Interview mit Dr. Mareike Partsch vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS:

Einblicke in die neue Europäische Batterieverordnung

von Oliver Kube
Foto: © wurde mit ChatGPT generiert

„Ich sehe die neue Batterieverordnung positiv!“ – Nach mehr als 20 Jahren in der Batterie- und Brennstoffzellenentwicklung lässt sich Dr. Mareike Partsch, Abteilungsleiterin ‚Mobile Energiespeichersysteme und Elektrochemie‘ beim Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS, von der neuen Europäischen Batterieverordnung definitiv nicht aus der Ruhe bringen. Ganz im Gegenteil! Als Vorstandsmitglied von Energy Saxony e.V. hat die Batterieexpertin erst kürzlich einen Workshop mitorganisiert, um Unternehmen zu informieren, und einen Diskussionsprozess über die Umsetzung anzustoßen. Ihr Credo: „Wir wollen die Verordnung mit Leben erfüllen.“

Frau Dr. Partsch, warum ist die Batterieverordnung für Unternehmen in Sachsen, Deutschland und Europa so wichtig?

Mareike Partsch: Gerade im Kontext der Energiewende haben wir in den vergangenen Jahren einen regelrechten Siegeszug der Batterien erlebt. Aber das Anwachsen der Batterienutzung führt auch dazu, dass mehr Rohstoffe benötigt werden, dass Batterien gefertigt werden müssen, und dass wir Lösungen für defekte Batterien sowie für das Lebensende von Batterien benötigen.

Lithium-Ionen-Batterien haben viele Inhaltsstoffe, die von der EU als „Critical Raw Materials“ definiert sind. Neben Lithium gehören dazu z. B. Kobalt, Nickel und Grafit. Das bedeutet, die Materialien sind von hoher Priorität – nicht nur für die Energiewende, sondern für die europäische Entwicklung. Das Problem ist, dass diese Ressourcen nur in sehr geringem Umfang in Europa selbst verfügbar sind.

Die Batterieverordnung definiert wichtige Randbedingungen, damit wir Rohstoffe, die in Batterien verbaut werden, effizient nutzen und nach dem Recycling in möglichst großem Umfang auch wieder einsetzen.

Die Verordnung ist in allen EU-Staaten gültig. Ergänzt oder ersetzt sie das Deutsche Batteriegesetz?

Partsch: Wesentliche Regelungen werden ersetzt, aber auch um wichtige Punkte ergänzt. Ein Beispiel: Als das Deutsche Batteriegesetz verabschiedet wurde, haben Lithium-Ionen-Batterien noch eine untergeordnete Rolle gespielt. Das Gesetz legt zwar relativ genau fest, wie Bleibatterien recycelt werden sollen. Bei Lithium-Ionen-Batterien, die damals unter „Sonstige“ liefen, sagt es aber nur aus, dass etwa 50 Prozent der Masse recycelt werden müssen. Um das zu tun, reicht es schon fast, das Gehäuse abzubauen. Nun ist der Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien viel genauer geregelt. Unternehmen sind nicht nur verpflichtet, „Critical Raw Materials“ zu recyceln, sondern diese auch wieder zu verwenden.

Was ist bisher mit diesen Materialien passiert?

Partsch: Ein großer Teil unseres Batteriemülls wurde bisher nach Afrika und Asien verschifft. Das bedeutet, dass uns wertvolle Rohstoffe verloren gegangen sind. Es gibt umfangreiche Studien, die zeigen, welches Potential Europa wirklich hat und wo unsere Grenzen sind. Hinzu kommt, dass es in unserer Bevölkerung eine Ablehnung zur Ausbeutung eigener Rohstoffe gibt – wir sehen es gerade im Erzgebirge. Wenn wir im globalen Kontext aktionsfähig bleiben wollen, müssen wir recyceln.

Welches Potential hat die Technologie von NOVUM im Kontext der Umsetzung der neuen Batterieverordnung?

Partsch: Dass Batterien sprichwörtlich ein langes, schönes Leben haben, ist einer der wichtigsten Schritte zu einer effizienten Nutzung von Critical Raw Materials. Die KI-basierte Technologie zur Batteriediagnose und zum Batteriespeicher-Monitoring von Novum macht genau das möglich. In der neuen Batterieverordnung geht es aber auch um den Batteriepass und hier spielt die Datenerhebung zum Zustand von Batterien ebenfalls eine entscheidende Rolle.

Was bedeutet das für die Unternehmen? Ergeben sich aus der Verordnung akute Verpflichtungen oder geht es jetzt erstmal darum, dass sich die Entscheider Gedanken machen sollten, wie sie die Verordnung umsetzen?

Partsch: Die Umsetzung der Verordnung ist als iterativer Prozess gedacht. Unser Anliegen – auch bei Energy Saxony – ist es, dass sich ein möglichst breites Fachpublikum an der Diskussion beteiligt: Sind die Ziele der Verordnung realistisch? Und welche Lösungen helfen bei der Umsetzung? Diese Diskussion kann man natürlich am besten führen, wenn man möglichst viel über die eigenen Batterien weiß.

Erleben Sie, dass viele Unternehmen, die Verordnung vor allem als Herausforderung betrachten?

Partsch: Ja, schließlich ist sie mit Anpassungen und Kosten verbunden. Ich plädiere dafür, den Prozess aus der positiven Perspektive zu sehen. Durch die Verpflichtung zum Recycling und zum Wiedereinsatz, leisten wir nicht nur gemeinsam einen wesentlichen Beitrag für den Umweltschutz und gegen unsere Rohstoffabhängigkeit. Es wird ein neuer Markt entstehen, aus dem sich viele Chancen für Unternehmen ergeben.

Das klingt vielversprechend! Frau Partsch, würden Sie uns als Expertin für Batterieentwicklung zum Schluss noch einen kleinen Ausblick geben? Welche Themen beschäftigen Sie aktuell am Fraunhofer IKTS besonders?

Partsch: Energieeffizienz sowie Ressourceneffizienz in den Bereichen Fertigung, Nutzung und Recycling von Batterien und anderen Komponenten für die Energiewende sind große Themen für uns. Zudem beschäftigen wir uns damit, wie wir Lithium substituieren können – z. B. durch Natrium als Ladungsträger, das wir hier bei uns in Europa in viel größeren Mengen verfügbar haben. Darüber hinaus forschen wir zur Batteriesicherheit. Dabei könnten Festkörperbatterien, d. h. Speicherbatterien mit einem festen Elektrolyten, die weniger schnell brennen und sicherer sind, zukünftig eine entscheidende Rolle spielen.

Mehr Informationen unter: www.novum-engineering.com

Quelle: Novum engineering GmbH

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