derart revolutioniert und beschleunigt, wie dieser kleine Supercomputer, den vom Volkschulkind bis zum Greis, beinahe jeder Mensch (zumindest in der sogenannten westlichen Welt) permanent bei sich trägt. Diesem Fortschritt zugrunde liegt ein massiver Ausbau an Sendeanlagen, die die Erreichbarkeit, beinahe bis ins letzte Bergtal und in noch so tiefe U-Bahn-Schächte gewährleistet. Nach diesem rasanten Ausbau – wir sprechen hier immerhin von nicht einmal zwei ganzen Jahrzehnten – macht sich nun aber doch so manche Sorge in den Hinterköpfen der Menschen breit. Was wenn uns diese permanente Strahlung, der wir beinahe nicht mehr entrinnen können, uns doch irgendwie beeinflusst? Bleibt unser Gehirn wirklich unbeeindruckt, wenn wir stundenlang ein Smartphone an unser Ohr pressen? Die Antwort ist so simpel wie unbefriedigend – wir wissen es nicht, zumindest nicht mit Gewissheit. Das faszinierende an dieser Tatsache ist jedoch, dass sich kaum jemand ernsthaft mit diesen Fragen auseinandersetzt – frei nach dem Motto: »Wir wollen die Antwort eigentlich lieber gar nicht so genau wissen.«
Glücklicherweise haben sich dennoch einige intelligente Leute zusammengesetzt und versucht, die Teile dieses Fragenpuzzles zusammenzusetzen. Herausgekommen ist der »Leitfaden Senderbau«, kurz LSB, der gemeinsam mit der Wiener Arbeiterkammer, der AUVA (Allgemeine Unfallversicherung), der Wirtschaftskammer (Bundesinnung der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker), der Wiener Umweltanwaltschaft und der Ärztekammer von Österreich, mit Wissenschaftlern der Med. Univ. Wien entwickelt wurde. Der Leitfaden – in seiner Form ein internationales Unikat – beschreibt die Strategien und Vorgangsweisen, um dem Bedürfnis nach technischer Innovation einersteits und dem verständlichen Wunsch nach geringen Immissionen andererseits gerecht zu werden. „Niemand von uns will den Mobilfunk abschaffen, er sollte nur sehr gut erforscht werden“, stellt Prof. Dr. Wilheml Mosgöller (Inst. f. Krebsforschung d. Med. Univ. Wien) dabei klar. Der LSB soll eine Stütze sein, die dem nötigen Aufklärungsbedarf der Bevölkerung beim Bau neuer Sendeanlagen Rechnung trägt. „So soll jeder neue Mast im Konsens mit den betroffenen Personen errichtet werden“, erklärt Min.-Rat Dipl.-Ing. Gustav Ponistingl (Leiter des Verkehrs- Arbeitsinspektorats).
Denn wie gesagt, es gibt keine befriedigende Antwort bezüglich möglicher Gefahren. „Alle Studien zusammen erlauben kein letztgültiges Urteil über unerwünschte Wirkungen, aber sie begründen Maßnahmen zur Immissions-Reduktion, dort wo es organisatorisch und/oder technisch möglich ist“, heißt es im Leitfaden. „Aus der Asbest-Problematik sollten wir gelernt haben, dass wir Vorsorge treffen müssen, falls sich einmal herausstellt, dass tatsächlich Gesundheitsschäden auftreten. Deswegen appellieren wir für einen bewussten Umgang mit der Kommunikationsmittel-Technologie“, so Ponistingl. Denn aus wissenschaftlicher Sicht, ist eine klare Antwort schwer zu bekommen. „Es gibt kein Ja und kein Nein, und man muss sich sehr davor hüten, eine positive Studie durch eine negative Studie wegdiskutieren zu wollen!“, warnt Mosgöller. Was sich aber sehr wohl herausgestellt hat, ist, dass nicht das eine oder das andere Frequenzband Schädigungen hervorrufen kann (in Studien wird oft nur eine Strahlungsquelle untersucht), sondern die Summe aller elektromagnetischer Strahlungen zum Problem (zumeist erhöhtes Krebsrisiko) werden kann. Darum hat man sich für den LSB auf einen gemeinsamen Nenner von 1 mmW verständigt, bei dem sich alle Studien einig sind, dass hier absolut nichts passieren kann. „Wird dieser Wert überschritten, heißt das aber deswegen nicht, dass gleich Feuer am Dach – er ist nur eine Empfehlung“, führt Mosgöller weiter aus. Wie gesagt, es ist alles nicht so einfach …
Den Autoren der Studie ist aber wichtig zu betonen – darum sei es hier noch einmal wiederholt – dass keine Panikmache betrieben werden soll und sich der Leitfaden um Vorsichtsmaßnahmen und Aufklärung dreht. Niemand wird mit seinem Smartphone in der Hand tot umfallen, es kann aber auf keinen Fall schaden, einen bewussteren Umgang mit dem neuen Lieblingsspielzeug zu pflegen.
Wer sich für die detaillierten Inhalte des Leitfadens interessiert, kann diesen auf i-Magazin herunterladen. Außerdem hat die AUVA eine Zehn-Punkte-Liste mit Tipps erstellt, die beim Mobiltelefonieren einzuhalten, nicht verkehrt wäre. Zu diesem Thema ist auch ein Film produziert worden, der ebenfalls auf unserer Website angesehen werden kann.
Die Tipps der AUVA zur Risikominimierung beim Handytelefonieren:
- Handy mit niedrigem SAR-Wert wählen
- Zum Telefonieren Freisprech-Funktion bzw. Headset (Kopfhörer) verwenden
- Zum Telefonieren wenn möglich (vor allem bei langen Gesprächen) das Festnetz benützen
- Mobiltelefon in einer Hand- oder Aktentasche und nicht am Körper tragen
- Nicht neben oder auf dem eingeschalteten Handy schlafen
- Stundenlanges Telefonieren mit dem Mobiltelefon vermeiden
- Nach längerem oder häufigem Telefonieren mit dem Handy Pausen einlegen
- Im Auto Freisprechanlage mit Außenantenne verwenden oder zumindest die Freisprech-Funktion des Handys aktivieren (denn ohne Außenantenne sendet das Mobiltelefon im Auto mit höherer Leistung als im Freien)
- Nicht bei schlechtem Empfang, z.B. im Keller oder im Aufzug, mobil telefonieren
- Halten Sie während des Verbindungsaufbaus das Handy nicht am Kopf
- Schreiben Sie eine SMS anstatt zu telefonieren