Die Energiewende als überparteiliche Aufgabe:

Dekarbonisierung ohne Deindustrialisierung

von Oliver Kube
Foto: © OVE/Fürthner

In einer Pressekonferenz des OVE (Österreichischer Verband für Elektrotechnik) am 16. Oktober in Salzburg wurde die Notwendigkeit betont, die Energiewende nicht nur ambitioniert, sondern auch realistisch und nachhaltig zu gestalten. Experten aus der Energiebranche wie Gerhard Fida (Präsident des OVE), Herwig Struber (Vorstand Salzburg AG) und Energieexperte Walter Boltz diskutierten über die drängenden Herausforderungen und Chancen im Bereich der Energiewende und gaben Einblicke in die notwendigen nächsten Schritte.

Eines der zentralen Themen der Pressekonferenz war der immer noch fehlende politische Rahmen, um den Ausbau erneuerbarer Energien weiter voranzutreiben. Obwohl in den vergangenen Jahren über 30.000 Kilometer zusätzliche Stromleitungen in Österreich verlegt wurden, fehlen nach wie vor entscheidende Regelwerke wie das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG), die in der letzten Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet wurden.

OVE-Präsident Gerhard Fida betonte die Dringlichkeit, diese Gesetze rasch zu beschließen: „Der Umbau des Energiesystems mit dem damit verbundenen Ausbau von Stromnetzen und Speicherkapazitäten muss ein überparteiliches Anliegen sein.“ Der Ausbau der Netzinfrastruktur sei die Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende und Versorgungssicherheit.

Leistbare und nachhaltige Energieversorgung

Herwig Struber, Vorstand der Salzburg AG, hob hervor, dass der Ausbau erneuerbarer Energien nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch gestaltet werden müsse. „Wir müssen unsere Energiesysteme so weiterentwickeln, dass sie einen Mehrwert für die Gesellschaft bieten. Energie muss auch in Zukunft leistbar und dauerhaft verfügbar sein.“ Struber sieht vor allem innovative Technologien und die Digitalisierung als Schlüssel für die Weiterentwicklung der Energiesysteme.

Ein zentrales Element dabei ist die Integration der Kunden in den Transformationsprozess. Struber verwies auf die wachsende Zahl von „Prosumern“. Um dies weiter zu fördern, seien Anreize für flexiblen Verbrauch und die Beteiligung an Energiegemeinschaften notwendig. Auch die zunehmende Volatilität durch den Ausbau von Wind- und Solarenergie müsse in Zukunft besser in das System integriert werden (Stichwort: tageszeitabhängige Stromtarife).

Dekarbonisierung: ein globales und europäisches Problem

Energieexperte und Politikberater Walter Boltz nahm eine übergeordnete Perspektive ein und sprach über die aktuellen Entwicklungen auf EU-Ebene. Die vergangenen Jahre brachten mit dem „Green Deal“ und „RePowerEU“ zahlreiche neue gesetzliche Initiativen auf den Weg, die die CO2-Emissionen massiv reduzieren sollen. Trotz der Fortschritte in der EU bleibe jedoch die Umsetzung auf nationaler Ebene – auch in Österreich – hinter den Erwartungen zurück. „Es wird in den nächsten Jahren weniger neue Initiativen geben, sondern vielmehr darum gehen, die bereits beschlossenen Maßnahmen umzusetzen“, erklärte Boltz.

Eine Gefahr der großflächigen Rücknahme beschlossener Maßnahmen sieht Boltz nicht – trotz der jüngsten Erfolge von Parteien, die den Klimawandel leugnen oder verharmlosen. Die Mehrheitsverhältnisse in den EU-Gremien werden seiner Einschätzung nach dazu führen, dass weder völlig neue Maßnahmenpakete noch ein klimapolitischer Rückwärtsgang in naher Zukunft durchsetzbar seien.

Die Dekarbonisierung sei unumkehrbar, dennoch gebe es nach wie vor große Herausforderungen, wie die steigenden globalen Emissionen und die Lücke zwischen Energiekosten in Europa und anderen großen Volkswirtschaften, wie den USA oder China. „Wenn wir unseren Wohlstand und den sozialen Frieden in Europa sichern wollen, müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit verbessern“, warnte Boltz und forderte Strukturreformen zur Effizienzsteigerung im Energiesektor.

Junge Menschen für Berufe begeistern

Ein weiteres großes Thema der Veranstaltung war der Fachkräftemangel in der Energiebranche. Gerhard Fida unterstrich, wie wichtig es sei, junge Menschen – insbesondere Frauen – für technische Berufe zu begeistern. Mit der Initiative »Join the Future« sowie weiteren Programmen wie »Let‘s tech« und »Girls! Tech up« setze der OVE gezielt auf Nachwuchsförderung und bilde damit eine starke Basis für die Zukunft der Branche.

Weitere Informationen auf: www.ove.at

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