Solarenergie:

So gelingt der Photovoltaik-Ausbau

von Sandra Eisner
Foto: © EVN/Severin Wurnig Studio Totale

Flexibilisierung als Schlüssel zum Gelingen der Energiewende: 3.000 Haushalte beteiligen sich im Projekt »Green the Flex« an der Entwicklung einer intelligenten Lösung, um den Stromverbrauch zeitlich an die Sonnenstromerzeugung anzupassen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben.

Solarstrom boomt: Allein im letzten Jahr sind österreichweit Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 2.000 Megawatt neu errichtet worden. Zum Jahresbeginn 2024 waren damit bundesweit 5.884 Megawatt (MWp) PV-Leistung installiert. Ein Viertel aller Anlagen befindet sich in Niederösterreich. Dort wurden bisher 98.000 Anlagen errichtet, 35.300 davon erst im vergangenen Jahr. Und damit ist noch lange nicht Schluss, denn der PV-Ausbau wird weiter massiv vorangetrieben: Bis zum Jahr 2030 ist bundesweit eine Vervierfachung der installierten Gesamtleistung auf insgesamt 21.000 Megawatt Peak geplant. Photovoltaikanlagen sollen dann jährlich 21 Terrawattstunden Energie liefern – das entspricht fast einem Drittel des österreichischen Gesamtstromverbrauchs von derzeit 71 Terrawattstunden pro Jahr.

Flexibilisierung stabilisiert das Stromnetz

Das Stromnetz ist ein ausgeklügeltes System, wobei sich die Stromerzeugung und der Stromverbrauch stets die Waage halten müssen. Die Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung stellt deshalb sowohl die Stromerzeuger als auch die Netze vor enorme Herausforderungen. Kommt es kurzfristig zu einer massiven Überproduktion, etwa durch Solarstrom während der Mittagszeit, dann kann dies zu schweren Problemen führen. Expert:innen aus der Elektrizitätswirtschaft betonen daher stets, dass der Ausbau der Stromnetze mit dem Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion Schritt halten muss. Darüber hinaus müssen Stromerzeugung und Stromverbrauch in Einklang gebracht werden, um die Balance im Energiesystem zu gewährleisten. Erreichen lässt sich dies, indem man die erzeugte Energie entweder unmittelbar und zeitgleich zur Erzeugung möglichst lokal verbraucht oder flexibel speichert. Diese Lösungen in den Alltag der Stromkund:innen zu bringen, ist für Energiekonzerne ein essenzieller Bestandteil grundlegender strategischer Planung.

3.000 Haushalte mit intelligenter Steuerung

»Green the Flex« ist ein Kooperationsprojekt des Green Energy Lab mit CyberGrid, EVN und der Europäischen Union. Das Projekt hat das Ziel, den Energieverbrauch typischer Großgeräte, wie Wärmepumpen, Batteriespeicher oder E-Autos, in Zeiten zu verlagern, wo besonders viel Energie gewonnen wird. Durch eine optimierte Nutzung von Sonnenstrom, also insbesondere durch die Anpassung des Verbrauchs an die Verfügbarkeit, soll eine jährliche Lastverschiebung von insgesamt 4.400 Megawattstunden Strom (MWh) erreicht werden. Bis 2025 nehmen rund 3.000 Haushalte aus Niederösterreich am Projekt teil. Das entlastet einerseits das Stromnetz und es können außerdem 3.500 Tonnen CO₂-Emissionen pro Jahr eingespart werden.

Optimierungsassistent spart Geld und unterstützt die Forschung

Alle Haushalte in Niederösterreich mit einer Solaranlage können sich am Projekt »Green the Flex« beteiligen. Damit unterstützen sie die Forschung dabei, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, um kundenfreundliche Lösungen für einen flächendeckenden Einsatz zu entwickeln. Zusätzlich können Betreiber einer PV-Anlage auch bares Geld sparen, indem sie den Eigenverbrauch ihrer selbst erzeugten Sonnenenergie maximieren und damit weniger Strom aus dem Netz zukaufen müssen. Das Energiemanagement-Tool »Optimierungs-Assistent« ist im Rahmen des Projekts für Privathaushalte kostenlos und vernetzt die PV-Anlage mit Verbrauchern wie Wärmepumpe, Elektroboiler und E-Auto-Ladestation zu einem intelligenten Gesamtsystem. So kann der Betrieb der Geräte auf die gerade zu Verfügung stehende Energie abgestimmt werden. Kernstück der durchdachten Lösung zur Eigenverbrauchs-Optimierung ist ein intuitives Kundenportal, welches die Energieflüsse im Haushalt in Echtzeit visualisiert. Der Nutzer sieht damit auf einen Blick, wie viel Strom erzeugt, verbraucht und ins Netz eingespeist wird.

Seit einem Jahr nutzt Michael Stieger-Bäck aus dem Bezirk Gänserndorf den Optimierungs-Assistenten. Ziel war es, den selbst gewonnenen Strom aus seiner Photovoltaik-Anlage besser mit dem Energiebedarf im Haushalt zu synchronisieren. Besonders im Sommer kann er den produzierten PV-Überschuss für den Brauchwasserspeicher der Wärmepumpe nutzen und muss dadurch weniger Energie vom Netz beziehen. Stieger-Bäck ist vom Nutzen des Tools überzeugt und plant eine Erweiterung: „Übers Jahr gerechnet habe ich mir gut 25 Prozent meiner Energiekosten für die Wärmepumpe gespart. Ich verbrauche die Sonnenenergie im eigenen Haus und werde im kommenden Jahr das System noch um eine Wallbox ergänzen.“

Menschen wie Stieger-Bäck unterstützen damit auch die nachhaltige Transformation des Energiesystems, betont Projektleiterin Silke Paizoni: „Mit dem Optimierungs-Assistenten können die Teilnehmer nicht nur ihre individuellen Stromkosten senken, sondern tragen auch aktiv zur Energiewende bei!“

Neue Teilnahmevariante: Batteriespeicher-Optimierung

Im Rahmen des Projekts »Green the Flex« wurde auch eine Schnittstelle entwickelt, welche den Einsatz von Batteriespeichern zur Unterstützung des österreichischen Energiesystems ermöglicht, um Schwankungen zwischen Erzeugung und Verbrauch auszugleichen. Üblicherweise kommt es während der Morgenstunden zu Verbrauchsspitzen, zur Mittagszeit dann aufgrund starker PV-Stromerzeugung zu übermäßigen Einspeisungen und entsprechenden Energieüberschüssen im Stromnetz. Um dies auszugleichen, wird der Batteriespeicher im Haushalt während der Nachtstunden über das Netz mit erneuerbarem Strom aus Wind- oder Wasserkraft geladen. In den Morgenstunden erfolgt dann die Energieversorgung durch die Energie aus dem Speicher und der eigenen PV-Erzeugung. Zur Mittagszeit, wenn die PV-Stromerzeugung üblicherweise ihren Höhepunkt erreicht, steht wieder ausreichend Kapazität im Batteriespeicher zur Verfügung: Der Strom kann also für die Nachmittags- und Abendstunden in die Batterie gespeichert werden, anstatt ihn ins Netz einzuspeisen. Über den Tag gesehen wird der Batteriespeicher damit optimal genutzt. Lastspitzen bei der Entnahme und der Einspeisung in das Stromnetz werden reduziert.

Die Steuerung dieser Prozesse erfolgt vollkommen automatisiert auf Basis der prognostizierten Erzeugung der Photovoltaik-Anlage und des Verbrauchs. Die eigentliche Funktion des Batteriespeichers und damit die Eigenverbrauchsquote bleibt unberührt. Je nach Prognose wird die Beladung des Speichers entweder geringfügig verschoben oder an Schlechtwettertagen ohne Photovoltaik-Erzeugung erfolgt eine zusätzliche Beladung – automatisch und ohne jeglichen Komfortverlust.

Individuelles Energiemanagement als Erfolgsfaktor für den PV-Ausbau

Durch die Verschiebung der Energienachfrage in Zeiten hoher Sonnenstromerzeugung wird das Gesamtnetz entlastet. Damit der Einsatz fossiler Kraftwerke und die damit verbundenen CO₂-Emissionen reduziert werden können, braucht es solche Lösungen, um Lastspitzen beim Verbrauch und der Energieeinspeisung zu glätten. „Die starke Nachfrage nach erneuerbaren Energien stellt das gesamte Energiesystem vor vielschichtige Herausforderungen. Gemeinsam mit vielen interessierten Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern können wir dank dieses Projekts zukunftsweisende Lösungen für das individuelle Energiemanagement von morgen gewinnen“, unterstreicht Paizoni die Relevanz für alle Beteiligten. Das Forschungsprojekt »Green the Flex« läuft bis 2028, interessierte Haushalte können sich noch bis Anfang 2025 unter www.joulie.at/gtF für die kostenlose Teilnahme anmelden.

Über »Green the Flex«

Der PV-Ausbau in Österreich boomt. Ein Viertel aller Anlagen befindet sich im flächenmäßig größten Bundesland Niederösterreich. Rund 98.000 Solaranlagen speisen dort bereits Strom ins Netz ein und jeden Monat kommen circa 3.000 bis 4.000 weitere hinzu. Allein im letzten Jahr wurden 35.300 Sonnenkraftwerke neu errichtet, etwa doppelt so viele wie im Jahr 2022. Das niederösterreichische Stromnetz eignet sich deshalb hervorragend, um eine intelligente Synchronisierung der PV-Stromerzeugung mit lokalen Verbrauchern im großen Maßstab zu testen. Bis zum Jahr 2025 werden im Rahmen des Projekts »Green the Flex« 3.000 Privathaushalte intelligent vernetzt, um in Summe rund 3.500 Tonnen CO₂ jährlich einzusparen und 4.400 MWh an Last zu verschieben. Damit können Lastspitzen im Netz deutlich reduziert und in letzter Konsequenz auch mehr PV-Anlagen angeschlossen werden. Das Projekt »Green the Flex« wird von der Europäischen Kommission über den EU Innovation Fund gefördert. Die Umsetzung erfolgt mit Unterstützung der Forschungsinitiative Green Energy Lab.

Weitere Informationen auf: www.greenenergylab.at

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