EU-Vorzeigeprojekt Stanz im Mürztal:

Die Energie geht vom Volk aus!

von Jasmin Fuerbach
Foto: © Riddle&Code MYPWR

Die Gemeinde Stanz im Mürztal zeigt vor, was noch niemand in Europa umgesetzt hat. Im Rahmen des „European Smart Villages Observatory Meetings“  am 11.  Mai in Graz wurde das Projekt „Stanz Token“ der europäischen Öffentlichkeit als ein Leuchtturmprojekt der EU-Kommission vorgestellt.

Bürgermeister Fritz Pichler und Riddle&Code Geschäftsführer Kai Siefert legten den Schalter um und aktivierten damit die Echtzeitanbindung der ersten Stanzer Stromproduzenten und Verbraucher. Mit dieser Hard- und Softwarelösung können die Mitglieder der Energiegemeinschaft Stanzertal (EEG) ihr Verbrauchsverhalten noch besser an die produzierte Strommenge der Gemeinschaft anpassen und behalten gleichzeitig die volle Hoheit über ihre eigenen Daten. Zukünftig soll die nicht verbrauchte Energie sogar eine eigene Währung (StanzerTaler) werden. Damit wird die lokale Wirtschaft gestärkt. Dann gibt’s Bier gegen Kilowatt!

„Das System ist denkbar einfach“, freut sich Friedrich Pichler, Bürgermeister von Stanz und Mitgründer der Energiegemeinschaft: „Alle Teilnehmer:innen können via App den Eigenversorgungsgrad der EEG mitverfolgen, den eigenen Beitrag ablesen und ganz konkret in Echtzeit sehen, von wem sie/er gerade Strom bezieht bzw. an wen gerade geliefert wird“, erklärt Pichler. Mit der Umsetzung des Projektes ist die digitale Grundlage für eine optimale Verteilung des Stromes geschaffen. „Unsere Menschen in der Stanz wollen selbst entscheiden, wohin die Reise geht. Daher sind ihnen Unabhängigkeit, Datenhoheit und aktive Beteiligung sehr wichtig“, führt Bürgermeister Pichler aus.

Aber es geht auch um mehr: „Für jede Kilowattstunde, die innerhalb der Gemeinschaft keinen direkten Abnehmer findet, könnte ich, statt der wenig interessanten Einspeisetarife, künftig einen virtuellen Token erhalten. Diesen Token kann ich wiederum gegen Gemeinschaftsenergie zu einem anderen Zeitpunkt eintauschen, wenn zum Beispiel meine PV-Anlage gerade keinen Strom produziert. Oder ich kaufe mir in Trixi’s Dorfladen eine Kiste Bier darum“, fasst Pichler zusammen. „Wir freuen uns, dass wir den österreichischen Marktführer Riddle&Code gewinnen konnten, um dieses wegbereitende Projekt zu entwickeln. Und jetzt, wo Stanz durchstarten kann, freuen wir uns, wenn andere Gemeinden den gleichen Weg beschreiten.“

Die technische Umsetzung basiert auf Blockchain-Technologie. „Mit unserem Produkt MYPWR konnten wir der Energiegemeinschaft Stanzertal eine einfache Plug and Play Lösung anbieten“, erklärt Siefert. „Mit im Paket sind Blockchain Wallets für Smart Meter und sämtliche Endgeräte. Es kann viel gespart werden, wenn Produktion und Verbrauch innerhalb der EEG aufeinander abgestimmt werden. Angebunden werden beispielsweise E-Autoladestellen, die Kühlhaussteuerung für Trixi’s Dorfladen und vieles andere mehr für Haushalte und Unternehmen. Alles aus einem Guss und einer Hand.“

In der Tat haben Energiegemeinschaften typischerweise alle dieselben Herausforderungen: Sie bekommen zu wenig Daten und das zu spät – „too little, too late“. Siefert bringt es auf den Punkt: „Was habe ich davon, wenn ich mit der Monats-Abrechnung die Information bekomme, dass ich am Dienstag vor 4 Wochen mein Auto billig aufladen und mit dem Geschirrspüler billig waschen hätte können. MYPWR liefert diese Daten nicht nur genau, sondern auch in Echtzeit. Und wenn Sie wollen, dreht sie Ihnen sogar die Waschmaschine automatisch dann auf, wenn es gerade günstig ist.“ Und abschließend: “Wir sind stolz darauf, dass dieses innovative Vorzeigeprojekt uns ausgesucht hat, um ein System zu entwickeln, das nun in ganz Österreich und ganz Europa einfach umgesetzt werden kann.“

Edina Ocsko, Koordinatorin für das EU-Projekt Smart Rural kommentiert: „Wir haben uns für Stanz entschieden, weil die Gemeinde das fortschrittlichste Konzept und eine klare Vision davon hat, wohin sie mit sauberer Energie gelangen will. Und sie können als Beispiel für andere Gemeinden dienen.“

Das Projekt lässt noch viel Phantasie offen: In weiteren Schritten könnte der Energiehandel zwischen den Teilnehmern ausgebaut werden und weitere Anlagen mit Bürgerbeteiligung eingebunden werden. Bleibt zu hoffen, dass dieses Beispiel Schule macht.

Weitere Informationen auf www.smartrural27.eu/

Quelle: OTS APA

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