Inflation und steigende Kosten bei Löhnen, Material und Energie:

Bei aller Krisenresistenz – es reicht!

von Sandra Eisner
von Mag. Sandra Eisner Foto: © FEEI/APA-Fotoservice/Juhasz

Bläst die EEI (Elektro- und Elektronikindustrie) bald aus allen Löchern? Der »Wirtschaftsmotor« Österreichs gerät zunehmend unter Druck, die Gründe dafür sind vielfältig und hängen doch zusammen. Der FEEI (Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie) präsentierte den alljährlichen Wirtschaftsbericht sowie das Branchenbarometer und legte den Finger in die aktuellen Wunden der Branche. Wir waren für Sie dabei!

„Gemessen an der abgesetzten Produktion stellte die Elektro- und Elektronikindustrie 2022 die drittgrößte Industriesparte in Österreich dar“, bestätigte Marion Mitsch die Krisenfestigkeit der Branche. (Bild: FEEI/APA-Fotoservice/Juhasz)

„Die EEI mit einem Anteil von 9 % am produzierenden Bereich in Österreich ist als Wirtschaftsmotor unverzichtbar, gewährleistet Standortsicherheit und bietet spannende und zukunftsweisende Jobs.“ Das weiß nicht nur Marion Mitsch, Geschäftsführerin des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie, sondern können wohl alle Branchenteilnehmer bestätigen. Und dennoch trübt sich trotz aller Krisenresistenz die Lage ein, die Situation spitzt sich zu: Die seit vielen Monaten konstant hohe Inflation, die stark gestiegenen Lohnkosten und auch die hohen Material- und Energiekosten stellen Herausforderungen dar, die den Ernst der Lage verdeutlichen. Wie sich der Status Quo der EEI gestaltet, welche konkreten Lösungsansätze der FEEI sieht und welche Forderungen damit einhergehen, vermittelten Marion Mitsch und Wolfgang Hesoun, Obmann des FEEI, in der Jahrespressekonferenz.

Wirtschaftsbericht der Elektro- und Elektronikindustrie 2022

Zuerst das Positive: Das vergangene Jahr 2022 zeigte sich für die heimische Elektro- und Elektronikindustrie wirtschaftlich erfolgreich. „Ausgehend von einer bereits steigenden Produktion (+17,1 %) im Vergleichszeitraum 2021, schloss die abgesetzte Produktion 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit einem Wert von 23,34 Mrd. Euro, was eine erneute Steigerung von 15,7 % bedeutet“, legte Marion Mitsch eingangs dar. Signifikate Zuwächse zeigten sich in sämtlichen Sparten, am meisten jedoch bei den »Elektronischen Bauelementen« mit 31,1 %.

„Verglichen mit dem Jahr 2021, waren sowohl bei den Auftragseingängen (+16,8%), wie auch bei den Umsätzen (+18,8%) deutliche Zuwächse erkennbar. Das in der heimischen Elektro- und Elektronikindustrie eingesetzte Eigenpersonal konnte 2022 von einem bereits hohen Niveau nochmal um 4,7 % gesteigert werden und lag mit Jahresende 2022 bereits bei knapp 72.000 Beschäftigten“, so Marion Mitsch.

Exportmarkt

Nach wie vor ist die Branche vor allem im Ausland aktiv – die Exportquote hatte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nicht verändert und blieb konstant bei 84,2 %. So belief sich der 2022 im Ausland erwirtschaftete Umsatz auf 22,74 Mrd. Euro.

Der wichtigste Exportmarkt ist nach wie vor die EU (63,7 %), unter den einzelnen Staaten wird am meisten nach Deutschland exportiert (Gesamtanteil 29,6 %). Bezugnehmend auf die Gesamtausfuhren im Jahr 2022 betrug der Anteil der Produkte der Elektro- und Elektronikindustrie 10,5 %. „Gemessen an der abgesetzten Produktion stellte die Elektro- und Elektronikindustrie 2022 die drittgrößte Industriesparte in Österreich dar. Angesichts der vielfältigen Krisen ist das eine höchst erfreuliche Entwicklung und zeigt die Krisenfestigkeit dieser wichtigen Branche“, resümierte Marion Mitsch.

Wolfgang Hesoun, Obmann des FEEI, ergänzte: „Besonders freut es uns, dass vonseiten der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur Stärkung der heimischen Halbleiterindustrie im Rahmen des European Chips Act besteht. Halbleiter sind die Basis für bis zu 50 % des globalen Bruttoinlandsprodukts und unverzichtbar für eine Fülle von Anwendungsfeldern. Österreich hat sich in diesem Bereich in den letzten Jahren eine Spitzenposition erarbeitet. Im Bereich der elektronischen Bauelemente ist Österreich Europas Nummer 1, gemessen an der Gesamtwertschöpfung, der Gesamtbeschäftigung sowie der Forschung & Entwicklung. Es gilt, diese Position zu verteidigen und bestehende Stärken zu stärken. Politik und Unternehmen ziehen hier gemeinsam an einem Strang für einen starken Wirtschaftsstandort.“

Verschlechterung der Situation

Und dennoch gehen die aktuellen Herausforderungen nicht spurlos an der Branche vorüber – wie könnten sie auch? Die hohe Inflation, die gestiegenen Lohn- und auch Material- sowie Energiekosten erzeugen ein Umfeld von beträchtlichem Druck für die heimischen Unternehmen. Der Wirtschaftsstandort Österreich büßt an Attraktivität ein, schwarz auf weiß zu sehen in den Berechnungen der Statistik Austria: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im zweiten Quartal real im Vergleich zum Vorjahresquartal um 1,1 %. Die Verschlechterung der Situation ist vor allem auf die rückläufige Wirtschaftsleistung von Handel und Industrie zurückzuführen.

Befragt zu ihren voraussichtlichen Reaktionen auf die derzeitig angespannte Lage, antworteten rund 50 % der EEI-Unternehmen, dass sie in den nächsten 12 Monaten Personal abbauen und weniger Investitionen im Inland tätigen würden. Mittel- und langfristig überlegen/planen mehr als 40 %, die Produktion ins Ausland zu verlagern. Etwa 25 % möchten vermehrt auf Automatisierung setzen.

Wolfgang Hesoun fordert von der Politik Maßnahmen zur Abfederung der Inflation, zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sowie zur Beschleunigung von Genehmigungs- und Behördenverfahren. (Bild: FEEI/APA-Fotoservice/Juhasz)

Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit

Wolfgang Hesoun brachte die anhaltend hohe Inflation als wesentliche Ursache der sinkenden Wirtschaftsleistung zur Sprache: „Diese liegt im Schnitt der letzten 12 Monate bei rund 10 %. Aktuell mit August 2023 liegt die Inflation EU-weit laut Eurostat bei 5,3 %, während Österreich im August mit 7,5 % einen deutlich höheren Wert aufweist. Österreichs wichtigster Wirtschaftspartner Deutschland kommt mit einer Inflation von 6,1 % merklich unter der österreichischen Inflationsrate zu liegen.“

Als wichtigen ersten Schritt nannte Hesoun Maßnahmen der Regierung zur Abfederung der Inflation: „Energie und Wohnen dürfen nicht zur Kostenfalle werden. Andernfalls verlieren wir an Kaufkraft und der Abschwung ist nicht mehr aufzuhalten. Auch für die heimischen Betriebe braucht es Entlastungen: 2022 betrug die Erhöhung des Kollektivvertrags in der EEI 9,9 %. Ein ähnlich hoher Abschluss im nächsten Frühjahr, von dem wir aufgrund der derzeitigen Wirtschaftslage ausgehen müssen, würde viele unserer Unternehmen unter enormen finanziellen Druck bringen. Österreich als Wirtschaftsstandort verliert so zunehmend an Attraktivität, denn Unternehmen stellen sich die Frage, ob es sich überhaupt noch rentiert, in Österreich zu investieren. Wirtschaftsräume wie die USA oder Asien locken mit enormen Wirtschaftshilfen und haben eine weitaus unternehmensfreundlichere Struktur mit beispielsweise rascheren Genehmigungsverfahren.“

Um der Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit entgegenzuwirken, sind eine Senkung der Lohnkosten, weniger Bürokratie und wirksame Maßnahmen für eine rasche Reduktion der Inflationsrate für Hesoun unumgänglich.

Herausforderung Fachkräftemangel

Als abschließendes Thema der Jahrespressekonferenz widmete sich Marion Mitsch dem Fachkräftemangel: „Das Lohnniveau in der EEI ist ein außerordentlich hohes. Mehrkosten, verursacht durch hohe Kollektivvertragsabschlüsse wie im letzten Jahr oder durch gestiegene Material- und Energiekosten, tragen allesamt die Unternehmen, die zunehmend an ihre Grenzen stoßen, wie wir aus aktuellen Mitgliedsbefragungen wissen. Um qualifizierte Fachkräfte zu bekommen bzw. zu halten, sind adäquate Gehälter unumgänglich – und hier braucht es Unterstützung und Anreize seitens der Politik, um das auch weiterhin möglich zu machen.“ Konkret bedarf es mehr Ausbildungsplätze im MINT-Bereich, der Attraktivierung des zweiten Bildungswegs sowie des Ausbaus von Kinderbetreuungsplätzen und einer Vereinfachung und Beschleunigung des qualifizierten Zuzugs.

Denn: „Die Elektro- und Elektronikindustrie bietet eine Vielzahl spannender Jobs, die aufgrund der heutigen Herausforderungen im Hinblick auf Dekarbonisierung und Digitalisierung stetig mehr werden und an Bedeutung zunehmen. Arbeitskräfte in der EEI machen nicht nur einfach einen Job – sie gestalten die Zukunft mit und sind Taktgeber der Innovation!“, so Mitsch abschließend.

Weitere Informationen auf: www.feei.at

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