Joghurtbecher, Verpackungen, Partybesteck: Plastik gilt als Gift für die Umwelt, manche Plastikprodukte sind sogar verboten worden. Doch was, wenn Altplastik nicht im Meer landet, sondern zum Beispiel zu Leuchten verarbeitet wird? Das klingt aus ökologischer Sicht nach einer Sensation, doch wie können dabei die Ansprüche an Qualität, Ästhetik und Haptik erfüllt werden? Darüber haben wir mit Thomas Scherer, einem der Geschäftsführer von Pracht, gesprochen. Wie das hessische Unternehmen in Österreich ankommt, haben wir Franjo Župarić gefragt.
Interview: Thomas Buchbauer
Text: Oliver Kube
Leuchten aus Joghurtbechern? Wo gibt‘s denn sowas? Das i-Magazin machte sich schlau und wurde im hessischen Buchenau fündig. Hier fertigt Pracht nicht nur Leuchten aus 100 % recyceltem Kunststoff, sondern auch schlaue Lösungen für die Elektromobilität. Wir sprachen mit Thomas Scherer, dem Vertriebsgeschäftsführer des Unternehmens (links im Titelbild, mit CEO Jonathan Pracht und COO Vilmos Polgar) und wollten unter anderem von ihm wissen, wie sich diese beiden Bereiche miteinander vertragen. Lesen Sie, warum es für Pracht wichtig ist, was Konsumenten denken!
Wer die Pracht-Website besucht, der stellt fest, dass Sie sich grundsätzlich mit drei Bereichen beschäftigen. Zwei davon sind Licht und Elektromobilität – wie passen die beiden Bereiche zusammen?
Thomas Scherer: Beide Bereiche sind innovationsgetrieben und können der Nachhaltigkeit dienen. Innovationsgetrieben bedeutet immer, dass es auch um Schnelligkeit geht – und das ist eine besondere Stärke von Pracht. Unsere Kompetenzfelder sind die Gehäusetechnik, die Lichtlenkung und heute auch die LED-Technik und die dazu passende Elektronik. Die Technologien, die beim Licht zur Anwendung kommen, sind auch in der E-Mobilität gefordert, sodass wir das gut verbinden konnten. Ich möchte an dieser Stelle noch kurz den dritten Geschäftsbereich wenigstens erwähnen: die Kunststofftechnik. In diesem Geschäftsbereich liefern wir Bauteile sowohl für unsere eigenen Produkte als auch für externe Auftraggeber. Das ist auch deshalb so interessant, weil wir sehr viele verschiedene Verfahren beherrschen, vom Spritzgießen und Spritzpressen über das Extrudieren bis hin zum Verarbeiten von Silikonen.
Stichwort Nachhaltigkeit: Sie bieten mit der Katla One nun eine Leuchte, die zu 100 % aus recyceltem Kunststoff hergestellt wird. Was waren die Beweggründe, eine derartige Leuchte anzubieten?
Scherer: Die Philosophie des Unternehmens geht auf die Familie Pracht zurück, die schon immer danach getrachtet hat, nachhaltig zu wirtschaften und Verantwortung zu übernehmen. Nachhaltigkeit ist dann möglich, wenn eine Produktverantwortung gesehen und übernommen wird. Wenn wir keine nachhaltigen Produkte anbieten, kann sie schließlich keiner kaufen.
Aus diesem Grund war »Nawaroh« 2006 daher ein wichtiger Meilenstein. »Nawaroh« steht für »nachwachsende Rohstoffe«, die wir seither in einigen Produktserien angeboten haben bzw. anbieten. Darauf konnten und wollten wir uns natürlich nicht ausruhen. So war »Remade« ein weiterer wichtiger Schritt und jetzt sind wir der weltweit erste Feuchtraumleuchten-Hersteller, der Leuchten aus Altplastik anbietet. „Das Nachhaltigste ist das, was ohnehin schon da ist“, sagt Jonathan Pracht. Plastikmüll gibt es sowieso tonnenweise, und wenn wir ihn zu neuen Produkten verarbeiten, entlasten wir die Umwelt doppelt: Zum einen, in dem wir den Müll reduzieren, der draußen die Umwelt verschmutzt, und zum anderen, indem wir dadurch andere Rohstoff-Ressourcen schonen. Wir müssen allerdings unterscheiden: Es gibt Bauteile, die werden aus Post-consumer-Rohstoffen, das sind z. B. Joghurtbecher und was sonst im Gelben Sack landet, gefertigt und es gibt Komponenten, die aus Post-industrial-Materialien, also aus industriellen Abfällen, hergestellt werden. Die Katla One ist nicht nur zu 100 % aus Recycling-Material, sondern auch eine Leuchte, bei der sowohl die Platine als auch das Vorschaltgerät ausgetauscht werden können. Die Katla One bietet neben der Nachhaltigkeit und Qualität zudem auch ein hohes Maß an Individualisierung: Bei größeren Serien können wir die Kunststoffkappen zum Beispiel in den Unternehmensfarben des Kunden herstellen. Wir bieten außerdem die Möglichkeit einer individuellen Laser-Gravur. Auf diese Weise kann der Kunde dann entweder sein persönliches namentliches Nachhaltigkeits-Statement abgeben oder eine ganz praktische Kennzeichnung vornehmen. Wir verbinden hier also Individualität mit Nachhaltigkeit – und das in höchster Qualität.
In beiden Bereichen – Licht und Elektromobilität – ist eine Menge an Know-how notwendig, um Produkte abliefern zu können, die auch in der Breite Erfolg haben und da braucht man ja auch das Team dazu – wie schafft das Ihr Unternehmen?
Scherer: Wir sehen in diesen Bereichen große Synergien und das ermöglicht es uns, die Kräfte zu bündeln. Das gilt sowohl für die Produktentwicklung und Produktion als auch fürs Marketing und für den Vertrieb. Zusätzlich gelingt es uns, die bekannten Werte Qualität und Verlässlichkeit mit Agilität zu verbinden. Diese Pracht-Markenattribute konnten wir rasch auf den Bereich der E-Mobilität übertragen und auf diese Weise das erhoffte Vertrauen von Kunden und Partnern gewinnen. Im dreistufigen Vertrieb – das ist nach wie vor unser Weg – haben die genannten Attribute weiterhin Priorität, auch wenn der Vertriebsweg in diesen Teil-Branchen hin und wieder infrage gestellt wird. An dieser Stelle ist es wichtig, sich nicht zu verzetteln.
Wie gestaltet sich das Vertriebsmodell von Pracht im Bereich der Elektromobilität? Verlässt man sich ausschließlich auf die Partnerschaft mit dem Großhandel und Elektrikern, oder plant man, den Markt selbst aufzubereiten?
Scherer: Es ist uns wichtig, zwischen Kommunikationsweg und Vertriebsweg zu unterscheiden. Das ist einerseits in der Sache begründet, dass Kommunikation unabhängig vom Vertriebsweg stattfinden kann und andererseits mit dem Interesse und Bedürfnis des Endverbrauchers, der auf direktem Wege informiert werden möchte. Ich glaube, dass beim Nutzer von Wallboxen bislang noch nicht das Markenbewusstsein im Fokus steht, sondern die Funktionalität. Die Wallbox soll funktionieren, und das sofort und ohne Probleme. Das geht dann notwendigerweise über das Elektrohandwerk. Da gibt es ja auch viele Dinge zu berücksichtigen – unter anderem muss das EVU informiert werden. Auf dem Kommunikationsweg hingegen entstehen in letzter Zeit immer mehr direkte Kontakte zum Konsumenten und das finden wir super. Wir bekommen Anrufe und E-Mails. Wir haben auch ein System eingerichtet, das es den Konsumenten ermöglicht, mit uns Kontakt aufzunehmen, um Antworten auf offene Fragen in Bezug auf die Wallbox zu bekommen. Die direkte Kommunikation mit den Nutzern bringt den riesengroßen Vorteil, dass wir ungefiltert erfahren, wo der Schuh drückt oder was das Herz begehrt.
Gratulation, dass Sie darauf vorbereitet sind! Das ist oft nicht der Fall, gerade bei den »Großen«. Dabei helfen die Angebote für den Konsumenten ja auch den Handwerkern.
Scherer: Ja, manchmal gibt es Bedienungsprobleme, bei denen sogar das Elektrohandwerk nicht weiterkommt. Wir haben in manchen Fällen schon festgestellt, dass das Problem gar nichts mit der Box zu tun hat, sondern dass es am Auto liegt. Der direkte Kontakt zu den Kunden ist uns auch deshalb so wichtig, damit keine Information verloren geht oder verfälscht wird, wie wir es nach dem Prinzip der Flüsterpost kennen. Deshalb sind wir gerade dabei, ein System aufzubauen, das es dem Kunden ermöglicht, uns das Problem an der Wallbox via Handy zu zeigen. Wir können dann zum Beispiel sehen, dass nur der Jumper verstellt werden muss. Dafür extra hinzufahren, wäre unnötig, unwirtschaftlich und auch nicht nachhaltig. Mit dem neuen System haben wir Wege, nah beim Kunden zu sein, ohne dass wir persönlich vor Ort sein müssen. Bei all dem ist uns wichtig, dass der Kunde gleich merkt: Die lassen mich nicht im Regen stehen, die helfen mir.
Nochmal zurück zu den Vertriebswegen: Ich habe schon verstanden: Elektriker, dreistufig. Aber wird es dabei alleine bleiben? Oft braucht man ja diesen »Push-n-Pull-Effekt«, um tatsächlich Ergebnisse zu erzielen.
Scherer: Der dreistufige Vertrieb ist aus unserer Sicht ein Muss, denn die Wallbox muss vom Elektriker angeschlossen werden. Was in Zukunft kommt, wissen wir natürlich nicht. Auf dem Kommunikationsweg hingegen werden wir in absehbarer Zeit auch beim Endkunden eine gewisse Begehrlichkeit auf die Marke Pracht erzeugen müssen. Das schaffen wir aus heutiger Sicht am besten, indem wir die Themen nach vorne bringen, für die Pracht steht und eines davon ist vor allem die Nachhaltigkeit. Denn Nachhaltigkeit ist ein Thema, das vielen Konsumenten immer wichtiger wird. Durch die direkte Kommunikation mit dem Nutzer wird es dann auch für das Elektrohandwerk einfacher, da die Konsumenten auf diese Weise die Marke Pracht kennenlernen und den Elektrofachbetrieb sogar aktiv darauf ansprechen können.
Herr Župarić, Sie kommen ja ursprünglich aus dem Großhandel und sind nun in Österreich für Pracht im Vertrieb unterwegs. Wie stellt sich die Situation für Sie in Österreich dar?
Franjo Župarić: Ich bin mit großer Freude bei Pracht dabei und kann diese Begeisterung den Kunden vor Ort weitergeben – die Kunden werden sozusagen mit der Pracht-Begeisterung infiziert. Dabei hilft auch die Unterstützung von unseren Kolleginnen und Kollegen aus dem Innendienst, ob vom Vertrieb, der Technik oder dem Marketing.
Was haben Sie für ein Gefühl, wie Sie in der Branche ankommen, also als Repräsentant von Pracht in Österreich?
Župarić: Wir sagen gerne über uns selbst, dass wir anders sind als andere Anbieter. Das klingt vielleicht wie eine Floskel, aber dieses Feedback bekomme ich tatsächlich auch immer wieder von unseren Kunden. Sie finden Pracht toll und zum Beispiel unsere Unterlagen besser und anschaulicher als die von unseren Wettbewerbern. Über dieses Feedback freue ich mich natürlich und es gibt neuen Auftrieb – die Batterie wird sozusagen gleich wieder aufgeladen. Das ist auch wichtig, denn aus meiner Sicht kommt es darauf an, dass wir genauso motiviert und begeistert weitermachen, um unsere Präsenz in Österreich noch zu erhöhen – ob bei Elektrogroßhändlern, bei Installateuren oder Investoren. Wir wollen die Beziehung zu denen stärken und intensivieren, die uns schon kennen – und wer uns noch nicht kennt, soll uns kennenlernen.
Es gibt inzwischen auch andere Vertriebswege, ich nenne zum Beispiel Keba in Österreich, die mit den Fahrzeugherstellern zusammenarbeiten. Wird es in Zukunft eine Pracht-Wallbox auch über VW oder woher auch immer geben?
Scherer: Wir schließen so etwas nicht grundsätzlich aus, aber wir suchen es auch nicht. Wir sind mit manchen Herstellern zwar schon im Gespräch, aber welche Schnittstellen oder Kooperationen es künftig geben wird, kann ich jetzt noch nicht sagen.
Bieten Ihre Wallbox oder Ihre Systeme auch Lösungen an, um das Thema Vehicle to Grid in Zukunft abdecken zu können? Das ist ja ein Thema, das immer wieder aufkommt.
Scherer: Weil wir mit dem Thema E-Mobilität erst Ende 2020 gestartet sind, stehen jede Menge Pflichtaufgaben auf unserer Prioritätenliste, sodass wir die Kür in diesem Bereich noch nicht anpacken konnten. Vehicle to Grid ist momentan noch Kür, wird aber irgendwann zur Pflicht. Deshalb müssen wir uns damit auseinandersetzen, aber noch haben wir es nicht.
Sie stellen nicht nur eigene Lösungen für die Elektromobilität her, Sie nutzen sie auch selbst. Ihre Vertriebsmitarbeiter in Österreich fahren zumindest Elektroautos. Unternehmen Sie darüber hinaus noch Anstrengungen, um einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten?
Scherer: Wir möchten Vorreiter, Taktgeber und Partner sein. Uns ist dabei wichtig, dass wir nicht mit erhobenem Zeigefinger belehren, sondern wir wollen die Menschen begeistern. Das ist beim eigenen Außendienst beim Thema E-Mobilität nicht immer so einfach, wie man denken könnte. Denn bei allen Vorteilen: Wer eine Ladesäule sucht, der ist angespannter als jemand, der eine Tankstelle sucht, einfach weil es immer noch viel weniger Ladesäulen gibt. Dennoch ist es für uns selbstverständlich, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen und »E« fahren – nicht nur in Österreich.
Darüber hinaus arbeiten wir schon seit langem daran, den Product Life Circle in Hinblick auf die Nachhaltigkeit, aber auch in ökonomischer Hinsicht zu optimieren. Dafür haben wir zur Veranschaulichung ein Diagramm entwickelt, in dem wir zwei Bereiche haben: den Materialbereich und den Prozessbereich. Im Materialbereich haben wir dann wiederum zwei Unterpunkte: erstens »Regrow«, also im Prinzip »Nawaroh« – nachwachsende Rohstoffe – und zweitens »Remade«, also das wiederverwendete Material. Im Vergleich dieser beiden Ansätze haben wir festgestellt, dass Remade deutlich besser läuft als Regrow. Das liegt unter anderem daran, dass wir Remade-Produkte preisneutral zu konventionellen Materialien anbieten können. Im Prozessbereich unterscheiden wir zwischen Reuse und Rebuild. Unter Rebuild verstehen wir, dass wir hochwertige Leuchten zurücknehmen, die Verschleißteile austauschen und mit voller »Neuleuchtengarantie« wieder zurückgeben. Reuse hingegen bedeutet, dass die einzelnen Komponenten vor Ort gewechselt werden können. Zum Beispiel können wir bei der Katla One bei Bedarf den Treiber oder die Platine einfach austauschen und so kann der Kunde die Leuchte über viele Jahre hinweg weiter benutzen.
Aus Joghurtbechern Leuchten herzustellen, ist sicher nicht so mir nichts, dir nichts möglich, sonst würden es andere ja auch machen. Welchen technischen Herausforderungen mussten Sie sich stellen, um ein derartiges Produkt anbieten zu können?
Scherer: Die besondere Herausforderung im Falle der Katla One war, die richtige Materialauswahl zu treffen. Denn wir wollten eine Qualitätsleuchte auf den Markt bringen, bei der einerseits die Bauteile aus Recycling-Material sind, die aber andererseits die Anforderungen an das Produkt vollumfänglich erfüllt: in technischer, maßlicher, optischer und in haptischer Hinsicht. Wenn ich beispielsweise eine Leuchte in der Hand halte und die fühlt sich schlecht an – oder riecht übel – dann wird sie wohl keine Erfolgsgeschichte schreiben. Hinzu kommt, dass jedes Bauteil einer Leuchte zum anderen passen muss. Das ist nicht immer leicht, wenn Sie zum Beispiel die Kunststoffteile im Spritzgießverfahren selbst produzieren und die extrudierten Rohre zukaufen. Dass wir alle Verfahren beherrschen und somit alle Bauteile selbst herstellen, ist daher eine große Stärke von Pracht. Wir scheuen dabei auch keine Herausforderungen, wenn wir an die Grenze dessen stoßen, was wir bisher gemacht haben oder können: Wir versuchen es einfach und forschen, experimentieren, ja »tüfteln« so lange, bis wir einen Weg gefunden haben. Dieser Pioniergeist, dieser Wille, neue Lösungen zu finden und zu entwickeln, ist für den Erfolg von Pracht und unsere Innovationen unglaublich wichtig. Im Fußball gibt es den Spruch: Wille schlägt Talent. Und wir kennen das alle: Ohne Talent geht es nicht, aber ohne Willen erst recht nicht. Wir sprechen in Bezug auf die Marke Pracht deshalb auch von einem »Tripple P«: Pioniergeist, Passion und Professionalität. Vielleicht ist der Pioniergeist von diesen dreien sogar das Wichtigste.
Wie schaut das denn nun mit dem Markt aus? Das sogenannte Cradle-to-Cradle-Prinzip sieht vor, sich von der linearen Abfallwirtschaft – kaufen, benutzen, wegwerfen – zu verabschieden und nur mehr Produkte in Gebäuden zu verbauen, die in einer Kreislaufwirtschaft eingebunden sind. Es gibt bereits Ausschreibungen, die ausschließlich Produkte, die einem derartigen Prinzip unterworfen sind, einsetzen. Welche Chancen sehen Sie hier für Ihre Produkte wie die Katla One?
Scherer: Mit Remade, Rebuild und Reuse beschreiten wir ja diesen Weg. Das Thema nur auf die Katla One zu beziehen, wäre zu kurz gegriffen. In Ausschreibungen sind in der Regel diejenigen Produkte zu finden, die sich auf irgendeine Weise etabliert haben, z. B. maßlich. Die Chancen der Katla One selbst sind vielleicht nur begrenzt, da wir bei ihr völlig neue Wege gehen. Wir haben uns bewusst auf das Wesentliche reduziert: ein Meter lang, ein Anschluss, eine Type, ein Lumenpaket, alles optimiert für »weniger ist mehr« und »Nachhaltigkeit«. Warum eine Länge von 1,2 m oder 1,5 m, wenn 1 m genügt? Das könnte dazu führen, dass bei Ausschreibungen insbesondere für Umrüstungen andere Produkte, die ähnlich wie die Katla One sind, sogar noch größere Chancen haben. So etwa bei der Katla Remade oder auch bei Produkten, die noch kommen werden. Denn wir belassen es nicht dabei, eine Vorzeigeleuchte herzustellen, sondern auf absehbare Zeit sollen nahezu alle Produkte von Pracht nachhaltig sein. »Nahezu« sage ich deshalb, weil es sein kann, dass es bei manchen Produkten nicht so schnell geht, wie wir uns das wünschen. Sollte das der Fall sein, dann werden wir das klar kommunizieren und auch erläutern, warum das noch nicht geht. Wir finden uns dann aber nicht einfach damit ab, sondern möchten andere Unternehmen dazu aufrufen, sich zu beteiligen und gemeinsam mit uns Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Deshalb ist es uns wichtig, uns mit möglichst vielen Organisationen zu vernetzen, auch mit branchenfremden Unternehmen. Wir haben in diesem Bereich schon viele gute Gespräche geführt.
Ein weiterer Aspekt ist das wachsende Bewusstsein für Nachhaltigkeit bei den Konsumenten: Deshalb glaube ich, dass wir nicht nur beim Thema E-Mobilität, sondern auch beispielsweise mit der Katla One den Endverbraucher direkt ansprechen können und sollten. Wir sind uns sicher, dass der Konsument durchaus interessiert daran ist, dass auch seine Leuchten nachhaltig sind, aber der Elektriker vor lauter Arbeit und Terminen im Einzelfall gar nicht daran denkt, auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Deshalb wollen wir auch mit diesem Thema in der Kommunikation mehr in die Breite gehen und direkt an den Konsumenten herantreten. Aus den genannten Gründen sage ich: Ja, dafür gibt es einen Markt bzw. wird es einen Markt geben.
Da hilft jetzt vielleicht auch die Fahrzeugindustrie verstärkt: Es gibt zum Beispiel den Cupra Born. Der verfügt über Autositze, die aus Kunststoffen recycelt werden, die aus dem Meer gefischt sind. Das setzt sich schon in die Köpfe der Konsumenten und wird Ihnen und anderen Branchen sicher helfen.
Scherer: Absolut. Wir wissen, dass wir alleine nicht die Welt verändern können. Wir können nur unseren Beitrag zum Ganzen leisten. Wir wollen Menschen begeistern, indem wir Nachhaltigkeit in Verbindung mit hoher Qualität vorleben und umsetzen. Wenn andere Unternehmen und Branchen das auch tun und damit das Bewusstsein für nachhaltige Produkte in der Bevölkerung stärken, dann können wir alle voneinander profitieren, sowohl in wirtschaftlicher als auch in ökologischer Hinsicht.
Sie verfügen über ein hauseigenes »Pracht Institute of Technology«, kurz PIT – was kann man sich unter einer derartigen Einrichtung vorstellen und welchen Zweck hat sie?
Scherer: Das PIT ist ein unternehmenseigenes wissenschaftliches Forschungszentrum. Den Namen PIT hat Prof. Dr. Pracht als ambitionierter Wissenschaftler tatsächlich in Anlehnung an das MIT gewählt. Der Grund dafür ist, dass wir mit dem PIT nicht nur reine Produktentwicklungen vorantreiben wollen, sondern dass auch Raum für die Wissenschaft gegeben ist. Wir haben eine Vielzahl von Doktor- und Masterarbeiten in diesem PIT umsetzen können. Natürlich soll es auch zum Geschäftserfolg beitragen. Deshalb fasse ich den Anspruch des PIT so zusammen: Auf Basis von wissenschaftlichen Untersuchungen leiten wir Lösungen ab, die dann in Produkten und Anwendungen münden, die den Alltag der Menschen einfacher machen. Dabei steht das Thema Nachhaltigkeit schon seit vielen Jahren weit oben. In Buchenau bauen wir derzeit ein neues PIT-Gebäude, das CO2-neutral sein wird. Auch hier setzen wir unseren Anspruch an die Nachhaltigkeit um.
Welches Alleinstellungsmerkmal würden Sie im Vergleich zu den Angeboten der Mitbewerber spontan als die Pracht-typische USP bezeichnen – also nicht hinsichtlich eines einzelnen Produkts, sondern in Hinblick auf die ganze Produktpalette bzw. das Unternehmen?
Scherer: Hierzu möchte ich drei Aspekte nennen. Man könnte auch sagen, das USP ist die Kombination oder das Zusammenspiel dieser drei Punkte. Da ist erstens die hohe Qualität. Ob bei den Leuchten oder Wallboxen: Wir gehen bei der Qualität keine Kompromisse ein. Der zweite Punkt ist, dass wir über Nachhaltigkeit nicht nur sprechen, sondern sie auch aktiv voranbringen, indem wir nachhaltige Innovationen entwickeln und konkret in Produkte umsetzen, wie bei der Katla One. Das dritte USP, vielleicht sogar das wirkungsvollste, ist das Mindset unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Herzblut dafür Sorge tragen, dass unseren Kunden bei ihren Problemen geholfen wird. Wenn hier jemand einem Kunden nicht helfen konnte, dann kann er nachts nicht ruhig schlafen. Dieses persönliche Engagement, diese persönliche Betroffenheit macht unser Mindset aus. Ich kann für nahezu alle Mitarbeiter des Unternehmens unterschreiben, dass die Arbeit bei Pracht für sie nicht einfach nur ein Job ist. Wir sind begeisterungsfähig und ehrgeizig, aber auch partnerschaftlich menschlich. Das heißt nicht, dass es immer zu 100 % harmonisch zugeht, aber das muss es auch nicht. Wir können uns in der Sache leidenschaftlich streiten und uns dann auf eine gute Lösung einigen. Diese Leidenschaft ist ein besonderes USP. Ich bin froh, dass ich zu diesem Team gehören darf und nicht gegen dieses Team antreten muss.
Was unternimmt ein Unternehmen wie Pracht, das sich laut eigener Aussage vom Leuchtenhersteller zum Technologie-Service-Unternehmen entwickelt und damit zweifellos einen hohen Kommunikationsbedarf hat, in einer Phase, in der Kundenkontakte reduziert werden? Wie erreichen Sie Ihre Kunden aktuell mit Ihren Botschaften?
Scherer: Das Wichtigste für uns ist, dass wir da sind, wenn man uns braucht. Das ist sozusagen auch unsere wichtigste Botschaft, weil wir glauben, dass das langfristig die beste Basis ist. Diese Basis in die Tat umzusetzen, ist eine der Aufgaben unseres Innen- und Außendienstes. Dazu nutzen wir natürlich die modernen Kommunikationsmedien sehr intensiv. Wir sind an diesem Thema allerdings nicht erst seit der Pandemie dran: Wir haben schon viel früher versucht, unter anderem Webinare und Videokonferenzen mit unseren Kunden umzusetzen, sind jedoch damals manchmal auf Vorbehalte gestoßen. Mittlerweile sind in dieser Hinsicht infolge der Pandemie die Tore sperrangelweit offen und wir können das umsetzen, was wir eigentlich schon immer wollten. So haben wir zum Beispiel sechs Videokonferenzräume im Unternehmen, die auch gut genutzt werden. Uns ist dabei wichtig, auch auf die räumliche Distanz Nähe und Empathie zu erzeugen.
Zum Thema Kommunikation passt auch die Light + Building: Sie wurde gerade erneut verschoben – diesmal in den Herbst. Was halten Sie von dem neuen Messetermin, werden Sie als Aussteller präsent sein und wenn ja, was dürfen sich die Besucher am Pracht-Messestand erwarten?
Scherer: Wir haben uns unter Abwägung aller uns zur Verfügung stehenden Informationen und Aspekte dazu entschlossen, an der diesjährigen Light + Building nur als Besucher teilzunehmen. Das war noch, bevor die Messe verschoben worden ist, hat also nichts mit dem neuen Termin zu tun. Wir gehen stattdessen einen anderen Weg, der für Pracht noch neu ist: Wir werden eine Roadshow mit einem originellen Pracht Airstream machen, ein 10,50 Meter langer Wagen, der mit Zugmaschine eine Gespannlänge von ca. 15 m hat – natürlich in einem ästhetisch ansprechenden Pracht-Outfit. Damit werden wir dann durch die für uns wichtigsten Regionen Europas fahren, auch durch Österreich und so nah wie noch nie bei unseren Partnern sein.
Wann werden Sie mit dem Hänger nach Österreich kommen? Und wer fährt ihn?
Scherer: Der Plan ist noch nicht fertig, aber so viel kann ich schon sagen: Wir werden eine ganz tolle Story haben, wie aus einem alten Wohn-Airstream ein funkelnagelneuer Kommunikations-Airstream wird. Das kostet zwar viel Geld, aber wir können uns ziemlich sicher sein, dass wir das Projekt auch umsetzen können – diese Sicherheit ist bei den Messen derzeit leider nicht gegeben.
Eine glänzende Idee im wahrsten Sinne des Wortes. Um aber nochmal kurz auf die Light + Building zurückzukommen: Was halten Sie von einem Messetermin – einer Lichtmesse im Herbst – und hätten Sie so lange mit der Präsentation von Neuheiten gewartet oder sie im Vorfeld schon präsentiert?
Scherer: Wir werden Neuheiten nicht für eine Messe oder Ausstellung künstlich zurückhalten, sondern sie dann präsentieren, wenn sie da sind. Es gibt ohnehin immer weniger Menschen, die sich nur auf Messen über Neuheiten informieren. Die Pandemie hat stark dazu beigetragen, dass sich mittlerweile fast jeder auch auf digitalen Kanälen informiert. Das finde ich im Hinblick auf Messen gar nicht schlecht, sondern das kann sogar ein Vorteil sein. Denn wenn eine Neuheit zuvor schon online kommuniziert wurde, ist es für den Besucher vielleicht umso interessanter, sie sich dann auf der Messe persönlich anzuschauen, weil die Neugier schon geweckt ist. Er kann dann auch Detailfragen stellen, die ihm früher immer erst auf dem Heimweg eingefallen sind, wenn die Messe schon vorbei war.
Herr Scherer, Herr Župarić, vielen Dank für das gute Gespräch!
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