Nachhaltigkeit im Mittelstand:

Chancen nutzen, Unsicherheiten managen

von Nakisa Kaltenbach
von Von Vivien Fielk, Sustainability & Compliance Officer bei der Insta GmbH Foto: © Insta GmbH

Mit der Omnibus-Verordnung versucht die EU, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu entlasten. Für viele Betriebe bedeutet das jedoch: Nachhaltigkeit strategisch umzusetzen, bleibt trotz der Erleichterungen eine anspruchsvolle Aufgabe. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Vorhaben, Kundenanforderungen und interne Ressourcen gleichzeitig zu berücksichtigen.

Ein Blick auf die Omnibus-Regeln

Das Omnibus-Paket bündelt zentrale Änderungen in der europäischen Nachhaltigkeitsgesetzgebung, um KMU praktikable Wege zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)-konformen Berichterstattung zu ermöglichen. Die Maßnahmen sollen den administrativen Aufwand deutlich reduzieren und gleichzeitig eine verlässliche Basis für die ESG-Berichterstattung schaffen.

Die wichtigsten Punkte für KMU auf einen Blick:
  • Reduzierte Berichtspflicht: Nur große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und bestimmten Umsatz- oder Bilanzgrenzen müssen künftig berichten. Rund 80 % der KMU sind ausgenommen.
  • Aufschub der CSRD-Anwendung: Das „Stop-the-Clock“-Verfahren verschiebt die verpflichtende Umsetzung für größere Unternehmen um zwei Jahre.
  • VSME als freiwilliger Standard: Der Voluntary Sustainability Reporting Standard for SMEs (VSME) bietet ein Basis-Modul für die wichtigsten Offenlegungen sowie ein erweitertes Modul für zusätzliche Anforderungen. KMU können die Module flexibel nutzen, um ESG strukturiert in ihre Prozesse zu integrieren.

Trotz dieser Entlastungen bestehen weiterhin Unsicherheiten. Viele Unternehmen hatten bereits Ressourcen in Wesentlichkeitsanalysen, Datenerhebungen und Berichtsvorbereitungen investiert, bevor die EU die Änderungen verkündete. Diese Aufwendungen lassen sich nicht rückgängig machen, während gleichzeitig neue Anforderungen und kurzfristige Kundenabfragen zusätzlichen Anpassungsdruck erzeugen. Das Paket liefert Orientierung, ersetzt aber nicht die Notwendigkeit, Nachhaltigkeit bereits heute strategisch zu verankern. Es bietet jedoch einen Ausgangspunkt, auf den KMU aufbauen können, um ESG in allen Unternehmensbereichen systematisch zu integrieren.

Nachhaltigkeit im Unternehmensalltag

Die praktische Umsetzung von ESG bleibt für KMU anspruchsvoll. Kunden fordern detaillierte Angaben zu Energieverbrauch, Emissionen und sozialen Standards, während Lieferantenaudits und ESG-Abfragen zusätzliche Ressourcen binden. Unterschiedliche Tools, Codes of Conduct und Fragebögen sorgen für Mehraufwand und zwingen Unternehmen zu ständigen Anpassungen. Die Anforderungen sind oft kurzfristig und variieren von Kunde zu Kunde, sodass Unternehmen flexibel reagieren müssen. Eine erfolgreiche Integration von ESG setzt voraus, dass alle Unternehmensbereiche einbezogen werden. Eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse hilft, sowohl interne Auswirkungen auf ESG-Themen als auch die Relevanz externer Faktoren für das eigene Geschäft zu erkennen. Sie liefert die Grundlage für die Priorisierung von Maßnahmen und die Einbindung in die Unternehmensstrategie.

Wie sich die Anforderungen in der Praxis umsetzen lassen, zeigt die Insta GmbH. Fortschritte werden systematisch dokumentiert, Handlungsfelder identifiziert und standardisierte VSME-Berichte erstellt. Interne Workshops prüfen regelmäßig die Nachhaltigkeitsvision und passen Mission sowie Oberziele an. Ergänzende externe Bewertungen, beispielsweise durch EcoVadis, liefern objektive Perspektiven, um die Nachhaltigkeitsleistung zu messen, Stärken hervorzuheben und gezielt Verbesserungen abzuleiten. Diese Vorgehensweise zeigt, dass ESG nicht nur eine Pflichtaufgabe ist, sondern aktiv in Unternehmensprozesse integriert werden kann.

Chancen erkennen und nutzen

Die strategische Umsetzung von Nachhaltigkeit bietet KMU deutliche Vorteile. Frühzeitige ESG-Maßnahmen machen Lieferketten effizienter, stärken die Marktposition und erhöhen die Attraktivität für Fachkräfte.

Nachhaltigkeit entwickelt sich somit vom bürokratischen Aufwand zu einem Motor für Innovation, Effizienz und langfristige Unternehmensentwicklung. Unternehmen, die ESG strategisch verankern, nutzen die Verordnung als Chance, sich frühzeitig Wettbewerbsvorteile zu sichern und ihre Prozesse zukunftsfähig aufzustellen.

Handlungsempfehlungen für KMU

Um die Chancen der Omnibus-Verordnung zu nutzen, sollten KMU:

  • ESG in Unternehmenswerte und -kultur integrieren.
  • Regulatorische Entwicklungen beobachten und flexibel reagieren.
  • Lieferketten und Kunden systematisch einbinden.
  • Bereichsübergreifend zusammenarbeiten.
  • Eigeninitiative durch Analysen, Workshops, Benchmarking oder externe Ratings zeigen.
Nachhaltigkeit als strategischer Erfolgsfaktor

Das Omnibus-Paket eröffnet KMU die Möglichkeit, den administrativen Aufwand zu reduzieren und gleichzeitig ESG strategisch zu verankern. Eigeninitiative, strategisches Handeln und bereichsübergreifende Umsetzung sind entscheidend, um die Vorteile der ESG-Berichterstattung vollständig zu nutzen. Wer Nachhaltigkeit frühzeitig integriert, sichert nicht nur Compliance, sondern schafft langfristige Wettbewerbsvorteile, stabilere Strukturen und zukunftsfähige Geschäftsmodelle.
Über die Autorin

Vivien Fielk startete 2018 ihre Laufbahn bei der Insta GmbH mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau, die sie 2021 mit Bestenehrung der SIHK Hagen abschloss. Anschließend war sie als Assistenz der kaufmännischen Geschäftsführung tätig. Seit Ende 2022 verantwortet sie Aufgaben im Bereich Nachhaltigkeit und ist heute als Sustainability & Material Compliance Officer bei der Insta GmbH tätig. Parallel dazu studiert sie seit 2024 berufsbegleitend Nachhaltigkeitsmanagement.

Quelle: Insta GmbH

Ähnliche Artikel

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Zur Speicherung Ihres Namens und Ihrer E-Mailadresse klicken Sie bitte oben. Durch Absenden Ihres Kommentars stimmen Sie der möglichen Veröffentlichung zu.

Unseren Newsletter abonnieren - jetzt!

Neueste Nachrichten aus der Licht- und Elektrotechnik bestellen.